Ferruccio Busoni an Hans Huber arrow_backarrow_forward

Zürich · 2. Mai 1916

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20.2. Mai 1916

Sehr verehrlicher Freund,

ich empfange die mich
betreffenden “B. N” u. bin

bestürzt über die Respektlosigkeit,
mit der die Zeitung Ihre Ansicht,
die sie selbst abdruckte, verhöhnt! – Refardt 1939 (17) verweist hier auf die Kritik Karl Nefs zu Busonis Indianischer Fantasie.
Dass der (als völlig unbekannte
Größe in den Spalten des Blattes
sich bergender) Referent,
einem Fünfzigjährigen, der Beweise
von seigenem Denken u. Urtheilen
gegeben hat, gute Rathschläge,
ungefragt, ertheilt, ist –
gegen das erstgenannte Vergehen gewogen
– noch harmlos. – Wir klagen über
los desastros de la guerra, Span.: die Schrecken des Krieges. doch giebt
es Friedenszustände die nicht minder
schaurig sind – wie eben die der
öffentlichen Kunstkritik – und die
verbleiben; wohingegen der Krieg
doch einmal ein Ende erreicht.

Trotz jener, d bewahre ich
von dem Basler Abend eine erfreuliche
Erinnerung; namentlich von der Probe

Sehr verehrlicher Freund,

ich empfange die mich betreffenden „B. N.“ und bin bestürzt über die Respektlosigkeit, mit der die Zeitung Ihre Ansicht, die sie selbst abdruckte, verhöhnt! – Refardt 1939 (17) verweist hier auf die Kritik Karl Nefs zu Busonis Indianischer Fantasie. Dass der (als völlig unbekannte Größe in den Spalten des Blattes sich bergende) Referent einem Fünfzigjährigen, der Beweise von eigenem Denken und Urteilen gegeben hat, gute Ratschläge, ungefragt, erteilt, ist – gegen das erstgenannte Vergehen gewogen – noch harmlos. – Wir klagen über los desastros de la guerra, Span.: die Schrecken des Krieges. doch gibt es Friedenszustände, die nicht minder schaurig sind – wie eben die der öffentlichen Kunstkritik – und die verbleiben; wohingegen der Krieg doch einmal ein Ende erreicht.

Trotz jener bewahre ich von dem Basler Abend eine erfreuliche Erinnerung; namentlich von der Probe und Ihrer teilnahmsvollen Aufmerksamkeit. – Mit der letzten Probe ist auch für mich die Aufgabe gelöst und das Interesse erschöpft. Dass noch ein „Exempel auf die Probe“ folgen muss, gehört in das unliebsame Kapitel von dem Verhältnisse zwischen Publikum und Künstler – – wozu eine Seitenbemerkung meinen Chopin-Abend Am 26. Januar 1916 fand der dritte von vier Klavierabenden Busonis in Basel statt, bei dem er ausschließlich Werke Chopins aufführte. einleitete.

Diese füge ich bei, Anlage nicht mit dem Brief überliefert. und in der Hoffnung, bald wieder durch ein wohlmeinendes Geschick zu Ihnen geführt zu werden (es wäre noch Manches zu besprechen) – zeichne ich für heute mit herzlichen Grüßen, für stets als Ihr

verehrungsvoll ergebener

Ferruccio Busoni

Zürich, den 2. Mai 1916. –
Entwurf des Antwortbriefs vom 3. Mai 1916. Die Entzifferung ist vor allem anhand der abgeschickten Reinschrift möglich, der Text weicht allerdings offenbar teilweise ab.
                                                                
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u. Ihrer theilnahmsvollen
Aufmerksamkeit. – Mit der letzten
Probe ist auch für mich die Aufgabe
gelöst u. das Interesse erschöpft.
Dass noch ein „Exempel auf die Probe“
folgen muss, gehört in das unlieb-
-same Kapitel d von dem
Verhältnisse zwischen Publikum u.
Künstler – – wozu eine Seitenbemerkung
meinen ChopinAbend Am 26. Januar 1916 fand der dritte von vier Klavierabenden Busonis in Basel statt, bei dem er ausschließlich Werke Chopins aufführte. einleitete.

Diese füge ich bei, Anlage nicht mit dem Brief überliefert. und
in der Hoffnung, bald wieder
durch ein g wohlmeinendes
Geschick zu Ihnen geführt zu
werden (es waere noch Manches
zu besprechen) – zeichne ich für
heute mit herzlichen Grüßen,
für stets als Ihr

verehrungsvoll ergebener

Ferruccio Busoni

Zürich, den 2. Mai 1916. –
                                                                
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Entwurf des Antwortbriefs vom 3. Mai 1916. Die Entzifferung ist vor allem anhand der abgeschickten Reinschrift möglich, der Text weicht allerdings offenbar teilweise ab. So sind sie alle, unsere
Musikhistoriker, vom schlechten
Exempel Kretschmar ausgehend
– arme Geisteskrüppel, die
entweder an einem musiktechnischen […] 1 Wort: unleserlich. -
schaft Transkription unsicher. oder in einem anderen Beruf
(Jus, Philosophie Transkription unsicher: verblasst. , Theologie) scheiternd
[…] 1 Wort: unleserlich. am sogenan̅ten „unter dem Strich“
sich mit einer ganzen Schaar impotenter
[…] 4 Zeilen: unleserlich.
[…] mindestens 2 Wörter: unleserlich. Ausnahmestellung in der
heutigen […] 1 Wort: unleserlich. Kultur – dürfen stolz
über solche Dinge zu weiterem Schaffen, Schenken, Schulen
gehen. Damit […] mindestens 2 Wörter: unleserlich.
[…] 1 Wort: unleserlich.
                                                                
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doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Schweiz | Basel | Universitätsbibliothek | NL 30 : 22:A-H:16
Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der die Datierung mit Bleistift auf die erste Seite übertragen hat.
  • Hand des Archivars, der eine Nummerierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Empfängers Hans Huber, der eine Antwort skizziert hat; Bleistift, deutsche Kurrentschrift.

Zusammenfassung
Busoni beklagt sich über Karl Nefs Konzertkritik zur Indianischen Fantasie; schickt einen als „Seitenbemerkung“ zum Chopin-Abend verwendeten Text.
Incipit
Ich empfange die mich betreffenden „B.N“

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
22. Juni 2016: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Refardt 1939, S. 17