|
66.
9. April 1918.
Lieber, Verehrter,
Dank für Brief u. die Mühe mit meinen
BearbeitungsSachen.
Möglicherweise ist der erste Teil der Klavierübung gemeint, welche Busoni Huber und dem Konservatorium Basel widmete (Willimann 1994, S. 62). Vgl. auch den Brief vom 24. Mai.
Schweitzer in seinem
„Bach“ rettet sehr warm meine Ehre.
Busonis Bach-Interpretationen wurden, ebenso wie seine Bearbeitungen, zumeist heftig kritisiert (Stuckenschmidt 1967, S. 73), da Busoni sich für eine modernisierende Interpretation (Meyer 1969, S. 13) bzw. eine entsprechende Übertragung dieser Werke einsetzte (Stuckenschmidt 1967, S. 66). Schweitzer, diesem Verständnis nahestehend (ibid., S. 122), hebt Busoni in seiner Bach-Monographie mehrfach lobend hevor; so betont er Busonis Qualitäten als Bearbeiter von Orgelwerken (Schweitzer 1928, S. 295), als Bach-Interpret generell (ibid., S. 329) sowie besonders als Herausgeber der Bach’schen Klavierwerke (ibid., S. 354).
– Der junge Hirth erfreute mich gestern
mit seinem tüchtigen KlavierSpiel.
Huber hatte Franz Josef Hirt in seinem Brief vom 16. Januar 1918 erwähnt und um die Empfehlung eines Lehrers gebeten.
–
– Die Neue Fr. Presse brachte am 5. April
ein ganzes seiner berühmten Feuilletons
über meine beiden kleinen Opern.
Stefan Zweigs euphorische Besprechung der Opern Arlecchino und Turandot, die bereits am 11. Mai 1917 in Zürich mit großem Erfolg uraufgeführt worden waren (Stuckenschmidt 1967, S. 42). Zweig war seit 1911 mit Busoni persönlich bekannt (Beaumont 1987, S. 125).
– Ich schlug im Paul nach, den ich
zufällig hier habe, und las, daß Strindberg
auf ein mir unbekanntes Stück „das Band“
anspielt, das er sich als Oper denkt, u.
mich dabei nennt.
Adolf Paul erwähnt in Strindberg-Erinnerungen und -Briefe Busoni als möglichen Kandidaten für die Aufführung oder Bearbeitung des Einakters Das Band, und zwar im Rahmen eines von Strindberg an ihn (Paul) gerichteten Briefes vom 7. Juli 1894. Dort schreibt Strindberg: „Was sagst Du zu dem Band als Opera? Busoni kann es französisch lesen, bei – ? – Unter den Linden!“ (Paul 1924, S. 209). Wie Busonis Erstaunen zeigt, kam eine solche Zusammenarbeit nie zustande.
Adolf Paul ist ein
Ex-Schüler von mir aus Helsingfors 1889
(älter als sein Lehrer) u. er schloss sich
in Berlin Str. an. Strindberg selbst be- gegnete ich persönlich niemals; leider, –
– – vielleicht zum Glück.
Wiewohl Busoni Strindberg sehr schätzte, stand er dessen „dunklen, psychopathischen Seiten“ (Stuckenschmidt 1967, S. 139) nicht uneingeschränkt positiv gegenüber (Stuckenschmidt 1967, S. 139 f.).
– A. Paul ist Schwede,
nicht Finnländer. Wir bildeten mit
dem “Schüler” Sibelius u. den Brüdern
Jaernefelt
Eero und Armas Järnefelt.
ein anregendes Coenaculum.
Lat.: (im oberen Stockwerk gelegenes) Speisezimmer; hier im Sinne von gesellschaftlichem Beisammensein.
Nach meinem Neufundländer Hund
Lesko, nannten wir uns die „Leskowiter“.
Busoni hatte 1888 eine Position als Klavierlehrer am Musikinstitut Helsinki angetreten, wo sich um ihn zügig ein fester Freundeskreis bildete, bestehend aus Jean Sibelius, Armas und Eero Järnefelt sowie Adolf Paul. Neben ihrem recht aktiven Nachtleben disktutierte die Gruppe Themen u. a. aus Malerei oder Literatur sowie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Der bei den Treffen meist anwesende Hund Busonis avancierte zum Namenspaten der Gruppe. Die einzelnen Sätze der „Geharnischten Suite“ sind jeweils einem dieser Freunde gewidmet: „Vorspiel“ (Sibelius), „Kriegstanz“ (Paul), „Grabdenkmal“ (Armas Järnefelt) und „Ansturm“ (Eero Järnefelt) (Hong 2010, S. 57 ff.).
|
9. April 1918.
Lieber, Verehrter,
Dank für Brief und die Mühe mit meinen
Bearbeitungssachen.
Möglicherweise ist der erste Teil der Klavierübung gemeint, welche Busoni Huber und dem Konservatorium Basel widmete (Willimann 1994, S. 62). Vgl. auch den Brief vom 24. Mai.
Schweitzer in seinem
„Bach“ rettet sehr warm meine Ehre.
Busonis Bach-Interpretationen wurden, ebenso wie seine Bearbeitungen, zumeist heftig kritisiert (Stuckenschmidt 1967, S. 73), da Busoni sich für eine modernisierende Interpretation (Meyer 1969, S. 13) bzw. eine entsprechende Übertragung dieser Werke einsetzte (Stuckenschmidt 1967, S. 66). Schweitzer, diesem Verständnis nahestehend (ibid., S. 122), hebt Busoni in seiner Bach-Monographie mehrfach lobend hevor; so betont er Busonis Qualitäten als Bearbeiter von Orgelwerken (Schweitzer 1928, S. 295), als Bach-Interpret generell (ibid., S. 329) sowie besonders als Herausgeber der Bach’schen Klavierwerke (ibid., S. 354).
– Der junge Hirt erfreute mich gestern
mit seinem tüchtigen Klavierspiel.
Huber hatte Franz Josef Hirt in seinem Brief vom 16. Januar 1918 erwähnt und um die Empfehlung eines Lehrers gebeten.
–
– Die Neue Freie Presse brachte am 5. April
ein ganzes ihrer berühmten Feuilletons
über meine beiden kleinen Opern.
Stefan Zweigs euphorische Besprechung der Opern Arlecchino und Turandot, die bereits am 11. Mai 1917 in Zürich mit großem Erfolg uraufgeführt worden waren (Stuckenschmidt 1967, S. 42). Zweig war seit 1911 mit Busoni persönlich bekannt (Beaumont 1987, S. 125).
– Ich schlug im Paul nach, den ich
zufällig hier habe, und las, dass Strindberg
auf ein mir unbekanntes Stück, „das Band“,
anspielt, das er sich als Oper denkt, und
mich dabei nennt.
Adolf Paul erwähnt in Strindberg-Erinnerungen und -Briefe Busoni als möglichen Kandidaten für die Aufführung oder Bearbeitung des Einakters Das Band, und zwar im Rahmen eines von Strindberg an ihn (Paul) gerichteten Briefes vom 7. Juli 1894. Dort schreibt Strindberg: „Was sagst Du zu dem Band als Opera? Busoni kann es französisch lesen, bei – ? – Unter den Linden!“ (Paul 1924, S. 209). Wie Busonis Erstaunen zeigt, kam eine solche Zusammenarbeit nie zustande.
Adolf Paul ist ein
Ex-Schüler von mir aus Helsingfors 1889
(älter als sein Lehrer), und er schloss sich
in Berlin Strindberg an. Strindberg selbst begegnete ich persönlich niemals; leider, –
– – vielleicht zum Glück.
Wiewohl Busoni Strindberg sehr schätzte, stand er dessen „dunklen, psychopathischen Seiten“ (Stuckenschmidt 1967, S. 139) nicht uneingeschränkt positiv gegenüber (Stuckenschmidt 1967, S. 139 f.).
– Adolf Paul ist Schwede,
nicht Finnländer. Wir bildeten mit
dem „Schüler“ Sibelius und den Brüdern
Järnefelt
Eero und Armas Järnefelt.
ein anregendes Coenaculum.
Lat.: (im oberen Stockwerk gelegenes) Speisezimmer; hier im Sinne von gesellschaftlichem Beisammensein.
Nach meinem Neufundländer Hund
Lesko nannten wir uns die „Leskowiter“.
Busoni hatte 1888 eine Position als Klavierlehrer am Musikinstitut Helsinki angetreten, wo sich um ihn zügig ein fester Freundeskreis bildete, bestehend aus Jean Sibelius, Armas und Eero Järnefelt sowie Adolf Paul. Neben ihrem recht aktiven Nachtleben disktutierte die Gruppe Themen u. a. aus Malerei oder Literatur sowie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Der bei den Treffen meist anwesende Hund Busonis avancierte zum Namenspaten der Gruppe. Die einzelnen Sätze der „Geharnischten Suite“ sind jeweils einem dieser Freunde gewidmet: „Vorspiel“ (Sibelius), „Kriegstanz“ (Paul), „Grabdenkmal“ (Armas Järnefelt) und „Ansturm“ (Eero Järnefelt) (Hong 2010, S. 57 ff.).
Strindberg hat in meinem Empfinden
bereits drei Perioden durchgemacht: stieß mich
erst ab, feuerte mich zur Begeisterung an, und nun beginne ich seine Schwächen peinlicher
zu empfinden. – Aber mit seinem
einzigen „Traumspiel“ und den „Kammerspielen“
Unter der Gattungsbezeichnung Kammerspiele verfasste Strindberg zwischen 1907 und 1909 einen Zyklus von Werken: Wetterleuchten, Die Brandstätte, Gespenstersonate, Der Scheiterhaufen, Fröhliche Weihnacht sowie die Fragment gebliebene Toten-Insel. 20 weitere Werke sollten folgen. Strindbergs Absicht war es, die intime Gattung der Kammermusik auf dramatische Werke zu übertragen, etwa durch Konzentrierung ihrer Motivik und Ausgestaltung (Paul 1979, S. 87 f.).
hat er nach Schiller, und nach Ibsen, wieder
einmal dem Theater eine neue Physiognomie
gegeben, was ich von anderen nicht zu
behaupten wüsste. – Unsympathisch ist
mir sein Verweilen und Bohren in
„les petites misères“
Frz.: „den kleinen Nöten“.
des Alltäglichen und
eine gewisse künstlerische Nachlässigkeit
in Form und Ausdruck (letzteres soll im
schwedischen Original minder fühlbar sein).
Wie bei Voltaire und bei Heine erkenne
ich in ihm eine große Sehnsucht nach
Liebe, Güte und Schönheit und einen Ingrimm,
diese bei den Menschen immer wieder
vermissen zu müssen. – Mehr kann ich
Ihnen nicht sagen, und dieses haben Sie gewiss
selbst schon gedacht.
Ich grüße Sie allerherzlichst
und verehrungsvoll als Ihr treu ergebener
F. Busoni
|
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
<note type="numbering" place="top-right" resp="#archive_1">66.</note>
<opener>
<dateline rend="align(right)">
<date when-iso="1918-04-09">9. April 1918</date>.
</dateline>
<salute rend="indent">Lieber, Verehrter,</salute>
</opener>
<p>Dank für Brief <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> die Mühe mit meinen
<lb/>Bearbeitungs<choice><orig>S</orig><reg>s</reg></choice>achen.
<note type="commentary" resp="#E0300318">Möglicherweise ist der erste Teil der <title key="E0400166">Klavierübung</title> gemeint, welche <persName key="E0300017">Busoni</persName> <persName key="E0300125">Huber</persName> und dem <orgName key="E0600020">Konservatorium <placeName key="E0500097">Basel</placeName></orgName> widmete (<bibl><ref target="#E0800058"/>, S. 62</bibl>). Vgl. auch den <ref target="#1918-05-24">Brief vom <date when-iso="1918-05-24">24. Mai</date></ref>.</note>
<persName key="E0300201" rend="underline">Schweitzer</persName> in seinem
<lb/><rs key="E0800230" rend="dq-du">Bach</rs> rettet sehr warm meine Ehre.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300017">Busonis</persName> <persName key="E0300012">Bach</persName>-Interpretationen wurden, ebenso wie seine Bearbeitungen, zumeist heftig kritisiert (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 73</bibl>), da <persName key="E0300017">Busoni</persName> sich für eine modernisierende Interpretation (<bibl><ref target="#E0800077"/>, S. 13</bibl>) bzw. eine entsprechende Übertragung dieser Werke einsetzte (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 66</bibl>). <persName key="E0300201">Schweitzer</persName>, diesem Verständnis nahestehend (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 122</bibl>), hebt <persName key="E0300017">Busoni</persName> in seiner <rs key="E0800230"><persName key="E0300012">Bach</persName>-Monographie</rs> mehrfach lobend hevor; so betont er <persName key="E0300017">Busonis</persName> Qualitäten als Bearbeiter von Orgelwerken (<bibl><ref target="#E0800055"/>, S. 295</bibl>), als <persName key="E0300012">Bach</persName>-Interpret generell (<bibl><ref target="#E0800055"/>, S. 329</bibl>) sowie besonders als Herausgeber der <persName key="E0300012">Bach</persName>’schen Klavierwerke (<bibl><ref target="#E0800055"/>, S. 354</bibl>).</note>
<!-- Erstausgabe schon 1908, zitiert wird die von 1928 – bezieht sich Busoni 1918 auf eine bestimmte Auflage? -->
<lb/>– Der junge <persName key="E0300202">Hirt<sic>h</sic></persName> erfreute mich gestern
<lb/>mit seinem tüchtigen Klavier<choice><orig>S</orig><reg>s</reg></choice>piel.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300125">Huber</persName> hatte <persName key="E0300202">Franz Josef Hirt</persName> in seinem <ref target="#D0100177">Brief vom <date when-iso="1918-01-16">16. Januar 1918</date></ref> erwähnt und um die Empfehlung eines Lehrers gebeten.</note>
–
<lb/>– Die <orgName key="E0600035">Neue <choice><abbr>Fr.</abbr><expan>Freie</expan></choice> Presse</orgName> brachte am <date when-iso="1918-04-05">5. April</date>
<lb/>ein ganzes <choice><sic>seiner</sic><corr>ihrer</corr></choice> berühmten Feuilletons
<lb/>über meine beiden kleinen Opern.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300204">Stefan Zweigs</persName> euphorische <rs key="E0800075">Besprechung</rs> der Opern <title key="E0400133">Arlecchino</title> und <title key="E0400153">Turandot</title>, die bereits am <date when-iso="1917-05-11">11. Mai 1917</date> in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> mit großem Erfolg uraufgeführt worden waren (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 42</bibl>). <persName key="E0300204">Zweig</persName> war seit <date when-iso="1911">1911</date> mit <persName key="E0300017">Busoni</persName> persönlich bekannt (<bibl><ref target="#E0800060"/>, S. 125</bibl>).</note>
<lb/>– Ich schlug im <rs key="E0800231" rend="underline">Paul</rs> nach, den ich
<lb/>zufällig hier habe, und las, da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> <persName key="E0300196">Strindberg</persName>
<lb/>auf ein mir unbekanntes Stück<reg>,</reg> <title key="E0400228" rend="dq-du">das Band</title><reg>,</reg>
<lb/>anspielt, das er sich als Oper denkt, <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice>
<lb/>mich dabei nennt.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300195">Adolf Paul</persName> erwähnt in <title key="E0800231"><persName key="E0300196">Strindberg</persName>-Erinnerungen und -Briefe</title> <persName key="E0300017">Busoni</persName> als möglichen Kandidaten für die Aufführung oder Bearbeitung des Einakters <title key="E0400228">Das Band</title>, und zwar im Rahmen eines von <persName key="E0300196">Strindberg</persName> an ihn (<persName key="E0300195">Paul</persName>) gerichteten Briefes vom <date when-iso="1894-07-07">7. Juli 1894</date>. Dort schreibt <persName key="E0300196">Strindberg</persName>: <q>Was sagst Du zu dem <title key="E0400228">Band</title> als Opera? <persName key="E0300017">Busoni</persName> kann es französisch lesen, bei – ? – <rs key="E0600036">Unter den Linden!</rs></q> (<bibl><ref target="#E0800054"/>, S. 209</bibl>). Wie <persName key="E0300017">Busonis</persName> Erstaunen zeigt, kam eine solche Zusammenarbeit nie zustande.</note>
<persName key="E0300195">Adolf Paul</persName> ist ein
<lb/>Ex-Schüler von mir aus <placeName key="E0500270">Helsingfors</placeName> <date when-iso="1889">1889</date>
<lb/>(älter als sein Lehrer)<reg>,</reg> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> er schloss sich
<lb/>in <placeName key="E0500029"><hi rend="underline">Berlin</hi></placeName> <persName key="E0300196" rend="underline"><choice><abbr>Str.</abbr><expan>Strindberg</expan></choice></persName> an. <persName key="E0300196">Strindberg</persName> selbst be
<lb break="no"/>gegnete ich persönlich niemals; leider, –
<lb/>– – vielleicht zum Glück.
<note type="commentary" resp="#E0300318">Wiewohl <persName key="E0300017">Busoni</persName> <persName key="E0300196">Strindberg</persName> sehr schätzte, stand er dessen <cit><q source="#E0800016">dunklen, psychopathischen Seiten</q> <bibl>(<ref target="#E0800016"/>, S. 139)</bibl></cit> nicht uneingeschränkt positiv gegenüber (<bibl><ref target="#E0800016"/>, S. 139 f.</bibl>).</note>
– <persName key="E0300195"><choice><abbr>A.</abbr><expan>Adolf</expan></choice> Paul</persName> ist Schwede,
<lb/>nicht Finnländer. Wir bildeten mit
<lb/>dem <soCalled rend="dq-uu">Schüler</soCalled> <persName key="E0300177">Sibelius</persName> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> den Brüdern
<lb/>J<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>rnefelt
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300199">Eero</persName> und <persName key="E0300200">Armas Järnefelt</persName>.</note>
ein anregendes <foreign xml:lang="la">Coenaculum</foreign>.
<note type="commentary" resp="#E0300318">Lat.: (im oberen Stockwerk gelegenes) Speisezimmer; hier im Sinne von gesellschaftlichem Beisammensein.</note>
<lb/>Nach meinem Neufundländer Hund
<lb/>Lesko<orig>,</orig> nannten wir uns die <orgName key="E0600032" rend="dq-du">Leskowiter</orgName>.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300017">Busoni</persName> hatte <date when-iso="1888">1888</date> eine Position als Klavierlehrer am <orgName key="E0600031">Musikinstitut Helsinki</orgName> angetreten, wo sich um ihn zügig ein fester Freundeskreis bildete, bestehend aus <persName key="E0300177">Jean Sibelius</persName>, <persName key="E0300200">Armas</persName> und <persName key="E0300199">Eero Järnefelt</persName> sowie <persName key="E0300195">Adolf Paul</persName>. Neben ihrem recht aktiven Nachtleben disktutierte die Gruppe Themen u. a. aus Malerei oder Literatur sowie aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen. Der bei den Treffen meist anwesende Hund <persName key="E0300017">Busonis</persName> avancierte zum Namenspaten der Gruppe. Die einzelnen Sätze der <title key="E0400227" rend="dq-du">Geharnischten Suite</title> sind jeweils einem dieser Freunde gewidmet: <title>Vorspiel</title> (<persName key="E0300177">Sibelius</persName>), <title>Kriegstanz</title> (<persName key="E0300195">Paul</persName>), <title>Grabdenkmal</title> (<persName key="E0300200">Armas Järnefelt</persName>) und <title>Ansturm</title> (<persName key="E0300199">Eero Järnefelt</persName>) (<bibl><ref target="#E0800057"/>, S. 57 ff.</bibl>).</note>
</p>
</div>
|
|
(2)
Strindberg hat in meinem Empfinden
bereits drei Perioden durchgemacht: stiess mich
erst ab, feuerte mich zur Begeisterung an, u. nun beginne ich seine Schwächen peinlicher
zu empfinden. – Aber mit seinem
einzigen „Traumspiel“ u. den „Kammerspielen“
Unter der Gattungsbezeichnung Kammerspiele verfasste Strindberg zwischen 1907 und 1909 einen Zyklus von Werken: Wetterleuchten, Die Brandstätte, Gespenstersonate, Der Scheiterhaufen, Fröhliche Weihnacht sowie die Fragment gebliebene Toten-Insel. 20 weitere Werke sollten folgen. Strindbergs Absicht war es, die intime Gattung der Kammermusik auf dramatische Werke zu übertragen, etwa durch Konzentrierung ihrer Motivik und Ausgestaltung (Paul 1979, S. 87 f.).
hat er nach Schiller, und nach Ibsen, wieder
einmal dem Theater eine neue Physiognomie
gegeben, was ich von Anderen nicht zu
behaupten wüßte. – Unsympathisch ist
mir sein Verweilen u. Bohren in
„les petites misères“
Frz.: „den kleinen Nöten“.
des Alltäglichen und
eine gewisse künstlerische Nachlässigkeit
in Form u. Ausdruck .(letzteres soll im
Schwedischen original minder fühlbar sein.)
Wie bei Voltaire u. bei Heine erkenne
ich in ihm eine grosse Sehnsucht nach
Liebe, Güte u. Schönheit u. einen Ingrimm,
diese bei den Menschen immer wieder
vermissen zu müssen. – Mehr kann ich
Ihnen nicht sagen u. dieses haben Sie gewiss
selbst schon gedacht.
Ich grüße Sie allerherzlichst
u. verehrungsvoll als Ihr treu ergebener
F. Busoni
|
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive_2">(2)</note>
<p rend="indent-first"><persName key="E0300196">Strindberg</persName> hat in meinem Empfinden
<lb/>bereits drei Perioden durchgemacht: stie<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice> mich
<lb/>erst ab, feuerte mich zur Begeisterung an, <lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> nun beginne ich seine Schwächen peinlicher
<lb/>zu empfinden. – Aber mit seinem
<lb/>einzigen <title key="E0400236" rend="dq-du">Traumspiel</title> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> den <title key="E0400436" rend="dq-du">Kammerspielen</title>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Unter der Gattungsbezeichnung <title key="E0400436">Kammerspiele</title> verfasste <persName key="E0300195">Strindberg</persName> zwischen <date when-iso="1907/1909">1907 und 1909</date> einen Zyklus von Werken: <title key="E0400237">Wetterleuchten</title>, <title key="E0400238">Die Brandstätte</title>, <title key="E0400239">Gespenstersonate</title>, <title key="E0400240">Der Scheiterhaufen</title>, <title key="E0400241">Fröhliche Weihnacht</title> sowie die Fragment gebliebene <title key="E0400242">Toten-Insel</title>. 20 weitere Werke sollten folgen. <persName key="E0300195">Strindbergs</persName> Absicht war es, die intime Gattung der Kammermusik auf dramatische Werke zu übertragen, etwa durch Konzentrierung ihrer Motivik und Ausgestaltung (<bibl><ref target="#E0800074"/>, S. 87 f.</bibl>).</note>
<lb/>hat er nach <persName key="E0300197">Schiller</persName>, und nach <persName key="E0300198">Ibsen</persName>, wieder
<lb/>einmal dem Theater eine neue Physiognomie
<lb/>gegeben, was ich von <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>nderen nicht zu
<lb/>behaupten wü<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>te. – Unsympathisch ist
<lb/>mir sein Verweilen <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Bohren in
<lb/><soCalled rend="dq-du" xml:lang="fr">les petites misères</soCalled>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Frz.: <mentioned rend="dq-du">den kleinen Nöten</mentioned>.</note>
des Alltäglichen und
<lb/>eine gewisse künstlerische Nachlässigkeit
<lb/>in Form <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Ausdruck <subst><del rend="overwritten">.</del><add place="across">(</add></subst>letzteres soll im
<lb/><choice><sic>S</sic><corr>s</corr></choice>chwedischen <choice><sic>o</sic><corr>O</corr></choice>riginal minder fühlbar sein<choice><orig>.)</orig><reg>).</reg></choice>
<lb/>Wie bei <persName key="E0300175">Voltaire</persName> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> bei <persName key="E0300169">Heine</persName> erkenne
<lb/>ich in ihm eine gro<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>e Sehnsucht nach
<lb/>Liebe, Güte <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Schönheit <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ein<add place="below">en</add> Ingrimm,
<lb/>diese bei den Menschen immer wieder
<lb/>vermissen zu müssen. – Mehr kann ich
<lb/>Ihnen nicht sagen<reg>,</reg> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> dieses haben Sie gewiss
<lb/>selbst schon gedacht.</p>
<closer>
<salute rend="indent-first">Ich grüße Sie allerherzlichst
<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> verehrungsvoll als Ihr treu ergebener
</salute>
<signed rend="align(right)">
<persName key="E0300017">F. Busoni</persName>
</signed>
</closer>
</div>
|