Ferruccio Busoni to Philipp Jarnach arrow_backarrow_forward

Zürich · January 16, 1919

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N.Mus.Nachl. 30, 47
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L J, Als ich Sie gestern im
Park Hôtel sah, hatte
ich Ihren lieben Brief Dieser Brief liegt uns nicht vor. noch
nicht bekommen. Erst spät
am Abend leerte das Mädchen,
beim Nachhausekommen, den
Postkasten; so, dass ich Ihre Zeilen
nur zwischen 10–11 Uhr lesen
konnte. Diese Worte thaten mir
sehr wohl, und – sans comparaison Frz.: ohne Vergleich.
sie stimmten merkwürdig überein
mit dem, was Andreae mir
schriftlich Im Briefwechsel Busonis mit Volkmar Andreae nicht erhalten bzw. auffindbar (vgl. Willimann 1994, S. 67). (und Rubiner mir
mündlich) sagten. Dieses Zusammen-
treffen beweist mir, dass an der
„Sarabande“ Etwas Anderes ist,
als mir selbst zum Bewusstsein
gekommen. Ich dachte ^ wirklich nicht,
dass ich mehr gethan hätte als
sonst; und frage mich auch noch

L J,

als ich Sie gestern im Park Hôtel sah, hatte ich Ihren lieben Brief Dieser Brief liegt uns nicht vor. noch nicht bekommen. Erst spät am Abend leerte das Mädchen, beim Nachhausekommen, den Postkasten; so, dass ich Ihre Zeilen nur zwischen 10–11 Uhr lesen konnte. Diese Worte taten mir sehr wohl, und – sans comparaison Frz.: ohne Vergleich. – sie stimmten merkwürdig überein mit dem, was Andreae mir schriftlich Im Briefwechsel Busonis mit Volkmar Andreae nicht erhalten bzw. auffindbar (vgl. Willimann 1994, S. 67). (und Rubiner mir mündlich) sagten. Dieses Zusammentreffen beweist mir, dass an der „Sarabande“ etwas anderes ist, als mir selbst zum Bewusstsein gekommen. Ich dachte wirklich nicht, dass ich mehr getan hätte als sonst; und frage mich auch noch jetzt, ob es also sich verhalte.

Nicht, dass ich undankbar oder nicht glücklich wäre über den Eindruck, den die Sarabande auf den kleinen, aber völlig maßgebenden Kreis von Freunden hervorbrachte; jedoch ich frage mich wieder, ob vielleicht nicht diesmal etwas nur unmittelbarer zur Wirkung gelangte, was im Grunde in allem steckt, das ich seit einigen Jahren versuche. – Jedenfalls, besser so als umgekehrt – und das lässt mir noch einen Aufstieg erhoffen.

Haben Sie nochmals Dank und: Auf Wiedersehen. Ihr herzlich ergebener

F. Busoni

16. Jan. 1919
                                                                
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N.Mus.Nachl. 30, 47
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jetzt, ob es also sich verhalte.

Nicht, dass ich undankbar oder
nicht glücklich wäre über den
Eindruck den die Sarabande auf
den kleinen, aber ganzvöllig maasgebenden
Kreis von Freunden hervorbrachte;
jedoch ich frage mich wieder, ob
vielleicht nicht diesmal Etwas nur
unmittelbarer zur Wirkung
gelangte, was im Grunde in
Allem steckt, das ich seit einigen
Jahren versuche. – Jedenfalls,
besser so, als umgekehrt – und
das lässt mir noch einen Auf-
-stieg erhoffen.

Haben Sie noch mals
Dank und: Auf Wiedersehen.
Ihr herzlich ergebener

F. Busoni

16. Jan. 1919
                                                                
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[Rückseite von Textseite 2]
16 Jan. 1919
Preußischer
Staats-
bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz
                                                                
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doneStatus: candidate XML Facsimile Download / Cite

Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | N.Mus.Nachl. 30,47 |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Collation
Nur die Vorderseiten sind beschrieben.
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand Gerda Busonis, die auf der Rückseite von Blatt 2 mit Bleistift das Datum notiert hat
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Summary
Busoni dankt für die positive Aufnahme seiner Sarabande (auch durch Volkmar Andreae und Ludwig Rubiner); fragt sich, „ob vielleicht nicht diesmal etwas nur unmittelbarer zur Wirkung gelangte, was im Grunde in allem steckt, das ich seit einigen Jahren versuche“.
Incipit
als ich Sie gestern im Park Hôtel sah

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
May 17, 2022: candidate (coding checked, proofread)
Direct context
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