## Title: Ferruccio Busoni an Hans Huber (Zürich, 14. Februar 1916) ## Author: Ferruccio Busoni ## Version: 0.4 ## Origin: https://busoni-nachlass.org/D0100119 ## License: https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/ | Verehrtester Freund, letzthin schrieb ich zu kurz, von der Schwäche des kleinen Verdrusses bemeistert, die mich (entgegen einer 50-jährigen Weisheit) überfiel. Inzwischen erwiderte Herr Boller befriedigend. Hingegen Ihr Brief war herzlichst erfreuend und wohltuend. – Ihr Nietzsche-Zitat veranlasst mich Ihnen zwei Druckbögelchen zu schicken, die etwas über Bach Geäußertes enthalten. – Noch habe ich nicht erschöpfend über Ihr Werk gesprochen. Es war mehr die Scheu, einem Meister gegenüber (ob Sie’s zugeben oder nicht) überhaupt von ihm zu reden. Ein Lob ist nicht weniger die Anmaßung eines Urteils als ein Tadel. Sie loben mich, also kritisieren Sie – so habe ich oft empfunden. – In der Tat aber habe ich mit zunehmender künstlerischen Freude das Quintett studiert, obwohl ich es – zum ersten Male – nicht so spielen konnte, als wenn es ein mein Blut gedrungen wäre. Auch fehlte mir die Freiheit. Aber ich genoss den Zug, die Frische, den Klang | und das Lebendige in Ihrem Werke, das zu der blühenden Art der Kammermusik gehört. – Wenn Sie nur selber ein bisschen froh gewesen, – dies wäre das beste Er gebnis für die kleine, willigste Mühe! Dass Sie beim Liszt-Abend zugegen sein wollen, beglückt mich. Ich bräche ungern so unvermittelt mit Basel ab, wo ich schon zwei erinnerungswerte Episoden erlebt. – Der 8. Februar war ein schöner (vorläufiger) Abschluss, und dafür möchte ich, dass Sie auch Ihrer verehrten Frau meinen Dank übermitteln. Grüßen Sie Richard Wagner, Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg von einem, der auch nach Rom geht, und seien Sie ebenso verehrungsvoll als herzlich gegrüßt von Ihrem ganz ergebenen Ferruccio Busoni Zürich, den 14. Februar, 1916.– | |