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Diplomatische Umschrift
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Mus.ep. J. Oppenheimer 4 (Busoni-Nachl. B II) Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3435
[1]
Lieber Freund,
Haben Sie Dank für Ihren
Brief, für Alles was er mir
sagt und auch für das beigelegte
Heft. Wie warm mein Intereße
und auch mein Leid ist, dass ich
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Lieber Freund,
haben Sie Dank für Ihren
Brief, für alles, was er mir
sagt, und auch für das beigelegte
Heft. Wie warm mein Interesse
und auch mein Leid ist, dass ich,
räumlich so weit entfernt, Ihre
Orchesterabende nicht besuchen,
an allem Schönem, das Sie
gleichsam erst ins Leben rufen,
nicht teilnehmen kann, braucht
keine Worte. Ich finde die
Idee herrlich und freue mich,
dass gerade Sie es sind, dem die
Welt dafür zu danken hat!
Ich kann mir denken, dass
diese Unternehmung auch materiell
reichliche Mittel braucht, und
wenn ich jemals schmerzlich empfunden habe, dass ich mir
Beschränkung auferlegen muss,
so ist es in dem Gedanken an
das Glücksgefühl, das ich hätte, wenn
ich Ihre große Idee fördern und
Sie der hemmenden Mühe entheben könnte, die Geldmittel dafür
zu schaffen! Leider ist es mir
nicht gegönnt.
Ich habe seit Jahren mehr ausgegeben, als ich sollte, und habe
jetzt für zwei Haushaltungen
durchaus zu sorgen; dazu kommt,
dass mein Einkommen während
drei Jahren durch ein Grubenunglück in einem Kohlenwerk
um die Hälfte fast reduziert war.
Verzeihen Sie, liebster Freund,
dass ich Sie mit diesen öden
Dingen langweile, und erkennen
Sie, bitte, darin einzig den
Herzenswunsch, auch in dieser
Richtung ganz von Ihnen verstanden zu werden. Sie wissen,
dass mir jede Phrase ferne
liegt, ich spreche zu Ihnen so
rückhaltslos offen und wahr,
wie es nur zwischen echten,
wirklichen Freunden möglich ist.
Nur die tatsächliche Unmöglichkeit
hindert mich einzuspringen, nicht das kleinlich
egoistische Gefühl, selbst nicht
mit genießen zu können.
Wären Sie auch in einem
anderen Weltteil, ich würde all
Ihrem Unternehmen so nahe
und innig folgen, als wäre es
meine eigenste Sache.
Wo und wann wird Ihre letzte
Arbeit, ich meine das „theatralische
Märchen“ gegeben? Habe ich
Hoffnung, es zu hören? Das wäre
wohl eine große Freude!
Die Aussicht, Sie nächsten Winter
in Wien zu haben, macht mich
sehr glücklich, das Leben ist viel
zu kurz, und von den wenigen
Menschen, die uns lieb und
teuer sind, so endlos getrennt
zu sein, und wie viel wertvolle
Zeit vergeudet man mit indifferenten Leuten, das ist oft ganz
trostlos. Diesmal dürfen Sie
nicht im Fluge kommen, Sie
müssen bleiben; darauf hoffe
ich so sehr. Wie gerne möchte
ich auch Ihre liebe Frau in Ruhe
sehen und Ihre Kinder kennen.
Dazu muss ich wohl nach Berlin
kommen, nicht wahr? Wenn ich
nur besser auf meine Kraft zählen
könnte, die Entfernung bedeutet ja
nichts. Ich bin viel krank gewesen
und befinde mich seit einigen
Tagen zur Kur hier in Gastein.
Der Arzt möchte mich nachher
an die Nordsee schicken, und
es besteht der Plan, dass ich meinen
Sohn, meine Enkel dort treffe,
gegen Ende August.
Gönnen Sie sich gar keine
Ruhezeit? Ich weiß wohl, dass
„Schaffen“ für Sie Erholung bringt,
Ihnen mehr gilt als alles,
dennoch bin ich besorgt, Sie in der
argen Hitze in der Stadt zu wissen.
Ich sage nochmals tausend Dank
für all Ihre Mitteilungen und
die herzliche Bitte, mich weiter
an Ihren Arbeiten, Ihren
Plänen teilnehmen zu lassen,
nichts kann mir wohler tun.
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<date when-iso="1905-07-18">den 18.7.1905</date>
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räumlich so weit entfernt, Ihre
Orchester Abende nicht besuchen,
an allem Schönem, das Sie
gleichsam erst in’s Leben rufen,
nicht theilnehmen kann, braucht
keine Worte. Ich finde die
Idee herrlich und freue mich,
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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<lb/>keine Worte. Ich finde die
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[2]
dass gerade Sie es sind, dem die
Welt dafür zu danken hat!
Ich kann mir denken, dass
diese Unternehmung auch materiell
reichliche Mittel braucht und
wenn ich jemals schmerzlich em⸗ pfunden habe, dass ich mir
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Beschränkung auferlegen muß,
so ist es in dem Gedanken an
das Glücksgefühl, das ich hätte wenn
ich Ihre große Idee fördern und
Sie der hemmenden Mühe ent⸗ heben könnte die Geldmittel dafür
zu schaffen! Leider ist es mir
nicht gegönnt.
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<lb/>nicht gegönnt.</p>
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B II, 3435 [3]
Ich habe seit Jahren mehr ausge⸗ geben als ich sollte und habe
jetzt für zwei Haushaltungen
durchaus zu sorgen; dazu kommt
dass mein Einkommen während
drei Jahren durch ein Gruben Unglück in einem Kohlenwerk
um die Hälfte fast reduziert war.
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Verzeihen Sie, liebster Freund,
dass ich Sie mit diesen oeden
Dingen langweile und erkennen
Sie, bitte, darin einzig den
Herzenswunsch auch in dieser
Richtung ganz von Ihnen ver⸗ standen zu werden. Sie wißen,
dass mir jede Phrase ferne
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Staatsbibliothek
Berlin
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[4]
liegt, ich spreche zu Ihnen so
rückhaltslos offen und wahr
wie es nur zwischen echten,
wirklichen Freunden möglich ist.
Nur die thatsächliche Unmöglichkeit
hindert mich, einzuspringen, nicht das kleinlich,
egoistische Gefühl selbst nicht
mit genießen zu können.
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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<lb/>wie es nur zwischen echten,
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Wären Sie auch in einem
anderen Welttheil, ich würde all
Ihrem Unternehmen so nahe
und innig folgen als wäre es
meine eigenste Sache.
Wo und wann wird Ihre letzte
Arbeit, ich meine das „theatralische
Märchen“ gegeben? Habe ich
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Wären Sie auch in einem
<lb/>anderen Weltt<orig>h</orig>eil, ich würde all
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<lb/>Märchen</rs> gegeben? Habe ich
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9Diplomatische Umschrift
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3
B II, 3435 [5]
Hoffnung es zu hören? Das wäre
wohl eine große Freude!
Die Aussicht Sie nächsten Winter
in Wien zu haben macht mich
sehr glücklich, das Leben ist viel
zu kurz und von den wenigen
Menschen, die uns lieb und
theuer sind so endlos getrennt
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10Diplomatische Umschrift
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zu sein, und wie viel werthvolle
Zeit vergeudet man mit indif⸗ ferenten Leuten, das ist oft ganz
trostlos. Dies mal dürfen Sie
nicht im Fluge kommen, Sie
müßen bleiben; darauf hoffe
ich so sehr. Wie gerne möchte
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Staatsbibliothek
Berlin
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zu sein, und wie viel wert<orig>h</orig>volle
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<lb/>trostlos. Dies<orig> </orig>mal dürfen Sie
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11Diplomatische Umschrift
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[6]
ich auch Ihre liebe Frau in Ruhe
sehen und Ihre Kinder kennen.
Dazu muß ich wohl nach Berlin
kommen, nicht wahr? Wenn ich
nur beßer auf meine Kraft zählen
könnte, die Entfernung bedeutet ja
nichts. Ich bin viel krank gewesen
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Staatsbibliothek
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12Diplomatische Umschrift
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und befinde mich seit einigen
Tagen zur Kur hier in Gastein.
Der Arzt möchte mich nachher
an die Nordsee schicken und
es besteht der Plan, dass ich meinen
Sohn, meine Enkel dort treffe,
gegen Ende August.
Gönnen Sie sich gar keine
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und befinde mich seit einigen
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<lb/>gegen Ende <date when-iso="1905-08">August</date>.</p>
<p type="pre-split">Gönnen Sie sich gar keine
</p></div>
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13Diplomatische Umschrift
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4
B II, 3435 [7]
Ruhezeit? Ich weiß wohl, dass
„Schaffen“ für Sie Erholung bringt
Ihnen mehr gilt als Alles,
dennoch bin ich besorgt Sie in der
argen Hitze in der Stadt zu wißen.
Ich sage nochmals tausend Dank
für all Ihre Mittheilungen und
die herzliche Bitte mich weiter
an Ihren Arbeiten, Ihren
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Ruhezeit? Ich weiß wohl, dass
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<lb/>Ihnen mehr gilt als <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lles,
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<lb/>argen Hitze in der Stadt zu wi<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>en.
<lb/>Ich sage nochmals tausend Dank
<lb/>für all Ihre Mitt<orig>h</orig>eilungen und
<lb/>die herzliche Bitte<reg>,</reg> mich weiter
<lb/>an Ihren Arbeiten, Ihren
</p></div>
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14Faksimile
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14Diplomatische Umschrift
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Plänen theilnehmen zu laßen,
nichts kann mir wohler thun.
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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<salute rend="align(center)">In warmer Freundschaft</salute>
<signed rend="align(center)">Ihre <persName key="E0300819">Jella Oppenheimer</persName></signed>
<salute>Viel Liebes <rs key="E0300059">Ihrer Frau</rs></salute>
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15Diplomatische Umschrift
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[8]
[3. Seite des 4. Bogens]
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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<lb/>Staatsbibliothek
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16Diplomatische Umschrift
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[letzte Seite des 4. Bogens] Oppenheimer
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</div>
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