Jella Oppenheimer an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Wien · 13. September 1914

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Was macht Benni? Viel Herzliches
ihm und Lello.

Mus. ep. J. Oppenheimer 20
(Busoni Nachl.
B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3451
den 13. September
[1914]

Verehrter, lieber Freund,

Meine Gedanken suchen Sie täglich, aber ich habe
verlernt sie in einem Brief zusammenzufassen.
Alles Persönliche tritt zurück und versinkt gleichsam.
Wäre alles nur ein schwerer Traum, aus dem es˅ ein
frohes Erwachen giebt; wie sehnt das Herz darnach!
Innigst hoffe ich, dass die wunderbare Atmosphäre
der Kraft und Zuversicht in Berlin˅ Sie trägt und ermöglicht,
dass Sie arbeiten, sich versenken und Sie dem

den 13. September

Verehrter, lieber Freund,

meine Gedanken suchen Sie täglich, aber ich habe verlernt, sie in einem Brief zusammenzufassen. Alles Persönliche tritt zurück und versinkt gleichsam. Wäre alles nur ein schwerer Traum, aus dem es ein frohes Erwachen gibt; wie sehnt das Herz darnach! Innigst hoffe ich, dass die wunderbare Atmosphäre der Kraft und Zuversicht in Berlin Sie trägt und ermöglicht, dass Sie arbeiten, sich versenken, und Sie dem Leid entrückt, an dem so viele schwer zu tragen haben. Nur durch Arbeit kann man jetzt halbwegs mit seinem inneren Menschen zurechtkommen. In den ersten Tagen nach der mühevollen Reise Vermutlich die Rückkehr Oppenheimers von einer Kur an der niederländischen Nordsee über Köln und Frankfurt zur Zeit der „stärksten Truppenverschiebung“ (so Hofmannsthal im Brief an Oppenheimer vom 3.8.1914, in: Giacon 2000, S. 53). und dem schmerzlichen Wiedersehen mit so manchen schwer betroffenen Freunden war ich ganz zerschlagen, jetzt aber stehe ich wieder halbwegs fest.

Man möchte tausendfach besitzen, um in dieser Zeit der Bedrängnis tausendfach geben zu können, sowohl moralisch, geistig als materiell; es reicht nach keiner Seite! Hofmannsthal ist in Wien, im Kriegsfürsorgeamt. Hofmannsthal war in den ersten Kriegsmonaten im Pressedienst des Kriegsfürsorgeamts des Innenministeriums angestellt. Ihren lieben Brief habe ich hier vorgefunden, Der Brief ist nicht im Busoni-Nachlass überliefert. hoffe bald von Ihnen und Ihrer lieben Frau zu hören, ich grüße sie innigst.

In warmer Freundschaft

Ihre Jella Oppenheimer

Was macht Benni? Viel Herzliches ihm und Lello.

                                                                
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Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Leid entrückt, an dem so viele schwer zu tragen haben.
Nur durch Arbeit kann man jetzt halbwegs mit seinem
inneren Menschen zurecht kommen. In den ersten Tagen
nach der mühevollen Reise Vermutlich die Rückkehr Oppenheimers von einer Kur an der niederländischen Nordsee über Köln und Frankfurt zur Zeit der „stärksten Truppenverschiebung“ (so Hofmannsthal im Brief an Oppenheimer vom 3.8.1914, in: Giacon 2000, S. 53). und dem schmerzlichen Wiedersehen
mit so manchen schwer betroffenen Freunden, war ich ganz
zerschlagen, jetzt aber stehe ich wieder halbwegs fest.

Man möchte tausendfach besitzen, um in dieser Zeit
der Bedrängnis tausendfach geben zu können, sowohl
moralisch, geistig als materiell; es reicht nach keiner
Seite! Hofmannsthal ist in Wien, im Kriegsfürsorgeamt. Hofmannsthal war in den ersten Kriegsmonaten im Pressedienst des Kriegsfürsorgeamts des Innenministeriums angestellt.
Ihren lieben Brief habe ich hier vorgefunden, Der Brief ist nicht im Busoni-Nachlass überliefert. hoffe bald von
Ihnen und Ihrer lieben Frau zu hören, ich grüsse sie innigst.

In warmer Freundschaft

Ihre Jella Oppenheimer
                                                                
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3Diplomatische Umschrift
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1/1 Wien 15
14.IX.14–1
* 5a *
S. H
Herrn Ferruccio Busoni
Viktoria Louisen Platz 11
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
W. 30

Berlin
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4Diplomatische Umschrift
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Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. J. Oppenheimer 20

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3451-Beil.
Huber & Lerner
I Kohlmarkt 9. Vienne
                                                                
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Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3451 | olim: Mus.ep. J. Oppenheimer 20 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Briefkarte und Umschlag sind gut erhalten.
Umfang
1 Briefkarte, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Jella Oppenheimer, Brieftext in lilafarbener Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und das Datum um die Jahresangabe ergänzt hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Zusammenfassung
Oppenheimer hatte zur Kriegsbeginn eine beschwerliche Rückreise nach Wien; wünscht Busoni Produktivität und Ablenkung durch die „wunderbare Atmosphäre der Kraft und Zuversicht in Berlin; sieht in der Hinwendung zur Arbeit ein Mittel gegen das Leid; informiert über Hofmannsthals Einsatz im Kriegsfürsorgeamt.
Incipit
meine Gedanken suchen Sie täglich

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
13. September 2025: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition