Kurt Weill to Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Leipzig · March 31, 1923

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Mus.ep. K. Weill 3
Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5360
Leipzig, den 31. März 1923.

Mein verehrter Meister,

noch immer bin ich hier in Leipzig Weills Eltern waren im Mai 1920 von Dessau nach Leipzig umgezogen, wo der Vater die Leitung eines jüdischen Kinderheims übernommen hatte.
u. bedauere Theurich 1990 (116) und Theurich 1998 (20): „bedaure“. so sehr, Ihnen meine Wün-
sche zum April 1, 1923Geburtstag, – die ich Ihnen auch
auf anderem Wege übermittle – nicht per-
sönlich aussprechen zu können. –

Sie werden schon erfahren haben, dass
mein Divertimento (in der Fassung zu
5 Sätzen) am 10. April in der Sing-
akademie
unter Ungers Leitung auf- Deutsche
Staats
bibliothek

* Berlin *

Leipzig, den 31. März 1923.

Mein verehrter Meister,

noch immer bin ich hier in Leipzig Weills Eltern waren im Mai 1920 von Dessau nach Leipzig umgezogen, wo der Vater die Leitung eines jüdischen Kinderheims übernommen hatte. und bedauere so sehr, Ihnen meine Wünsche zum April 1, 1923Geburtstag – die ich Ihnen auch auf anderem Wege übermittle – nicht persönlich aussprechen zu können.

Sie werden schon erfahren haben, dass mein Divertimento (in der Fassung zu fünf Sätzen) am 10. April in der Singakademie unter Ungers Leitung aufgeführt wird. Unter Beteiligung einer Kammerbesetzung der Berliner Philharmoniker; vgl. die Kurzrezension in den Signalen für die musikalische Welt vom 18. April 1923 (Nr. 16, S. 606).Die Änderung des Streichquartetts nimmt mich augenblicklich sehr in Anspruch. Der offenbar von Busoni angemahnten Überarbeitung fielen von den ursprünglich vier Sätzen des Streichquartetts die ersten beiden (Allegro deciso, Andantino) zum Opfer. In einer Reinschrift-Kopie hat Busoni die ersten sechs Seiten und damit die komplette Hauptsatz-Exposition des Kopfsatzes (T. 1–49) mit seinem Bläuel ausgestrichen (vgl. Levitz 1996, S. 201 f.). Die Erstfassung des Streichquartetts ist erhalten. Ich hörte aber aus Donaueschingen, dass die Programme schon so gut wie fertig seien und dass größte Eile geboten sei, und entschloss mich daher, das Quartett vorläufig in der ersten Fassung abzuschicken. Weill hat sein Streichquartett, eine von insgesamt 120 Einreichungen bei den Donaueschinger Kammermusik-Aufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst 1923, offenbar wieder zurückgezogen, nachdem sich wenig Aussicht auf Erfolg abzeichnete (vgl. das Schreiben Heinrich Burkards an Busoni vom 3. Juni 1923, D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1125; vgl. ferner Rathert 2004, S. 18). Bei den Donaueschinger Musiktagen wurde niemals ein Werk von Weill aufgeführt.

In der Hoffnung, Sie nächste Woche bei voller Gesundheit anzutreffen,

Ihr stets dankbar ergebener

Kurt Weill.

                                                                
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geführt wird. Unter Beteiligung einer Kammerbesetzung der Berliner Philharmoniker; vgl. die Kurzrezension in den Signalen für die musikalische Welt vom 18. April 1923 (Nr. 16, S. 606). Die Änderung des
Streichquartetts nimmt mich augenblicklich
sehr in Anspruch. Der offenbar von Busoni angemahnten Überarbeitung fielen von den ursprünglich vier Sätzen des Streichquartetts die ersten beiden (Allegro deciso, Andantino) zum Opfer. In einer Reinschrift-Kopie hat Busoni die ersten sechs Seiten und damit die komplette Hauptsatz-Exposition des Kopfsatzes (T. 1–49) mit seinem Bläuel ausgestrichen (vgl. Levitz 1996, S. 201 f.). Die Erstfassung des Streichquartetts ist erhalten. Ich hörte aber aus
Donaueschingen, dass die Programme schon
so gut wie fertig seien u. dass grösste Eile
geboten sei, u. entschloss mich daher,
das Quartett vorläufig in der ersten
Fassung abzuschicken. Weill hat sein Streichquartett, eine von insgesamt 120 Einreichungen bei den Donaueschinger Kammermusik-Aufführungen zur Förderung zeitgenössischer Tonkunst 1923, offenbar wieder zurückgezogen, nachdem sich wenig Aussicht auf Erfolg abzeichnete (vgl. das Schreiben Heinrich Burkards an Busoni vom 3. Juni 1923, D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1125; vgl. ferner Rathert 2004, S. 18). Bei den Donaueschinger Musiktagen wurde niemals ein Werk von Weill aufgeführt.

In der Hoffnung, Sie nächste Woche bei
voller Gesundheit anzutreffen,

Ihr stets dankbar ergebener

Kurt Weill.

Nachlaß Busoni
                                                                
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Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5360 | olim: Mus.ep. K. Weill 3 |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
1 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Kurt Weill, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12

Summary
Weill, bei seinen Eltern in Leipzig, gratuliert Busoni zum Geburtstag; vermeldet eine bevorstehende Aufführung seines Divertimento op. 5; revidiert sein Streichquartett op. 8, hat dessen Erstfassung bei den Donaueschinger Musiktagen eingereicht.
Incipit
noch immer bin ich hier in Leipzig

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
August 23, 2021: proposed (transcription and coding done, awaiting proofreading)
Direct context
Preceding Following
Near in this edition
Previous editions
Theurich 1990, S. 116 Theurich 1998, S. 20 f.