Ludwig Rubiner to Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Muralto-Locarno · April 17, 1918

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Mus.ep.L.Rubiner 19
(Busoni-Nachl. B II)
Mus. Nachl. F. Busoni B II, 4278
Donnerstag, d. 17.IV. ,
Muralto-Locarno, Villa Rossa .
[1]

Carissimo Amico,
Carino!

Wäre ich recht briefschreibe-
fähig, so hätte ich längst geschrie-
ben. Ihr gestriger Brief Dieser Brief ist nicht überliefert. war
mir – wie seltsamerweise
immer und immer – ein mächtiges
Sprungbrett, um aus tiefen
Depressionen (die übrigens mich
eigentümlicherweise garnicht
in der Arbeit stören) zu etwas
menschlicheren Empfindungen
zu kommen. [Meine Arbeit Vermutlich handelt es sich hierbei um das Drama Die Gewaltlosen, welches 1917-1918 entstand.
lässt mich in der Tat das
Ende schon sehen. Die grössten
selbst geschaffenen Schwierigkeiten Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Donnerstag, d. 17.IV. ,
Muralto-Locarno, Villa Rossa .

Carissimo Amico, Carino!

Wäre ich recht briefschreibefähig, so hätte ich längst geschrieben. Ihr gestriger Brief Dieser Brief ist nicht überliefert. war mir – wie seltsamerweise immer und immer – ein mächtiges Sprungbrett, um aus tiefen Depressionen (die übrigens mich eigentümlicherweise gar nicht in der Arbeit stören) zu etwas menschlicheren Empfindungen zu kommen. [Meine Arbeit Vermutlich handelt es sich hierbei um das Drama Die Gewaltlosen, welches 1917-1918 entstand. lässt mich in der Tat das Ende schon sehen. Die größten selbst geschaffenen Schwierigkeiten sind überwunden – so oder so. Das Ende seh ich, doch ist es noch nicht da. Manchmal recht verzweifelt, dass es mir nicht mehr möglich sein wird, den Abschluss hier zu machen. Doch muss ich mich abfinden. Das Werk wird entweder nach fünfzig Jahren etwa seine Geltung und seinen vollen Glanz haben, oder es ist es der größte Dreck, den je einer geschrieben hat.] Was täte ich, wenn ich Sie nicht hätte! Der einzige Trost, der einzige wirkliche Menschenblick unter all den männlichen Kitschgesichtern, unter Tigern oder Affen, die heute die Erde bevölkern. Was täte ich? Ich müsste völlig hilflos umherschreien. Ach, noch nie hat mir jemand so in meinen wichtigsten Angelegenheiten geholfen wie Sie – mit unmerklichem Rat, Andeutung, Zurückhalten, Antreiben – tiefstem Verständnis aus eigenster, kostbarer Erfahrung, die Sie mir einfach – und so gütig –zur Verfügung stellen!(!) Wo ist das schon dagewesen?!

Lieder. Zwei Dinge gibt es von denen ich von früh auf einen natürlichen, fast unüberwindlichen Abscheu hatte und habe: Lieder und Reliefs. Sollten Sie mich bekehren? Ich wäre über diese Bereicherung nur froh! Aber angesehen von dieser so persönlich-privaten Einstellung: Ich begrüße, dass Sie denGoetheschen Text komponiert haben. (Der "Schweizer Hugo Wolf" ist gewiss einer, von den 60 auf ein Schoeck Beziehung Schoeck-Busoni-Wolf: Ferruccio Busoni: Briefe und Widmungen an Othmar Schoeck. In: Schweizerische Musikzeitung, Nr. 106, 1966, S. 132–135. gehen.) Nichts fände ich klüger und richtiger, als Ihren Faust sobald als möglich in Buchform erscheinen zu lassen! Sorgfältigst durchgesehener und überprüfter Text vorausgesetzt. Aber dann, so bald es geht. Aber doch nicht etwa bei Breitkopf und H.?!!! Nein! Das Libretto des Doktor Faust wurde erstmals 1924 in den "Weißen Blättern" gedruckt, der Klavierauszug der Oper erschien erstmals 1926, herausgegeben von Busonis Schüler Philipp Jarnach, bei Breitkopf und Härtel. Inselverlag oder Kurt Wolff. (Oder Cassirer.)– (Ich würde allzugerne mit Ihnen über die Stelle sprechen, wo Faust die Natur anruft. Hier darf in der Buchausgabe kein Ton aus dem 18. Jahrhundert sein. Ich bin so vermessen, diesen "Vorschlag" zu machen, weil die Anrufung der Natur, als ich sie hörte, noch nicht ganz ausgeführt war. Meine Frage hierbei war innerlich: Meinen Sie wirklich die Natur" – oder meinen Sie nicht vielmehr die unsterbliche Schöpferkraft und Lebensbildekraft des Menschen? Meinen Sie – fragte ich mich – nicht genau ausgedrückt – "den Menschen"(und sogar gar nicht die "Natur"!)? So verstand ich diesen Monolog (auch im inneren Zusammenhang mit der letzten Szene, dem Jüngling). Und ich nahm an, dass "Natur" für Sie, in der Schnelligkeit mit der Sie gerade diese wichtige und schöne Szene nachträglich ausgearbeitet hatten, nur ein Verständigungswort sei, und den Sie in Wahrheit anderes meinten. Habe ich mich völlig geirrt?) Ihr Faustbuch erscheinen zu sehen, nicht für Subscribenten, sondern für Viele, würde ja nicht nur mir die größte Freude machen, sondern auch dem großen, großen Kreise von Menschen, die genau und in Beherzigung, auf Ihre geschriebenen und gedruckten Worte warten! Erschiene nur diese herrliche, metaphysische Musikdichtung doch bald! Und Sie ahnen vielleicht gar nicht, wie wunderbar das auf die Leser wirken wird!

Polemisches Musiklexikon Das polemische Musiklexikon wurde nie fertiggestellt; einige Entwürfe befinden sich im Busoni-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin. ist ein ganz, ganz ausgezeichneter Gedanke. Ich rufe Bravo! Umso mehr, als ich schon seit langem den Plan hatte, über die wichtigsten Dinge des geistigen Lebens ein "Neues Wörterbuch" Es sind keine Quellen zu diesem Projekt überliefert. herauszugeben. Dass nun Sie mir von Ihrem Plan schreiben, beweist, dass diese Dinge heute Bedürfnis sind; und zwar nicht grobes. Und da es bei allen diesen Dingen ganz außerordentlich drauf ankommt, wer sie macht, und wer sie erlebt hat, so rufe ich bei Ihnen: Bravo, bravissimo!

Dass Ihres ein polemisches Musiklexikon ist: bravissimo!!! (Früher hieß es beim Musiklexikon immer: Händel suche man in diesem friedlichen Buche nicht!

In der Tat haben Sie es ganz genau ausgesprochen: Van de Velde, Maeterlinck, Debussy: Style floréal! Von diesem scheint mir, obwohl er das schlimmste gemacht hat, Van de Velde am wertvollsten zu sein. Weil er – ja weil er unbescheiden immer nach dem Höchsten griff. Ich glaube, der Mann ist ein reinlicher Charakter (Kenne ihn nicht persönlich). Mir heute völlig unerträglich: Maeterlinck. Mir völlig, völlig widerwärtig wie Honigersatz mit : Debussy. Es stimmt. Alle drei Jugendstil. Und beim Fall Debussy etwas Komisches. Der Mann hat doch die Franzosen vonWagner befreien wollen. Dabei hat er Ihnen den richtigen, französischen Wagner gemacht. Genau das Wagnerischte, was man sich denken kann, nur in französischer Sprache. Denn beim Wagnerianertum kommt es ja gar nicht auf das Leitmotiv und dergleichen Äußerlichkeit an, sondern auf die entsetzliche Vernünftigkeit, die, statt zu produzieren und zu erfinden, nur erklärt.

Übrigens rechne ich zum Jugendstil unbedingt R. Strauss. Und, ohne dass ich gerade style floréal zu sagen wage, gehört (für mein Empfinden) zu den Maeterlinck-Debussy-Uner träglichen auch der so sehr viel bedeutendere Rodin. Und noch einiges aus neuerer – und älterer Zeit.

Nein, die Leute, die ich hier sehe, lenken mich nicht mehr ab, schon lange nicht mehr. Es sind alles nur Kitsch- Tiger- oder Affengesichter. Dächte ich, allen Ernstes gesagt, nicht oft an Sie, müsste ich verzweifeln. Diese Stimmung wird verstärkt durch die Nachricht von zwei Selbstmorden, die mir zukam. Der eine Fall in München , eine Person, die ich sehr hoch schätzte. Der andere Fall , mir näher, einer meiner wenigen Freunde, in Zürich; der sandte mir seinen letzten Brief, bevor er den Gashahn aufdrehte, und ich bekam diesen Brief beinahe eine Woche nach seinem Tode in die Hände, mit schrecklichen Witzen drin. Das war vor ca. 14 Tagen. (Eigentümlicherweise lief daneben meine Arbeit weiter. Nur, wenn ich vom Schreibtisch aufstand, zerrte es an mir entsetzlich, Tag und Nacht. Es ist aber schrecklich, wie man dann mit den Gedanken über Selbstmord Zwiesprache hält, als ob der Tote noch lebe und die andere Person wäre. Ich wehre mich ja außerordentlich gegen diese Zumutung, gehe ihr nur manchmal hypothetisch nach, wenn mir der Ausdruck in der Arbeit stockt und ich retrospektiv alles schlecht finde, und mich wertlos. Bin ich mit dieser Arbeit einmal (wann?) fertig und lebe noch, so möchte ich dann doch gern etwas Neues schreiben, das gar nicht mehr schwebt, sondern ganz und gar auf der Erde steht. Vielleicht schützt das auch etwas gegen das Böse.)

Sehr lange sah ich den Dr. H. Huber nicht. (Den ich ja auch sonst nur maximal 4 3/7 Minuten vorbeiplaudern sah.) Wenn Gott die Erde noch einmal macht und den Menschen die Berufe nach ihrem innersten Charakter zuerteilt, dann möchte ich mich wohl an einem schwer erträglichen Tage von Dr. Huber einseifen und rasieren lassen. Erfrischt ginge man unter seiner flinken Hand ins Paradies.

Hier, wie in Genf und in Zürich: Nebel, Regen, Kälte. Nur die Arbeit hält mich zurück, aber das muss, leider auch bald sein Ende nehmen, aus normalen Gründen.

Mit Stefan Zweig stand ich nicht besonders gut, weil ich ihn für einen AllerweltsLauwarmen hielt. Nun las ich aber in der Frankfurter Zeitung eine Kritik über ihn, die das Gemeinste an Beschimpfung (außerhalb der Künstlerischen Grenzen) und an persönlicher Verdächtigung war. Dies bewog mich, ihm zu schreiben, und ihm meine Parteinahme und Achtung für seine Person auszudrücken, und er antwortete mir in einem sehr anständigen Brief. Auch Busoni korrespondierte mit Stefan Zweig; Teile dieses Briefwechsels werden im Busoni-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin verwahrt. (Die "Neue freie Presse" habe ich nicht gelesen.)

Ich las einen Dichter, von dem ich aus meiner Jugend außerordentliche Erinnerungen an gedrängte Formkunst hatte: Corneille. Höchste Enttäuschung. Ich fand nur eine sehr stark entwickelte Willenskraft, die sich aber an zeitlich sehr vergangen, menschlich nicht wichtigen und aufgeblasenen Dingen betätigt. Schlief mehrmals dabei ein. Zweimal bei dem berühmten "Cid". Man denkt an.... nun an allerlei Schönes, Phantastisches, feuerluftig Erfundenes. Und dann?Gar nicht! Ein Hofduell._ Etc.

Während der letzten Wochen wiederFaust II ganz gelesen. Sorgfältig. Stück für Stück. Von höchstem Wert wäre für mich, was Sie für Ihre eigene Person vom Faust II denken und empfinden, zu kommen. Ich möchte diesmal nur fragen. Aber diese Frage darf ich einmal stellen, nicht wahr?

Lieber Ferruccio, mein einziger Helfer in den paar Dingen, die ein Mensch in seinem Leben zu vollbringen hat, Freund, Berater, gütig Abwartender – und Helfer einzig schon durch Ihre Anwesenheit auf der Erde.

Seien Sie umarmt von Ihrem

Ludwig Rubiner.

                                                                
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2 sind überwunden – so oder so.
Das Ende seh ich, doch ist es
noch nicht da. Manchmal
recht verzweifelt, dass es mir
nicht mehr möglich sein wird,
den Abschluss hier zu machen.
Doch muss ich mich abfinden.
Das Werk wird entweder
nach fünfzig Jahren etwa
seine Geltung u.
seinen vollen Glanz haben,
oder es ist es der grösste Dreck,
den je einer geschrieben hat.]
Was täte ich, wenn ich Sie
nicht hätte! Der einzige Trost,
der einzige wirkliche Menschenblick
unter all den männlichen Kitsch-
gesichtern, unter Tigern oder
Affen, die heute die Erde
bevölkern. Was täte ich?
ich müsste völlig hilflos
umherschreien. Ach, noch nie
hat mir jemand so in
meinen wichtigsten Angele-

                                                                
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3 genheiten geholfen wie
Sie – mit unmerklichem Rat,
Andeutung, Zurückhalten, An-
treiben – tiefstem Verständnis
aus eigenster, kostbarer Erfahrung,
die Sie mir einfach – und so
gütig –zur Verfügung stellen!(!)
Wo ist das schon dagewesen?!

Lieder. Zwei Dinge
giebt es von denen ich von
früh auf einen natürlichen,
fast unüberwindlichen Abscheu
hatte und habe: Lieder und Reliefs.
Sollten Sie mich bekehren? Ich wäre
über diese Bereicherung nur froh!
Aber angesehen von dieser so
persönlich-privaten Einstellung:
Ich begrüße, dass Sie denGoethe-
schen
Text komponiert haben.
(Der "Schweizer Hugo Wolff" ist
gewiss einer, von den 60 auf ein
Schoeck Beziehung Schoeck-Busoni-Wolf: Ferruccio Busoni: Briefe und Widmungen an Othmar Schoeck. In: Schweizerische Musikzeitung, Nr. 106, 1966, S. 132–135. gehen.)

                                                                
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4 Nichts fände ich klüger und
richtiger, als Ihren Faust
sobald als möglich in Buch-
form erscheinen zu lassen!
Sorgfältigst durchgesehener
und überprüfter Text voraus-
gesetzt. Aber dann, so bald
es geht. Aber doch nicht etwa
bei Breitkopf und H.?!!!
Nein! Das Libretto des Doktor Faust wurde erstmals 1924 in den "Weißen Blättern" gedruckt, der Klavierauszug der Oper erschien erstmals 1926, herausgegeben von Busonis Schüler Philipp Jarnach, bei Breitkopf und Härtel. Inselverlag oder Kurt Wolff.
(Oder Cassirer.)– (Ich würde
allzugerne mit Ihnen über
die Stelle sprechen, wo Faust
die Natur anruft. Hier darf
in der Buchausgabe kein
Ton aus dem 18. Jhrhdrt. sein.
Ich bin so vermessen, diesen
"Vorschlag" zu machen, weil
die Anrufung der Natur, als
ich sie hörte, noch nicht ganz
ausgeführt war. Meine

                                                                
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B II, 4278
5 Frage hierbei war innerlich:
Meinen Sie wirklich die Natur"
– oder meinen Sie nicht viel-
mehr die unsterbliche
Schöpferkraft und Lebensbilde-
kraft des Menschen? Meinen
Sie – fragte ich mich – nicht
genau ausgedrückt – "den
Menschen"(und sogar garnicht
die "Natur"!)? So verstand ich
diesen Monolog (auch im inneren
Zusammenhang mit der letzten
Scene, dem Jüngling). Und ich
nahm an, dass "Natur" für Sie,
in der Schnelligkeit mit der
Sie gerade diese wichtige und
schöne Scene nachträglich aus-
gearbeitet hatten, nur ein
Verständigungswort sei, und
den Sie in Wahrheit anderes meinten.

                                                                
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6 Habe ich mich völlig geirrt?)
Ihr Faustbuch erscheinen zu
sehen, nicht für Subscribenten,
sondern für Viele, würde ja
nicht nur mir die grösste Freude
machen, sondern auch dem grossen,
grossen Kreise von Menschen,
die genau und in Beherzigung,
auf Ihre geschriebenen und
gedruckten Worte warten!
Erschiene nur diese herrliche,
metaphysische Musikdichtung
doch bald! Und Sie ahnen
vielleicht garnicht, wie wunder-
bar das auf die Leser wirken
wird!

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin


Polemisches Musiklexikon Das polemische Musiklexikon wurde nie fertiggestellt; einige Entwürfe befinden sich im Busoni-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin.
ist ein ganz, ganz ausge-
zeichneter Gedanke. Ich
rufe Bravo! Umso-

                                                                
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7 mehr, als ich schon seit
langem den Plan hatte, über
die wichtigsten Dinge des geistigen
Lebens ein "Neues Wörterbuch" Es sind keine Quellen zu diesem Projekt überliefert.
herauszugeben. Dass nun Sie
mir von Ihrem Plan schreiben,
beweist, dass diese Dinge
heute Bedürfnis sind; und
zwar nicht grobes. Und da
es bei allen diesen Dingen ganz
ausserordentlich drauf an-
kommt, wer sie macht, und
wer sie erlebt hat, so rufe
ich bei Ihnen: Bravo, bravissimo!


Dass Ihres ein polemisches
Musiklexikon
ist: bravissimo!!!
(Früher hiess es beim Musiklexikon
immer: Händel suche man in diesem
friedlichen Buche nicht!

In der Tat haben Sie es

                                                                
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8 ganz genau ausgesprochen:
Van de Velde, Maeterlinck,
Debussy: Style floréal!
Von diesem scheint mir, obwohl
er das schlimmste gemacht hat,
Van de Velde am wertvollsten
zu sein. Weil er – ja weil er
unbescheiden immer nach
dem Höchsten griff. Ich glaube,
der Mann ist ein reinlicher
Charakter (Kenne ihn nicht per-
sönlich). Mir heute völlig uner-
träglich: Maeterlinck. Mir
völlig, völlig widerwärtig wie
Honigersatz mit :
Debussy. Es stimmt. Alle drei
Jugendstil. Und beim Fall
Debussy etwas Komisches. Der
Mann hat doch die Franzosen
vonWagner befreien wollen.
Dabei hat er Ihnen den

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">8</note> ganz genau ausgesprochen: <lb/><persName key="E0300413">Van de Velde</persName>, <persName key="E0300027">Maeterlinck</persName>, <lb/><persName key="E0300021">Debussy</persName>: Style floréal! <lb/>Von diesem scheint mir, obwohl <lb/>er das <hi rend="underline">schlimmste</hi> gemacht hat, <lb/><persName key="E0300413">Van de Velde</persName> am <hi rend="underline">wertvollsten</hi> <lb/>zu sein. Weil er – ja weil er <lb/>unbescheiden immer nach <lb/>dem Höchsten griff. Ich glaube, <lb/>der Mann ist ein reinlicher <lb/>Charakter (Kenne ihn nicht per <lb break="no"/>sönlich). Mir heute völlig uner <lb break="no"/>träglich: <persName key="E0300027">Maeterlinck</persName>. Mir <lb/>völlig, völlig widerwärtig wie <lb/>Honigersatz mit : <lb/><persName key="E0300021">Debussy</persName>. Es stimmt. Alle drei <lb/>Jugendstil. Und beim Fall <lb/><persName key="E0300021">Debussy</persName> etwas Komisches. Der <lb/>Mann hat doch die Franzosen <lb/>von<persName key="E0300006">Wagner</persName> befreien wollen. <lb/>Dabei hat er Ihnen den </p></div>
9Facsimile
9Diplomatic transcription
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B II, 4278
9 richtigen, französischen Wagner
gemacht. Genau das Wagneri-
schte, was man sich denken
kann, nur in französischer
Sprache. Denn beim Wagnerianer-
tum kommt es ja garnicht
auf das Leitmotiv und dergleichen
Äusserlichkeit an, sondern
auf die entsetzliche Vernünftig-
keit, die, statt zu produzieren
und zu erfinden, nur erklärt.


Übrigens rechne ich zum
Jugendstil unbedingt R. Strauss.
Und, ohne dass ich gerade style
floréal zu sagen wage, gehört
(für mein Empfinden) zu den
Maeterlinck-Debussy-Uner
träglichen auch der so sehr viel bedeutendere
Rodin. Und noch einiges
aus neuerer – und älterer Zeit.

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin


Nein, die Leute, die ich hier

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"><note type="shelfmark" resp="#archive" place="left">B II, 4278</note> <note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">9</note> richtigen, französischen <persName key="E0300006">Wagner</persName> <lb/>gemacht. Genau das <persName key="E0300006" type="automated" nymRef="Richard Wagner">Wagner</persName>i <lb break="no"/>schte, was man sich denken <lb/>kann, nur in französischer <lb/>Sprache. Denn beim <persName key="E0300006" type="automated" nymRef="Richard Wagner">Wagner</persName>ianer <lb break="no"/>tum kommt es ja <choice><orig>garnicht</orig><reg>gar nicht</reg></choice> <lb/>auf das Leitmotiv und dergleichen <lb/>Äu<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>erlichkeit an, sondern <lb/>auf die entsetzliche Vernünftig <lb break="no"/>keit, die, statt zu produzieren <lb/>und zu erfinden, nur erklärt.</p> <p rend="indent-first"><lb/>Übrigens rechne ich zum <lb/>Jugendstil unbedingt <persName key="E0300022">R. Strauss</persName>. <lb/>Und, ohne dass ich gerade style <lb/>floréal zu sagen wage, gehört <lb/>(für mein Empfinden) zu den <lb/><persName key="E0300027">Maeterlinck</persName>-<persName key="E0300021">Debussy</persName>-Uner <lb/>träglichen auch der <hi rend="sup">so sehr viel</hi> bedeutendere <lb/><persName key="E0300409">Rodin</persName>. Und noch einiges <lb/>aus neuerer – und älterer Zeit.</p><milestone unit="section" style="—" rend="align(center)" n="2"/> <note type="stamp" place="inline" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> <p type="pre-split" rend="indent-first"><lb/>Nein, die Leute, die ich hier </p></div>
10Facsimile
10Diplomatic transcription
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10 sehe, lenken mich nicht
mehr ab, schon lange nicht
mehr. Es sind alles nur
Kitsch- Tiger- oder Affengesichter.
Dächte ich, allen Ernstes
gesagt, nicht oft an Sie,
müsste ich verzweifeln.
Diese Stimmung wird
verstärkt durch die Nach-
richt von zwei Selbstmorden,
die mir zukam. Der eine Fall
in München , eine Person, die
ich sehr hoch schätzte. Der
andere Fall , mir näher, einer
meiner wenigen Freunde, in
Zürich; der sandte mir seinen
letzten Brief, bevor er den
Gashahn aufdrehte, und ich
bekam diesen Brief beinahe
eine Woche nach seinem

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">10</note> sehe, lenken mich nicht <lb/>mehr ab, schon lange nicht <lb/>mehr. Es sind alles nur <lb/>Kitsch- Tiger- oder Affengesichter. <lb/>Dächte ich, allen Ernstes <lb/>gesagt, nicht oft an Sie, <lb/>müsste ich verzweifeln. <lb/><seg rend="indent-first">Diese Stimmung wird</seg> <lb/>verstärkt durch die Nach <lb break="no"/>richt von zwei Selbstmorden, <lb/>die mir zukam. Der eine Fall <lb/>in <placeName key="E0500035">München</placeName> , eine Person, die <lb/>ich sehr hoch schätzte. Der <lb/>andere Fall , mir näher, einer <lb/>meiner wenigen Freunde, in <lb/><placeName key="E0500132">Zürich</placeName>; der sandte mir seinen <lb/>letzten Brief, bevor er den <lb/>Gashahn aufdrehte, und ich <lb/>bekam diesen Brief beinahe <lb/>eine Woche nach seinem </p></div>
11Facsimile
11Diplomatic transcription
11XML

11 Tode in die Hände, mit schrecklichen
Witzen drin. Das war vor
ca. 14 Tagen. (Eigentümlicher-
weise lief daneben meine
Arbeit weiter. Nur, wenn ich
vom Schreibtisch aufstand,
zerrte es an mir entsetzlich,
Tag und Nacht. Es ist aber
schrecklich, wie man dann
mit den Gedanken über
Selbstmord Zwiesprache hält,
als ob der Tote noch lebe und
die andere Person wäre. Ich
wehre mich ja ausserordentlich
gegen diese Zumutung, gehe
ihr nur manchmal hypo-
thetisch nach, wenn mir der
Ausdruck in der Arbeit stockt
und ich retrospektiv alles schlecht
finde, und mich wertlos. Bin ich mit dieser
Arbeit einmal (wann?) fertig
und lebe noch, so möchte

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">11</note> Tode in die Hände, mit schrecklichen <lb/>Witzen drin. Das war vor <lb/>ca. 14 Tagen. (Eigentümlicher <lb break="no"/>weise lief daneben meine <lb/>Arbeit weiter. Nur, wenn ich <lb/>vom Schreibtisch aufstand, <lb/>zerrte es an mir entsetzlich, <lb/>Tag und Nacht. Es ist aber <lb/>schrecklich, wie man dann <lb/>mit den Gedanken über <lb/>Selbstmord Zwiesprache hält, <lb/>als ob der Tote noch lebe und <lb/>die andere Person wäre. Ich <lb/>wehre mich ja au<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>erordentlich <lb/>gegen diese Zumutung, gehe <lb/>ihr nur manchmal hypo <lb break="no"/>thetisch nach, wenn mir der <lb/>Ausdruck in der Arbeit stockt <lb/>und ich retrospektiv alles schlecht <lb/>finde, <hi rend="sup">und mich wertlos.</hi> Bin ich mit dieser <lb/>Arbeit einmal (wann?) fertig <lb/>und lebe noch, so möchte </p></div>
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12Diplomatic transcription
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12 ich dann doch gern etwas Neues
schreiben, das garnicht mehr
schwebt, sondern ganz und
gar auf der Erde steht.
Vielleicht schützt das auch
etwas gegen das Böse.)

Sehr lange sah ich den Dr. H. Huber
nicht. (Den ich ja auch sonst nur
maximal 4 3/7 Minuten vorbeiplaudern
sah.) Wenn Gott die Erde noch
einmal macht und den Menschen
die Berufe nach ihrem innersten
Charakter zuerteilt, dann möchte
ich mich wohl an einem schwer
erträglichen Tage von Dr. Huber einseifen
und rasieren lassen. Erfrischt ginge
man unter seiner flinken Hand
ins Paradies.

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Hier, wie in Genf und in Zürich:
Nebel, Regen, Kälte. Nur die
Arbeit hält mich zurück,
aber das muss, leider auch
bald sein Ende nehmen, aus

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">12</note> ich dann doch gern etwas Neues <lb/>schreiben, das <choice><orig>garnicht</orig><reg>gar nicht</reg></choice> mehr <lb/>schwebt, sondern ganz und <lb/>gar auf der Erde steht. <lb/>Vielleicht schützt das auch <lb/>etwas gegen das Böse.)<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> </p> <p>Sehr lange sah ich den <persName key="E0300125">Dr. H. Huber</persName> <lb/>nicht. (Den ich ja auch sonst nur <lb/>maximal 4 3/7 Minuten vorbeiplaudern <lb/>sah.) Wenn Gott die Erde noch <lb/>einmal macht und den Menschen <lb/>die Berufe nach ihrem innersten <lb/>Charakter zuerteilt, dann möchte <lb/>ich mich wohl an einem schwer <lb/>erträglichen Tage von <persName key="E0300125">Dr. Huber</persName> einseifen <lb/>und rasieren lassen. Erfrischt ginge <lb/>man unter seiner flinken Hand <lb/>ins Paradies.<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> </p> <note type="stamp" place="inline" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> <p type="pre-split">Hier, wie in <placeName key="E0500219">Genf</placeName> und in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName>: <lb/>Nebel, Regen, Kälte. Nur die <lb/>Arbeit hält mich zurück, <lb/>aber das muss, leider auch <lb/>bald sein Ende nehmen, aus </p></div>
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13Diplomatic transcription
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B II, 4278
13 normalen Gründen.

Mit Stefan Zweig stand ich
nicht besonders gut, weil ich
ihn für einen Allerwelts-
Lauwarmen hielt. Nun las
ich aber in der Frankfurter
Zeitung
eine Kritik über ihn,
die das Gemeinste an Beschim-
pfung (ausserhalb der Künstle-
rischen Grenzen) und an
persönlicher Verdächtigung
war. Dies bewog mich, ihm
zu schreiben, und ihm meine
Parteinahme und Achtung für
seine Person auszudrücken, und
er antwortete mir in einem sehr
anständigen Brief. Auch Busoni korrespondierte mit Stefan Zweig; Teile dieses Briefwechsels werden im Busoni-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin verwahrt. (Die "Neue
freie Presse
" habe ich nicht
gelesen.)

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Ich las einen Dichter, von
dem ich aus meiner

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split"><note type="shelfmark" resp="#archive" place="left">B II, 4278</note> <note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">13</note> normalen Gründen.<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> </p> <p rend="indent-first">Mit <persName key="E0300204">Stefan Zweig</persName> stand ich <lb/>nicht besonders gut, weil ich <lb/>ihn für einen Allerwelts <lb break="no"/>Lauwarmen hielt. Nun las <lb/>ich aber in der <orgName key="E0600070">Frankfurter <lb/>Zeitung</orgName> eine Kritik über ihn, <lb/>die das Gemeinste an Beschim <lb break="no"/>pfung (au<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>erhalb der Künstle <lb break="no"/>rischen Grenzen) <hi rend="strikethrough"/> und an <lb/>persönlicher <hi rend="underline">Verdächtigung</hi> <lb/>war. <!-- Findet man den Artikel? --> Dies bewog mich, ihm <lb/>zu schreiben, und ihm meine <lb/>Parteinahme und Achtung für <lb/>seine Person auszudrücken, und <lb/>er antwortete mir in einem sehr <lb/>anständigen Brief. <!-- Briefwechsel Rubiner-Zweig?--> <note type="commentary" resp="#E0300411">Auch <persName key="E0300017" type="automated" nymRef="Ferruccio Busoni">Busoni</persName> korrespondierte mit <persName key="E0300204" type="automated" nymRef="Stefan Zweig">Stefan Zweig</persName>; Teile dieses Briefwechsels werden im <persName key="E0300017" type="automated" nymRef="Ferruccio Busoni">Busoni</persName>-Nachlass in der Staatsbibliothek Berlin verwahrt.</note> (Die "<orgName key="E0600035">Neue <lb/>freie Presse</orgName>" habe ich nicht <lb/>gelesen.)<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> </p> <note type="stamp" place="inline" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> <p type="pre-split">Ich las einen Dichter, von <lb/>dem ich aus meiner </p></div>
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14Diplomatic transcription
14XML

14 Jugend ausserordentliche
Erinnerungen an gedrängte
Formkunst hatte: Corneille.
Höchste Enttäuschung. Ich
fand nur eine sehr stark
entwickelte Willenskraft,
die sich aber an zeitlich sehr
vergangen, menschlich nicht
wichtigen und aufgeblasenen
Dingen betätigt. Schlief
mehrmals dabei ein. Zweimal
bei dem berühmten "Cid". Man
denkt an.... nun an allerlei
Schönes, Phantastisches, feuerluftig
Erfundenes. Und dann?Garnicht!
Ein Hofduell._ Etc.
Während der letzten Wochen
wiederFaust II ganz gelesen.
Sorgfältig. Stück für Stück.
Von höchstem Wert wäre
für mich, was Sie für Ihre

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">14</note> Jugend au<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>erordentliche <lb/>Erinnerungen an gedrängte <lb/>Formkunst hatte: <persName key="E0300414">Corneille</persName>. <lb/>Höchste Enttäuschung. Ich <lb/>fand nur eine sehr stark <lb/>entwickelte Willenskraft, <lb/>die sich aber an zeitlich sehr <lb/>vergangen, menschlich nicht <lb/>wichtigen und aufgeblasenen <lb/>Dingen betätigt. Schlief <lb/>mehrmals dabei ein. Zweimal <lb/>bei dem berühmten <title key="E0400344">"Cid"</title>. Man <lb/>denkt an.... nun an allerlei <lb/>Schönes, Phantastisches, feuerluftig <lb/>Erfundenes. Und dann?<choice><orig>Garnicht</orig><reg>Gar nicht</reg></choice>! <lb/>Ein Hofduell._ Etc.<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> <lb/>Während der letzten Wochen <lb/>wieder<title key="E0400107">Faust II</title> ganz gelesen. <lb/>Sorgfältig. Stück für Stück. <lb/><seg rend="indent-first">Von höchstem Wert wäre</seg> <lb/>für mich, was Sie <hi type="pre-split" rend="underline2">für Ihre </hi></p></div>
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15 eigene Person vom Faust II
denken und empfinden, zu
kommen. Ich möchte diesmal
nur fragen. Aber diese Frage darf
ich einmal stellen, nicht wahr?


Lieber Ferruccio, mein
einziger Helfer in den
paar Dingen, die ein Mensch
in seinem Leben zu vollbringen
hat, Freund, Berater, gütig
Abwartender – und Helfer
einzig schon durch Ihre An-
wesenheit auf der Erde.

Seien Sie umarmt von Ihrem

Ludwig Rubiner.

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split"><hi rend="underline2" type="split"><note type="pagination" resp="#unknown_hand" place="top-right">15</note> eigene</hi> Person vom <title key="E0400107">Faust II</title> <lb/>denken und empfinden, zu <lb/>kommen. Ich möchte diesmal <lb/>nur fragen. Aber diese Frage darf <lb/>ich einmal stellen, nicht wahr?<milestone unit="section" style="—" rend="inline"/> </p> <p rend="indent-first"><lb/>Lieber <persName key="E0300017">Ferruccio</persName>, mein <lb/>einziger Helfer in den <lb/>paar Dingen, die ein Mensch <lb/>in seinem Leben zu vollbringen <lb/>hat, Freund, Berater, gütig <lb/>Abwartender – und Helfer <lb/>einzig schon durch Ihre An <lb break="no"/>wesenheit auf der Erde.</p> <closer> <salute> Seien Sie umarmt von Ihrem </salute> <signed rend="indent-first"> <persName key="E0300126">Ludwig Rubiner.</persName> </signed> </closer> </div>
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16Diplomatic transcription
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Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> </div>
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Muralto
18.IV.18
Muralto
18.IV.18
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="margin-right" resp="#post">
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<address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"> <addrLine>Monsieur <persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></addrLine> <addrLine>aux vous soins de <persName key="E0300412">Mmme Jeanne Blumer</persName></addrLine> <addrLine rend="align(right)"><placeName key="E0500219">Genève</placeName></addrLine> <addrLine rend="align(right)"><placeName key="E0500478">Rue de la Candolle 13</placeName></addrLine> </address>
18Facsimile
18Diplomatic transcription
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Genève1
4–5
19.IV
1918
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Nachlaß Busoni B II

Mus.ep. L. Rubiner 19

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4264-
Beil.
17 April
1918
                                                                
<address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" rend="align(center)"> <addrLine><persName key="E0300126">L. Rubiner</persName></addrLine> <placeName key="E0500291">Locarno-Moralto</placeName><lb/> <addrLine><placeName key="E0500447">Villa Rossa.</placeName></addrLine> </address>
<note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="bottom-left" resp="#post"> <stamp xml:id="post_rec" rend="round border majuscule align(center)"> <placeName key="E0500219">Genève</placeName>1<lb/>4–5<lb/> <date when-iso="1918-04-19">19.IV<lb/>1918</date> </stamp> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="right" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="shelfmark" place="right" resp="#archive"> <subst><del rend="strikethrough"> <stamp resp="#sbb_st_blue">Nachlaß Busoni <handShift new="#archive_red"/>B II</stamp> <lb/><handShift new="#archive"/>Mus.ep. L. Rubiner 19 </del><add place="below" rend="align(right)">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4264-<lb/>Beil.</add></subst> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="annotation" place="right" resp="#gerda.busoni"><date xml:id="gerda_date" when-iso="1918-04-17">17 April<lb/>1918</date></note>

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Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4278 | olim: Mus.ep. L. Rubiner 19 (Busoni-Nachl. B II) |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten; Umschlagaufriss ohne Textverlust.
Extent
4 Bogen, 15 beschriebene Seiten
Collation
Die Seite 4 des Bogens 4 ist nicht beschrieben
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Ludwig Rubiner, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand Gerda Busonis, die mit Bleistift das Datum auf der Umschlagrückseite notiert hat.
  • Unbekannte Hand, die mit Bleistift eine Paginierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen und auf der ersten Seite die Seitenzahl eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12345678910111213141516

Summary
Rubiner berichtet von seinen Arbeitsschwierigkeiten und Depressionen; er schlägtBusoni Ideen für seine Oper Doktor Faust vor; Rubiner spricht über Busonis Idee, ein polemisches Musiklexikon zu verfassen, den style floréal; und berichtet über zwei Suizide in seinem Bekanntenkreis.
Incipit
Wäre ich recht briefschreibefähig

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
March 3, 2018: proposed (transcription and coding done, awaiting proofreading)
Direct context
Preceding Following
Near in this edition