Ferruccio Busoni an Arnold Schönberg arrow_backarrow_forward

Berlin · 27. Juli 1912

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* The * Library * of * Congress *

Mein sehr verehrter
Arnold Schoenberg.

Ich liess – mit Clark Theurich 1977 (191) und Theurich 1979 (195) fälschlich: „nicht Clark. – im
Gespraech eine Idee fallen, die
nur im Augenblick und in
meinem Gehirne entstanden war.
Sie haben die fallen=gelassene
Idee mit Ihrer Impulsivität
sofort aufgehoben und aus
eigener, bei Ihnen immer
thätigen Fantasie, bereichert –
es sei denn, dass Ihnen der
Bericht entstellt vorgetragen
worden. Ich hatte – bei meiner
Äusserung – weder von meinen
Meisterkursen, noch von Ihrer
Gesammtleitung gesprochen.

Mein sehr verehrter Arnold Schönberg.

Ich ließ – mit Clark – im Gespräch eine Idee fallen, die nur im Augenblick und in meinem Gehirne entstanden war. Sie haben die fallen gelassene Idee mit Ihrer Impulsivität sofort aufgehoben und aus eigener, bei Ihnen immer tätigen Fantasie, bereichert – es sei denn, dass Ihnen der Bericht entstellt vorgetragen worden. Ich hatte – bei meiner Äußerung – weder von meinen Meisterkursen, noch von Ihrer Gesamtleitung gesprochen.

Es wäre wünschenswert (so lautete, wenn auch nicht wörtlich, meine Rede), dass einmal eine Art Musikschule auf rein künstlerische Voraussetzungen gestellt würde. Dazu wäre Schönberg in erster Linie in Betracht zu ziehen; von Petri und Kindler bürge ich, dass Sie – in ihren Fächern – ihm im rechten Sinne beistünden. Dazu wäre ferner Kapital nötig, das Unternehmen von wirtschaftlichen Spekulationen unabhängig zu machen und ein künstlerisch sich bietendes „Heim“ zu gründen. (Ich beichte, dass meine Verehrung für und mein Glaube an Sie, so sicher und tief sie auch sind, nicht so weit herrschen, um mir an Ihnen einen Vorgesetzen zu schaffen: was nicht Sie betrifft – den ich als Freund und Meister begrüße –, sondern meine schwer und langsam errungene Unabhängigkeit.) Dieses nur in Parenthese.

Meine Idee richtete sich also dahin, wirkliche Künstler zu einem pädagogischen Werk zu vereinen und in diesem eine Freiheit und Breite zu wahren, wie sie an Konservatorien fehlt. Es würden lauter Meisterkurse werden in zwanglosem Verkehr mit Schülern, innerhalb geschmackvoller Räume. Eine Gesamtleitung schien mir unwichtig, die Begründer würden sich beraten.

Noch einmal: Dazu gehörte viel Geld; dann aber dürfte die Sache mit einem Schlage in erster Reihe stehen.

Dass wir uns selten sahen und Sie mir die Schuld dafür anrechnen, ist (beides) bedauerlich.

Ich glaube nicht, dass ich Jemanden so viel aufrichtiges und tätiges Interesse widmete als Ihnen: umgekehrt habe ich nichts beansprucht, aber auch nichts empfangen.

Ich bin acht Monate des Jahres unterwegs Im Jahr 1912 unternahm Busoni Konzertreisen nach London, Paris, Italien und Russland und besuchte die Proben und die Uraufführung seiner Oper “Die Brautwahl” in Hamburg. Ein Jahr zuvor fand eine ausgedehnte Konzerttournee in den USA statt. und, wie Sie wissen, außerordentlich tätig. Ich bitte Sie, es wenigstens quantitativ zu betrachten.

Mit herzlichen Grüßen Ihr ergebener

Ferruccio Busoni

den 27. Juli 1912.
                                                                
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würde. Dazu waere Schoenberg
in erster Linie in Betracht zu
ziehen; von Petri u. Kindler
bürge ich, dass Sie – in ihren
Fächern – ihm im rechten
Sinne beistünden. Dazu waere fer-
-ner Kapital nötig, das Unternehmen
von wirthschaftlichen Spekulationen
unabhängig zu machen und
ein künstlerisch sich bietendes
“Heim” zu gründen. (Ich beichte,
dass meine Verehrung für Sie
und mein Glaube an Sie, so

                                                                
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sondern meine schwer und
langsam errungene Unabhängigkeit.)
Dieses nur in Parenthese.

Meine Idee richtete sich also
dahin, wirkliche Künstler zu
einem paedagogischen Werke
zu vereinen und in diesem eine
Freiheit u. Breite zu wahren,
wie sie an Konservatorien fehlt.
Es würden allelauter Meisterkurse
werden in zwanglosem
Verkehr mit Schülern, innerhalb
geschmackvoller Räume. Eine
Gesammtleitung schien mir
unwichtig, die Begründer würden
sich berathen.

                                                                
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u. thätiges Interesse widmete,
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ich Nichts beansprucht, aber
auch Nichts empfangen.

Ich bin auch 8 Monate des
Jahres unterwegs Im Jahr 1912 unternahm Busoni Konzertreisen nach London, Paris, Italien und Russland und besuchte die Proben und die Uraufführung seiner Oper “Die Brautwahl” in Hamburg. Ein Jahr zuvor fand eine ausgedehnte Konzerttournee in den USA statt. und, wie
Sie wissen, außerordentlich
thätig. Ich bitte Sie, es wenigstens
quantitativ zu betrachten.

Mit herzlichen Grüssen
Ihr ergebener

Ferruccio Busoni

den 27 Juli, 1912.
                                                                
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Überlieferung
USA | Washington, D. C. | The Library of Congress | Music Division | Arnold Schoenberg Collection |

Nachweis Arnold-Schönberg-Center, Wien

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
2 Blatt, 4 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Bildquelle
The Library of Congress: 1234

Zusammenfassung
Busoni versucht, die durch Clark offenbar inkorrekt weitergebenen Informationen über den vermeintlichen Plan einer Konservatoriumsgründung richtigzustellen.
Incipit
Ich ließ – mit Clark – im Gespräch

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
6. Dezember 2019: in Bearbeitung (in der Erfassungs-/Codierungsphase)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Theurich 1977, S. 191 f. Theurich 1979, S. 195 f. (Brief), S. 118–120 (Kommentar) Beaumont 1987, S. 416 f.