## Title: Arnold Schönberg an Ferruccio Busoni (Berlin, 28. Juli 1912) ## Author: Arnold Schönberg ## Version: 0.4 ## Origin: https://busoni-nachlass.org/D0100032 ## License: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/ | 28/7.1912 Arnold Schönberg, Berlin-Zehlendorf-Wannseebahn Machnower Chaussee, Villa Lepcke. zz. Carlshagen auf Usedom, Villa Concordia Sehr verehrter Herr Busoni, Sie tun mir und meiner Fantasie unrecht. Ich will nicht be streiten, dass sie sich schon gelegentlich für einen Gegenstand entzündet hat, dessen tatsächlicher Wert nur ihr Werk war. Vielleicht hat sie das, da sie es ja von den Kunstwerken an deren Entstehen ich ihr mitzuwirken gestattete, vielleicht hat sie, da sie das von daher gewöhnt war, es immer nur so getan: selbst die Gegenstände, ihren Wert und das Feuer ge schaffen, aber hier liegt die Sache noch etwas nüchterner. Nämlich: Clark hat mir das, was ich Ihnen schrieb, als Ihre Absicht mitgeteilt. Weiter nichts. Ich habe gar nichts dazu getan! Wirklich nichts! Denn die Dinge zu denen ich etwas tue (oder gar dazutue, wobei also schon etwas dagewesen sein muss) sind von vornherein weiter! Sie verzeihen: aber ich kann meiner Fantasie unmöglich unrecht tun lassen. Denn meine Fantasie, das bin ich selbst, denn ich bin selbst nur ein Geschöpf dieser Fantasie. Und niemand | lässt seine Eltern beleidigen. Setzen Sie, verehrter Herr Busoni, wirklich voraus, dass meine Fantasie sich ein Verhält nis zu Ihnen an einem Unterrichtsinstitute, an dem Sie Meisterkurse halten, während ich die Gesamtleitung habe, sich nur so […]sollte denken können, dass einer der Vorgesetzte des Andern sein müsste? Steht nicht der, der Meisterkurse hält, von vornherein außer halb dieser Gesamtleitung? Ist aber nicht einer der 10 Monate in Berlin bleibt eher in der Lage die Gesamtleitung zu übernehmen, als einer der 8 Monate von Berlin fern ist und außerdem außerordentlich tätig? Ich will nicht weiter polemisieren. Vielleicht ist nur Schuld, dass Sie etwas Unverbindliches gesagt haben, was man mir als etwas Verbindliches mitgeteilt hat. Sie sagem mir ja manches an dre Verbindliche in Ihrem Brief und halten damit sorgfältig die Grobheit ein, die Sie mir eigent lich sagen wollen. Sie müssen mir also erlau ben auch das für unverbindlich zu nehmen. Ich wünsche immer Klarheit und da stören mich solche Einpackungen. Sie erlauben, dass ich das verbindliche Packmaterial, in das Sie die Grob heit einhüllen, dort aufbewahre, wo ich sonst (ich bin, wie man Ihnen bestätigen kann, ein leiden | Packmaterial aufbewahre, den wirklichen Inhalt, aber, die eingehüllte Grobheit, dort, wo ich mir derartiges merke. Und Sie erlauben, dass ich den Inhalt Ihres Briefes hier kurz anmerke: die Zurückweisung meiner Anmaßung, dass ich Ihr Vorgesetzter sein will, als Ausfluss meiner lebhaften Fantasie! In hochachtungsvoller Ergebenheit Ihr Arnold Schönberg | | | | |