Ferruccio Busoni an Jella Oppenheimer arrow_backarrow_forward

Berlin · 5. Juli 1905

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Diplomatische Umschrift
Lesefassung
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Mus. ep. F. Busoni 742 (Busoni Nachl. B I)

Mus. Nachl. F. Busoni B I, 889
[1]

Sehr verehrte
liebe Freundin
.

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Ich bitte Sie – ohne weitere
zaghafte Vorreden – mir die
Freundlichkeit erweisen zu
wollen, den Inhalt des
beifolgenden Heftchens Da im Nachlass ist keine Beilage zu diesem Brief vorhanden ist, bleibt das genaue Thema dieses privaten Rundschreibens unklar. Vermutlich handelt es sich um einen Subskriptionsaufruf für die Berliner Orchesterabende, siehe nachfolgender Brief.
durchzulesen. Dass Sie
es mit Aufmerksamkeit
u. Interesse thun werden
darf ich – nach dem
rechten Empfinden das ich
von Ihrer Freundschaft besitze -
zum Glück annehmen. –

Sehr verehrte liebe Freundin,

ich bitte Sie – ohne weitere zaghafte Vorreden, – mir die Freundlichkeit erweisen zu wollen, den Inhalt des beifolgenden Heftchens Da im Nachlass ist keine Beilage zu diesem Brief vorhanden ist, bleibt das genaue Thema dieses privaten Rundschreibens unklar. Vermutlich handelt es sich um einen Subskriptionsaufruf für die Berliner Orchesterabende, siehe nachfolgender Brief. durchzulesen. Dass Sie es mit Aufmerksamkeit und Interesse tun werden, darf ich – nach dem rechten Empfinden, das ich von Ihrer Freundschaft besitze -, zum Glück annehmen. –

Das aufmerksame Lesen aber enthebt mich der Notwendigkeit, Ihnen noch schriftliche langwierige Erklärungen zu geben, da das Gedruckte ziemlich alles, über das Sujet en question, Frz.: betreffende Sache erschöpft.

Wären Sie in Berlin oder ich in Wien – (etwas sehr Schönes aber fast undenkbar Gewordenes –), so könnte ich mir eine Art Recht „zurechtmachen“, an Sie in der betreffenden Sache zu appellieren. Ich könnte Sie zum Mindesten auffordern, eine Besucherin meiner Orchesterabende zu werden. So fühle ich mich aber gänzlich rechtlos, und es wäre widersinnig, von Ihnen Teilnahme an ein Unternehmen zu erwarten, von dem Sie selbst weder etwas zu hören noch zu sehen bekommen.

Doch hätte ich sicher etwas versäumt zu haben geglaubt, wenn ich gerade Sie, Hochverehrte und Liebe, nicht mit in das Vertrauen gezogen hätte und Sie selbst hätten es mir – glaube ich – verdacht. Das Zirkular, Rundschreiben, Zirkularschreiben, hier wohl das oben erwähnte Heftchen das Sie erhalten, ist, trotz seiner gedruckten Form, nicht öffentlich und ich sende es persönlich an nur ganz Wenige, Freunde und nähere Bekannte.

Ich habe die Hoffnung fast aufgegeben, Sie außerhalb Wien zu sehen – dahin komme ich im nächsten Winter wieder und werde Sie, endlich wieder einmal, und hoffentlich im besten Zustand antreffen.

Wie es Ihnen jetzt geht und gegangen ist, was Sie nächstens vorhaben – für eine Mitteilung darüber wäre ich dankbar – erfreut. –

Meine letzte Reise führte mich nach Spanien, wo mein Spiel dem Landesgeschmack sicher zu unblutig ist. Ich sah bei einem Stierkampf etwa an 20.000 begeisterte Menschen – und das wiederholt sich alle Wochen! Der Eindruck des Schauspiels ist, das erste Mal, abschreckend. Ein zweites Mal habe ich mir aber erspart.

Eine neue Arbeit ist inzwischen fertig – Musik zu einem theatralischen Märchen von Gozzi, unserem alten Fabeldichter in Venedig, dem Gegner Goldonis und Mann von Geist und Fantasie.

Nun wird es auch an die Theaterleiden gehen! –

Leben Sie wohl, sehr innig verehrte Freundin und seien Sie gut und nachsichtig zu

Ihrem tief ergebenen Ferruccio Busoni

                                                                
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[2]

Das aufmerksame Lesen
aber enthebt mich der
Notwendigkeit, Ihnen noch
schriftliche langwierige
Erklaerungen zu geben, da
das Gedruckte ziemlich
alles, über das Sujet en question, Frz.: betreffende Sache
erschöpft.

Waeren Sie in Berlin
oder ich in Wien – (Etwas
sehr Schoenes aber fast
undenkbar Gewordenes –)
so könnte ich mir eine
Art Recht „zurechtmachen“,
an Sie in der betreffenden
Sache zu appellieren.

                                                                
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B I, 889
[3] Ich könnte Sie zum
Mindesten auffordern
eine Besucherin meiner
Orchesterabende zu werden.
So fühle ich mich aber
gänzlich rechtlos und
es waere wiedersinnig
von Ihr Transkription unsicher: durchgestrichen. Ihnen Theil-
nahme an ein Unter-
nehmen zu erwarten,
von dem Sie selbst weder
Etwas zu hören noch zu
sehen bekommen.

Doch hätte ich
sicher Etwas versäumt
zu haben geglaubt, Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

                                                                
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[4] wenn ich gerade Sie,
Hochverehrte und Liebe,
nicht mit in das
Vertrauen gezogen hätte
u. Sie selbst hätten es mir
– glaube ich – verdacht.
Das Circular, Rundschreiben, Zirkularschreiben, hier wohl das oben erwähnte Heftchen das Sie
erhalten ist, trotz seiner
gedruckten Form, nicht
öffentlich und ich sende
es persönlich an nur
ganz Wenige, Freunde
u. nähere Bekannte.

                                                                
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B I, 889
[5]

Ich habe die Hoffnung
fast aufgegeben Sie
ausserhalb Wien zu
sehen – dahin komme
ich im nächsten Winter
wieder und werde Sie,
endlich wieder einmal,
und hoffentlich im
besten Zustand antreffen.

Wie es Ihnen jetzt
geht u. gegangen ist,
was Sie nächstens vor
haben – für eine
Mittheilung darüber
waere ich dankbar –
erfreut. – Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

                                                                
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[6]

Meine letzte Reise
führte mich nach Spanien,
wo mein Spiel dem Landes-
Geschmack sicher zu
unblutig ist. Ich sah
bei einem Stierkampfe
etwa an 20.tausend
begeisterte Menschen – und
das wiederholt sich alle
Wochen! Der Eindruck
des Schauspieles ist, das
erste Mal, abschreckend.
Ein zweites Mal habe ich
mir aber erspart.

Eine neue Arbeit
ist inzwischen fertig –
Musik zu einem
theatralischen Märchen

                                                                
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B I, 889
[7] von Gozzi, unserem alten
Fabeldichter in Venedig,
dem Gegner Goldonis und
Mann von Geist u. Fantasie.

Nun wird es auch
an die Theaterleiden
gehen! –

Leben Sie wohl,
sehr innig verehrte
Freundin und
seien Sie gut und
nachsichtig zu

Ihrem tief ergebenen
Ferruccio Busoni

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Berlin 5. Jli. 05.
Augsburgerstr. 55.
                                                                
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B I, 889+889a+889b | olim: Mus.ep. F. Busoni 742+742a.b |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
8 Blatt2 Blatt, 7 beschriebene Seiten2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und das Briefdatum ergänzt hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12345678910111213141516

Zusammenfassung
Busoni bittet Oppenheimer ein beiliegendes Heft zu lesen; bedauert es, sie nicht in Person sehen zu können; erzählt von seiner Reise nach Spanien; und ist dabei, ein Märchen von Gozzi zu vertonen.
Incipit
Ich bitte Sie - ohne weitere zaghafte Vorreden

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
16. Dezember 2023: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Folgend
Benachbart in der Gesamtedition