Der Poststempel weist den 5. März als Versanddatum aus; zudem antwortet Huber auf den Brief vom 3. März.Huber datiert also irrtümlich auf Februar 1918.
Mein lieber Freund!
Die Kunde von Ihrer unzeitgemäßen
Erkrankung drang von allen
Seiten & Leuten zu mir ins Teßin!
Betrachten Sie das Geschick als eine
wahrscheinlich nöthige Ausschaltung
der physischen Anstrengungen & als
kurze Pause des „Unkörperlichen“!
Mit der Bekan̅tschaft Ihres
sympathischen Freundes RubinerOffenbar lernte HuberLudwig Rubiner erst in Locarno kennen. Vgl. hierzu die Kommentierung des vorangegangenen Briefs. verband ich logischerweise auch die
Ken̅tnißnahme der letzten Tagebücher von Tolstoi.Rubiner hatte soeben eine Auswahl aus den Tagebüchern von Tolstoi unter dem Titel Leo Tolstoi – Tagebuch 1895–1899 herausgegeben und mit einem Vorwort versehen.
Neben hohen & tiefen
Gedanken, die dieser slavische Prophet
niederschreibt, finde ich doch sehr
Vieles, zu dem ich weder einen Anschluß
noch nur ein syTranskription unsicher.
pTranskription unsicher.
imples VerhältnißMus.Nachl. F. Busoni B II, 2303
Der Poststempel weist den 5. März als Versanddatum aus; zudem antwortet Huber auf den Brief vom 3. März.Huber datiert also irrtümlich auf Februar 1918.
Mein lieber Freund!
Die Kunde von Ihrer unzeitgemäßen
Erkrankung drang von allen
Seiten und Leuten zu mir ins Tessin!
Betrachten Sie das Geschick als eine
wahrscheinlich nötige Ausschaltung
der physischen Anstrengungen und als
kurze Pause des „Unkörperlichen“!
Mit der Bekanntschaft Ihres
sympathischen Freundes RubinerOffenbar lernte HuberLudwig Rubiner erst in Locarno kennen. Vgl. hierzu die Kommentierung des vorangegangenen Briefs.
verband ich logischerweise auch die
Kenntnisnahme der letzten Tagebücher
von Tolstoi.Rubiner hatte soeben eine Auswahl aus den Tagebüchern von Tolstoi unter dem Titel Leo Tolstoi – Tagebuch 1895–1899 herausgegeben und mit einem Vorwort versehen.
Neben hohen und tiefen
Gedanken, die dieser slawische Prophet
niederschreibt, finde ich doch sehr
vieles, zu dem ich weder einen Anschluss
noch nur ein simples Verhältnis
anbinden möchte. Für mich, der
zudem die lyrische Philosophie hasst, besitzt Tolstoi in seinem
Denken zu viel von der Naivität
der Alttestamentler oder zu wenig
von der Induktionslehre eines
SokratesDer Schluss von Einzelbeobachtungen auf eine übergeordnete, allgemeine Gesetzmäßigkeit wird in der wissenschaftlichen Theorie als „Induktion“ bezeichnet. Sokrates folgte diesem Ansatz, indem er aus Einzelfällen allgemeine Begriffe abzuleiten versuchte (Eisler 1927, S. 741).
– itemLat.: „ebenso“, „desgleichen“; hier im Sinne von „kurzum“.
menschlicher gesagt:
ich kann das Gefühl des Dilettantischen
und Autodidaktischen nicht überwinden.
Was, wäre Tolstoi in Deutschland
oder in England geboren? Man
muss seine eigene Naivität nicht
preisgeben und sich den Werken dieser
Russen gegenüber ungefähr so gebärden,
wie ich es einem Schönberg gegenüber
tue, zu dessen letzten Dingen ich mich
absolut ablehnend verhalte, so gut
mir einige frühere Werke gefallen, weil
ich in der Entwicklung des Künstlers
keinen Zug ins Große mehr ent
decken kann und mich
alles Spätere, spekulativ
empfunden, anwidert.Hubers Kritik an Schönberg mag sich, da dieser von 1912 bis 1923 kaum Werke vollendete, auf die Schaffensperiode zwischen 1907 und 1909 beziehen, in welcher Schönberg mit op. 10 den Schritt in die Atonalität gewagt hatte. Auch die Reihe von Skandalen, welche Aufführungen von Schönbergs Werken zwischen 1905 und 1913 in Wien hervorgerufen hatten (vgl. Brief Schönbergs vom 20. Juli 1909), mögen hier eine Rolle spielen (vgl. Schmidt 2005, Sp. 1587 ff.). Inwieweit Huber mit Schönbergs Werken (und mit welchen) genauer vertraut war, ist bisher nicht erforscht.
Robert Freund schrieb mir vor einiger
Zeit zwei Briefe mit kontentem,Nach lat./frz. „content(us)“: froh, zufrieden. sein
Alter mit Dignität behandelnden
Inhalt.Weder über das Findbuch des Huber-Nachlasses noch über das Nachlassverzeichnis Freunds lässt sich die erwähnte Korrespondenz zwischen Huber und Freund nachweisen. Der langjährige Freund Hubers brachte mehrere von dessen Werken als Solist zur Uraufführung (Refardt 1944, S. 24), u. a. das Zweite und Dritte Klavierkonzert (ibid., S. 147 f.).
Aus Letzterem freute mich
namentlich eine prächtige Schätzung
Ihrer Kunst, Ihres Gesamtwerkes und
Ihrer Persönlichkeit.Busoni stand selbst in intensivem Austausch mit Robert Freund, wie die 65 Briefe fassende Korrespondenz im Nachlass Busonis erkennen lässt. Auszüge wurden bereits veröffentlicht (vgl. Beaumont 1987).
In meiner Antwort
betonte ich vor allen Dingen die Bitte,
doch wieder in seine eigentliche Heimat
zurückzukehren, in der es zu den
ersten Regeln der Lebensweisheit gehört,
über Fehlendes, namentlich wenn es
nicht schwerer wiegt als das Gute,
das ja in diesem Falle genügend
vorhanden ist, hinwegsehen zu lernen.
Mit meinem symphonischen
Oratorium mache ich nur innerlich
Fortschritte; vor allen Dingen bin ich
jetzt über das Formale sicher; im Kopfe
befestige ich das Motivische, der für
solche Dinge ein gutes Gedächtnis
einschließt, so dass ich Werke jahrelang
fertig aufbewahren kann. Aus
exegetischen Gründen schickte ich den
Text noch einmal an einen gelehrten
Pater in Soletta, um denselben nach
der Vulgata und den liturgischen Büchern
einzuschätzen.Huber hatte Dompropst Karl Arnold Walther um Hilfe bei der Zusammenstellung der Texte zu seinem unvollendet gebliebenen Oratorium Mors et vita gebeten (Schläpfer/Kully 1992, S. 14 f.). Walther, ein enger Jugendfreund Hubers aus Solothurn und Widmungsträger der Missa in honorem Sancti Ursi, konnte die Redaktion der liturgischen Texte für Mors et vita durch den Tod Hubers nicht mehr abschließen, konstatierte jedoch später, dass „es vielleicht so besser war, denn die lebendige Schöpferkraft des Musikers war versiegt, der Erfolg wäre diesem Werke versagt gewesen.“ (Refardt 1924, S. 2).
–
Noch eine Frage! Darf ich Ihnen im
Sommer einige Freude bringende
Schüler zu Ihrem pädagogischen
Nachmittage in Zürich schicken?Offenbar handelte es sich (zumal Nachweise fehlen) nicht um einen öffentlichen Meisterkurs, sondern um Unterricht für einen exklusiven Kreis von Schülern, möglicherweise im HauseBusonis; gegenüber Verpflichtungen als Pädagoge eher abgeneigt (Stuckenschmidt 1967, S. 150), konzentrierte sich Busoni lieber auf ausgewählte Schüler in privatem Umfeld (ibid., S. 150 ff.). Möglicherweise fand der „pädagogische Nachmittag“ am 8. April u. a. mit Hubers Schüler Franz Josef Hirt statt (vgl. den folgenden Brief).
–
Damit lenke ich wieder ins
tägliche Brotgebiet über, das Brot,
das sogar in der Schweiz je länger je
schlechter wird und für das man kein
besseres Surrogat einsetzen kann
als die Gesundheit, welche ich uns
beiden mit Inbrunst herwünsche.
Damit aber noch viele herzliche
Grüße
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<del rend="strikethrough" xml:id="delSig"><handShift new="#archive_3"/>Mus.ep. H. Huber 77 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II)</del>
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<note type="commentary" resp="#E0300318">Der Poststempel weist den <date when-iso="1918-03-05">5. März</date> als Versanddatum aus; zudem antwortet <persName key="E0300125">Huber</persName> auf den <ref target="#D0100179">Brief vom 3. März.</ref> <persName key="E0300125">Huber</persName> datiert also irrtümlich auf <date when-iso="1918-02">Februar 1918</date>.</note>
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<p>Die Kunde von Ihrer unzeitgemäßen
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<lb/>wahrscheinlich nöt<orig>h</orig>ige Ausschaltung
<lb/>der physischen Anstrengungen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> als
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<p type="pre-split" rend="indent-first">Mit der Beka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>tschaft Ihres
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<note type="commentary" resp="#E0300318">Offenbar lernte <persName key="E0300125">Huber</persName> <persName key="E0300126">Ludwig Rubiner</persName> erst in <placeName key="E0500183">Locarno</placeName> kennen. Vgl. hierzu die Kommentierung des <ref target="#D0100179">vorangegangenen Briefs</ref>.</note>
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Neben hohen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> tiefen
<lb/>Gedanken, die dieser sla<choice><orig>v</orig><reg>w</reg></choice>ische Prophet
<lb/>niederschreibt, finde ich doch sehr
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
anbinden möchte. Für mich, der
zudem die lyrische Philosophie haßt, besi[t]zt Tolstoi in seinem
Denken zu viel von der Naivität
der Alttestamentler oder zu wenig
von der Induktionslehre eines
SocratesDer Schluss von Einzelbeobachtungen auf eine übergeordnete, allgemeine Gesetzmäßigkeit wird in der wissenschaftlichen Theorie als „Induktion“ bezeichnet. Sokrates folgte diesem Ansatz, indem er aus Einzelfällen allgemeine Begriffe abzuleiten versuchte (Eisler 1927, S. 741).
– itemLat.: „ebenso“, „desgleichen“; hier im Sinne von „kurzum“.
menschlicher gesagt:
ich kan̅ das Gefühl des Dilettantischen
& Autodidaktischen nicht überwinden.
Was wäre Tolstoi in Deutschland oder in England geboren? Man
muß seine eigene Naivität nicht
preisgeben & sich den Werken dieser
Rußen gegenüber ungefähr so geberden,
wie ich es einem Schönberg gegenüber
thue., zu deßen letzten Dingen ich mich
absolut ablehnend verhalte, so gut
mir einige frühere Werke gefallen, weil
ich in der Entwi[c]klung des Künstlers
keinen Zug ins Große mehr ent
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anbinden möchte. Für mich, der
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menschlicher gesagt:
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<lb/>t<orig>h</orig>ue<subst><del rend="overwritten">.</del><add place="across">,</add></subst> zu de<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>en letzten Dingen ich mich
<lb/>absolut ablehnend verhalte, so gut
<lb/>mir einige frühere Werke gefallen, weil
<lb/>ich in der Entwi<supplied reason="omitted">c</supplied>klung des Künstlers
<lb/>keinen Zug ins Große mehr ent
</p></div>
3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2]
decken kan̅ & mich
Aalles Spätere, speculativ
empfunden, anwiedert.Hubers Kritik an Schönberg mag sich, da dieser von 1912 bis 1923 kaum Werke vollendete, auf die Schaffensperiode zwischen 1907 und 1909 beziehen, in welcher Schönberg mit op. 10 den Schritt in die Atonalität gewagt hatte. Auch die Reihe von Skandalen, welche Aufführungen von Schönbergs Werken zwischen 1905 und 1913 in Wien hervorgerufen hatten (vgl. Brief Schönbergs vom 20. Juli 1909), mögen hier eine Rolle spielen (vgl. Schmidt 2005, Sp. 1587 ff.). Inwieweit Huber mit Schönbergs Werken (und mit welchen) genauer vertraut war, ist bisher nicht erforscht.
R. Freund schrieb mir vor einiger
Zeit zwei Briefe mit contentem,Nach lat./frz. „content(us)“: froh, zufrieden.Transkription unsicher:
unleserlich.
Alternative Lesart:
conkretem, sein
Alter mit Dignität behandelnden
Inhalts.Weder über das Findbuch des Huber-Nachlasses noch über das Nachlassverzeichnis Freunds lässt sich die erwähnte Korrespondenz zwischen Huber und Freund nachweisen. Der langjährige Freund Hubers brachte mehrere von dessen Werken als Solist zur Uraufführung (Refardt 1944, S. 24), u. a. das Zweite und Dritte Klavierkonzert (ibid., S. 147 f.).
Aus Letzterem freute mich
namentlich eine prächtige Schätzung
Ihrer Kunst, Ihres Gesam̅twerkes &
Ihrer Persönlichkeit.Busoni stand selbst in intensivem Austausch mit Robert Freund, wie die 65 Briefe fassende Korrespondenz im Nachlass Busonis erkennen lässt. Auszüge wurden bereits veröffentlicht (vgl. Beaumont 1987).
In meiner Antwort
betonte ich namentlichTranskription unsicher:
durchgestrichen.
vor allen Dingen die Bitte,
doch wieder in seine eigentliche Heimat zurückzukehren, in derTranskription unsicher:
unleserlich.
Alternative Lesart:
indem es zu den
ersten Regeln der Lebensweisheit gehört,
über Fehlendes, namentlich wen̅ es
nicht schwerer wiegt als das Gute,
das ja in diesem Falle genügend
vorhanden ist, hinwegsehen zu lernen.
Mit meinem symphonischen
Oratorium mache ich nur in̅erlich
Fortschritte; vor allen Dingen bin ich
jetzt über das Formale sicher; im Kopfe
befestige ich das Motivische, der für
solche Dinge ein gutes Gedächtniß
einschließt, so daß ich Werke jahrelang
fertig aufbewahren kan̅. Aus
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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<lb/>namentlich eine prächtige Schätzung
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In meiner Antwort
<lb/>betonte ich <subst><del rend="strikethrough"><unclear reason="strikethrough" cert="high">namentlich</unclear></del><add place="above">vor allen Dingen</add></subst> die Bitte,
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<lb/>nicht schwerer wiegt als das <hi rend="underline">Gute</hi>,
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<p type="pre-split" rend="indent-first">Mit meinem <rs key="E0400210">symphonischen
<lb/>Oratorium</rs> mache ich nur i<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>erlich
<lb/>Fortschritte; vor allen Dingen bin ich
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<lb/>Staatsbibliothek
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4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
4XML
exegetischen Gründen schickte ich den
Text noch einmal an einen gelehrten
Pater in Soletta, um denselben nach
der Vulgata & den liturgischen Büchern
einzuschätzen.Huber hatte Dompropst Karl Arnold Walther um Hilfe bei der Zusammenstellung der Texte zu seinem unvollendet gebliebenen Oratorium Mors et vita gebeten (Schläpfer/Kully 1992, S. 14 f.). Walther, ein enger Jugendfreund Hubers aus Solothurn und Widmungsträger der Missa in honorem Sancti Ursi, konnte die Redaktion der liturgischen Texte für Mors et vita durch den Tod Hubers nicht mehr abschließen, konstatierte jedoch später, dass „es vielleicht so besser war, denn die lebendige Schöpferkraft des Musikers war versiegt, der Erfolg wäre diesem Werke versagt gewesen.“ (Refardt 1924, S. 2).
–
Noch eine Frage! Darf ich Ihnen im
Som̅er einige Freude bringende
Schüler zu Ihrem pädagogischen
Nachmittage in Zürich schicken?Offenbar handelte es sich (zumal Nachweise fehlen) nicht um einen öffentlichen Meisterkurs, sondern um Unterricht für einen exklusiven Kreis von Schülern, möglicherweise im HauseBusonis; gegenüber Verpflichtungen als Pädagoge eher abgeneigt (Stuckenschmidt 1967, S. 150), konzentrierte sich Busoni lieber auf ausgewählte Schüler in privatem Umfeld (ibid., S. 150 ff.). Möglicherweise fand der „pädagogische Nachmittag“ am 8. April u. a. mit Hubers Schüler Franz Josef Hirt statt (vgl. den folgenden Brief).
–
Damit lenke ich wieder ins
tägliche Brodgebiet über, das Brod,
das sogar in der Schweiz je länger je
schlechter wird & für das man kein
beßeres Surrogat einsetzen kan̅,
als die Gesundheit, welche ich uns
Beiden mit Inbrunst herwünsche.
Damit aber noch viele herzliche
Grüße
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exegetischen Gründen schickte ich den
<lb/>Text noch einmal an <rs key="E0300205" rend="latin">einen gelehrten
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<p>Noch eine Frage! Darf ich Ihnen im
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<lb/>Schüler zu Ihrem pädagogischen
<lb/>Nachmittage in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> schicken?
<note type="commentary" resp="#E0300318">Offenbar handelte es sich (zumal Nachweise fehlen) nicht um einen öffentlichen Meisterkurs, sondern um Unterricht für einen exklusiven Kreis von Schülern, möglicherweise im <rs key="E0500189">Hause</rs> <persName key="E0300017">Busonis</persName>; gegenüber Verpflichtungen als Pädagoge eher abgeneigt (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 150</bibl>), konzentrierte sich <persName key="E0300017">Busoni</persName> lieber auf ausgewählte Schüler in privatem Umfeld (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 150 ff.</bibl>). Möglicherweise fand der <q rend="dq-du">pädagogische Nachmittag</q> am <date when-iso="1918-04-08">8. April</date> u. a. mit <persName key="E0300125">Hubers</persName> Schüler <persName key="E0300202">Franz Josef Hirt</persName> statt (vgl. den <ref target="#D0100181">folgenden Brief</ref>).</note>
–
<lb/>Damit lenke ich wieder ins
<lb/>tägliche Bro<choice><orig>d</orig><reg>t</reg></choice>gebiet über, das Bro<choice><orig>d</orig><reg>t</reg></choice>,
<lb/>das sogar in der <placeName key="E0500092">Schweiz</placeName> je länger je
<lb/>schlechter wird <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> für das man kein
<lb/>be<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>eres Surrogat einsetzen ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice><orig>,</orig>
<lb/>als die Gesundheit, welche ich uns
<lb/><choice><sic>B</sic><corr>b</corr></choice>eiden mit Inbrunst herwünsche.
<lb/>Damit aber noch viele herzliche
<lb/>Grüße</p>
<closer>
<salute rend="align(right)">Ihr <choice><abbr>erg.</abbr><expan>ergebener</expan></choice> und in Treuen</salute>
<signed rend="align(right)"><persName key="E0300125">Hans Huber</persName></signed>
</closer>
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2303 | olim:
Mus.ep. H. Huber 77 (Busoni-Nachl. B II)
|
Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Locarno, 5. März 1918), bearbeitet von Maximilian Furthmüller, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Januar 2017: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100180 (18. Juni 2017: zur Freigabe vorgeschlagen)
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<title xml:lang="de">Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Locarno, 5. März 1918)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Hans Huber to Ferruccio Busoni (Locarno, 5 March 1918)</title>
<author key="E0300125">Hans Huber</author>
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<surname>Furthmüller</surname>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
<title type="subseries" key="E010002">Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber</title>
<editor key="E0300314">Christian Schaper</editor>
<editor key="E0300313">Ullrich Scheideler</editor>
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<idno type="D-B.olim">Mus.ep. H. Huber 77 (Busoni-Nachl. B II)</idno>
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<summary><persName key="E0300125">Huber</persName> berichtet von der Bekanntschaft mit <persName key="E0300126">Ludwig Rubiner</persName>; legt sein Verhältnis zu den Werken <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> und <persName key="E0300091">Tolstojs</persName> dar; schildert seine Korrespondenz mit <persName key="E0300208">Robert Freund</persName>; beantwortet <persName key="E0300017">Busonis</persName> <ref type="E010002" target="#D0100179">Frage</ref> nach dem Fortschritt von <title key="E0400210">Mors et vita</title>.</summary>
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<docDate><date when-iso="1918-02-05" cert="low"/></docDate>
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<docDate resp="#post" sameAs="#post_rec"><date when-iso="1918-03-06"/></docDate>
<incipit>die Kunde von Ihrer unzeitgemäßen Erkrankung</incipit>
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<measure type="folio">1 Bogen</measure>
<measure type="pages">4 beschriebene Seiten</measure>
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<condition>Der Brief ist gut erhalten.</condition>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="black_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300125">Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.</handNote>
<handNote xml:id="recipient" scope="minor" medium="pencil" scribe="recipient" scribeRef="#E0300017" cert="high">Vmtl. Hand des Empfängers Ferruccio Busoni, der mit Bleistift die Zuordnung <q>Huber</q> eingetragen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist" cert="high">Hand des Archivars, der die korrigierte Datierung mit Bleistift eingetragen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive_2" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive_3" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die ursprüngliche Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive_4" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die erneute Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="arch_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="post" scope="minor" medium="black_ink" scribe="postoffice">Poststempel (schwarze Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="sbb_st_blue" scope="minor" medium="blue_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (blaue Tinte)</handNote>
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<addrLine><persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></addrLine>
<addrLine rend="indent"><placeName key="E0500132" rend="underline">Zürich</placeName></addrLine>
<addrLine rend="indent"><placeName key="E0500189">Scheuchzerstr. 36</placeName>.</addrLine>
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<note type="stamp" place="left" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
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<stamp rend="round border align(center) majuscule" xml:id="post_abs">
<placeName key="E0500291">Muralto</placeName>
<lb/><date when-iso="1918-03-05">-5 III 18-</date>
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<note type="annotation" resp="#recipient" cert="high" place="center" rend="large align(center)"><persName key="E0300125">Huber</persName>
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<note type="stamp" place="right" resp="#post" rend="rotate(-90)">
<stamp rend="round border majuscule align(center)" xml:id="post_rec">
<placeName key="E0500132"><supplied reason="incomplete">Z</supplied>u<supplied reason="incomplete">r</supplied>ich</placeName>
<lb/><date when-iso="1918-03-06">-6.III.18.IX–</date>
<lb/>VIII
<lb/><choice><abbr>Brf. Exp.</abbr><expan>Brief Express</expan></choice>
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<note type="shelfmark" place="bottom-center" resp="#archive_4">
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<del rend="strikethrough"><stamp resp="#sbb_st_blue">Nachlaß Busoni <handShift new="#arch_red"/>B II</stamp>
<handShift new="#archive_3"/>Mus.ep. H. Huber 77</del>
<add place="below"><handShift new="#archive_4"/>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2303-Beil.</add></subst>
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<origPlace key="E0500183">Locarno</origPlace>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<hyphenation eol="hard" rend="dh">
<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit Doppelbindestrichen (⸗).</p>
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<punctuation marks="all" placement="external">
<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<quotation marks="none">
<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118707469" key="E0300125">Huber, Hans</persName>
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<note type="shelfmark" place="top-left" rend="rotate(-90)" resp="#archive_4">
<del rend="strikethrough" xml:id="delSig"><handShift new="#archive_3"/>Mus.ep. H. Huber 77 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II)</del>
</note>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive_2">[1]</note>
<opener>
<dateline>
<placeName key="E0500183" rend="latin">Locarno</placeName> <date when-iso="1918-02-05">5/2 18</date>
<add place="below" resp="#archive" rend="align(right)">(? – <date when-iso="1918-03-05">5.3.</date>)</add>
</dateline>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Der Poststempel weist den <date when-iso="1918-03-05">5. März</date> als Versanddatum aus; zudem antwortet <persName key="E0300125">Huber</persName> auf den <ref target="#D0100179">Brief vom 3. März.</ref> <persName key="E0300125">Huber</persName> datiert also irrtümlich auf <date when-iso="1918-02">Februar 1918</date>.</note>
<salute>Mein lieber Freund!</salute>
</opener>
<p>Die Kunde von Ihrer unzeitgemäßen
<lb/>Erkrankung drang von allen
<lb/>Seiten <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> Leuten zu mir ins <placeName key="E0500264">Te<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>in</placeName>!
<lb/>Betrachten Sie das Geschick als eine
<lb/>wahrscheinlich nöt<orig>h</orig>ige Ausschaltung
<lb/>der physischen Anstrengungen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> als
<lb/>kurze Pause des <soCalled rend="dq-du">Unkörperlichen</soCalled>!</p>
<p rend="indent-first">Mit der Beka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>tschaft Ihres
<lb/>sympathischen Freundes <persName key="E0300126" rend="latin">Rubiner</persName>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Offenbar lernte <persName key="E0300125">Huber</persName> <persName key="E0300126">Ludwig Rubiner</persName> erst in <placeName key="E0500183">Locarno</placeName> kennen. Vgl. hierzu die Kommentierung des <ref target="#D0100179">vorangegangenen Briefs</ref>.</note>
<lb/>verband ich logischerweise auch die
<lb/>Ke<choice><abbr>n̅tniß</abbr><expan>nntnis</expan></choice>nahme der letzten <rs key="E0800166">Tagebücher</rs>
<lb/>von <persName key="E0300091" rend="latin">Tolstoi</persName>.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300126">Rubiner</persName> hatte soeben eine Auswahl aus den Tagebüchern von <persName key="E0300091">Tolstoi</persName> unter dem Titel <title key="E0800166">Leo Tolstoi – Tagebuch 1895–1899</title> herausgegeben und mit einem Vorwort versehen.</note>
Neben hohen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> tiefen
<lb/>Gedanken, die dieser sla<choice><orig>v</orig><reg>w</reg></choice>ische Prophet
<lb/>niederschreibt, finde ich doch sehr
<lb/><choice><orig>V</orig><reg>v</reg></choice>ieles, zu dem ich weder einen Anschlu<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>
<lb/>noch nur ein s<subst><del rend="overwritten"><choice><unclear cert="unknown">y</unclear><unclear cert="unknown">p</unclear></choice></del><add place="across">i</add></subst>mples Verhältni<choice><orig>ß</orig><reg>s</reg></choice>
<note type="shelfmark" place="bottom-left" rend="rotate(-90)" resp="#archive_4">
<add place="margin-left" xml:id="addSig">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2303</add>
</note>
<substJoin target="#delSig #addSig"/>
<pb n="2"/>
anbinden möchte. Für mich, der
<lb/>zudem die <hi rend="underline">lyrische <hi rend="latin">Philosophie</hi></hi> <lb/>ha<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>t, besi<supplied reason="omitted">t</supplied>zt <persName key="E0300091" rend="latin">Tolstoi</persName> in seinem
<lb/>Denken zu viel von der Naivität
<lb/>der Alttestamentler oder zu wenig
<lb/>von der Induktionslehre eines
<lb/><persName key="E0300194" rend="latin">So<choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>rates</persName>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Der Schluss von Einzelbeobachtungen auf eine übergeordnete, allgemeine Gesetzmäßigkeit wird in der wissenschaftlichen Theorie als <soCalled rend="dq-du">Induktion</soCalled> bezeichnet. <persName key="E0300194">Sokrates</persName> folgte diesem Ansatz, indem er aus Einzelfällen allgemeine Begriffe abzuleiten versuchte (<bibl><ref target="#E0800071"/>, S. 741</bibl>).</note>
– <foreign xml:lang="la" rend="latin">item</foreign>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Lat.: <mentioned>ebenso</mentioned>, <mentioned>desgleichen</mentioned>; hier im Sinne von <mentioned>kurzum</mentioned>.</note>
menschlicher gesagt:
<lb/>ich ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> das Gefühl des Dilettantischen
<lb/><choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> Autodidaktischen nicht überwinden.
<lb/>Was<reg>,</reg> wäre <persName key="E0300091" rend="latin">Tolstoi</persName> in <placeName key="E0500015">Deutschland</placeName>
<lb/>oder in <placeName key="E0500140">England</placeName> geboren? Man
<lb/>mu<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> seine eigene Naivität nicht
<lb/>preisgeben <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> sich den Werken dieser
<lb/>Ru<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>en gegenüber ungefähr so geb<choice><orig>e</orig><reg>ä</reg></choice>rden,
<lb/>wie ich es einem <persName key="E0300023" rend="latin">Schönberg</persName> gegenüber
<lb/>t<orig>h</orig>ue<subst><del rend="overwritten">.</del><add place="across">,</add></subst> zu de<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>en letzten Dingen ich mich
<lb/>absolut ablehnend verhalte, so gut
<lb/>mir einige frühere Werke gefallen, weil
<lb/>ich in der Entwi<supplied reason="omitted">c</supplied>klung des Künstlers
<lb/>keinen Zug ins Große mehr ent
<pb n="3"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive_2">[2]</note>
decken ka<choice><abbr>n̅ &</abbr><expan>nn und</expan></choice> mich
<subst>
<del rend="overwritten">A</del>
<add place="across">a</add>
</subst>lles <add place="above">Spätere</add>, spe<choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>ulativ
<lb/>empfunden, anwi<orig>e</orig>dert.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300125">Hubers</persName> Kritik an <persName key="E0300023">Schönberg</persName> mag sich, da dieser <date when-iso="1912/1923">von 1912 bis 1923</date> kaum Werke vollendete, auf die Schaffensperiode <date when-iso="1907/1909">zwischen 1907 und 1909</date> beziehen, in welcher <persName key="E0300023">Schönberg</persName> mit <rs key="E0400024">op. 10</rs> den Schritt in die Atonalität gewagt hatte. Auch die Reihe von Skandalen, welche Aufführungen von <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> Werken <date when-iso="1905/1913">zwischen 1905 und 1913</date> in <placeName key="E0500002">Wien</placeName> hervorgerufen hatten (vgl. <ref target="#D0100008">Brief <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> vom <date when-iso="1909-07-20">20. Juli 1909</date></ref>), mögen hier eine Rolle spielen (vgl. <bibl><ref target="#E0800013"/>, Sp. 1587 ff.</bibl>). Inwieweit <persName key="E0300125">Huber</persName> mit <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> Werken (und mit welchen) genauer vertraut war, ist bisher nicht erforscht.</note>
</p>
<p rend="indent-first"><persName key="E0300208"><choice><abbr>R.</abbr><expan>Robert</expan></choice> Freund</persName> schrieb mir vor einiger
<lb/>Zeit zwei Briefe mit <choice><unclear reason="illegible" cert="high"><choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>ontentem,<note type="commentary" resp="#E0300314">Nach lat./frz. <mentioned>content(us)</mentioned>: froh, zufrieden.</note></unclear>
<unclear reason="illegible" cert="low"><choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>onkretem,</unclear></choice> sein
<lb/>Alter mit Dignität behandelnden
<lb/>Inhalt<sic>s</sic>.
<note type="commentary" resp="#E0300318">Weder über das <ref type="ext" target="http://www.ub.unibas.ch/digi/a100/kataloge/nachlassverzeichnisse/IBB_5_000069548_cat.pdf">Findbuch des Huber-Nachlasses</ref> noch über das <ref type="ext" target="https://www.zb.uzh.ch/Medien/spezialsammlungen/musik/nachlaesse/freund.pdf">Nachlassverzeichnis Freunds</ref> lässt sich die erwähnte Korrespondenz zwischen <persName key="E0300125">Huber</persName> und <persName key="E0300208">Freund</persName> nachweisen. Der langjährige Freund <persName key="E0300125">Hubers</persName> brachte mehrere von dessen Werken als Solist zur Uraufführung (<bibl><ref target="#E0800059"/>, S. 24</bibl>), u. a. das <rs key="E0400230">Zweite</rs> und <title key="E0400231">Dritte Klavierkonzert</title> (<bibl><ref target="#E0800059"/>, S. 147 f.</bibl>).</note>
Aus Letzterem freute mich
<lb/>namentlich eine prächtige Schätzung
<lb/>Ihrer Kunst, Ihres Gesa<choice><orig><choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice></orig><reg>m</reg></choice>twerkes <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice>
<lb/>Ihrer Persönlichkeit.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300017">Busoni</persName> stand selbst in intensivem Austausch mit <persName key="E0300208">Robert Freund</persName>, wie die 65 Briefe fassende Korrespondenz im Nachlass <persName key="E0300017">Busonis</persName> erkennen lässt. Auszüge wurden bereits veröffentlicht (vgl. <bibl><ref target="#E0800060"/></bibl>).</note>
In meiner Antwort
<lb/>betonte ich <subst><del rend="strikethrough"><unclear reason="strikethrough" cert="high">namentlich</unclear></del><add place="above">vor allen Dingen</add></subst> die Bitte,
<lb/>doch wieder in <rs key="E0500325">seine eigentliche Heimat</rs>
<lb/>zurückzukehren, <choice><unclear reason="illegible" cert="high">in der</unclear><unclear reason="illegible" cert="low">indem</unclear></choice> es zu den
<lb/>ersten Regeln der Lebensweisheit gehört,
<lb/>über <hi rend="underline">Fehlendes</hi>, namentlich we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> es
<lb/>nicht schwerer wiegt als das <hi rend="underline">Gute</hi>,
<lb/>das ja in diesem Falle genügend
<lb/>vorhanden ist, hinwegsehen zu lernen.</p>
<p rend="indent-first">Mit meinem <rs key="E0400210">symphonischen
<lb/>Oratorium</rs> mache ich nur i<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>erlich
<lb/>Fortschritte; vor allen Dingen bin ich
<lb/>jetzt über das Formale sicher; im Kopfe
<lb/>befestige ich das Motivische, der für
<lb/>solche Dinge ein gutes Gedächtni<choice><orig>ß</orig><reg>s</reg></choice>
<lb/>einschließt, so da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> ich Werke jahrelang
<lb/>fertig aufbewahren ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>. Aus
<note type="stamp" place="margin-left" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
</note>
<pb n="4"/>
exegetischen Gründen schickte ich den
<lb/>Text noch einmal an <rs key="E0300205" rend="latin">einen gelehrten
<lb/>Pater</rs> in <placeName key="E0500190" rend="latin">Soletta</placeName>, um denselben nach
<lb/>der <title key="E0400249" rend="latin">Vulgata</title> <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> den liturgischen Büchern
<lb/>einzuschätzen.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300125">Huber</persName> hatte Dompropst <persName key="E0300205">Karl Arnold Walther</persName> um Hilfe bei der Zusammenstellung der Texte zu seinem unvollendet gebliebenen Oratorium <rs key="E0400210">Mors et vita</rs> gebeten (<bibl><ref target="#E0800062"/>, S. 14 f.</bibl>). <persName key="E0300205">Walther</persName>, ein enger Jugendfreund <persName key="E0300125">Hubers</persName> aus <placeName key="E0500190">Solothurn</placeName> und Widmungsträger der <title key="E0400243">Missa in honorem Sancti Ursi</title>, konnte die Redaktion der liturgischen Texte für <rs key="E0400210">Mors et vita</rs> durch den Tod <persName key="E0300125">Hubers</persName> nicht mehr abschließen, konstatierte jedoch später, dass <q>es vielleicht so besser war, denn die lebendige Schöpferkraft des Musikers war versiegt, der Erfolg wäre diesem Werke versagt gewesen.</q> (<bibl><ref target="#E0800064"/>, S. 2</bibl>).</note>
–</p>
<p>Noch eine Frage! Darf ich Ihnen im
<lb/>So<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er einige Freude bringende
<lb/>Schüler zu Ihrem pädagogischen
<lb/>Nachmittage in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> schicken?
<note type="commentary" resp="#E0300318">Offenbar handelte es sich (zumal Nachweise fehlen) nicht um einen öffentlichen Meisterkurs, sondern um Unterricht für einen exklusiven Kreis von Schülern, möglicherweise im <rs key="E0500189">Hause</rs> <persName key="E0300017">Busonis</persName>; gegenüber Verpflichtungen als Pädagoge eher abgeneigt (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 150</bibl>), konzentrierte sich <persName key="E0300017">Busoni</persName> lieber auf ausgewählte Schüler in privatem Umfeld (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 150 ff.</bibl>). Möglicherweise fand der <q rend="dq-du">pädagogische Nachmittag</q> am <date when-iso="1918-04-08">8. April</date> u. a. mit <persName key="E0300125">Hubers</persName> Schüler <persName key="E0300202">Franz Josef Hirt</persName> statt (vgl. den <ref target="#D0100181">folgenden Brief</ref>).</note>
–
<lb/>Damit lenke ich wieder ins
<lb/>tägliche Bro<choice><orig>d</orig><reg>t</reg></choice>gebiet über, das Bro<choice><orig>d</orig><reg>t</reg></choice>,
<lb/>das sogar in der <placeName key="E0500092">Schweiz</placeName> je länger je
<lb/>schlechter wird <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> für das man kein
<lb/>be<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>eres Surrogat einsetzen ka<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice><orig>,</orig>
<lb/>als die Gesundheit, welche ich uns
<lb/><choice><sic>B</sic><corr>b</corr></choice>eiden mit Inbrunst herwünsche.
<lb/>Damit aber noch viele herzliche
<lb/>Grüße</p>
<closer>
<salute rend="align(right)">Ihr <choice><abbr>erg.</abbr><expan>ergebener</expan></choice> und in Treuen</salute>
<signed rend="align(right)"><persName key="E0300125">Hans Huber</persName></signed>
</closer>
</div>
</body>
</text>
</TEI>