Robert Freund an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Fusch · 4. August 1922

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Mus.ep. R. Freund 44 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1733
4. Aug.
[ca.1922]

Lieber Freund! Ich habe eben
Frau Goth’s Buchgelesen u. möchte 

Ihnen doch sagen, wie sehr mir
das mit warmer Begeisterung
geschriebene Buch gefallen [hat].
Es giebt selten 2 Musiker
die ganz gleicher Meinung
sind. Aber vollkom̅en stim̅e
ich mit ihr überein wen̅
sie die Fant. Contrap. für eines
der vollendetsten Meisterwer_
ke erklärt; für mich [De]utsche
[Staats]bibliothek
[Be]rlin

4. August [ca.1922]

Lieber Freund! Ich habe eben Frau Goth’s Buchgelesen und möchte 
 Ihnen doch sagen, wie sehr mir das mit warmer Begeisterung geschriebene Buch gefallen hat. Es gibt selten zwei Musiker die ganz gleicher Meinung sind. Aber vollkommen stimme ich mit ihr überein wenn sie die Fantasia contrappuntistica für eines der vollendetsten Meisterwerke erklärt; für mich der Gipfelpunkt Ihres instrumentalen Schaffens, soweit ich es kenne. Die Werke der Zürcher Epoche Diese Epoche dauerte von etwa 1915 bis 1920 an. Es ist verwunderlich, dass Freund angeblich diese Werke alle nicht zu kennen scheint. kenne ich allerdings nicht. Und ebenso nahm mich schon beim ersten Lesen die Berceuse mit ihrem Stimmungszauber gefangen. Von den Sonatinen kenne ich nur die ersten drei zu diesen Sonatinen gehöre: die erste Sonate, die Seconda Sonatina als Zweite Sonatine und die Dritte die Sonatina ad usum infantis: ein spezielles Faible habe ich aber für die Zweite. Für mich mehr als ein harmonisches Experiment. Von Anfang an stand ich unter dem Eindruck ihrer tief – ernsten, elegischen Stimmung. Für eine „Biographie“ ist es noch zu früh: stehen Sie doch noch in der Vollkraft des Schaffens. Aber als „Versuch“ finde ich das Buch vortrefflich. –

Ich bin seit einigen Tagen mit den Schwestern, den Schwägern und ihren Kindern hier und gedenke, wenn das Wetter es erlaubt noch 2-3 Wochen zu bleiben. Vorläufig regnet es „mehrschtendeels“.

Irma und Etelka grüßen Sie und Frau Busoni allerherzlichst und ich bin in alter Treue

Ihr R. Freund

                                                                
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De[utsche]
Staats[bibliothek]
Be[rlin]

der Gipfelpunkt Ihres instrumentalen
Schaffens, soweit ich es ken̅e. Die Werke
der Zürcher Epoche Diese Epoche dauerte von etwa 1915 bis 1920 an. Es ist verwunderlich, dass Freund angeblich diese Werke alle nicht zu kennen scheint. ken̅e ich allerdings
nicht. Und ebenso nahm mich schon beim
ersten Lesen die Berceuse mit ihrem
Stim̅ungszauber gefangen. Von den Sona_
tinen ken̅e ich nur die ersten 3 zu diesen Sonatinen gehöre: die erste Sonate, die Seconda Sonatina als Zweite Sonatine und die Dritte die Sonatina ad usum infantis: ein
spezielles faible habe ich aber für die
2te. Für mich mehr als ein harmoni_
sches Experiment. Von Anfang an

                                                                
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stand ich unter dem Eindruck
ihrer tief – ernsten, elegischen
Stim̅ung. Für eine “Biographie„
ist es noch zu früh: stehen
Sie doch noch in der Voll_
kraft des Schaffens. Aber
als “Versuch” finde ich das
Buch vortrefflich. –

Ich bin seit einigen Tagen
mit [den] Schwestern, [den] Schwägern
u. ihren Kindern hier u.
gedenke, wen̅ das Wetter
es erlaubt noch 2-3 Wochen
zu bleiben. Vorläufig Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

                                                                
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regnet es “mehrschtendeels”.

Irma u. Etel grüssen Sie u. Frau
Busoni
allerherzlichst u. ich bin
in alter Treue

Ihr
R. Freund

                                                                
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[…] mindestens 1 Wort: Papier fehlt.
[1922].[…] 2 Zeichen: Papier fehlt. .[…] 2 Zeichen: Papier fehlt. […] unknown Zeichen: Papier fehlt.
7a
Herrn Prof. Ferruccio B. Busoni,
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Berlin, W.
Victoria Luisenplatz 11
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="top-right" resp="#post">
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Nachlaß Busoni B II

Mus, ep. R. Freund 44

Mus. Nachl. F. Busoni B II, 1733-Beil.
                                                                
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1733 | olim: Mus.ep. R. Freund 44 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten. Umschlagaufriss oben; die Briefmarke wurde entfernt
Umfang
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Kollation
Seitenfolge: 1, 4, 3, 2 (4, 2 im Querformat)
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Robert Freund, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Freund äußert seine Meinung zu dem Buch von Gisella Selden-Goth über Busoni; Freund bekennt seinen Faible für die Seconda Sonatina

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
6. April 2018: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition