Ferruccio Busoni to Hans Huber arrow_backarrow_forward

Zürich · July 18, 1917

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57.

P.S. Meine opern Angelegenheit scheint nach Norden hin
eine entscheidende Wendung genommen zu haben.
Man kam mir in Mailand auf das Verbindlichste
entgegen, so dass ich eigentlich kein vollkommen
gutes Gewissen führe. Aber was sollte ich thun?
Ich habe mir die Frage von allen Seiten betrachtet.

18. Juli 1917

Hochverehrter Freund,

verzeihen Sie, dass ich Sie so schnell
nach einander anfalle, diesmal aus
einem noch dazu ganz selbsüchtigen
Anlasse. – Der Misverständnisse –
absichtlicher u. unabsichtlicher –
gegenüber meiner “Aesthetik” waren
so viele (u. manche davon unter
einander derart übereinstimmend),
dass ich mich fragte, ob ich bei
der neuen Auflage, die bald nöthig
wird, Erläuterndes hinzufügen sollte.

Da es aber keineswegs so aus-
sehen darf, als ob ich mich recht-
fertigte, so gab ich diesen Gedanken
auf u. ergriff dafür die Idee
eines nachträglichen Vorwortes.

Dieses mrüsste aber von Einem
der älter u. autoritativer ist,
als ich es bin, geschrieben werden,
wie das bei französischen Büchern
ein guter Gebrauch ist.

57.

Hochverehrter Freund,

verzeihen Sie, dass ich Sie so schnell nacheinander anfalle, diesmal aus einem noch dazu ganz selbstsüchtigen Anlasse. – Der Missverständnisse – absichtlicher und unabsichtlicher – gegenüber meiner „Ästhetik“ waren so viele (und manche davon untereinander derart übereinstimmend), dass ich mich fragte, ob ich bei der neuen Auflage, die bald nötig wird, Erläuterndes hinzufügen sollte.

Da es aber keineswegs so aussehen darf, als ob ich mich rechtfertigte, so gab ich diesen Gedanken auf und ergriff dafür die Idee eines nachträglichen Vorwortes.

Dieses mrüßte aber von einem, der älter und autoritativer ist, als ich es bin, geschrieben werden, wie das bei französischen Büchern ein guter Gebrauch ist.

Würden Sie zur Abfassung eines solchen Vorwortes Lust und Neigung fühlen? – Wir könnten uns über einige Punkte verständigen, im Übrigen würden Sie Ihren Gedanken und Ansichten den eigenen Lauf lassen.

Sollten Sie im Prinzip dafür stimmen, dann würde ich die Absicht dem Insel-Verlag bekannt geben und wiederum dessen Zustimmung abwarten. – Das Material der Entgegnungen habe ich gesammelt.

Es ist überflüssig zu sagen, dass ich es mir zur Ehre, dem Buche zur Auszeichnung und zum Nutzen rechnete, wenn es von Ihnen eingeleitet würde.

Noch einmal bitte ich um Verzeihung, und auch darum, dass Sie sich bei der Antwort keinerlei Zwang noch Rücksicht auferlegen.

Ihr herzlich und verehrungsvoll ergebener

F. Busoni

18. Juli 1917

P.S. Meine Opernangelegenheit scheint nach Norden hin eine entscheidende Wendung genommen zu haben. Man kam mir in Mailand auf das Verbindlichste entgegen, so dass ich eigentlich kein vollkommen gutes Gewissen führe. Aber was sollte ich tun? Ich habe mir die Frage von allen Seiten betrachtet.

                                                                
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(2)

Würden Sie zur Abfassung
eines solchen Vorwortes Lust u.
Neigung fühlen? – Ich Wir könnten
uns über einige Punkte verständigen,
im übrigen würden Sie Ihren Gedanken
u. Ansichten den eigenen Lauf lassen.

Sollten Sie im Prinzip dafür
stimmen, dann würde ich die
Absicht dem Insel Verlag bekannt
geben u. wiederum dessen Zustimmung
abwarten. – Das Material der
Entgegnungen habe ich gesammelt.

Es ist überflüssig zu sagen, dass
ich es mir zur Ehre, dem Buche
zur Auszeichnung u. N zum Nutzen
rechnete, wenn es von Ihnen
eingeleitet würde.

Noch einmal bitte ich um
Verzeihung, und auch darum,
dass Sie sich bei der Antwort
keinerlei Zwang noch Rücksicht
auferlegen.

Ihr herzlich und
verehrungsvoll ergebener

F. Busoni

18 Juli 1917
                                                                
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Provenance
Schweiz | Basel | Universitätsbibliothek | NL 30 : 22:A-H:16
Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Collation
Nur die Vorderseiten beschrieben. Postscriptum auf der ersten Seite oben (kopfstehend).
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift Nummerierung und Foliierung vorgenommen und das Datum auf die erste Seite übertragen hat.

Incipit
verzeihen Sie, dass ich Sie so schnell

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
in collaboration with
Revision
August 24, 2017: unfinished (currently being prepared (transcription, coding))
Direct context
Preceding Following
Near in this edition
Previous editions
Refardt 1939, S. 33