Mus.ep. A. Schönberg 19 (Busoni-Nachl. B II)
Arnold Schönberg
Berlin-Zehlendorf, Wannseebahn
Machnower- Chaussee
Villa Lepcke
Telefon: Zehlendorf 249
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4558
11/11. .11.1911
Sehr geehrter Herr Busoni,
ich [schrieb Ihnen am 24. ](#D0100027)Oktober
und fragte Sie, wann ich Sie sprechen kann. Sie ant
worteten nicht. Aber das ist doch wohl keine Absicht; eher
vielleicht das Gegenteil! Deshalb schreibe ich Ihnen noch
mals. In der Zwischenzeit war ich bei Ihrer Turandot-
Musik,
Die szenische Uraufführung von Busonis 1905 komponierter Orchestersuite Musik zu Carlo Gozzis Märchendrama Turandot als Schauspielmusik hatte am 27. Oktober 1911 in Max Reinhardts Inszenierung und unter Leitung von Oskar Fried am Deutschen Theater in Berlin stattgefunden; Schönberg dürfte eine der Folgeaufführungen besucht haben.
deren Partitur ich gerne sähe, ehe ich mit Ihnen
darüber spreche.
Schönberg hatte sich selbst Hoffnungen auf das Dirigat der Turandot-Aufführungen gemacht (vgl. den [Brief an Busoni vom 19. September 1911](#D0100026)) und witterte eine Intrige Oskar Frieds gegen ihn (vgl. , S. 69). In einem Brief an Alexander Zemlinsky (29. Dezember 1911) fällt Schönberg anlässlich der Turandot-Musik ein harsches Urteil über Busoni: eine ganz schlechte Musik, nämlich: gar keine! Busoni ist ebenso, wie beispielsweise Walter oder Keussler, von dem ich ein ganzes Konzert hörte, absolut kein Kompositionstalent; es ist unglaublich, wie wenig diese Leute zu sagen haben, die so hübsch und klug und geistreich zu reden wissen!
(, S. 69).
Ebenso, wie die des Konzertstückes,
(189), (191) und (413) fälschlich: Klavierstückes
(bzw. piano piece
).
das
ich in Wien hörte.
Möglicherweise in einem [Konzert am 13. Dezember 1910](https://www.wienersymphoniker.at/de/veranstaltung/busoni-sirota-wiener-maennergesangsverein-busoni) im Wiener Musikverein unter Busonis Leitung mit Leo Sirota als Solist; vgl. auch [den folgenden Brief](#D0100029).
Darum wollte ich Sie schon lange
ersuchen. Dann möchte ich gerne zu einem (wenigstens)
Ihrer Abende
Sechs Klavierabende zum 100. Geburtstag von Franz Liszt (Berlin, Beethovensaal, 31. Oktober, 7., 14., 21. und 28. November sowie 12. Dezember 1911; vgl. ).
gehen (kann ich 2zwei Billette haben?). Aber außer
dem wollte ich Ihnen noch sagen, dass ich am 20.
November im Stern’schen Konservatorium den
ersten Vortrag eines auſs cirkaca. 8–10 Vorträgen be
stehenden CZyklus über das Thema:
AeÄsthetik und
Kompositionslehre halte.
Schönberg hat diese Vorträge offenbar frei gehalten (vgl. den bei , S. 139 wiedergegebenen Bericht Edward Clarks); [einige wohl zu diesen Vorträgen gehörende Stichpunkte](#2244) sind erhalten.
Dazu wollte ich Sie ein
laden
Busoni war mindestens bei den beiden letzten Vorträgen (22. und 29. Januar 1912) anwesend, wie Schönberg in seinem am 22. Januar begonnenen Berliner Tagebuch festhielt (, S. 10 bzw. 15).
und Sie ersuchen
, mir (eventuell auf Freikar
ten, die ich gerne zur Verfügung stelle) möglichst viel
intelligente Leute hineinzuschicken. Was ich vorhabe
, ist
natürlich keine Fachsimpelei oder Schulzeug, sondern
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
[1]
eine sehr
sehr
fehlt bei (189) und (413).
ernsthafte Untersuchung, die einmal ange
stellt werden muss. Also nicht bloß für Musiker. Im
Gegenteil: ich hätte gerne Künstler und Kunstfreunde
drin.
Vielleicht schreiben Sie mir also doch noch eine
Karte. Ich hoffe, Sie haben nicht die Absicht, mich
schlecht zu behandeln, indem Sie mir nicht ant
worten.
Mit herzlichen und ergebenen Grüßen Ihr
Arnold Schönberg
Nachlaß Busoni
[Seite 3 des Bogens]
[2]
[Seite 4 des Bogens, vacat]