Hans Huber an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Locarno · 16. April 1918

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Mus.ep. H. Huber 79 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2305

Lieber Freund!Ihren Depeschengruß über Berliner Dinge
hat einige Stim̅ung ins Hôtel-Dasein gebracht,24
obschon ich auf Zeitungsberichte wenig oder gar
nichts gebe. Man muß in persona dabei sein, wen̅
man die Leistungen eines Kapellmeisters, den man
absolut nicht ken̅t, beurtheilen will! –

In letzter Zeit habe ich, veranlaßt durch die
infame & unkünstlerische Kritik von G. Doret über
Ihre Bearbeitungen und Kadenzen, viel um Sie
& viel in Ihren Werken geweilt. Eigentlich wollte
ich dem welschen Kollegen brieflich meinen unab⸗
änderlichen Standpunkt klar legen, bin aber
beim Sam̅eln des Materials zu der beßeren Idee

Lieber Freund!

Ihr Depeschengruß über Berliner Dinge hat einige Stimmung ins Hotel-Dasein gebracht, obschon ich auf Zeitungsberichte wenig oder gar nichts gebe. Man muss in persona dabei sein, wenn man die Leistungen eines Kapellmeisters, den man absolut nicht kennt, beurteilen will!

In letzter Zeit habe ich, veranlasst durch die infame und unkünstlerische Kritik von G. Doret über Ihre Bearbeitungen und Kadenzen, viel um Sie und viel in Ihren Werken geweilt. Eigentlich wollte ich dem welschen Kollegen brieflich meinen unabänderlichen Standpunkt klarlegen, bin aber beim Sammeln des Materials zu der besseren Idee gekommen, über den ästhetischen und künstlerischen Wert einer Kadenz resp. über das individuelle Verhältnis der Interpreten zum Konzerte einen Aufsatz zusammenzulegen, in welchem sowohl ein Künstler wie Doret oder ein Dilettant wie Rz. im Bund in Bern in anständiger Form Dinge erfahren sollten, von denen sie jetzt nicht die bloße Ahnung eines Alpha besitzen. Es ist geradezu ärgerlich, dass Discipel der Pariser Schule nicht mehr historisches, in diesem Falle unhistorisches Empfinden haben für das Leben und Beleben einer Fermata! Überhaupt scheint mir in Paris, wenn man sich die Ausgabe von Saint-Saëns-Rameau etc. ansieht, viel Problematik zu herrschen!

Strindberg beschäftigte mich in letzter Zeit wieder ein wenig, namentlich sein Verhältnis zum Leben! Und da finde ich in dem Buche: Strindberg-Erinnerungen und -Briefe von A. Paul auch Ihren Namen, natürlich aus der Finnländer Zeit. In unseren Gesprächen hat dieser merkwürdige Poet, von dem ich jetzt ziemlich viel kenne, nie eine Stimme geführt. Von Ihnen, der in seiner Pariser Episode jedenfalls neben ihm stand – jetzt aber über ihm steht, möchte ich einmal ein klärendes Wort hören!

Rubiner, der mich durch sein feines Wesen und seine bestimmten und vermöge seiner Kultur oft bestimmenden Ansichten anregt, lässt Sie herzlichst grüßen. Locarno wäre eigentlich der Ort, an welchem sich gewisse Menschen, die durch ein feines Band der Erkenntnis zusammengehören, wie auf einem Eilande sammeln sollten!

Damit meine liebsten Grüße, die Sie hoffentlich in bester Gesundheit, in fröhlichstem Schaffen und in guter Lebenslaune antreffen mögen

Ihr Hans Huber

Locarno, 16. April 1918
                                                                
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Verhältniß
der Interpreten zum Konzerte einen
Aufsatz inzusammenzulegen, in welchem sowohl ein
Künstler wie Doret oder ein Dilettant wie Rz.
im Bund in Bern in anständiger Form Dinge
erfahren sollten, von denen sie jetzt nicht die bloße
Ahnung eines Alpha besitzen. Es ist geradezu ärgerlich,
daß Discipel der Pariser Schule nicht mehr historisches
in diesem Falle unhistorisches Empfinden haben für
das Leben & Beleben einer Fermata! Ueberhaupt
scheint mir in Paris, wen̅ man sich die Ausgabe von
Saint=Sains=Rameau etc. ansieht, viel Problematik
zu herrschen! –

Strindberg beschäftig[t]e mich in letzter Ze[…] mindestens 2 Zeichen: unleserlich. it[…] mindestens 1 Zeichen: unleserlich. wieder
ein wenig, namentlich sein Verhältniß zum Leben!
Und da finde ich in dem Buche: Strindberg=Erin̅erungen
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von A. Paul auch Ihren Namen, natürlich
aus der Fin̅länder=Zeit. In unseren Gesprächen
hat dieser merkwürdige Poet, von dem ich jetzt
ziemlich viel ken̅e, nie eine Stim̅e geführt. Von
Ihnen, […] mindestens 2 Wörter: durchgestrichen. der in seiner […] 1 Zeichen: unleserlich. Pariser Episode jedenfalls neben
ihm stand – jetzt aber über ihm steht, möchte ich
einmal ein klärendes Wort hören!

Rubiner, der mich durch sein feines Wesen & seine
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Ansichten anregt, läßt Sie herzlichst grüßen. Locarno
wäre eigentlich der Ort, an welchem sich gewiße Menschen,
die durch ein feines Band der Erkenntniß zusam̅en gehören,
wie auf einem Eilande sam̅eln sollten! –

Damit meine liebsten Grüße, die Sie hoffentlich
in bester Gesundheit, in fröhlichstem Schaffen & in
guter Lebenslaune antreffen mögen

Ihr Hans Huber

Locarno 16. April 1918
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                
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Dokument

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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2305 | olim: Mus.ep. H. Huber 79 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Kollation
Alle Seiten im Querformat beschrieben, die Innenseite des Bogens also als durchgehende Doppelseite.
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und die Foliierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses und eine Nummerierung mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123

Incipit
Ihr Depeschengruß über Berliner Dinge

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
unter Mitarbeit von
Stand
2. November 2017: in Bearbeitung (in der Erfassungs-/Codierungsphase)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition