Heinrich Schenker to Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Wien · May 19, 1897

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Mus.ep. H. Schenker 2
(Busoni-Nachl. B II)

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4414
19.V.1897

Sehr geehrter Herr!

Ein Zufall führte H. Robert Lienau jr.
aus Berlin zu Max Kalbeck zu einer
Stunde, wo ich einige meiner Sachen in
Kalk transcription uncertain: overwritten. beck’s Zim̅er vortrug. Am 10. Mai 1897 wandte sich Schenker an Max Kalbeck mit der Bitte, dieser möge seine Kompositionen anhören, „über die sowohl Brahms, als Goldmark, d’Albert und Busoni sehr, vielleicht allzusehr anerkennend sich aussprachen? […] Mir ist nur darum zu thun, im Kreis der Allerbesten mich als Komponist einzuführen, noch ehe d’Albert von mir Einiges spielt. Darf ich hoffen?“ (Schenker an Kalbeck am 10. Mai 1897, US-RIVu, OJ 5/19). Kalbecks Antwort enthält eine Einladung für den 18. Mai (vgl. Brief Kalbecks an Schenker vom 17. Mai 1897, US-RIVu, OJ 5/19). H. Lienau schien
sich für die Dinge zu interessiren u bat
mich, seinem Vater vorzuspielen. Derselbe
kom̅t Freitag an, um der Premiere eines
von ihm verlegten Ballettopus zu hören.
Ich erzählte H Lienau jr., wie Sie
meine Sachen lobten, u. bereit sind,
sie zu spielen. Nun ist es wahr-
scheinlich, dass er Sie sprechen
wird Ob dieses Treffen stattgefunden hat, ist nicht bekannt; auch ist Korrespondenz zwischen Lienau und Busoni aus dieser Zeit nicht überliefert. In der Staatsbibliothek Berlin lässt sich ein späterer Briefwechsel zwischen den Jahren 1900 und 1912 einsehen (Briefwechsel zwischen Busoni und Lienau im Kalliope-Verbund). – Sie sollen noch vor 2 Tagen
in seinem Geschaft gewesen sein – Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

19.V.1897

Sehr geehrter Herr!

Ein Zufall führte Herrn Robert Lienau jr. aus Berlin zu Max Kalbeck zu einer Stunde, wo ich einige meiner Sachen in Kalbecks Zimmer vortrug. Am 10. Mai 1897 wandte sich Schenker an Max Kalbeck mit der Bitte, dieser möge seine Kompositionen anhören, „über die sowohl Brahms, als Goldmark, d’Albert und Busoni sehr, vielleicht allzusehr anerkennend sich aussprachen? […] Mir ist nur darum zu thun, im Kreis der Allerbesten mich als Komponist einzuführen, noch ehe d’Albert von mir Einiges spielt. Darf ich hoffen?“ (Schenker an Kalbeck am 10. Mai 1897, US-RIVu, OJ 5/19). Kalbecks Antwort enthält eine Einladung für den 18. Mai (vgl. Brief Kalbecks an Schenker vom 17. Mai 1897, US-RIVu, OJ 5/19). Herr Lienau schien sich für die Dinge zu interessieren und bat mich, seinem Vater vorzuspielen. Derselbe kommt Freitag an, um die Premiere eines von ihm verlegten Ballettopus zu hören. Ich erzählte Herrn Lienau jr., wie Sie meine Sachen lobten und bereit sind, sie zu spielen. Nun ist es wahrscheinlich, dass er Sie sprechen wird Ob dieses Treffen stattgefunden hat, ist nicht bekannt; auch ist Korrespondenz zwischen Lienau und Busoni aus dieser Zeit nicht überliefert. In der Staatsbibliothek Berlin lässt sich ein späterer Briefwechsel zwischen den Jahren 1900 und 1912 einsehen (Briefwechsel zwischen Busoni und Lienau im Kalliope-Verbund). – Sie sollen noch vor zwei Tagen in seinem Geschäft gewesen sein –, somit wollte ich Ihnen den eigentümlichen Zufall berichten, der vielleicht angenehme Folgen haben wird.

Kalbeck kennen Sie ja? Über die Beziehung zwischen Kalbeck und Busoni ist nicht viel bekannt. Auf Anregung Kalbecks wollte Busoni Joseph Victor Widmann offenbar als Librettisten für eine Vertonung von Gottfried Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe gewinnen (Busoni/Weindel 2015, S. 781, Fußnote 270). Ansonsten beurteilte Busoni Kalbeck vornehmlich als scharfen und konservativen Kritiker: „[W]as mögen die Kalbeckmesser toben?““ (Busoni/Galston/Weindel 1999, S. 130), schrieb er an Gottfried Galston anlässlich der Berufung Schönbergs ans Wiener Konservatorium.

Herzlichsten Dank für die Ausdauer in der Lektüre.

Mit ergebensten Grüßen Ihr

Dr. H. Schenker

                                                                
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somit wollte ich Ihnen den eigen-
thümlichen Zufall berichten, der
vielleicht angenehme Folgen haben
wird.

Kalbeck kennen Sie ja? Über die Beziehung zwischen Kalbeck und Busoni ist nicht viel bekannt. Auf Anregung Kalbecks wollte Busoni Joseph Victor Widmann offenbar als Librettisten für eine Vertonung von Gottfried Kellers Romeo und Julia auf dem Dorfe gewinnen (Busoni/Weindel 2015, S. 781, Fußnote 270). Ansonsten beurteilte Busoni Kalbeck vornehmlich als scharfen und konservativen Kritiker: „[W]as mögen die Kalbeckmesser toben?““ (Busoni/Galston/Weindel 1999, S. 130), schrieb er an Gottfried Galston anlässlich der Berufung Schönbergs ans Wiener Konservatorium.

Herzlichsten Dank fur die Ausdauer
in der Lektüre.

Mit ergebensten Grüssen
Ihr

Dr. H Schenker

Nachlaß Busoni
                                                                
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Document

doneStatus: candidate XML Facsimile Download / Cite

Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4414 | olim: Mus.ep. H. Schenker 2 (Busoni-Nachl. B II) |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
1 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Collation
Beschrieben wurden vermutlich Vorder- und Rückseite eines Blattes.
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Heinrich Schenker, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Hand des Archivars, der die Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die ursprüngliche Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die erneute Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat.
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12

Summary
Schenker hat durch Vorspielen bei Max Kalbeck Interesse an seinen Werken bei Robert Lienau jr. geweckt.
Incipit
Ein Zufall führte Herrn Robert Lienau jr.

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler Theresa Menard Maximilian Furthmüller
prepared by
Revision
December 29, 2018: candidate (coding checked, proofread)
Direct context
Preceding Following
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