Ihr letzter Brief hat mich sehr ergriffen.Der hier gemeinte Brief liegt in dieser Edition nicht vor. Ich wusste nicht, dass jemals
irgend welche
Trübungen waren, habe von meiner Mutter und Josephine immer nur mit warmer
Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
wollten beide in ihren Briefen „erziehlich“ wirken und waren im Herzen ganz
unverändert, auch wussten sie ganz
bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
nichts ferner liegt als Mangel an Offenheit
Ihr letzter Brief hat mich sehr ergriffen.Der hier gemeinte Brief liegt in dieser Edition nicht vor.
Ich wusste nicht, dass jemals
irgendwelche
Trübungen waren, habe von meiner Mutter
und Josephine immer nur mit warmer
Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
wollten beide in ihren Briefen „erziehlich“
wirken und waren im Herzen ganz
unverändert, auch wussten sie ganz
bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
nichts ferner liegt, als Mangel an Offenheit
und es ausschließlich Ihr Vater war, der den Zwang
ausgeübt hat, dem Sie sich in so
jungen Jahren
fügen mussten.Busonis Vater war in seiner (musikalischen) Erziehung sehr streng und pedantisch. Als Erwachsener unterhielt Busoni eine schwierige Beziehung zu ihm. Vergleiche dazu Steven Vanhauwaerts "Ferruccio Busoni L'Enigme" (2020).
Wie qualvoll ist doch das
urewige Problem der Schöpfung, das bleierne Schweigen
der Dahingegangenen und wie verzehrend habe
ich schon oft diese Sehnsucht empfunden!
Ich war wirklich glücklich Ihre Schrift
wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
Wochen seit Ihrer Reise nach Italien verflossen.
Eine mühevolle, aber recht freudige Arbeit
hält mich dies Jahr länger als sonst hier
fest und ich werde wohl kaum vor Ende
Juli Wien verlassen, vielmehr die Umgebung,
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
ab 1. August, durch wenigstens 4 Wochen, die
Kur in Gastein brauchen und habe die Absicht
September und Oktober zum
großen
Teil in
Aussee zu verbringen.Jella Oppenheimer befand sich im Oktober 1912 nicht in Bad Aussee, sondern in Meran. Vgl. Jella Oppenheimers folgenden Brief vom 04. Dezember 1912.
Auch ich hege den
innigsten Wunsch, Sie zu sehen, wo und
wann wird es sein? Ich
weiß, dass Sie
das Land nicht mögen, vielmehr nur das
sonnige Italien lieben und hätte nie den Mut
Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
Wochen umfangen halten.
Wo werden Sie die Herbstmonate sein?Im Oktober 1912 reiste Busoni nach London. Den November 1912 verbrachte er aufgrund einer Konzertreise in Russland.
Sie sprechen von Enttäuschungen, teurer Freund,
ich ahne nicht welcher Art sie sind, beklage aber
jedes Leid, das Sie trifft und möchte Sie nur
hell und sonnig umgeben wissen.
Nach einer, gegen meinen Willen durchwachten
Nacht, schreibe ich diese Zeilen am frühen
Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
die
Maschine
nicht geölt ist, bleibt das Räderwerk
stehen.Jella Oppenheimer litt über mehrere Monate an einer Influenza.Vgl. Jella Oppenheimers folgenden Brief vom 04. Dezember 1912.
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
erholenden
Schlafs.
Lassen Sie mich wissen, was Sie
im Sommer vor haben,Den Juli 1912 verbrachte Busoni in Berlin mit Kompositionsarbeiten. Im August reiste er nach Paris für die Umarbeitung seiner Oper "Die Brautwahl".
halten Sie mich au courant.
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<lb/>unverändert, auch wussten sie ganz
<lb/>bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
und es ausschließlich Ihr Vater war, der den Zwang
ausgeübt hat, dem Sie sich in so
jungenJahren
fügen mussten.Busonis Vater war in seiner (musikalischen) Erziehung sehr streng und pedantisch. Als Erwachsener unterhielt Busoni eine schwierige Beziehung zu ihm. Vergleiche dazu Steven Vanhauwaerts "Ferruccio Busoni L'Enigme" (2020).
Wie qualvoll ist doch das
urewige Problem der Schöpfung das bleierne Schweigen
der Dahingegangenen und wie verzehrend habe
ich schon oft diese Sehnsucht empfunden!
Ich war wirklich glücklich Ihre Schrift
wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
Wochen seit Ihrer Reise nach Italien verflossen.
Eine mühevolle aber recht freudige Arbeit
hält mich dies Jahr länger als sonst hier
fest und ich werde wohl kaum vor Ende
Juli Wien verlassen, vielmehr die Umgebung,
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Ich war wirklich glücklich Ihre Schrift
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
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[2]
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
ab 1. August, durch wenigstens 4 Wochen, die
Kur in Gastein brauchen und habe die Absicht
September und Oktober zum
grossen
Teil in
Aussee zu verbringen.Jella Oppenheimer befand sich im Oktober 1912 nicht in Bad Aussee, sondern in Meran. Vgl. Jella Oppenheimers folgenden Brief vom 04. Dezember 1912.
Auch ich hege den
innigsten Wunsch Sie zu sehen, wo und
wann wird es sein? Ich
weiss, dass Sie
das Land nicht mögen, vielmehr nur das
sonnige Italien lieben und hätte nie den Mut
Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
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in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
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<lb/>innigsten Wunsch<reg>,</reg> Sie zu sehen, wo und
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<lb/>das Land nicht mögen, vielmehr nur das
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<lb/>zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
<lb/>Wochen umfangen halten.
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4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
4XML
Wo werden Sie die Herbstmonate sein?Im Oktober 1912 reiste Busoni nach London. Den November 1912 verbrachte er aufgrund einer Konzertreise in Russland. Sie sprechen von Enttäuschungen, teurer Freund,
ich ahne nicht welcher Art sie sind, beklage aber
jedes Leid, das Sie trifft und möchte Sie nur
hell und sonnig umgeben wissen.
Nach einer, gegen meinen Willen durchwachten
Nacht, schreibe ich diese Zeilen am frühen
Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
die
Maschiene
nich[t] geölt ist, bleibt das Räderwerk
stehen.Jella Oppenheimer litt über mehrere Monate an einer Influenza.Vgl. Jella Oppenheimers folgenden Brief vom 04. Dezember 1912.
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
erholenden
Schlaf’s.
Lassen Sie mich wissen was Sie
im Sommer vor haben,Den Juli 1912 verbrachte Busoni in Berlin mit Kompositionsarbeiten. Im August reiste er nach Paris für die Umarbeitung seiner Oper "Die Brautwahl".
halten Sie mich au courant. Innigst
in wärmster FreundschaftIhre Jella Opp
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Wo werden Sie die Herbstmonate sein?
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<lb/>Sie sprechen von Enttäuschungen, <rs><persName key="E0300017">teurer Freund</persName></rs>,
<lb/>ich ahne nicht welcher Art sie sind, beklage aber
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<lb/>Nach einer, gegen meinen Willen durchwachten
<lb/>Nacht, schreibe ich diese Zeilen am frühen
<lb/>Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
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<lb/>die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
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nich<supplied reason="incomplete">t</supplied> geölt ist, bleibt das Räderwerk
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Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
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Lassen Sie mich wissen<reg>,</reg> was Sie
<lb/>im Sommer vor haben,
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3445 | olim:
Mus.ep. J. Oppenheimer 14
|
Brief von Jella Oppenheimer an Ferruccio Busoni (Wien, 11. Juli 1912), bearbeitet von Lisa Oelighoff, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Jella Oppenheimer, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Mai 2023: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0102121 (25. September 2024: in Korrekturphase)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Jella Oppenheimer an Ferruccio Busoni (Wien, 11. Juli 1912)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Jella Oppenheimer to Ferruccio Busoni (Wien, 11 July 1912)</title>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
<title type="subseries" key="E010014">Briefwechsel Ferruccio Busoni – Jella Oppenheimer</title>
<editor key="E0300314">Christian Schaper</editor>
<editor key="E0300313">Ullrich Scheideler</editor>
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<collection>Nachlass Ferruccio Busoni</collection>
<idno>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3445</idno>
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<idno type="D-B.olim">Mus.ep. J. Oppenheimer 14</idno>
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<persName key="E0300819">Oppenheimer</persName> versichert <persName key="E0300017">Busoni</persName> die Zuneigung ihrer <persName key="E0300970">Mutter Sophie Todesco</persName> und <persName key="E0301024">Tante Josephine von Wertheimstein</persName>; spricht über <persName key="E0300017">Busonis</persName> schwierige Beziehung zu seinem <persName key="E0300778">Vater Ferdinando Busoni</persName>; fragt nach dem nächsten Treffen und <persName key="E0300017">Busonis</persName> Plänen für den Sommer; berichtet von ihrem angeschlagenen Gemütszustand und ihrer anstehenden Kur.
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<incipit>Ihr letzter Brief hat mich sehr ergriffen.</incipit>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="violet_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300819">Hand des Absenders Jella Oppenheimer, Brieftext in violetter Tinte, in lateinischer Schreibschrift</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat</handNote>
<handNote xml:id="archive_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="post" scope="minor" medium="black_ink" scribe="postoffice">Poststempel (schwarze Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="gerda.busoni" scope="minor" medium="pencil" scribe="relative" scribeRef="#E0300059">Hand von Gerda Busoni, die nachträglich den Namen Oppenheimer notiert hat</handNote>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit einfachen Bindestrichen.</p>
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<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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<date when-iso="1912-07-11">den 11.7.1912</date>
</dateline>
<salute rend="align(center)">
<rs><persName key="E0300017">Liebster Freund,</persName></rs>
</salute>
</opener>
<p>
Ihr letzter Brief hat mich sehr ergriffen.
<note type="commentary" resp="#E0301020">Der hier gemeinte Brief liegt in dieser Edition nicht vor.</note>
<lb/>Ich wusste nicht, dass jemals
<choice>
<orig>irgend welche</orig>
<reg>irgendwelche</reg>
</choice>
<lb/>Trübungen waren, habe von <rs><persName key="E0300970">meiner Mutter</persName></rs>
<lb/>und <persName key="E0301024">Josephine</persName> immer nur mit warmer
<lb/>Liebe von Ihnen sprechen gehört. Offenbar
<lb/>wollten beide in ihren Briefen <soCalled rend="dq-du">erziehlich</soCalled>
<lb/>wirken und waren im Herzen ganz
<lb/>unverändert, auch wussten sie ganz
<lb/>bestimmt, dass Ihrem eigensten Wesen
<lb/>nichts ferner liegt<reg>,</reg> als Mangel an Offenheit
<pb n="2"/>
und es ausschließlich <persName key="E0300778">Ihr Vater</persName> war, der den Zwang
<lb/>ausgeübt hat, dem Sie sich in so
<choice>
<orig>jungenJahren</orig>
<reg>jungen Jahren</reg>
</choice>
<lb/>fügen mussten.
<note type="commentary" resp="#E0301020"><persName key="E0300778">Busonis Vater</persName> war in seiner (musikalischen) Erziehung sehr streng und pedantisch. Als Erwachsener unterhielt <persName key="E0300017">Busoni</persName> eine schwierige Beziehung zu ihm. Vergleiche dazu Steven Vanhauwaerts "Ferruccio Busoni L'Enigme" (2020).</note>
Wie qualvoll ist doch das
<lb/>urewige Problem der Schöpfung<reg>,</reg> das bleierne Schweigen
<lb/>der Dahingegangenen und wie verzehrend habe
<lb/>ich schon oft diese Sehnsucht empfunden!
</p>
<p>
Ich war wirklich glücklich Ihre Schrift
<lb/>wiederzusehen, sind doch schon wieder viele
<lb/>Wochen seit <rs><persName key="E0300017">Ihrer</persName></rs> Reise nach <placeName key="E0500013">Italien</placeName> verflossen.
<lb/>Eine mühevolle<reg>,</reg> aber recht freudige Arbeit
<lb/>hält mich dies Jahr länger als sonst hier
<lb/>fest und ich werde wohl kaum vor Ende
<lb/><date when-iso="1912-07">Juli</date> <placeName key="E0500002">Wien</placeName> verlassen, vielmehr die Umgebung,
<note type="stamp" place="margin-right" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/>
<placeName key="E0500029">
<hi rend="spaced-out">Berlin</hi>
</placeName>
</stamp>
</note>
<pb n="3"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[2]</note>
in die ich der Hitze wegen flüchten werde.
<lb/>Ich bin schlaflos und recht übermüdet, soll
<lb/>ab <date when-iso="1912-08-01">1. August</date>, durch wenigstens 4 Wochen, die
<lb/>Kur in <placeName key="E0500907">Gastein</placeName> brauchen und habe die Absicht
<lb/>September und Oktober zum
<choice>
<orig>grossen</orig>
<reg>großen</reg>
</choice>
Teil in
<lb/><placeName key="E0500901">Aussee</placeName> zu verbringen.
<note type="commentary" resp="#E0301020"><persName key="E0300819">Jella Oppenheimer</persName> befand sich im <date when-iso="1912-10">Oktober 1912</date> nicht in <placeName key="E0500901">Bad Aussee</placeName>, sondern in <placeName key="E0501070">Meran</placeName>. Vgl. <persName key="E0300819">Jella Oppenheimers</persName> folgenden <ref target="#D0102122">Brief</ref> vom <date when-iso="1912-12-04">04. Dezember 1912</date>.
</note>
Auch ich hege den
<lb/>innigsten Wunsch<reg>,</reg> Sie zu sehen, wo und
<lb/>wann wird es sein? Ich
<choice>
<orig>weiss</orig>
<reg>weiß</reg>
</choice>, dass Sie
<lb/>das Land nicht mögen, vielmehr nur das
<lb/>sonnige <placeName key="E0500013">Italien</placeName> lieben und hätte nie den Mut
<lb/>Ihnen zu einem Besuch in unseren Bergen
<lb/>zuzureden, die Regen und Nebel oft durch
<lb/>Wochen umfangen halten.
</p>
<pb n="4"/>
<p>
Wo werden Sie die Herbstmonate sein?
<note type="commentary" resp="#E0301020">Im <date when-iso="1912-10">Oktober 1912</date> reiste <persName key="E0300017">Busoni</persName> nach <placeName key="E0500047">London</placeName>. Den <date when-iso="1912-11">November 1912</date> verbrachte <persName key="E0300017">er</persName> aufgrund einer Konzertreise in <placeName key="E0500547">Russland</placeName>.</note>
<lb/>Sie sprechen von Enttäuschungen, <rs><persName key="E0300017">teurer Freund</persName></rs>,
<lb/>ich ahne nicht welcher Art sie sind, beklage aber
<lb/>jedes Leid, das Sie trifft und möchte Sie nur
<lb/>hell und sonnig umgeben wissen.
<lb/>Nach einer, gegen meinen Willen durchwachten
<lb/>Nacht, schreibe ich diese Zeilen am frühen
<lb/>Morgen, zu einer Stunde, in der mich die Welt
<lb/>ganz fremd ansieht. Heute fühle ich so recht
<lb/>die beschämende Abhängigkeit vom Körper, wenn
<lb/>die
<choice>
<orig>Maschiene</orig>
<reg>Maschine</reg>
</choice>
nich<supplied reason="incomplete">t</supplied> geölt ist, bleibt das Räderwerk
<lb/>stehen.
<note type="commentary" resp="#E0301020"><persName key="E0300819">Jella Oppenheimer</persName> litt über mehrere Monate an einer Influenza.Vgl. <persName key="E0300819">Jella Oppenheimers</persName> folgenden <ref target="#D0102122">Brief</ref> vom <date when-iso="1912-12-04">04. Dezember 1912</date>.</note>
Der Himmel erhalte Ihnen den Segen des
<lb/>erholenden
<choice>
<orig>Schlaf’s.</orig>
<reg>Schlafs.</reg>
</choice>
Lassen Sie mich wissen<reg>,</reg> was Sie
<lb/>im Sommer vor haben,
<note type="commentary" resp="#E0301020">Den <date when-iso="1912-07">Juli 1912</date> verbrachte <persName key="E0300017">Busoni</persName> in <placeName key="E0500029">Berlin</placeName> mit Kompositionsarbeiten. Im <date when-iso="1912-08">August</date> reiste <persName key="E0300017">er</persName> nach <placeName key="E0500012">Paris</placeName> für die Umarbeitung seiner <title key="E0400138">Oper "Die Brautwahl"</title>.</note>
halten Sie mich <foreign xml:lang="fr">au courant</foreign>. <seg type="closer" subtype="salute">Innigst
<lb/>in wärmster Freundschaft</seg>
<seg type="closer" subtype="signed">Ihre <persName key="E0300819">Jella Opp</persName></seg>
</p>
</div>
</body>
</text>
</TEI>