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14.XI.1916
Mus.ep. A. Schönberg 26 (Busoni-Nachl. B II) Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4564
Lieber verehrter Herr Busoni, ich höre, daß Sie in Zürich sind, daß Sie
einen Aritkel über den Frieden geschrieben haben, daß Sie also der
Krieg bedrückt – da muß ich Ihnen gleich schreiben.
Ich leide furchtbar unter diesem Krieg. Wie viele intime Beziehun⸗ gen […]
mindestens 2 Zeichen: überschrieben.
zu den feinsten Menschen hat er mir […]
3 Zeichen: durchgestrichen.
zerrissen; wie hat er mein
halbes Denken mit Beschlag belegt und mir gezeigt, daß ich mit der andern
Hälfte sowenig weiter existieren kann, wie mit der mit Beschlag belegten.
Bitte schicken Sie mir, Ihren Artikel über den Frieden und lassen Sie
sonst vor sich hören. Dürften wir zwei und unseres gleichen in allen
Ländern uns zusammen setzen und über einen Frieden beraten. In […]
2 Zeichen: durchgestrichen.
einer Woche würden wir ihn der Welt schenken und tausende Ideen dazu,
die für eine halbe Ewigkeit, für einen halbwegs ewigen Frieden reichten.
Ja, die Menschen sind böse. Aber nicht so böse, daß man nicht Schieds⸗ richter zwischen ihnen sein könnte. Sie sind furchtbar böse – das hat erst der
Krieg gezeigt. […]
3 Zeichen: durchgestrichen.
Im Frieden hat es sich wenigstens nicht so gezeigt –
fast darf man glauben: da waren sies noch nicht. Gewiß wird ein
Schiedsrichter einen Stecken brauchen, der jeden erreicht, der schuld ist.
Aber muß man sie vorher böse und unglücklich werden lassen? Sehen Sie
böse und unglücklich, das ist im Materiellen identisch. Im Geistigen
heißts anders: unglücklich, daher gut!
Bitte lassen Sie von sich hören. Ich grüße Sie vielmals und von
ganzem Herzen.Ihr Arnold Schönberg
Ich war zehn Monate Soldat;
Schönberg war von November 1915 bis Juni 1916 eingezogen worden.
jetzt bin ich enthoben, weil ich schließlich
nicht frontdiensttauglich war. Ich habe natürlich viel mitgemacht! Denken
Sie: mit 42 Jahren als Lehrbub beim Militär; wenn man schließlich sein ganzes
Leben hindurch zur Wahrung seiner Selbständigkeit die größten Opfer gebracht hat,
nun plötzlich Lehrjunge zu sein und sich von Idioten befehlen lassen!
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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14.XI.1916
Lieber verehrter Herr Busoni,
ich höre, dass Sie in Zürich sind, dass Sie
einen Aritkel über den Frieden geschrieben haben, dass Sie also der
Krieg bedrückt – da muss ich Ihnen gleich schreiben.
Ich leide furchtbar unter diesem Krieg. Wie viele intime Beziehungen zu den feinsten Menschen hat er mir zerrissen; wie hat er mein
halbes Denken mit Beschlag belegt und mir gezeigt, dass ich mit der andern
Hälfte so wenig weiter existieren kann wie mit der mit Beschlag belegten.
Bitte schicken Sie mir Ihren Artikel über den Frieden, und lassen Sie
sonst vor sich hören. Dürften wir zwei und unseresgleichen in allen
Ländern uns zusammensetzen und über einen Frieden beraten. In
einer Woche würden wir ihn der Welt schenken und tausende Ideen dazu,
die für eine halbe Ewigkeit, für einen halbwegs ewigen Frieden reichten.
Ja, die Menschen sind böse. Aber nicht so böse, dass man nicht Schiedsrichter zwischen ihnen sein könnte. Sie sind furchtbar böse – das hat erst der
Krieg gezeigt. Im Frieden hat es sich wenigstens nicht so gezeigt –
fast darf man glauben: da waren sie’s noch nicht. Gewiss wird ein
Schiedsrichter einen Stecken brauchen, der jeden erreicht, der schuld ist.
Aber muss man sie vorher böse und unglücklich werden lassen? Sehen Sie,
böse und unglücklich, das ist im Materiellen identisch. Im Geistigen
heißt’s anders: unglücklich, daher gut!
Bitte lassen Sie von sich hören. Ich grüße Sie vielmals und von
ganzem Herzen.
Ihr Arnold Schönberg
Ich war zehn Monate Soldat;
Schönberg war von November 1915 bis Juni 1916 eingezogen worden.
jetzt bin ich enthoben, weil ich schließlich
nicht frontdiensttauglich war. Ich habe natürlich viel mitgemacht! Denken
Sie: mit 42 Jahren als Lehrbub beim Militär; wenn man schließlich sein ganzes
Leben hindurch zur Wahrung seiner Selbständigkeit die größten Opfer gebracht hat,
nun plötzlich Lehrjunge zu sein und sich befehlen lassen!
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<lb/>nun plötzlich Lehrjunge zu sein und sich <del rend="strikethrough">von Idioten</del> befehlen lassen!</p>
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rekom̅
Zensuriert
K. u. k. Zensurstelle
12
Feldkirch
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unleserlich.
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<addrLine><seg rend="kurrent">Herrn</seg> Prof. <persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></addrLine>
<addrLine>Klaviervirtuose und Komponist</addrLine>
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* Zürich * 19.XI.16.VII–
VIII
Briefträger I
Nachlaß Busoni B II Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4564-Beil.Mus.ep. A. Schönberg 26
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