Soeben von meiner für heute Gott sei
Dank letzten Privatstunde zurückgekehrt, finde ich Ihr so liebenswürdiges
Schreiben vor – u. beeile mich Ihnen sogleich ebenfalls herzlichsten
Dank zu sagen. An Augener werde direkt schreiben, damit Ihnen
derselbe op 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 14, 15 sendet. Op 11 & 13 lasse ich Ihnen nicht senden, den̅ das ist Schund – ichund ärgere ich mich
heute sehr, seinerzeit dem Drängen Augeners nachgegeben zu haben –
ich kan̅ mal auf so nüchterne Bestellung hin unmöglich etwas
Annehmbares liefern.Reger distanziert sich von Anfang an von seinen op. 11 und op. 13, da er diese „ohne jede künstlerische Anteilna[h]me lediglich als Geschenk [...] an Augener“ für dessen Ausfallgarantie von 200M zu einem Konzert in Berlin komponiert hat. Op. 11 sei in nur zwei Nächten komponiert worden. (Popp 2000, S. 179 und 181). Nicodé empfiehlt er sogar, die beiden Opera „ins Feuer zu werfen – aber bitte in recht loderndes Feuer“(ibid., S. 257). Gloetzner gegenüber beschreibt er sie als „Dreckzeug“(ibid., S. 226). Später distanziert sich Reger von allen hier im Brief aufgelisteten Jugenwerken, bezeichnet sie als „Jugendsünden“ und erklärt sie (und weitere Jugendwerke) für „heillosen Blödsinn“(Popp 1986, S. 85). (Vgl. auch die Anmerkungen zu den jeweiligen Opera in Popp 2010)
Von Ihren Bacharrangements (Präl. & Fuge Es dur, bei Rather) etc.
habe ich schon sehr viel gehört, leider dassPopp 2000 (235): ss in dass im Brief konsequent mit ß angegeben.
ich selbst für jetzt kein
Exemplar davon habe. Sie wollten doch hier Ihre Violinsonate
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Soeben von meiner für heute Gott sei
Dank letzten Privatstunde zurückgekehrt, finde ich Ihr so liebenswürdiges
Schreiben vor und beeile mich, Ihnen sogleich ebenfalls herzlichsten
Dank zu sagen. An Augener werde direkt schreiben, damit Ihnen
derselbe Op. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 14, 15 sendet. Op. 11 und 13
lasse ich Ihnen nicht senden, denn das ist Schund – und ärgere ich mich
heute sehr, seinerzeit dem Drängen Augeners nachgegeben zu haben –
ich kann mal auf so nüchterne Bestellung hin unmöglich etwas
Annehmbares liefern.Reger distanziert sich von Anfang an von seinen op. 11 und op. 13, da er diese „ohne jede künstlerische Anteilna[h]me lediglich als Geschenk [...] an Augener“ für dessen Ausfallgarantie von 200M zu einem Konzert in Berlin komponiert hat. Op. 11 sei in nur zwei Nächten komponiert worden. (Popp 2000, S. 179 und 181). Nicodé empfiehlt er sogar, die beiden Opera „ins Feuer zu werfen – aber bitte in recht loderndes Feuer“(ibid., S. 257). Gloetzner gegenüber beschreibt er sie als „Dreckzeug“(ibid., S. 226). Später distanziert sich Reger von allen hier im Brief aufgelisteten Jugenwerken, bezeichnet sie als „Jugendsünden“ und erklärt sie (und weitere Jugendwerke) für „heillosen Blödsinn“(Popp 1986, S. 85). (Vgl. auch die Anmerkungen zu den jeweiligen Opera in Popp 2010)
Von Ihren Bacharrangements (Präl. und Fuge Es-Dur, bei Rahter) etc.
habe ich schon sehr viel gehört, leider, dass
ich selbst für jetzt kein
Exemplar davon habe. Sie wollten doch hier Ihre Violinsonate
spielen und hatte ich mich dem hiesigen Konzertmeister Nowak,
der ziemlich trocken spielt, angeboten, das Werk, ehe Sie hierherkämen, durchzuspielen, verschiedenemale – allein er reagierte
darauf ja nicht.Im Brief vom 21. Oktober 1895 bittet RegerBusoni um Zusendung dessen Violinsonate mit dem Plan sie vorzutragen. Ein Konzert ist jedoch nicht nachgewiesen. (Vgl. Popp 2000, S.257, Fußnote 11)
Es ist eben überhaupt eine betrübende
Tatsache, dass
lebenden Komponisten von Herren, die sattelfest
in Amt und Würden sitzen, gar so gern „über die Achsel“
angesehen werden – und diese Herren müssen es doch am
allerbesten wissen. Die Musikverhältnisse hier sind ziemlich
trostlos. Seine wahre offene Meinung darf man nicht
sagen – und so habe ich das Kritisieren ganz und gar
aufgegeben.Regers Kritik vom 12. Oktober 1894 über die Konzerte Mottls hat unter anderem die Beziehung zum WiesbadenerIntendanten von Hülsen-Haeseler negativ beeinflusst und beendete schlussendlich seine Tätigkeit für die Allgemeine Musik-Zeitung. (Popp 2000, S. 104–207)
Ich bin gewiss kein Feigling – allein wenn
einem aus offener Überzeugungstreue nur Feindschaft,
und
wie alle die schönen Dinge heißen
mögen, erwachsen, so
wird man klug und lässt den Wagen laufen, wie er will.
Es ist nur jammerschade, dass
Herr Dr. Riemann, mein hochverehrter Lehrer,
dem ich so viel zu verdanken habe, im September von hier
weggeht.Nachdem Riemann 1890 am fürstlichen Sondershausener Konservatorium (und danach auch am Wiesbadener Konservatorium) lehrte, wo Reger sein Schüler war, kehrt er 1895 endgültig – zunächst als Privatdozent – nach Leipzig zurück. (MGG Online; Kech, Rathert: Hugo Riemann)
Ich kann leider nicht mit, da es mir an pekuniären
Mitteln fehlt und ich in dem konservativen Leipzig doch
zuerst verhungern müsste
, bis ich eine „Privatpraxis“ hätte, die
mir gestattete, davon zu leben. Bin ja auch
hochwohlbestallter
Lehrer am hiesigen Konservatorium mit einem garantierten
Gehalte von – 36 M monatlich – viel Freude erwächst mir
eben nicht daraus, indem ich nur untalentierte Leute als Schüler
habe. An Novitäten wird hier so gut wie nichts geboten.
Ibsen hat Recht, wenn er von unseren modernen korrumpierten
Verhältnissen spricht. Der Schwindel blüht!
Hoffentlich kommen Sie nächsten Winter nach hier oder Frankfurt und
wäre ja dann ein Rendezvous sehr leicht zu bewerkstelligen, was
mich sehr, sehr freuen würde.Busoni spielt am 21. Februar 1906 als Solist in Frankfurt. Reger bittet im Kontext dieses Konzertes um ein Treffen (siehe Brief vom 21. Oktober 1895). Im Anschluss an das Konzert lernt er auf Einladung hin unter anderem Busoni und Strauss persönlich kennen. (Popp 2000, S. 263–267, vgl. auch Kommentare von S. Bartz und T. Hinderling in den Briefen vom 21. Oktober 1895 und 27. Mai 1896)
Jetzt arbeite ich an einer Bearbeitung des Bach’schen Präludium
und Fuge (e-Moll). Thema der Fuge:
Es ist schade, man kann hier gar nichts haben in den Musikalienhandlungen
zur Ansicht. Die Leute haben nur „gehende Sachen“ auf Lager –
und bin ich faktisch von so mancher interessanten Novität hier der einzige
Besitzer.
In ungefähr 14 Tagen werde ich meine 1. Suite für Orgel wohl
vollendet habenDie finalen Änderungen ziehen sich noch bis in den August des gleichen Jahres hinein. Der Erstdruck bei Augener erscheint im März 1896 (vgl. Popp 2010, S. 64)
– wenn Augener mir meine Sachen nicht immer so
auf die lange Bank schöbe. So hat er seit 8 Wochen die
Bacharrangements und ich habe noch keine Korrekturen!
Leider, dass
meine Zeit so sehr besetzt ist; so komme ich kaum mehr zum
Klavierüben und muss immer abends und nachts mir mühsam die
Zeit zum Komponieren abgeizen.
Entschuldigen Sie, hochgeehrter Herr, nur meine durch größte
Eile so schlechte Schrift, allein ich habe im Augenblicke Probe.
Sollten Sie vielleicht ein Bild von sich überflüssig haben, so erfreuen Sie
mich bitte damit; ich würde mir erlauben, mich zu revanchieren.
Mit ganz vorzüglichster Hochachtung
grüßt
– mir musikalisch leider erst mit Ihnen bekannt –
Ihr
ergebenster
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<note type="shelfmark" place="top-left" resp="#archive">
<subst><del rend="strikethrough">Mus.ep. <persName key="E0300097">Max Reger</persName> 85 (<persName key="E0300017">Busoni</persName>-Nachl. <handShift new="#archive_red"/>B II<handShift new="#archive"/>)</del><add place="below">Mus.Nachl. <persName key="E0300017">F. Busoni</persName> B II, 4047</add></subst>
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<dateline rend="align(right) space-below">In Eile!</dateline>
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<p rend="first-right">
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<lb/>Dank letzten Privatstunde zurückgekehrt, finde ich Ihr so liebenswürdiges
<lb/>Schreiben vor <orig>– </orig><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> beeile mich<reg>,</reg> Ihnen sogleich ebenfalls herzlichsten
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<lb/>lasse ich Ihnen nicht senden, de<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> das ist Schund – <subst><del rend="overwritten">ich</del><add place="across">und</add></subst> ärgere ich mich
<lb/>heute sehr, seinerzeit dem Drängen <persName key="E0301043">Augeners</persName> nachgegeben zu haben –
<lb/>ich ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> mal auf so nüchterne Bestellung hin unmöglich etwas
<lb/>Annehmbares liefern.
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</p>
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Von Ihren <persName key="E0300012">Bach</persName>arrangements (<title key="E0400377">Präl. <choice><orig>&</orig><reg>und</reg></choice> Fuge <choice><orig>Es d</orig><reg>Es-D</reg></choice>ur</title>, bei <orgName key="E0600120">Ra<choice><orig>th</orig><reg>ht</reg></choice>er</orgName>) etc.
<lb/>habe ich schon sehr viel gehört, leider<reg>,</reg> dass
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<lb/>Exemplar davon habe. Sie wollten doch hier Ihre <title key="E0400221">Violinsonate</title>
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
spielen, u. hatte ich mich dem hiesigen Concertmeister Nowack,
der ziemlich trocken spielt, angeboten, das Werk, ehe Sie hierher⸗ kämen, durchzuspielen verschiedenemale – allein er reagierte
darauf ja nicht.Im Brief vom 21. Oktober 1895 bittet RegerBusoni um Zusendung dessen Violinsonate mit dem Plan sie vorzutragen. Ein Konzert ist jedoch nicht nachgewiesen. (Vgl. Popp 2000, S.257, Fußnote 11)
Es ist eben überhaupt eine betrübende
Thatsache, dassPopp 2000 (235): ss in dass im Brief konsequent mit ß angegeben.ein lebenden Komponisten von Herren die sattelfest
in Amt u. Würden sitzen, gar so gern „über die Achsel“ angesehen werden – u. diese Herren müssen es doch am
allerbesten wissen. Die Musikverhältnisse hier sind ziemlich
trostlos. Seine wahre offene Meinung darf man nicht
sagen – u. so habe ich das Kritisieren ganz u. gar
aufgegeben –.Regers Kritik vom 12. Oktober 1894 über die Konzerte Mottls hat unter anderem die Beziehung zum WiesbadenerIntendanten von Hülsen-Haeseler negativ beeinflusst und beendete schlussendlich seine Tätigkeit für die Allgemeine Musik-Zeitung. (Popp 2000, S. 104–207)
Ich bin gewiss kein Feigling – allein wen̅
einem aus offener Überzeugungstreue nur FeindschaftPopp 2000 (235): Komma nach „Feindschaft“.
u.
wie alle die schönen Dinge heissenPopp 2000 (235): ss als ß notiert.
mögen, erwachsen, so
wird man klug u. läßt den Wagen laufen wie er will.
Es ist nur jam̅̅erschade, dassPopp 2000 (235): ss in dass im Brief konsequent mit ß angegeben.Herr Dr. Rieman̅, mein hochverehrter Lehrer,
dem ich soviel zu verdanken habe, im September von hier
weggeht.Nachdem Riemann 1890 am fürstlichen Sondershausener Konservatorium (und danach auch am Wiesbadener Konservatorium) lehrte, wo Reger sein Schüler war, kehrt er 1895 endgültig – zunächst als Privatdozent – nach Leipzig zurück. (MGG Online; Kech, Rathert: Hugo Riemann)
Ich kann leider nicht mit, da es mir an pekuniären
Mitteln fehlt u. ich in dem conservativen Leipzig doch
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mögen, erwachsen, so
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<lb/>Mitteln fehlt <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ich in dem <choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>onservativen <placeName key="E0500007">Leipzig</placeName> doch
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2] zuerst verhungern müsstePopp 2000 (235): ss als ß notiert.
bis ich eine „Privatpraxis“ hätte, die
mir gestattete davon zu leben. Bin ja auch.Popp 2000 (235): ohne Punkt
hochwohlbestallter
Lehrer am hiesigen Konservatorium mit einem garantierten
Gehalte von – 36 M monatlich – viel Freude erwächst mir
eben nicht daraus, indem ich nur untalentierte Leute als Schüler
habe. An Novitäten wird hier so gut wie nichts geboten.
Ibsen hat Recht, wen̅ er von unseren modernen corrumpierten
Verhältnissen spricht. Der Schwindel blüht!
Hoffentlich kom̅̅en Sie nächsten Winter nach hier oder Frankfurt u.
wäre ja dan̅ ein Rendez-vous sehr leicht zu bewerkstelligen, was
mich sehr, sehr freuen würde.Busoni spielt am 21. Februar 1906 als Solist in Frankfurt. Reger bittet im Kontext dieses Konzertes um ein Treffen (siehe Brief vom 21. Oktober 1895). Im Anschluss an das Konzert lernt er auf Einladung hin unter anderem Busoni und Strauss persönlich kennen. (Popp 2000, S. 263–267, vgl. auch Kommentare von S. Bartz und T. Hinderling in den Briefen vom 21. Oktober 1895 und 27. Mai 1896)
Jetzt arbeite ich an einer Bearbeitung des Bach’schen Präludium
& Fuge (E moll) Thema der Fuge
Es ist schade, man kan̅ hier gar nichts haben in den Musikalienhandlungen
zur Ansicht. Die Leute haben nur „gehende Sachen“ auf Lager –
u. bin ich faktisch von so mancher interessanten Novität hier der einzige
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</p>
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<p>
Vielleicht druckt <persName key="E0301043">Augener</persName> die Bearbeitung.
</p>
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4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
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Besitzer.
In ungefähr 14 Tagen werde ich meine 1. Suite für Orgel wohl
vollendet habenDie finalen Änderungen ziehen sich noch bis in den August des gleichen Jahres hinein. Der Erstdruck bei Augener erscheint im März 1896 (vgl. Popp 2010, S. 64)
– wen̅ Augener mir meine Sachen nicht im̅̅er so
auf die lange Bank schöbe. So hat er seit 8 Wochen die
Bacharrangements u. ich habe noch keine Korrekturen!
Leider dassPopp 2000 (235): ss in dass im Brief konsequent mit ß angegeben.
meine Zeit so sehr besetzt ist; so kom̅̅e ich kaum mehr zum
Klavierüben u. muss im̅̅er abends u. nachts mir mühsam die
Zeit zum Komponieren abgeizen.
Entschuldigen Sie, hochgeehrter Herr, nur meine durch größte
Eile so schlechte Schrift, allein ich habe im Augenblicke Probe
Sollten Sie vielleicht ein Bild von Sich überflüssig haben, so erfreuen Sie
mich bitte damit; ich würde mir erlauben, mich zu revanchieren.
Mit ganz vorzüglichste Hochachtung
grüsstPopp 2000 (235): ss als ß notiert.
– mir musikalisch leider erst mit Ihnen bekan̅t – Ihr
ergebenster
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<lb/>Besitzer.
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In ungefähr 14 Tagen werde ich meine <title key="E0400752">1. Suite für Orgel</title> wohl
<lb/>vollendet haben
<note type="commentary" resp="#E0301031">Die finalen Änderungen ziehen sich noch bis in den August des gleichen Jahres hinein. Der Erstdruck bei Augener erscheint im März <date when-iso="1896">1896</date> <bibl>(vgl. <ref target="#E0800560"/>, S. 64)</bibl></note>
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<lb/>auf die lange Bank schöbe. So hat er seit 8 Wochen die
<lb/><persName key="E0300012">Bach</persName>arrangements <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ich habe noch keine Korrekturen!
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Leider<reg>,</reg> dass
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meine Zeit so sehr besetzt ist; so ko<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>e ich kaum mehr zum
<lb/>Klavierüben <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> muss i<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er abends <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> nachts mir mühsam die
<lb/>Zeit zum Komponieren abgeizen.
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Entschuldigen Sie, <rs key="E0300017">hochgeehrter Herr</rs>, nur meine durch größte
<lb/>Eile so schlechte Schrift, allein ich habe im Augenblicke Probe<reg>.</reg>
<lb/>Sollten Sie vielleicht ein Bild von <choice><orig>S</orig><reg>s</reg></choice>ich überflüssig haben, so erfreuen Sie
<lb/>mich bitte damit; ich würde mir erlauben, mich zu revanchieren.
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4047 | olim:
Mus.ep. M. Reger 85
|
Reger will Augener bitten, seine Werke an Busoni zu senden;
beklagt fehlende Offenheit von Musikern vor Ort gegenüber zeitgenössischer Musik und Kritik;
bedauert den Wegzug seines Lehrers Hugo Riemann nach Leipzig;
beschwert sich über fehlende Rückmeldung von Franz Nowak bezüglich einer Probe von BusonisViolinsonate,
über fehlende Zeit zum Komponieren, fehlende Rückmeldungen Augeners und Arbeit am Konservatorium;
hofft auf Treffen mit Busoni.
Brief von Max Reger an Ferruccio Busoni (Wiesbaden, 20. April 1895), bearbeitet von Charel Hertz, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Max Reger, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, April 2025: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0102172 (30. September 2025: in Korrekturphase)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Max Reger an Ferruccio Busoni (Wiesbaden, 20. April 1895)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Max Reger to Ferruccio Busoni (Wiesbaden, 20 April 1895)</title>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
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<persName key="E0300097">Reger</persName> will <persName key="E0301043">Augener</persName> bitten, seine Werke an <persName key="E0300017">Busoni</persName> zu senden;
beklagt fehlende Offenheit von Musikern vor Ort gegenüber zeitgenössischer Musik und Kritik;
bedauert den Wegzug seines Lehrers <persName key="E0300088">Hugo Riemann</persName> nach <placeName key="E0500007">Leipzig</placeName>;
beschwert sich über fehlende Rückmeldung von <persName key="E0301045">Franz Nowak</persName> bezüglich einer Probe von <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400221">Violinsonate</title>,
über fehlende Zeit zum Komponieren, fehlende Rückmeldungen <persName key="E0301043">Augeners</persName> und Arbeit am Konservatorium;
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<incipit>Soeben von meiner für heute Gott sei Dank</incipit>
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<measure type="folio">1 Bogen, 1 Umschlag</measure>
<measure type="pages">4 beschriebene Seiten, beidseitig beschriebener Umschlag</measure>
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<foliation resp="#archive">Foliierung durch das Archiv, mit Bleistift oben rechts auf den Vorderseiten.</foliation>
<collation>Alle vier Seiten des Bogens beschriftet; Seitenfolge: 1, 2, 3, 4</collation>
<condition>Brief und Umschlag sind gut erhalten.</condition>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="black_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300097">Hand des Absenders Max Reger, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und das Briefdatum ergänzt hat</handNote>
<handNote xml:id="archive_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat</handNote>
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<handNote xml:id="unknown_hand" scope="minor" medium="pencil" scribe="unknown">unbekannte Hand, Bleistift</handNote>
<handNote xml:id="recipient" scope="minor" medium="pencil" scribe="recipient">unbekannte Hand, wahrscheinlich, Bleistiftannotation und Selbstporträt auf Briefumschlag</handNote>
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<note place="top-left" resp="#unknown_hand"><persName key="E0300097">Max Reger</persName></note>
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<lb/><date when-iso="1895-04-20">20.4.95.</date> 5 6 N
<lb/>* 1 f </stamp>
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<addrLine><persName key="E0300017"><hi rend="underline">Herrn Ferruccio B. Busoni</hi></persName></addrLine>
<addrLine><seg rend="indent-2">Tonkünstler</seg></addrLine>
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<addrLine><placeName key="E0500017"><hi rend="underline">Charlottenburg</hi></placeName></addrLine>
<addrLine><placeName key="E0501019">Kantstr. 153</placeName></addrLine>
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<figure place="bottom" resp="#recipient">
<figDesc>Neun unterschiedlich verzierte Majuskeln <soCalled rend="dq-du">R</soCalled> am unteren und rechten Rand; mit Bleistift; aus Busonis Hand <bibl>(vgl. <ref target="#E0800425"/>, S.235, Fußnote 58)</bibl></figDesc>
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<seg rend="top-center indent 2"><placeName key="E0501081">Bleichstr. 3<hi rend="underline">9 II.</hi></placeName>.</seg>
<note type="shelfmark" place="top-center" resp="#archive">Mus.Nachl. <persName key="E0300017">F. Busoni</persName> B II, 4047-Beil.</note>
<note type="stamp" place="center indent" rend="small" resp="#post_B">
<stamp rend="round border align(center)"> Bestellt <lb/>vom <lb/>Postamte 2
<lb/><date when-iso="1895-04-21">21.4.95</date>
<lb/>9<seg rend="sup tiny">1</seg>/<seg rend="sup tiny">4</seg>-10V<seg rend="tiny">2</seg>V </stamp>
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<del rend="strikethrough">Mus.ep. <persName key="E0300097">M. Reger</persName> 85
<lb/><handShift new="sbb_st_blue"/>Nachlaß <persName key="E0300017">Busoni</persName> <handShift new="#archive_red"/>B II </del>
<add place="below"><handShift new="#archive"/>
<date when-iso="1895-04-20">20. Apr. 1895</date>
<lb/>m. Marke </add>
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<figDesc>Selbstporträt von <persName key="E0300017">Busoni</persName> mit Bleistift <bibl>(vgl. <ref target="#E0800425"/>, S.235, Fußnote 58)</bibl></figDesc>
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<origPlace key="E0500061">Wiesbaden</origPlace>;
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit Doppelbindestrichen (⸗)</p>
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<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/>
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<del rend="strikethrough">Mus.ep. <persName key="E0300097">Max Reger</persName> 85 (<persName key="E0300017">Busoni</persName>-Nachl. <handShift new="#archive_red"/>B II<handShift new="#archive"/>)</del>
<add place="below">Mus.Nachl. <persName key="E0300017">F. Busoni</persName> B II, 4047</add>
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</note>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[1]</note>
<opener>
<dateline rend="align(right) space-above">
<placeName key="E0500061"><choice><abbr>W.</abbr><expan>Wiesbaden,</expan></choice></placeName><date when-iso="1895-04-20"> 20. <choice><abbr>Apr.</abbr><expan>April</expan></choice> 1895<orig>.</orig></date>
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<dateline rend="align(right) space-below">In Eile!</dateline>
<salute rend="indent-4 space-above space-below"><rs key="E0300017">Hochgeehrter Herr!</rs></salute>
</opener>
<p rend="first-right">
Soeben von meiner für heute Gott sei
<lb/>Dank letzten Privatstunde zurückgekehrt, finde ich Ihr so liebenswürdiges
<lb/>Schreiben vor <orig>– </orig><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> beeile mich<reg>,</reg> Ihnen sogleich ebenfalls herzlichsten
<lb/>Dank zu sagen. An <persName key="E0301043">Augener</persName> werde direkt schreiben, damit Ihnen
<lb/>derselbe <rs key="E0400737"><choice><orig>op</orig><reg>Op.</reg></choice> 1</rs>, <rs key="E0400738">2</rs>, <rs key="E0400739">3</rs>, <rs key="E0400740">4</rs>, <rs key="E0400741">5</rs>, <rs key="E0400742">6</rs>, <rs key="E0400743">7</rs>, <rs key="E0400744">8</rs>, <rs key="E0400745">9</rs>, <rs key="E0400746">10</rs>, <rs key="E0400748">12</rs>, <rs key="E0400750">14</rs>, <rs key="E0400751">15</rs> sendet. <rs key="E0400747">Op<reg>.</reg> 11</rs> <choice><orig>&</orig><reg>und</reg></choice> <rs key="E0400749">13</rs>
<lb/>lasse ich Ihnen nicht senden, de<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> das ist Schund – <subst><del rend="overwritten">ich</del><add place="across">und</add></subst> ärgere ich mich
<lb/>heute sehr, seinerzeit dem Drängen <persName key="E0301043">Augeners</persName> nachgegeben zu haben –
<lb/>ich ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> mal auf so nüchterne Bestellung hin unmöglich etwas
<lb/>Annehmbares liefern.
<note type="commentary" resp="#E0301031"><persName key="E0300097">Reger</persName> distanziert sich von Anfang an von seinen <rs key="E0400747">op. 11</rs> und <rs key="E0400749">op. 13</rs>, da er diese <q rend="dq-du">ohne jede künstlerische Anteilna[h]me lediglich als Geschenk [...] an <persName key="E0301043">Augener</persName></q> für dessen Ausfallgarantie von 200M zu einem Konzert in <placeName key="E0500029">Berlin</placeName> komponiert hat. <rs key="E0400747">Op. 11</rs> sei in nur zwei Nächten komponiert worden. <bibl>(<ref target="#E0800425"/>, S. 179 und 181)</bibl>. Nicodé empfiehlt er sogar, die beiden Opera <q rend="dq-du">ins Feuer zu werfen – aber bitte in recht loderndes Feuer</q> <bibl>(<ref target="#E0800425"/>, S. 257)</bibl>. Gloetzner gegenüber beschreibt er sie als <soCalled rend="dq-du">Dreckzeug</soCalled> <bibl>(<ref target="#E0800425"/>, S. 226)</bibl>. Später distanziert sich Reger von allen hier im Brief aufgelisteten Jugenwerken, bezeichnet sie als <soCalled rend="dq-du">Jugendsünden</soCalled> und erklärt sie (und weitere Jugendwerke) für <q rend="dq-du">heillosen Blödsinn</q> <bibl>(<ref target="#E0800575"/>, S. 85)</bibl>. (Vgl. auch die Anmerkungen zu den jeweiligen Opera in <ref target="#E0800560"/>)</note>
</p>
<p>
Von Ihren <persName key="E0300012">Bach</persName>arrangements (<title key="E0400377">Präl. <choice><orig>&</orig><reg>und</reg></choice> Fuge <choice><orig>Es d</orig><reg>Es-D</reg></choice>ur</title>, bei <orgName key="E0600120">Ra<choice><orig>th</orig><reg>ht</reg></choice>er</orgName>) etc.
<lb/>habe ich schon sehr viel gehört, leider<reg>,</reg> dass
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> in <seg rend="dq-du">dass</seg> im Brief konsequent mit <seg rend="dq-du">ß</seg> angegeben.</note>
ich selbst für jetzt kein
<lb/>Exemplar davon habe. Sie wollten doch hier Ihre <title key="E0400221">Violinsonate</title>
<note type="stamp" place="bottom-center" rend="space-above" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/>
<placeName key="E0500029">
<hi rend="spaced-out">Berlin</hi>
</placeName>
</stamp>
</note>
<pb n="2"/>
spielen<orig>,</orig> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> hatte ich mich dem hiesigen <persName key="E0301045"><choice><orig>Conc</orig><reg>Konz</reg></choice>ertmeister Nowa<choice><orig>c</orig><reg/></choice>k</persName>,
<lb/>der ziemlich <hi rend="underline">trocken</hi> spielt, angeboten, das Werk, ehe Sie hierher
<lb break="no"/>kämen, durchzuspielen<reg>,</reg> verschiedenemale – allein er reagierte
<lb/>darauf ja nicht.
<note type="commentary" resp="#E0301031">Im <ref target="#D0102180">Brief vom 21. Oktober 1895</ref> bittet <persName key="E0300097">Reger</persName> <persName key="E0300017">Busoni</persName> um Zusendung dessen <title key="E0400221">Violinsonate</title> mit dem Plan sie vorzutragen. Ein Konzert ist jedoch nicht nachgewiesen. <bibl>(Vgl. <ref target="#E0800425"/>, S.257, Fußnote 11)</bibl></note>
Es ist eben überhaupt eine betrübende
<lb/>T<orig>h</orig>atsache, dass
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> in <seg rend="dq-du">dass</seg> im Brief konsequent mit <seg rend="dq-du">ß</seg> angegeben.</note>
<del rend="strikethrough">ein</del> lebenden Komponisten von Herren<reg>,</reg> die sattelfest
<lb/>in Amt <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Würden sitzen, gar so gern <soCalled rend="dq-du">über die Achsel</soCalled>
<lb/>angesehen werden – <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> diese Herren müssen es doch am
<lb/>allerbesten wissen. Die Musikverhältnisse hier sind ziemlich
<lb/>trostlos. Seine wahre offene Meinung darf man nicht
<lb/>sagen – <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> so habe ich das Kritisieren ganz <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> gar
<lb/>aufgegeben<choice><orig> –</orig><reg/></choice>.
<note type="commentary" resp="#E0301031"><persName key="E0300097">Regers</persName> Kritik vom <date when-iso="1894-10-12">12. Oktober 1894</date> über die Konzerte <persName key="E0300483">Mottls</persName> hat unter anderem die Beziehung zum <placeName key="E0500061">Wiesbadener</placeName> <persName key="E0301089">Intendanten von Hülsen-Haeseler</persName> negativ beeinflusst und beendete schlussendlich seine Tätigkeit für die <orgName key="E0600014">Allgemeine Musik-Zeitung</orgName>. <bibl>(<ref target="#E0800425"/>, S. 104–207)</bibl></note>
Ich bin gewiss kein Feigling – allein we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>
<lb/>einem aus offener Überzeugungstreue nur Feindschaft<reg>,</reg>
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: Komma nach <mentioned>Feindschaft</mentioned>.</note>
<choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice>
<lb/>wie alle die schönen Dinge hei<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>en
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> als <seg rend="dq-du">ß</seg> notiert.</note>
mögen, erwachsen, so
<lb/>wird man klug <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> lä<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>t den Wagen laufen<reg>,</reg> wie er will.
</p>
<p>
Es ist nur ja<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>erschade, dass
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> in <seg rend="dq-du">dass</seg> im Brief konsequent mit <seg rend="dq-du">ß</seg> angegeben.</note>
<persName key="E0300088">Herr Dr. Riema<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice></persName>, mein hochverehrter Lehrer,
<lb/>dem ich so<reg> </reg>viel zu verdanken habe, im September von hier
<lb/>weggeht.
<note type="commentary" resp="#E0301031">Nachdem <persName key="E0300088">Riemann</persName> <date when-iso="1890">1890</date> am <orgName key="E0600246">fürstlichen Sondershausener Konservatorium</orgName> (und danach auch am <orgName key="E0600244">Wiesbadener Konservatorium</orgName>) lehrte, wo <persName key="E0300097">Reger</persName> sein Schüler war, kehrt er <date when-iso="1895">1895</date> endgültig – zunächst als Privatdozent – nach <placeName key="E0500007">Leipzig</placeName> zurück. <bibl>(<ref type="ext" target="https://www.mgg-online.com/mgg/stable/534462">MGG Online; Kech, Rathert: Hugo Riemann</ref>)</bibl></note>
Ich kann leider nicht mit, da es mir an pekuniären
<lb/>Mitteln fehlt <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ich in dem <choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>onservativen <placeName key="E0500007">Leipzig</placeName> doch
<pb n="3"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive" rend="space-below">[2]</note>
<lb/>zuerst verhungern müsste
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> als <seg rend="dq-du">ß</seg> notiert.</note>
<reg>,</reg> bis ich eine <mentioned rend="dq-du">Privatpraxis</mentioned> hätte, die
<lb/>mir gestattete<reg>,</reg> davon zu leben. Bin ja auch<choice><orig>.</orig><reg/></choice>
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: ohne Punkt</note>
hochwohlbestallter
<lb/>Lehrer am <orgName key="E0600244">hiesigen Konservatorium</orgName> mit einem garantierten
<lb/>Gehalte von – 36 M monatlich – viel Freude erwächst mir
<lb/>eben nicht daraus, indem ich nur untalentierte Leute als Schüler
<lb/>habe. An Novitäten wird hier so gut wie nichts geboten.
</p>
<p>
<persName key="E0300198">Ibsen</persName> hat Recht, we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> er von unseren modernen <choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>orrumpierten
<lb/>Verhältnissen spricht. Der Schwindel blüht!
</p>
<p>
Hoffentlich ko<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>en Sie nächsten Winter nach <rs key="E0500061">hier</rs> oder <placeName key="E0500153">Frankfurt</placeName> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice>
<lb/>wäre ja da<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> ein Rendez<orig>-</orig>vous sehr leicht zu bewerkstelligen, was
<lb/>mich sehr, sehr freuen würde.
<note type="commentary" resp="#E0301031"><persName key="E0300017">Busoni</persName> spielt am <date when-iso="1906-06-21">21. Februar 1906</date> als Solist in <placeName key="E0500153">Frankfurt</placeName>. Reger bittet im Kontext dieses Konzertes um ein Treffen (siehe <ref target="#D0102180">Brief vom 21. Oktober 1895</ref>). Im Anschluss an das Konzert lernt er auf Einladung hin unter anderem <persName key="E0300017">Busoni</persName> und <persName key="E0300022">Strauss</persName> persönlich kennen. (<ref target="#E0800425"/>, S. 263–267, vgl. auch Kommentare von S. Bartz und T. Hinderling in den Briefen vom <ref target="#D0102180">21. Oktober 1895</ref> und <ref target="#D0102182">27. Mai 1896</ref>)</note>
</p>
<p>
Jetzt arbeite ich an einer <rs key="E0400754">Bearbeitung</rs> des <persName key="E0300012">Bach</persName>’schen <title key="E0400753">Präludium
<lb/><choice><orig>&</orig><reg>und</reg></choice> Fuge (<choice><orig>E m</orig><reg>e-M</reg></choice>oll)</title><reg>.</reg> Thema der Fuge<reg>:</reg>
<notatedMusic place="right" rend="space-below">
<ptr target="nb/D0102172_ex_1.xml"/>
<graphic width="250px" url="D0102172_ex_1_reg.png"/>
<desc>
<persName key="E0300097">Max Reger</persName> skizziert das Thema/den Beginn der Fuge aus <persName key="E0300012">J. S. Bachs</persName> <title key="E0400753">Präludium und Fuge e-Moll (BWV548)</title>
</desc>
</notatedMusic>
</p>
<p>
Vielleicht druckt <persName key="E0301043">Augener</persName> die Bearbeitung.
</p>
<p>
Es ist schade, man ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> hier gar nichts haben in den Musikalienhandlungen
<lb/>zur Ansicht. Die Leute haben nur „gehende Sachen“ auf Lager –
<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> bin ich faktisch von so mancher interessanten Novität hier der einzige
<pb n="4"/>
<lb/>Besitzer.
</p>
<p>
In ungefähr 14 Tagen werde ich meine <title key="E0400752">1. Suite für Orgel</title> wohl
<lb/>vollendet haben
<note type="commentary" resp="#E0301031">Die finalen Änderungen ziehen sich noch bis in den August des gleichen Jahres hinein. Der Erstdruck bei Augener erscheint im März <date when-iso="1896">1896</date> <bibl>(vgl. <ref target="#E0800560"/>, S. 64)</bibl></note>
– we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> <persName key="E0301043">Augener</persName> mir meine Sachen nicht i<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er so
<lb/>auf die lange Bank schöbe. So hat er seit 8 Wochen die
<lb/><persName key="E0300012">Bach</persName>arrangements <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ich habe noch keine Korrekturen!
</p>
<p>
Leider<reg>,</reg> dass
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> in <seg rend="dq-du">dass</seg> im Brief konsequent mit <seg rend="dq-du">ß</seg> angegeben.</note>
meine Zeit so sehr besetzt ist; so ko<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>e ich kaum mehr zum
<lb/>Klavierüben <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> muss i<choice><abbr>m̅̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er abends <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> nachts mir mühsam die
<lb/>Zeit zum Komponieren abgeizen.
</p>
<p>
Entschuldigen Sie, <rs key="E0300017">hochgeehrter Herr</rs>, nur meine durch größte
<lb/>Eile so schlechte Schrift, allein ich habe im Augenblicke Probe<reg>.</reg>
<lb/>Sollten Sie vielleicht ein Bild von <choice><orig>S</orig><reg>s</reg></choice>ich überflüssig haben, so erfreuen Sie
<lb/>mich bitte damit; ich würde mir erlauben, mich zu revanchieren.
</p>
<closer>
<salute rend="indent-2">Mit ganz vorzüglichste<reg>r</reg> Hochachtung
<lb/>grü<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>t
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0301031"><bibl><ref target="#E0800425"/> (235)</bibl>: <seg rend="dq-du">ss</seg> als <seg rend="dq-du">ß</seg> notiert.</note>
– mir musikalisch leider erst mit Ihnen beka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>t –<seg rend="align(center)">
<lb/>Ihr
<lb/><seg rend="indent-4">ergebenster</seg>
</seg>
</salute>
<signed rend="align(center) indent-6 space-below"><persName key="E0300097">Max Reger</persName></signed>
</closer>
<note type="stamp" resp="#dsb_st_red" rend="align(center)">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/>
<placeName key="E0500029">
<hi rend="spaced-out">Berlin</hi>
</placeName>
</stamp>
</note>
<note type="shelfmark" place="bottom-center space-above" resp="#sbb_st_blue">
<stamp>Nachlaß Busoni</stamp>
</note>
</div>
</body>
</text>
</TEI>