Ferruccio Busoni an Martin Wegelius arrow_backarrow_forward

Sankt Petersburg · vmtl. 31. März 1897

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Diplomatische Umschrift
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Lieber Director

Ich reise thatsächlich
morgen ab – glücklicher-
weise – (diese Petersburger
Reise, die ich halb gegen
meinen Willen thun
musste, hat mir den
Geschmack an Russland
auf eine hübsch lange
Zeit hinaus verdorben!)
und zwar nach Wien;
tausche also Doppeladler
gegen Doppeladler. Busoni hatte am 19. März mit der Sankt Petersburger Philharmonischen Gesellschaft in einem Benefizkonzert Beethovens 5. Klavierkonzert sowie Liszts Rhapsodie espagnole in eigener Bearbeitung gespielt (vgl. B. Л. 1897). Am 1. April verließ er Sankt Petersburg in Richtung Wien, wo er am 6. April Brahms’ 1. Klavierkonzert mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Felix Weingartner spielte (vgl. N. N. 1897). – 36
Stunden hierher, 45
Stunden hinunter,
und das bei einem
ziemlich fatalen
InfluenzaZustande,
[am linken Rand, längs:]
bekommen und Manches Andere Neue privatissi-
me. Grüsse mir herzlich Deine liebe Frau Hanna
u. die guten Bekannten. – Sibelius ist wieder in der
Laune der Streiche gewesen. Sibelius war zuletzt im Sommer 1896 in Berlin bei Busoni zu Besuch gewesen (vgl. Barnett 2007, S. 106 ff.). Seitdem lassen sich bis März 1897 keine Reisen nachweisen. Nach dem Besuch in Berlin fragt Sibelius jedoch, „wann das Concert im Februar festgestellt ist“ (Brief vom 17. Juni 1896, Staatsbibliothek zu Berlin, Mus.Nachl. F. Busoni BII, 4724). Von welchem Konzert die Rede ist und ob Sibelius Busoni dort antraf, konnte nicht ermittelt werden. Ekman
[oben, kopfstehend:]
besuchte mich in Berlin. Karl Ekman spielte im März das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit dem Philharmonischen Orchester in Berlin (vgl. N. N. 1897e).
Verzeihe diesen Lappen Papier (die
Hälfte deines eigenen Briefes mit Dank
zurück) ich habe kein anderes.

Lieber Direktor

Ich reise tatsächlich morgen ab – glücklicherweise – (diese Petersburger Reise, die ich halb gegen meinen Willen tun musste, hat mir den Geschmack an Russland auf eine hübsch lange Zeit hinaus verdorben!), und zwar nach Wien; tausche also Doppeladler gegen Doppeladler. Busoni hatte am 19. März mit der Sankt Petersburger Philharmonischen Gesellschaft in einem Benefizkonzert Beethovens 5. Klavierkonzert sowie Liszts Rhapsodie espagnole in eigener Bearbeitung gespielt (vgl. B. Л. 1897). Am 1. April verließ er Sankt Petersburg in Richtung Wien, wo er am 6. April Brahms’ 1. Klavierkonzert mit den Berliner Philharmonikern unter der Leitung von Felix Weingartner spielte (vgl. N. N. 1897). – 36 Stunden hierher, 45 Stunden hinunter, und das bei einem ziemlich fatalen Influenza-Zustande, du kannst dir vorstellen, dass ich nicht in der rosigsten Laune noch im Besitze einer hervorragenden Elastizität bin. – Dein Besuch hätte mich sehr erfrischt, und ich wünschte, ja sehnte ihn herbei von Herzen. – Da dir das Datum im Voraus bekannt war, so rechnete ich auf keine weiteren Präliminarien, vielmehr beinahe darauf, dich bereits hier anzutreffen. Das Konzert war am 12. März in der Nya Pressen beworben worden (wenn auch nicht klar ist, durch wen; vgl. N. N. 1897g). Offenbar hatte Wegelius tatsächlich zu kommen beabsichtigt (vgl. den folgenden Brief; in der sonstigen Korrespondenz findet Busonis Reise nach Sankt Petersburg keine Erwähnung, auch nicht in Wegelius’ Briefwechsel mit Gerda Busoni). Du wärest mein Gast gewesen – ein Reisegeld von 20 Rubel hättest du schließlich nicht schwer verausgabt.

Nun, leider ist es diesmal nicht. Ich gebe meinen Plan noch nicht auf, wenn auch für die nächste Saison allerdings. Aber von den weiteren nächsten Jahren wollen wir noch reden. Schade, dass ich dich nicht sah!! Du hättest Beethoven Es-Dur-Konzert und die Spanische Rhapsodie mit Orchester zu hören bekommen und manches andere Neue privatissime. Grüße mir herzlich Deine liebe Frau Hanna und die guten Bekannten. – Sibelius ist wieder in der Laune der Streiche gewesen. Sibelius war zuletzt im Sommer 1896 in Berlin bei Busoni zu Besuch gewesen (vgl. Barnett 2007, S. 106 ff.). Seitdem lassen sich bis März 1897 keine Reisen nachweisen. Nach dem Besuch in Berlin fragt Sibelius jedoch, „wann das Concert im Februar festgestellt ist“ (Brief vom 17. Juni 1896, Staatsbibliothek zu Berlin, Mus.Nachl. F. Busoni BII, 4724). Von welchem Konzert die Rede ist und ob Sibelius Busoni dort antraf, konnte nicht ermittelt werden. Ekman besuchte mich in Berlin. Karl Ekman spielte im März das 5. Klavierkonzert von Beethoven mit dem Philharmonischen Orchester in Berlin (vgl. N. N. 1897e). Verzeihe diesen Lappen Papier (die Hälfte deines eigenen Briefes mit Dank zurück), ich habe kein anderes.

Freundschaftlichst ergeben

Dein F B Busoni

                                                                
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sten Laune noch im Besitze
einer hervorragenden
Elasticität bin. – Dein[…] 1 Zeichen: durchgestrichen.
Besuch haette mich sehr
erfrischt und ich wünschte,
ja sehnte ihn herbei von
Herzen. – Da dir das Datum
im Voraus bekannt war
so rechnete ich auf keine
weiteren Präliminarien
vielmehr beinahe darauf,
dich bereits hier anzutreffen. Das Konzert war am 12. März in der Nya Pressen beworben worden (wenn auch nicht klar ist, durch wen; vgl. N. N. 1897g). Offenbar hatte Wegelius tatsächlich zu kommen beabsichtigt (vgl. den folgenden Brief; in der sonstigen Korrespondenz findet Busonis Reise nach Sankt Petersburg keine Erwähnung, auch nicht in Wegelius’ Briefwechsel mit Gerda Busoni).
Du wärest mein Gast gewesen
– eine Reisegeld von 20 Rubel
hättest du schliesslich nicht
schwer verausgabt.

Nun, leider ist es diesmal
nicht. Ich gebe meinen
Plan noch nicht auf, wenn
auch für die nächste Saison
allerdings. Aber von den weiteren
[am linken Rand, längs:]
naechsten Jahren wollen wir noch reden. Schade dass
ich dich nicht sah!! Du hättest Beethoven Es dur Concert u. die Span. Rhapsodie mit Orchester zu hören
[oben, kopfstehend:]
Freundschaftlichst ergeben
Dein F B Busoni

                                                                
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Dokument

buildStatus: in Korrekturphase XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Finnland | Turku | Åbo Akademi University Library | Manuskriptsammlungen | Nachlass Otto Andersson, Band 58
Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Blatt, 2 beschriebene Seite
Kollation
Seitenränder sind beschrieben. Lesereihenfolge: fol. r, v, linker Seitenrand v, linker Seitenrand r, oberer Seitenrand r, oberer Seitenrand v
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift

Zusammenfassung
Busoni schreibt am Tag vor seiner Abreise aus Sankt Petersburg nach Wien an Wegelius, berichtet von seinem dortigen Konzert; hatte erwartet, ihn dort anzutreffen; schreibt, dass Jean Sibelius „wieder in der Laune der Streiche gewesen“ sei; berichtet von Karl Ekmans Besuch in Berlin.
Incipit
Ich reise tatsächlich morgen ab

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
19. März 2024: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition