Ihr letzter BriefNicht im Busoni-Nachlass überliefert.
hat mich sehr ergriffen.
Ich wusste nicht, dass jemals irgend welche
Trübungen waren, habe von meiner Mutter und Josephine immer nur mit warmer
Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
wollten beide in ihren Briefen „erziehlich“ wirken und waren im Herzen ganz
unverändert, auch wussten sie ganz
bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
nichts ferner liegt als Mangel an Offenheit
Ihr letzter BriefNicht im Busoni-Nachlass überliefert.
hat mich sehr ergriffen.
Ich wusste nicht, dass jemals irgendwelche
Trübungen waren, habe von meiner Mutter
und Josephine immer nur mit warmer
Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
wollten beide in ihren Briefen „erziehlich“
wirken und waren im Herzen ganz
unverändert, auch wussten sie ganz
bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
nichts ferner liegt als Mangel an Offenheit
und es ausschließlich Ihr Vater war, der den Zwang
ausgeübt hat, dem Sie sich in so jungen Jahren
fügen mussten. Wie qualvoll ist doch das
urewige Problem der Schöpfung, das bleierne Schweigen
der Dahingegangenen, und wie verzehrend habe
ich schon oft diese Sehnsucht empfunden!
Ich war wirklich glücklich, Ihre Schrift
wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
Wochen seit Ihrer Reise nach Italien verflossen.
Eine mühevolle, aber recht freudige Arbeit
hält mich dies Jahr länger als sonst hier
fest, und ich werde wohl kaum vor Ende
Juli Wien verlassen, vielmehr die Umgebung,
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
ab 1. August, durch wenigstens vier Wochen, die
Kur in Gastein brauchen und habe die Absicht,
September und Oktober zum großen Teil in
Aussee zu verbringen.Oppenheimer befand sich im Oktober 1912 nicht in Bad Aussee, sondern in Meran (vgl. den folgenden Brief vom 4.12.1912).
Auch ich hege den
innigsten Wunsch, Sie zu sehen, wo und
wann wird es sein? Ich weiß, dass Sie
das Land nicht mögen, vielmehr nur das
sonnige Italien lieben, und hätte nie den Mut,
Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
Wochen umfangen halten.
Wo werden Sie die Herbstmonate sein?Im Oktober 1912 reiste Busoni nach London, im November auf eine Konzertreise nach Russland.
Sie sprechen von Enttäuschungen, teurer Freund,
ich ahne nicht, welcher Art sie sind, beklage aber
jedes Leid, das Sie trifft, und möchte Sie nur
hell und sonnig umgeben wissen.
Nach einer gegen meinen Willen durchwachten
Nacht schreibe ich diese Zeilen am frühen
Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
die Maschine nicht geölt ist, bleibt das Räderwerk
stehen.Offenbar litt Oppenheimer über mehrere Monate an einer Influenza (vgl. den folgenden Brief vom 4.12.1912).
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
erholenden Schlafs. Lassen Sie mich wissen, was Sie
im Sommer vorhaben,Den Juli 1912 verbrachte Busoni in Berlin mit Kompositionsarbeiten. Im August reiste er nach Paris für die Umarbeitung seiner Oper Die Brautwahl.
halten Sie mich au courant.
Innigst
in wärmster Freundschaft
Ihre Jella Oppenheimer
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<subst><del rend="strikethrough">Mus.ep. J. Oppenheimer 14 (Busoni-Nachl. <handShift new="#archive_red"/>B II<handShift new="#archive"/>)</del><add place="below">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3445</add></subst>
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Ihr letzter Brief
<note type="commentary" resp="#E0301020">Nicht im <persName key="E0300017">Busoni</persName>-Nachlass überliefert.</note>
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<lb/>wirken und waren im Herzen ganz
<lb/>unverändert, auch wussten sie ganz
<lb/>bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
<lb/>nichts ferner liegt als Mangel an Offenheit
</p></div>
2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
und es ausschließlich Ihr Vater war, der den Zwang
ausgeübt hat, dem Sie sich in so jungen Jahren
fügen mussten. Wie qualvoll ist doch das
urewige Problem der Schöpfung, das bleierne Schweigen
der Dahingegangenen und wie verzehrend habe
ich schon oft diese Sehnsucht empfunden!
Ich war wirklich glücklich Ihre Schrift
wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
Wochen seit Ihrer Reise nach Italien verflossen.
Eine mühevolle aber recht freudige Arbeit
hält mich dies Jahr länger als sonst hier
fest und ich werde wohl kaum vor Ende
Juli Wien verlassen, vielmehr die Umgebung,
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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und es ausschließlich <rs key="E0300778">Ihr Vater</rs> war, der den Zwang
<lb/>ausgeübt hat, dem Sie sich in so jungen Jahren
<lb/>fügen mussten. Wie qualvoll ist doch das
<lb/>urewige Problem der Schöpfung, das bleierne Schweigen
<lb/>der Dahingegangenen<reg>,</reg> und wie verzehrend habe
<lb/>ich schon oft die<add place="below">se</add> Sehnsucht empfunden!
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Ich war wirklich glücklich<reg>,</reg> Ihre Schrift
<lb/>wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
<lb/>Wochen seit Ihrer Reise nach <placeName key="E0500013">Italien</placeName> verflossen.
<lb/>Eine mühevolle<reg>,</reg> aber recht freudige Arbeit
<lb/>hält mich dies Jahr länger als sonst hier
<lb/>fest<reg>,</reg> und ich werde wohl kaum vor Ende
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3Diplomatische Umschrift
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[2]
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
ab 1 August, durch wenigstens 4 Wochen, die
Kur in Gastein brauchen und habe die Absicht
September und Oktober zum grossen Teil in
Aussee zu verbringen.Oppenheimer befand sich im Oktober 1912 nicht in Bad Aussee, sondern in Meran (vgl. den folgenden Brief vom 4.12.1912).
Auch ich hege den
innigsten Wunsch Sie zu sehen, wo und
wann wird es sein? Ich weiss, dass Sie
das Land nicht mögen, vielmehr nur das
sonnige Italien lieben und hätte nie den Mut
Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
Wochen umfangen halten.
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in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
<lb/>Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
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Auch ich hege den
<lb/>innigsten Wunsch<reg>,</reg> Sie zu sehen, wo und
<lb/>wann wird es sein? Ich wei<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>, dass Sie
<lb/>das Land nicht mögen, vielmehr nur das
<lb/>sonnige <placeName key="E0500013">Italien</placeName> lieben<reg>,</reg> und hätte nie den Mut<reg>,</reg>
<lb/>Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
<lb/>zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
<lb/>Wochen umfangen halten.
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4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
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Wo werden Sie die Herbstmonate sein?Im Oktober 1912 reiste Busoni nach London, im November auf eine Konzertreise nach Russland.
Sie sprechen von Enttäuschungen, teurer Freund,
ich ahne nicht welcher Art sie sind, beklage aber
jedes Leid, das Sie trifft und möchte Sie nur
hell und sonnig umgeben wissen.
Nach einer, gegen meinen Willen durchwachten
Nacht, schreibe ich diese Zeilen am frühen
Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
die Maschiene nich[t] geölt ist, bleibt das Räderwerk
stehen.Offenbar litt Oppenheimer über mehrere Monate an einer Influenza (vgl. den folgenden Brief vom 4.12.1912).
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
erholenden Schlaf’s. Lassen Sie mich wissen was Sie
im Sommer vor haben,Den Juli 1912 verbrachte Busoni in Berlin mit Kompositionsarbeiten. Im August reiste er nach Paris für die Umarbeitung seiner Oper Die Brautwahl.
halten Sie mich au courant. Innigst
in wärmster FreundschaftIhre Jella Opp
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<p>Wo werden Sie die Herbstmonate sein?
<note type="commentary" resp="#E0301020">Im <date when-iso="1912-10">Oktober 1912</date> reiste <persName key="E0300017">Busoni</persName> nach <placeName key="E0500047">London</placeName>, im <date when-iso="1912-11">November</date> auf eine Konzertreise nach <placeName key="E0500547">Russland</placeName>.</note>
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<p>Sie sprechen von Enttäuschungen, <rs key="E0300017">teurer Freund</rs>,
<lb/>ich ahne nicht<reg>,</reg> welcher Art sie sind, beklage aber
<lb/>jedes Leid, das Sie trifft<reg>,</reg> und möchte Sie nur
<lb/>hell und sonnig umgeben wissen.</p>
<p>Nach einer<orig>,</orig> gegen meinen Willen durchwachten
<lb/>Nacht<orig>,</orig> schreibe ich diese Zeilen am frühen
<lb/>Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
<lb/>ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
<lb/>die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
<lb/>die Maschi<orig>e</orig>ne nich<supplied reason="omitted">t</supplied> geölt ist, bleibt das Räderwerk
<lb/>stehen.
<note type="commentary" resp="#E0301020">Offenbar litt <persName key="E0300819">Oppenheimer</persName> über mehrere Monate an einer Influenza (vgl. <ref target="#D0102122">den folgenden Brief</ref> vom <date when-iso="1912-12-04">4.12.1912</date>).</note>
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
<lb/>erholenden Schlaf<orig>’</orig>s. Lassen Sie mich wissen<reg>,</reg> was Sie
<lb/>im Sommer vor<orig> </orig>haben,
<note type="commentary" resp="#E0301020">Den <date when-iso="1912-07">Juli 1912</date> verbrachte <persName key="E0300017">Busoni</persName> in <placeName key="E0500029">Berlin</placeName> mit Kompositionsarbeiten. Im <date when-iso="1912-08">August</date> reiste <persName key="E0300017">er</persName> nach <placeName key="E0500012">Paris</placeName> für die Umarbeitung seiner Oper <title key="E0400138">Die Brautwahl</title>.</note>
halten Sie mich <foreign xml:lang="fr">au courant</foreign>. <seg type="closer" subtype="salute">Innigst
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5Faksimile
5Diplomatische Umschrift
5XML
1/1 Wien 15
11
7
[…]mindestens 1, höchstens 3 Zeichen: wenig Tinte.
V
12
a
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3445 | olim:
Mus.ep. J. Oppenheimer 14
|
Oppenheimer reagiert tröstend auf von Busoni geschilderte Erfahrungen mit der Elterngeneration beider; leidet unter Schlaflosigkeit; plant einen Kuraufenthalt; will Busoni eine Einladung in den „Regen und Nebel“ der Berge nicht zumuten; fragt mit Blick auf ein Treffen nach Busonis Plänen für Sommer und Herbst.
Brief von Jella Oppenheimer an Ferruccio Busoni (Wien, 11. Juli 1912), bearbeitet von Lisa Oelighoff, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Jella Oppenheimer, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Mai 2023: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0102121 (30. August 2025: zur Freigabe vorgeschlagen)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Jella Oppenheimer an Ferruccio Busoni (Wien, 11. Juli 1912)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Jella Oppenheimer to Ferruccio Busoni (Wien, 11 July 1912)</title>
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<resp>Digitization by</resp>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
<title type="subseries" key="E010014">Briefwechsel Ferruccio Busoni – Jella Oppenheimer</title>
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<idno type="D-B.olim">Mus.ep. J. Oppenheimer 14</idno>
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<persName key="E0300819">Oppenheimer</persName> reagiert tröstend auf von <persName key="E0300017">Busoni</persName> geschilderte Erfahrungen mit der Elterngeneration beider; leidet unter Schlaflosigkeit; plant einen Kuraufenthalt; will <persName key="E0300017">Busoni</persName> eine Einladung in den <q>Regen und Nebel</q> der Berge nicht zumuten; fragt mit Blick auf ein Treffen nach <persName key="E0300017">Busonis</persName> Plänen für Sommer und Herbst.
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="violet_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300819">Hand des Absenders Jella Oppenheimer, Brieftext in violetter Tinte, in lateinischer Schreibschrift</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat</handNote>
<handNote xml:id="archive_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="sbb_st_blue" scope="minor" medium="blue_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (blaue Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="post" scope="minor" medium="black_ink" scribe="postoffice">Poststempel (schwarze Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="gerda.busoni" scope="minor" medium="pencil" scribe="relative" scribeRef="#E0300059">Hand von Gerda Busoni, die auf der Umschlagrückseite den Absendernamen notiert hat</handNote>
<handNote xml:id="unknown_hand" scope="minor" medium="pencil" scribe="unknown">Unbekannte Hand, die mit Bleistift auf dem Umschlag eine Nummer notiert hat</handNote>
<handNote xml:id="label" scope="minor" medium="black_print" scribe="postoffice">Postaufkleber</handNote>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit einfachen Bindestrichen.</p>
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<punctuation marks="all" placement="external">
<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive" rend="space-below">[1]</note>
<opener>
<dateline rend="indent-6 space-above space-below">
<date when-iso="1912-07-11">den 11.7.1912</date>
</dateline>
<salute rend="align(center)"><rs key="E0300017">Liebster Freund,</rs></salute>
</opener>
<p>
Ihr letzter Brief
<note type="commentary" resp="#E0301020">Nicht im <persName key="E0300017">Busoni</persName>-Nachlass überliefert.</note>
hat mich sehr ergriffen.
<lb/>Ich wusste nicht, dass jemals irgend<orig> </orig>welche
<lb/>Trübungen waren, habe von <rs key="E0300970">meiner Mutter</rs>
<lb/>und <persName key="E0301024">Josephine</persName> immer nur mit warmer
<lb/>Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
<lb/>wollten beide in ihren Briefen <soCalled rend="dq-du">erziehlich</soCalled>
<!-- die erhaltenen Briefe im Nachlass auswerten, Digitalisate vorhanden -->
<lb/>wirken und waren im Herzen ganz
<lb/>unverändert, auch wussten sie ganz
<lb/>bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
<lb/>nichts ferner liegt als Mangel an Offenheit
<pb n="2"/>
und es ausschließlich <rs key="E0300778">Ihr Vater</rs> war, der den Zwang
<lb/>ausgeübt hat, dem Sie sich in so jungen Jahren
<lb/>fügen mussten. Wie qualvoll ist doch das
<!-- Literatur zu Busonis Vaterbeziehung? -->
<lb/>urewige Problem der Schöpfung, das bleierne Schweigen
<lb/>der Dahingegangenen<reg>,</reg> und wie verzehrend habe
<lb/>ich schon oft die<add place="below">se</add> Sehnsucht empfunden!
</p>
<p>
Ich war wirklich glücklich<reg>,</reg> Ihre Schrift
<lb/>wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
<lb/>Wochen seit Ihrer Reise nach <placeName key="E0500013">Italien</placeName> verflossen.
<!-- welche Reise, wann genau? -->
<lb/>Eine mühevolle<reg>,</reg> aber recht freudige Arbeit
<lb/>hält mich dies Jahr länger als sonst hier
<lb/>fest<reg>,</reg> und ich werde wohl kaum vor Ende
<lb/><date when-iso="1912-07">Juli</date> <placeName key="E0500002">Wien</placeName> verlassen, vielmehr die Umgebung,
<note type="stamp" place="margin-right" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
</stamp>
</note>
<pb n="3"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive" rend="space-below">[2]</note>
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
<lb/>Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
<lb/>ab <date when-iso="1912-08-01">1<reg>.</reg> August</date>, durch wenigstens <choice><orig>4</orig><reg>vier</reg></choice> Wochen, die
<lb/>Kur in <placeName key="E0500907">Gastein</placeName> brauchen und habe die Absicht<reg>,</reg>
<lb/><date when-iso="1912-09/1912-10">September und Oktober</date> zum gro<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>en Teil in
<lb/><placeName key="E0500901">Aussee</placeName> zu verbringen.
<note type="commentary" resp="#E0301020"><persName key="E0300819">Oppenheimer</persName> befand sich im <date when-iso="1912-10">Oktober 1912</date> nicht in <placeName key="E0500901">Bad Aussee</placeName>, sondern in <placeName key="E0501070">Meran</placeName> (vgl. <ref target="#D0102122">den folgenden Brief</ref> vom <date when-iso="1912-12-04">4.12.1912</date>).</note>
Auch ich hege den
<lb/>innigsten Wunsch<reg>,</reg> Sie zu sehen, wo und
<lb/>wann wird es sein? Ich wei<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>, dass Sie
<lb/>das Land nicht mögen, vielmehr nur das
<lb/>sonnige <placeName key="E0500013">Italien</placeName> lieben<reg>,</reg> und hätte nie den Mut<reg>,</reg>
<lb/>Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
<lb/>zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
<lb/>Wochen umfangen halten.
</p>
<pb n="4"/>
<p>Wo werden Sie die Herbstmonate sein?
<note type="commentary" resp="#E0301020">Im <date when-iso="1912-10">Oktober 1912</date> reiste <persName key="E0300017">Busoni</persName> nach <placeName key="E0500047">London</placeName>, im <date when-iso="1912-11">November</date> auf eine Konzertreise nach <placeName key="E0500547">Russland</placeName>.</note>
</p>
<p>Sie sprechen von Enttäuschungen, <rs key="E0300017">teurer Freund</rs>,
<lb/>ich ahne nicht<reg>,</reg> welcher Art sie sind, beklage aber
<lb/>jedes Leid, das Sie trifft<reg>,</reg> und möchte Sie nur
<lb/>hell und sonnig umgeben wissen.</p>
<p>Nach einer<orig>,</orig> gegen meinen Willen durchwachten
<lb/>Nacht<orig>,</orig> schreibe ich diese Zeilen am frühen
<lb/>Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
<lb/>ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
<lb/>die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
<lb/>die Maschi<orig>e</orig>ne nich<supplied reason="omitted">t</supplied> geölt ist, bleibt das Räderwerk
<lb/>stehen.
<note type="commentary" resp="#E0301020">Offenbar litt <persName key="E0300819">Oppenheimer</persName> über mehrere Monate an einer Influenza (vgl. <ref target="#D0102122">den folgenden Brief</ref> vom <date when-iso="1912-12-04">4.12.1912</date>).</note>
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
<lb/>erholenden Schlaf<orig>’</orig>s. Lassen Sie mich wissen<reg>,</reg> was Sie
<lb/>im Sommer vor<orig> </orig>haben,
<note type="commentary" resp="#E0301020">Den <date when-iso="1912-07">Juli 1912</date> verbrachte <persName key="E0300017">Busoni</persName> in <placeName key="E0500029">Berlin</placeName> mit Kompositionsarbeiten. Im <date when-iso="1912-08">August</date> reiste <persName key="E0300017">er</persName> nach <placeName key="E0500012">Paris</placeName> für die Umarbeitung seiner Oper <title key="E0400138">Die Brautwahl</title>.</note>
halten Sie mich <foreign xml:lang="fr">au courant</foreign>. <seg type="closer" subtype="salute">Innigst
<lb/><seg rend="indent-5">in wärmster Freundschaft</seg></seg>
<seg type="closer" subtype="signed">Ihre <persName key="E0300819">Jella <choice><abbr>Opp</abbr><expan>Oppenheimer</expan></choice></persName></seg>
</p>
</div>
</body>
</text>
</TEI>