Hans Huber an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Basel · 14. September 1916

Faksimile
Diplomatische Umschrift
Lesefassung
XML
Mus.ep. H. Huber 40 (Busoni-Nachl. B II)
14. Sept. 169

Mein lieber Freund!

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2267

Das nutrimentum spiritus Lat.: Geistesnahrung (auf Veranlassung von Friedrich II. über dem Portal der Königlichen Bibliothek angebrachte Devise). der Königl. Bibliothek
in Berlin hat Ihr Biograph Leichtentritt gut
erfaßt. Das Büchlein atmet Liebe, Verständniß
& Charakter! So ein Künstlerleben gleicht
einem Strome, der sich ins Him̅elsmeer ergießt!
Der Strom mit all’ seinen Bewegungen behandelt
sich leichter, als die manigfaltigen Ufer, durch
die er fließt. Sie dürfen aber mit ihm
zufrieden sein & wir Betrachtende ebenfalls!

Auf die neue Arbeit über
Das musikalische Opfer freue ich mich wie
rex orbis. Uebrigens sollen Sie das placet
nicht von mir – ex officio – verlangen.
Einem Busoni folge ich blindlings!

Die beiden Sam̅elwerke od. Gesam̅taus-
gaben Franz Liszts musikalische Werke sowie Busonis sechsbändige Ausgabe Bearbeitungen, Übertragungen, Studien und Kompositionen für das Pianoforte nach Johann Sebastian Bach. sind bereits für die Bibliothek in Basel
bestellt! –

Bei meinem letzten Basler Besuche
brachte ich Ihren Wunsch betreffs Honorar
der Com̅ißion zur Ken̅tniß. Wen̅ wir
(le conservatoire) das Arrangement übernehmen,
so wird der Besuch wahrscheinlich eher noch beßer
als im letzten Jahr. Ob aber der Saal der Schule
6000 frs. herausbringen kan̅, ist bei der beschränkten
Anzahl der Plätze doch fraglich. Nehmen Sie
den größeren Konzertsaal des Casino’s, so

Mein lieber Freund!

Das nutrimentum spiritus Lat.: Geistesnahrung (auf Veranlassung von Friedrich II. über dem Portal der Königlichen Bibliothek angebrachte Devise). der Königlichen Bibliothek in Berlin hat Ihr Biograph Leichtentritt gut erfasst. Das Büchlein atmet Liebe, Verständnis und Charakter! So ein Künstlerleben gleicht einem Strome, der sich ins Himmelsmeer ergießt! Der Strom mit all’ seinen Bewegungen behandelt sich leichter als die mannnigfaltigen Ufer, durch die er fließt. Sie dürfen aber mit ihm zufrieden sein, und wir Betrachtende ebenfalls!

Auf die neue Arbeit über Das musikalische Opfer freue ich mich wie rex orbis. Übrigens sollen Sie das placet nicht von mir – ex officio – verlangen. Einem Busoni folge ich blindlings!

Die beiden Sammelwerke oder Gesamtausgaben Franz Liszts musikalische Werke sowie Busonis sechsbändige Ausgabe Bearbeitungen, Übertragungen, Studien und Kompositionen für das Pianoforte nach Johann Sebastian Bach. sind bereits für die Bibliothek in Basel bestellt! –

Bei meinem letzten Basler Besuche brachte ich Ihren Wunsch betreffs Honorar der Kommission zur Kenntnis. Wenn wir (le conservatoire) das Arrangement übernehmen, so wird der Besuch wahrscheinlich eher noch besser als im letzten Jahr. Ob aber der Saal der Schule 6000 frs. herausbringen kann, ist bei der beschränkten Anzahl der Plätze doch fraglich. Nehmen Sie den größeren Konzertsaal des Casinos, so müssten Sie mit viel größeren Spesen rechnen – der Saal allein kostet über 200 frs. pro Abend –, und wir können offiziell weniger wirken. (Letzteres ist wahrscheinlich nicht nötig, aber es passt so hübsch in ein Jahresprogramm eines Konservatoriums.) Jedenfalls wird Ihnen bei uns – wie im letzten Herbste – alles zufallen nach Abzug der Auslagen für Inserate und andere Bagatellen. Geben Sie mir jedenfalls Ihre genauen Instruktionen und denken Sie an das Wort Friedrichs des Großen: „Der Fürst ist der erste Diener seines Staates!“

Anfangs nächster Woche gehe ich noch etwa 14 Tage nach Locarno (Grand Hôtel), um den Winteranfang noch etwas mit Sonne zu erwärmen! –

Seien Sie aufs herzlichste begrüßt von Ihrem ergebenen

Hans Huber

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="shelfmark" place="top-left" resp="#archive"> <del rend="strikethrough" xml:id="delSig">Mus.ep. H. Huber 40 (Busoni-Nachl. <handShift new="#archive2"/>B II<handShift new="#archive"/>)</del> </note> <note type="dating" place="top-right" rend="underline" resp="#recipient"><date when-iso="1916-09-14">14. Sept. 16</date></note> <note type="numbering" place="margin-right" rend="large" resp="#archive_red">9</note> <opener><salute rend="indent">Mein lieber Freund!</salute></opener> <note type="shelfmark" place="margin-left" rend="rotate(-90)" resp="#archive"> <add place="margin-left" xml:id="addSig">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2267</add> </note> <substJoin target="#delSig #addSig"/> <p>Das <foreign xml:lang="la" rend="latin">nutrimentum spiritus</foreign> <note type="commentary" resp="#E0300314">Lat.: Geistesnahrung (auf Veranlassung von <persName key="E0300290">Friedrich II.</persName> über dem Portal der <orgName key="E0600056">Königlichen Bibliothek</orgName> angebrachte Devise).</note> der <orgName key="E0600056"><choice><abbr>Königl.</abbr><expan>Königlichen</expan></choice> Bibliothek</orgName> <lb/>in <placeName key="E0500029" rend="latin">Berlin</placeName> hat Ihr Biograph <persName key="E0300093" rend="latin">Leichtentritt</persName> gut <lb/>erfa<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>t. <rs key="E0800114">Das Büchlein</rs> atmet Liebe, Verständni<choice><orig>ß</orig><reg>s</reg></choice> <lb/><choice><abbr>&amp;</abbr><expan>und</expan></choice> Charakter! So ein Künstlerleben gleicht <lb/>einem Strome, der sich ins Hi<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>elsmeer ergießt! <lb/>Der Strom mit all’ seinen Bewegungen behandelt <lb/>sich leichter<orig>,</orig> als die man<reg>nn</reg>igfaltigen <hi rend="underline">Ufer</hi>, durch <lb/>die er fließt. Sie dürfen aber mit ihm <lb/>zufrieden sein<reg>,</reg> <choice><abbr>&amp;</abbr><expan>und</expan></choice> wir Betrachtende ebenfalls!</p> <p rend="indent-first">Auf die <rs key="E0400140">neue Arbeit</rs> über <lb/><title key="E0400139">Das musikalische Opfer</title> freue ich mich wie <lb/><foreign xml:lang="la">rex orbis</foreign>. <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>brigens sollen Sie das <foreign xml:lang="la" rend="latin">placet</foreign> <lb/>nicht von mir – <foreign xml:lang="la" rend="latin">ex officio</foreign> – verlangen. <lb/>Einem <persName key="E0300017" rend="latin">Busoni</persName> folge ich blindlings!</p> <p rend="indent-first">Die beiden Sa<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>elwerke <choice><abbr>od.</abbr><expan>oder</expan></choice> Gesa<choice><abbr>m̅</abbr><expan>m</expan></choice>taus <lb break="no"/>gaben <note type="commentary" resp="#E0300314"><title key="E0800116">Franz Liszts musikalische Werke</title> sowie <persName key="E0300017">Busonis</persName> sechsbändige Ausgabe <title key="E0800091">Bearbeitungen, Übertragungen, Studien und Kompositionen für das Pianoforte nach <persName key="E0300012">Johann Sebastian Bach</persName></title>.</note> sind bereits für die Bibliothek in <placeName key="E0500097" rend="latin">Basel</placeName> <lb/>bestellt! –</p> <p type="pre-split" rend="indent-first">Bei meinem letzten <placeName key="E0500097">Basler</placeName> Besuche <lb/>brachte ich Ihren Wunsch betreffs Honorar <lb/>der <choice><orig>Com̅iß</orig><reg>Kommiss</reg></choice>ion zur Ke<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>tni<choice><orig>ß</orig><reg>s</reg></choice>. We<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> <hi rend="underline">wir</hi> <lb/>(<rs key="E0600020" xml:lang="fr" rend="latin">le conservatoire</rs>) das Arrangement übernehmen, <lb/>so wird der Besuch wahrscheinlich eher noch be<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>er <lb/>als im letzten Jahr. Ob aber der Saal der <orgName key="E0600020">Schule</orgName> <lb/>6000 frs. herausbringen ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>, ist bei der beschränkten <lb/>Anzahl der Plätze doch fraglich. Nehmen Sie <lb/>den größeren Konzertsaal des <placeName key="E0500287" rend="latin">Casino<orig>’</orig>s</placeName>, so </p></div>
2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML

müßten Sie mit viel größeren Spesen rechnen –
der Saal allein kostet über 200 frs. pro Abend –
& wir kön̅en offiziell weniger wirken. (Letzteres
ist wahrscheinlich nicht nöthig, aber es paßt so
hübsch in ein Jahresprogram̅ eines Conservatoriums.)
Jedenfalls wird Ihnen bei uns – wie im
letzten Herbste – Alles zufallen nach Abzug der
Auslagen für Inserate & andere Bagatellen.
Geben Sie mir jedenfalls Ihre genauen
Instruktionen & denken Sie an das Wort
Friedrich[s] d. G. „Der Fürst ist der erste Diener desseines
Staates!“

Anfangs nächster Woche gehe ich noch
etwa 14 Tage nach Locarno (Grand Hôtel), um
den Winteranfang noch etwas mit Son̅e zu
erwärmen! –

Seien Sie aufs herzlichste
begrüßt von Ihrem erg.

Hans Huber

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"> mü<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>ten Sie mit viel größeren Spesen rechnen – <lb/>der Saal allein kostet über 200 frs. pro Abend –<reg>,</reg> <lb/><choice><abbr>&amp;</abbr><expan>und</expan></choice> wir kö<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>en offiziell weniger wirken. (Letzteres <lb/>ist wahrscheinlich nicht nö<choice><orig>th</orig><reg>t</reg></choice>ig, aber es pa<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>t so <lb/>hübsch in ein Jahresprogra<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice> eines <choice><orig>C</orig><reg>K</reg></choice>onservatoriums.) <lb/>Jedenfalls wird Ihnen bei uns – wie im <lb/>letzten Herbste – <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lles zufallen nach Abzug der <lb/>Auslagen für Inserate <choice><abbr>&amp;</abbr><expan>und</expan></choice> andere Bagatellen. <lb/>Geben Sie mir jedenfalls Ihre genauen <lb/>Instruktionen <choice><abbr>&amp;</abbr><expan>und</expan></choice> denken Sie an das Wort <lb/><persName key="E0300290">Friedrich<supplied reason="omitted">s</supplied> <choice><abbr>d. G.</abbr><expan>des Großen</expan></choice></persName><reg>:</reg> <q rend="dq-du">Der Fürst ist der erste Diener <subst><del rend="overwritten">des</del><add place="across">seines</add></subst> <lb/>Staates!</q> –</p> <p rend="indent-first">Anfangs nächster Woche gehe ich noch <lb/>etwa 14 Tage nach <placeName key="E0500183" rend="latin">Locarno</placeName> (<placeName key="E0500215" rend="latin">Grand Hôtel</placeName>), um <lb/>den Winteranfang noch etwas mit So<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>e zu <lb/>erwärmen! –</p> <closer> <salute rend="indent-first">Seien Sie aufs herzlichste <lb/>begrüßt von Ihrem <choice><abbr>erg.</abbr><expan>ergebenen</expan></choice></salute> <signed rend="align(right)"><persName key="E0300125">Hans Huber</persName></signed> </closer> <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> </div>

Dokument

buildStatus: in Korrekturphase XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothke zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2267 | olim: Mus.ep. H. Huber 40 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.
  • Vmtl. Hand des Empfängers Ferruccio Busoni, der mit Tinte die Datierung des Briefes vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der mit Rotstift die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses und eine Nummerierung eingetragen hat.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothke zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12

Zusammenfassung
Huber attestiert Hugo Leichtentritts Busoni-Biographie „Liebe, Verständnis und Charakter“; nimmt die Widmung der Studie über Das musikalische Opfer freudig an; hat die von Busoni angezeigten Neuerscheinungen für die Bibliothek der Basler Musikschule bestellt; erwägt für Busonis Klavierabende einen größeren Konzertsaal zwecks Kostendeckung; kündigt zweiwöchigen Aufenthalt in Locarno an.
Incipit
Das nutrimentum spiritus der Königlichen Bibliothek in Berlin

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
15. November 2017: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition