Ferruccio Busoni an Hans Huber arrow_backarrow_forward

Basel · 20. Januar 1916

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12.20. Jan.1916
Propr. Oscar Michel
[ Eulen-Emblem des Hotels ]

Verehrtester
Freund und Meister,

tutto il male non
vien per nuocere
, Ital. etwa: In allem Schlechten steckt auch etwas Gutes.
und ich habe es
diesem verdammungs-
würdigen Kriege zu
danken, dass ich
Ihnen ein wenig
näher kommen
durfte.

Verehrtester Freund und Meister,

„tutto il male non vien per nuocere“, Ital. etwa: In allem Schlechten steckt auch etwas Gutes. und ich habe es diesem verdammungswürdigen Kriege zu danken, dass ich Ihnen ein wenig näherkommen durfte. (Und mit Ihnen auch noch einigen anderen wertvollen Menschen, die ich vielleicht niemals getroffen hätte.)

Nun freue ich mich auch auf das Quintett, und alle diese Basler Abende werden mir (unter Ihrer Ägide) zu einem denkwürdigen Divertimento alla svizzera. Ital.: schweizerischen Vergnügen.

Ich war recht glücklich darüber, dass die Sonatina ad usum infantis Ihren Beifall und eine pädagogische Bestimmung fand.

Darf ich Sie, in Zusammenhang mit dem letzteren Argument, darauf auf merksam machen, dass gestern die ersten Exemplare der kleinen Präludien von Bach in Bach/Petri 1916 eintrafen. Es ist von der besten Unterrichts-Musik, was darin steht, und ich gab mir mit der Interpretation entsprechende Mühe. –

– In Ihrem letzten Briefe, für den ich noch freundlichst danke, konnte ich den Satz von der dezimierten Kraft nicht gutheißen. In jeder Periode des Schaffens treten Augenblicke der Ebbe ein, die Sie von früher her kennen und als vorübergehend erkennen müssten.

Dass auch Sie solche erleben, ist das Zeichen eines wohltuenden Mangels an „Routine“. Vgl. in der zweiten Ausgabe des Entwurfs einer neuen Ästhetik der Tonkunst den Abschnitt über „Routine“.

Immer kehrt aber der Frühling wieder, „alti e bassi“ Ital.: Höhen und Tiefen. wechseln in jedem Organismus ab, die Berge geben notwendigerweise die Täler ab.

Coraggio e avanti! Ital.: Nur Mut, und weiter! Ihr verehrungsvoll ergebener

F. Busoni

20. Januar 1916.
                                                                
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(Und, mit Ihnen,
auch noch einigen
anderen werthvollen
Menschen, die ich
vielleicht niemals
getroffen hätte.)

Nun freue ich mich
auch auf das Quintett,
und alle diese Basler
Abende werden mir
(unter Ihrer Aegide)
zu einem denkwürdigen
Divertimento alla svizzera. Ital.: schweizerischen Vergnügen.

                                                                
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Propr. Oscar Michel
[ Eulen-Emblem des Hotels ]

Ich war recht
glücklich darüber, dass
die Sonatina ad
usum infantis
Ihren
Beifall u. eine
paedagogische Be-
stimmung fand.

Darf ich Sie, in
Zusammenhang mit
dem letzteren Argu-
ment, darauf auf

                                                                
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dass gestern die ersten
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Praeludien
von Bach
in Bach/Petri 1916
eintrafen. Es ist von
der besten Unterrichts-
Musik, was darin steht,
u. ich gab mir mit
der Interpretation ent-
sprechende Mühe. –

– In Ihrem letzten
Briefe, für den ich
noch freundlichst danke,

                                                                
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Propr. Oscar Michel
[ Eulen-Emblem des Hotels ]
konnte ich den
Satz von
der dezimierten Kraft
nicht gutheissen.
In jeder Periode des
Schaffens treten Augen-
blicke der Ebbe ein,
die Sie von früher her
kennen und als
vorübergehend erken̅en
müßten.

                                                                
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Dass auch Sie solche
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eines wohlthuenden
Mangels an “Routine”. Vgl. in der zweiten Ausgabe des Entwurfs einer neuen Ästhetik der Tonkunst den Abschnitt über „Routine“.

Immer kehrt aber der
Frühling wieder, “alti e
bassi”
Ital.: Höhen und Tiefen. wechseln in jedem
Organismus ab, die Berge
geben nothwendigerweise
die Thäler ab.

Coraggio e avanti! Ital.: Nur Mut, und weiter!
Ihr verehrungsvoll
ergebener

F Busoni

20. J. 1916.
                                                                
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Überlieferung
Schweiz | Basel | Universitätsbibliothek | NL 30 : 22:A-H:16
Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
3 Blatt, 3 beschriebene Seiten
Kollation
Nur die Vorderseiten beschrieben (im Querformat, zweispaltig).
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift Nummerierung und Paginierung eingetragen und die Datierung auf die erste Seite übertragen hat.

Zusammenfassung
Busoni dankt für Hubers Gesellschaft; freut sich auf die Einstudierung von dessen Klavierquintett; weist auf seine neue Ausgabe der „kleinen Präludien“ von Bach hin; vermutet hinter Hubers Unwohlsein eine gewöhnliche Schaffenskrise und wertet diese als Ausweis „eines wohltuenden Mangels an ‚Routine‘.
Incipit
tutto il male non vien per nuocere

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
30. August 2017: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Refardt 1939, S. 12 f.