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10
Sehr verehrter Freund.
In wenigen Tagen ist
unsere Weimarer
Studienzeit zu Ende u.
wie ich glaube, für Alle,
mit gutem Erfolge.
Auf Einladung von Carl Alexander, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach,
gab Busoni von Anfang Juli bis September 1900 einen Meisterkurs für etwa
15 fortgeschrittene Klavierschüler im Weimarer Tempelherrenhaus.
Sie trafen sich zweimal die Woche. Diejenigen, die ein Werk vorbereitet hatten, spielten es vor; die übrigen hörten zu. Interessierten Zuhörern
war der Zutritt ebenfalls gestattet; bisweilen war auch der Großherzog selbst anwesend. Rein spieltechnische
Herausforderungen wurden während dieser Stunden kaum thematisiert, vielmehr stand die Musik selbst im Vordergrund. Darüber hinaus beschränkte sich der Unterricht
keineswegs auf die Zeit im Tempelherrenhaus. Busoni war die meiste Zeit des Tages – und
der Nacht – von seiner aufgeweckten Schülerschar umgeben, in dem Bestreben jeden einzelnen bestmöglich kennenzulernen und fördern zu können. Eine solche
Meisterklasse fand in Weimar von Juli bis August des darauffolgenden Jahres noch
einmal statt. (Draber 1921, S. 39 f.; Dent 1974, S. 125 ff.;
Stuckenschmidt 1967, S. 148 ff.) NB: In einigen Quellen falsche Datierung der Weimarer
Meisterklassen auf 1901/02. (vgl. etwa Busoni/Weindel 1999a,
S. 327, Anm. 30 oder Kogan 2010, S. 89)
Am meisten vielleicht
für Etel, welche in dieser
Frist einen wie mir
scheint entscheiden[d]en
Schritt vollbracht hat.
Das „á peu prés“
à peu près [frz.]: nur so ungefähr, unvollkommen, halbe Sache. – Busoni greift hier eine Formulierung aus
Freunds vorherigem Brief auf.
ist geschwunden und
am
9. September 1900letzten Sonntag
hat sie mit ihrem
Spiel zum ersten Male Ms. Z II 157 a.1
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Sehr verehrter Freund.
In wenigen Tagen ist
unsere Weimarer
Studienzeit zu Ende und
wie ich glaube, für alle
mit gutem Erfolge.
Auf Einladung von Carl Alexander, Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach,
gab Busoni von Anfang Juli bis September 1900 einen Meisterkurs für etwa
15 fortgeschrittene Klavierschüler im Weimarer Tempelherrenhaus.
Sie trafen sich zweimal die Woche. Diejenigen, die ein Werk vorbereitet hatten, spielten es vor; die übrigen hörten zu. Interessierten Zuhörern
war der Zutritt ebenfalls gestattet; bisweilen war auch der Großherzog selbst anwesend. Rein spieltechnische
Herausforderungen wurden während dieser Stunden kaum thematisiert, vielmehr stand die Musik selbst im Vordergrund. Darüber hinaus beschränkte sich der Unterricht
keineswegs auf die Zeit im Tempelherrenhaus. Busoni war die meiste Zeit des Tages – und
der Nacht – von seiner aufgeweckten Schülerschar umgeben, in dem Bestreben jeden einzelnen bestmöglich kennenzulernen und fördern zu können. Eine solche
Meisterklasse fand in Weimar von Juli bis August des darauffolgenden Jahres noch
einmal statt. (Draber 1921, S. 39 f.; Dent 1974, S. 125 ff.;
Stuckenschmidt 1967, S. 148 ff.) NB: In einigen Quellen falsche Datierung der Weimarer
Meisterklassen auf 1901/02. (vgl. etwa Busoni/Weindel 1999a,
S. 327, Anm. 30 oder Kogan 2010, S. 89)
Am meisten vielleicht
für Etel, welche in dieser
Frist einen, wie mir
scheint, entscheidenden
Schritt vollbracht hat.
Das „à peu près“
à peu près [frz.]: nur so ungefähr, unvollkommen, halbe Sache. – Busoni greift hier eine Formulierung aus
Freunds vorherigem Brief auf.
ist geschwunden und
am
9. September 1900letzten Sonntag
hat sie mit ihrem
Spiel zum ersten Male
vermocht, ein kleines,
aber kritisches
Publikum zu ergreifen
und zu packen.
Eine nicht genauer datierte Briefkarte von Gerda Busoni an Etelka bestätigt diesen Eindruck:
„[…] Nimm diesen Kranz als ein kleines Zeichen von dem grossen Eindruck den ich gestern von dein[em] Spiel hatte. Etel,
ich weiss jetzt dass du eine Künstlerin bist[.]“ (hs. Notiz mit Bleistift auf dem Umschlag verso: „Sommer 1900,
Weimar nach einer Busoni-Stunde“; CH-Zz, Ms. Z II 157 a.3.4)
Ich glaube, dass der
heikelste Moment ihrer
Entwicklung überschritten
ist und dass der Weg
vor ihr eben liegt; sie
braucht nur mit
Beständigkeit weiter zu
schreiten. Ich bin
glücklich, Ihnen mit
gutem Gewissen diese
Resultate mitteilen
zu können. –
Nun scheint mir eine
plötzliche Unterbrechung und
das Zurückkehren in die
heimische Atmosphäre nicht
gleich am Platze. Rückfälle
sind kaum zu befürchten, doch
nicht mit Sicherheit ausgeschlossen.
So habe ich darauf gedrungen,
dass Etel vorläufig noch nach
Berlin kommt und mit
Freude vernommen, dass Sie
in meinen Wunsch gewilligt haben.
Ich will wenigstens ihre
Berliner Programme zu Ende
vorbereiten.
Betrifft Etelka Freunds nahendes Debut als Konzertpianistin in Berlin unter dem
Dirigat von Busoni sowie ihren ersten Solo-Klavier-Abend eine Woche danach. (vgl. dazu die Anm. in
Busonis Brief vom 26.10.1900)
–
Eine Enttäuschung haben
Sie dagegen uns durch Ihr
Ausbleiben bereitet; doch
muss ich die gewiss triftigen
Gründe desselben respektieren.
Freund hatte im vorherigen Brief einen evtl. Besuch in
Weimar in Aussicht gestellt, was aber nicht geschah. „Triftige[] Gründe“ dafür benennt er nicht.
Freund beendet das Thema im folgenden Brief mit einem bedauernden,
aber knappen „es ging nicht“.
Hoffentlich geht es
uns nicht ebenso in Berlin. –
Seien Sie herzlichst und achtungsvollst gegrüßt.
Ihr sehr ergebener
F. Busoni
|
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vermocht ein kleines,
aber kritisches
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u. zu packen.
Eine nicht genauer datierte Briefkarte von Gerda Busoni an Etelka bestätigt diesen Eindruck:
„[…] Nimm diesen Kranz als ein kleines Zeichen von dem grossen Eindruck den ich gestern von dein[em] Spiel hatte. Etel,
ich weiss jetzt dass du eine Künstlerin bist[.]“ (hs. Notiz mit Bleistift auf dem Umschlag verso: „Sommer 1900,
Weimar nach einer Busoni-Stunde“; CH-Zz, Ms. Z II 157 a.3.4)
Ich glaube dass derdas
heikelste Moment ihrer
Entwicklung überschritten
ist und das der Weg
vor ihr eben liegt; wenn
auch noch nicht sie
braucht nur, mit
Beständigkeit weiter zu
schreiten. Ich bin
glücklich Ihnen mit
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Resultate mittheilen
zu koennen. –
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plötzliche Unterbrechung und
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Ich will wenigstens ihre
Berliner Programme zu Ende
vorbereiten.
Betrifft Etelka Freunds nahendes Debut als Konzertpianistin in Berlin unter dem
Dirigat von Busoni sowie ihren ersten Solo-Klavier-Abend eine Woche danach. (vgl. dazu die Anm. in
Busonis Brief vom 26.10.1900)
–
Eine Enttauschung haben
Sie dagegen uns durch Ihr
Ausbleiben bereitet; doch
muss ich die gewiss triftigen
Gründe Ihres Ausbleibens desselben respectiren.
Freund hatte im vorherigen Brief einen evtl. Besuch in
Weimar in Aussicht gestellt, was aber nicht geschah. „Triftige[] Gründe“ dafür benennt er nicht.
Freund beendet das Thema im folgenden Brief mit einem bedauernden,
aber knappen „es ging nicht“.
Hoffentlich geht es
uns nicht ebenso in Berlin. –
Seien Sie herzlichst u. achtungsvollst gegrüßt.
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F. Busoni
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