Lieber verehrter Herr Busoni,
bitte vielmals, seien Sie mir
nicht böse, weil ich so lange[…]
nicht geschrieben habe. Ich habe sehr
sehr viel gearbeitet; habe eine Harmonielehre fertig gemacht,
den Zweiten Theil meiner Gurre-Lieder instrumentiert; ein
Drama mit Musik (etwas allerdings sehr Kurzes) gedichtet und
noch viel Anderes gemacht. Da fand ich nicht die Ruhe und
war immer zu müd
jener Sorgfalt anzusehen, die eine so ernste Arbeit bean⸗
sprucht. Und ein oberflächliches Wort möchte ich Ihnen
dann doch nicht darüber sagen. Wenn ich [es] jetzt doch tun muss
Arnold Schönberg an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward
Wien · 4. September 1910
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Diplomatische Umschrift
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Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4554
4./9.1910
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4.9.1910
Lieber verehrter Herr Busoni,
bitte vielmals, seien Sie mir
nicht böse, weil ich so lange
nicht geschrieben habe. Ich habe sehr
sehr viel gearbeitet; habe eine Harmonielehre fertig gemacht,
den Zweiten Teil meiner Gurre-Lieder instrumentiert; ein
Drama mit Musik (etwas allerdings sehr Kurzes) gedichtet und
noch viel anderes gemacht. Da fand ich nicht die Ruhe und
war immer zu müd,
Ihr so kompliziertes Klavierwerk mit
jener Sorgfalt anzusehen, die eine so ernste Arbeit beansprucht. Und ein oberflächliches Wort möchte ich Ihnen
dann doch nicht darüber sagen. Wenn ich es jetzt doch tun muss,
so geschieht es,
um
Ihnen meinen guten Willen zu bezeigen.
Ich liefere mich dem Verdacht, Oberflächliches, Konventionelles
zu sagen, lieber aus als dem Verdacht der Unhöflichkeit.
Was ich also zunächst bewundere, ist, dass Sie es fertig gebracht haben, sich so restlos in die Stil- und Gedankenwelt
des Bach’schen Themas einzuleben
Aber ich werde mir Ihr Werk noch viel genauer ansehen und Ihnen dann noch anderes darüber sagen. Und nun etwas, um das ich Sie schon lange ersuchen wollte: Ich möchte gerne andere Werke von Ihnen kennen. Solche, die das in die Tat umsetzen, was Ihre Broschüre verheißt. Darf ich Sie darum bitten? Interessiert es Sie, mein Quartett op. 10 (mit Gesang) kennen zu lernen, so kann ich Ihnen die Partitur senden. Verzeihen Sie, ich muss schließen. Ich muss heute Briefe, die mehr als vier Wochen alt sind, erledigen, denn morgen will ich wieder arbeiten. Mit vielen herzlichen Grüßen in Ergebenheit Ihr |
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so geschieht es
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von den Theoretikern festgehaltenen Beobachtungen technischer
Aber ich werde mir Ihr Werk noch viel genauer ansehen und
Und nun etwas, um das ich Sie schon lange ersuchen wollte:
Interessiert es Sie mein Quartett op 10 (mit Gesang) kennen
Verzeihen Sie, ich muss schließen. Ich muss heute Briefe
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will ich wieder arbeiten. Mit vielen herzlichen Grüßen in Ergebenheit Ihr
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Nachlaß Busoni B II
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4554-Beil. |
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Dokument
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Quelle
- Überlieferung
- Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4554 | olim: Mus.ep. A. Schönberg 15 (Busoni-Nachl. B II) |
- Zustand
- Der Brief ist gut erhalten; Umschlag oben links unvollständig infolge Aufriss (ohne Textverlust).
- Umfang
- 2 Bogen, 4 beschriebene Seiten
- Hände/Stempel
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- Hand des Absenders Arnold Schönberg, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift
- Hand des Archivars, der die Zuordnung die Signaturen mit Bleistift eingetragen hat.
- Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
- Bibliotheksstempel (rote Tinte)
- Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
- Adressstempel des Absenders Arnold Schönberg, mit violetter Tinte
- Poststempel (schwarze Tinte)
- Foliierungen
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- Foliierung mit Bleistift oben rechts durch das Archiv.
Inhalt
- Zusammenfassung
- Schönberg begründet seine verspätete Antwort mit der Arbeit an Harmonielehre, Gurre-Liedern und Glücklicher Hand; äußert sich bewundernd über den in der Fantasia contrappuntistica realisierten „Stil“ als Ausweis der „Gesamtpersönlichkeit“ Busonis; bittet um Zusendung von Werken Busonis, die das im Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst Geforderte einlösen; bietet Zusendung seines Streichquartetts op. 10 an.
- Incipit
- „bitte vielmals, seien Sie mir nicht böse“
Edition
- Inhaltlich Verantwortliche
- Christian Schaper Ullrich Scheideler
- bearbeitet von
- Stand
- 11. Januar 2020: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
- Stellung in diesem Briefwechsel
- Vorausgehend Folgend
- Benachbart in der Gesamtedition
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Vorausgehend Folgend
- Frühere Ausgaben
- Theurich 1977, S. 185 f. Theurich 1979, S. 184 f. (Brief), S. 100–102 (Kommentar) Beaumont 1987, S. 407 f.
Erwähnte Entitäten
- Personen
- Werke
- Orte