Geehrtester Herr W. von Kienzl.
Ich erfahre soeben von einem Freunde (O.
v. Raphf.) dass sie sich gegenwärtig in Graz befinden, und höre
mit Erstaunen und _____, dass sie dort an
meine jetzige Lage, so viel Interesse nehmen,
dass es natürlich mein erstes Pflicht-gefühl ist
dass mich mahnt gegen Ihnen mein ganzes
dankbarkeitsvollem Herz auszuschütten, um Ihnen
womöglich mit Worten mein innigstes Dankgefühl dafür anzubringen.
- Von diesem
meinem Freunde erfahre ich noch, die vielen
Mittel die sie zu meinem Bestem ihm vorschlagen, unter welchem die beabsichtigte Vereinigung
beider Kräfte, um eine Konzerttour mit dem
Violinisten Dugremont anzuknüpfen.
Busoni hatte sich hier wohl den Namen des Violinisten falsch gemerkt und benutzt diesen auch falsch im weiteren Verlauf. Eigentlich handelt es sich hierbei um Dengrement,
einem brasilianischen Wunderkind, welches zu dieser Zeit in Europa auf Tournee war.
Es ist für mich etwas schwer eine bestimmte
Antwort darüber aussprechen zu können, da ich
Dugremont, keineswegs weder als Künstler noch
als Mensch, kenne, noch weiß welche seine
Bedingungen wären.
- Soviel ich vor einem
Jahre in die Zeitung las, sollte Dugremont
von einem Impressario, engagiert worden sein,
welcher ihm per Jahr sein von Reisekosten
32.000 fr. abzahlte, ferner erfahre ich von
einem Gehalt welche ihm der Kaiser von
Brasilien austeilt, und per Jahr 4000 fr.
betragen soll.
- Wenn das wahr ist, so wird
es Dugremont wenig angehen einen Aushelfer
zu bekommen, um so mehr dass ich für die
wenigen Konzerte, welche zu geben ich im Stande
wäre, sichere Garantie und starken Lohn
begehren würde, da ich beabsichtige
Sommer und Herbst mit der größten Ruhe aufs
Land zuzubringen, um meine leider durch die
Verhältnisse ziemlich unterbrochene Audienz
fortzusetzen. Wenn Sie, Herr v. Kienzl jedenfalls
glauben, dass es gut wäre dass ich in Graz ein Konzert
mit Dugremont gäbe, so wünschte Papa doch dass
das Konzert von mir und Dugremont wäre, und nicht
dass ich unter gefälliger Mitwirkung spielte; das
nicht aus Eitelkeit sondern aus Eigenliebe.
- Somit
müsse der reine Ertrag des Konzertes in zwei Teile
zerfallen eine für mich, eine für Dugremont.
- Leider sind die gegenwärtigen Verhältnisse meiner
Familie sehr schwer! Und leider auch gibt’s
in der Nähe keine Stadt wo man auf sicheren
Erfolg eines Konzertes bauen dürfte.
- Wäre es möglich
durch Ihren Einfluss welchen Sie als Sohn des
Bürgermeister, als geistvoller Gesellschafter besitzen
ein Konzert in Marburg zu veranstalten
um einen momentanen Erfolg zu haben,
dessen wir jetzt so nötig brauchen?
Ihre bekannte Güte und Liebenswürdigkeit
sowie die Sympathie die Sie in der Gesellschaft genießen, lassen mich hoffen, Ihre
Ankunft in Graz als ein Glück für uns
betrachten zu können, und dass Sie
mit oben erwähnten mächtigen Einfluss,
Mittel genug finden werden, um uns
huldreichst zu helfen.
- Meine einzige
Bitte wäre noch, von Ihnen mir eine
huldreiche Antwort zu erfragen; Sie
werden mir diese nicht abschlagen.
- Von
dieser Meinung bestärkt, richte ich innigste
Danksagung und Empfehlungen an
Sie und verehrteste Frau Mama, von
meiner Eltern Seite aus, und bin somit
Ihr Ergebenster
Ferrßen Busoni