Hans Huber an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Locarno · 12. April 1916

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Ouvert toute l’année
Plein midi
Saison d’hiver
Confort le plus moderne
Balli & C. Prop.
12 Aprile

Lieber Freund!

Ich lebe am Saume des
gelobten Landes, sehe von ferne
herüber & kan̅ meine Sehnsucht
nicht erfüllen. Das ist schade,
den̅ es ist für das geistige Leben
& die eigene Kultur absolut
wichtig von Zeit zu Zeit unterzu⸗
tauchen in den alten Klaßizismus
& deßen Ueberentwicklung in
den Barok! Item, auch

Locarno, 12. April

Lieber Freund!

Ich lebe am Saume des gelobten Landes, sehe von ferne herüber und kann meine Sehnsucht nicht erfüllen. Das ist schade, denn es ist für das geistige Leben und die eigene Kultur absolut wichtig, von Zeit zu Zeit unterzutauchen in den alten Klassizismus und dessen Überentwicklung in den Barock! Item, auch hier fühlt man schon etwas davon, und wenn es nur einfache Paläste oder noch einfachere Kirchen sind. Die Tinten der Natur gehen ja schon in die Umbrischen Berge hinüber! –

Sie mögen mit Ihrer Ansicht über den Bellinda-Text ganz recht haben; meine Musiknatur geht aber säuberlich dem „bürgerlichen Gesetzbuch“ aus dem Wege und bleibt bei der Sage und dem Märchen. Der nächste Stoff führt ins Wallis in die Gletscherwelt und behandelt eine alte Sage vom großen Überrecht der Naturgewalten über alles Menschliche. Dass man das Rein-Menschliche dabei nicht vergessen darf, ist ja klar; dasselbe kam aber auch viel mehr in der Bellinda in der Wiedergabe zum Rechte, als ich es je ahnen durfte, und verhalf dem Werke auch beim „Volke“ zu einem warmen Erfolge!

Was letzteres anbelangt, so lese ich mit großer Freude die Berichte über Ihr Wirken und Schaffen in Zürich. Ihr Schweizer Aufenthalt wird doch dadurch zu etwas gestempelt, das Ihnen und uns zum seltenen gegenseitigen Austausche verhilft. Das 50. Lebensjahr darf „weiß-rot“ angezeichnet werden! –

Besitzen Sie noch ein Klavierauszugexemplar Ihrer ind. Klaviersymphonie? Vergebens suchte ich bei Hug nach einem solchen, um es hier in aller Ruhe durchstudieren zu können!

Die schönsten südlichen Grüße aus dem warmen, sonnendurchtränkten Locarno

von Ihrem

Hans Huber

                                                                
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[2] hier fühlt man schon etwas davon &
wen̅ es nur einfache Paläste oder
noch einfachere Kirchen sind. Die
Tinten Transkription unsicher: unleserlich. der Natur gehen ja schon in
die Umbrischen Berge hinüber! –

Sie mögen mit Ihrer Ansicht
über den Bellindatext ganz recht
haben; meine Musiknatur geht aber
säuberlich dem „bürgerlichen Gesetzbuch“
aus dem Wege & bleibt bei der Sage
& dem Märchen. Der nächste Stoff
führt ins Wallis in die Gletscherwelt
& behandelt eine alte Sage vom
großen Ueberrecht der Naturgewalten
über alles Menschliche. Daß man
das Rein-Menschliche dabei nicht vergeßen
darf, ist ja klar; dasselbe kam
aber auch viel mehr in der Bellinda
in der Wiedergabe zum Rechte, als
ich es je […] mindestens 3 Zeichen: durchgestrichen. ahnen durfte & verhalf
dem Werke auch beim „Volke“ zu
einem warmen Erfolge!

Was letzteres anbelangt, so
lese ich mit großer Freude die

                                                                
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Berichte über Ihr Wirken & Schaffen
in Zürich. Ihr Schweizeraufenthalt
wird doch dadurch zu etwas gestempelt,
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gegenseitigen […] mindestens 3 Zeichen: durchgestrichen. Austausche verhilft.
Das 50. Lebensjahr darf „weiß-roth“
angezeichnet werden! –

Besitzen Sie noch ein Klavierauszug⸗
exemplar Ihrer ind. Klaviersymphonie?
Vergebens suchte ich bei Hug nach
einem solchen, um es hier in aller
Ruhe durchstudiren zu kön̅en!

Die schönsten südlichen
Grüße aus dem warmen son̅endurch Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

tränkten Locarno

von Ihrem

Hans Huber

                                                                
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Mus.ep. H. Huber 33 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2260
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[ Ansicht des Grand Hôtel Locarno am Lago Maggiore ]
Locarno
13.IV.16.X–
Locarno
13.IV.16.X–

(Lac majeur) Locarno (Suisse)
Ouvert toute l’année · Saison d’hive[r]
Confort le plus moderne · Plein mid[i]
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Balli & C. Prop.
A. Trüb & Cie Aarau-Lugano (Suisse)
Abs. Dr. Hans Huber
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6Faksimile
6Diplomatische Umschrift
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Zürich
13.IV.16.–11
Brf. Exp.
Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. H. Huber 33

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2260-Beil.
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2260 | olim: Mus.ep. H. Huber 33 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Brief und Umschlag sind gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 3 beschriebene Seiten
Kollation
Gefalteter Briefbogen ab Briefkopf beschrieben (Seite 2–4 des Bogens).
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in blauer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und die Foliierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Huber ersehnt von Locarno aus das nahe Italien; geht auf Busonis Kritik am Libretto der Oper Die schöne Bellinda ein; erwähnt einen nächsten Stoff; registriert erfreut Busonis Erfolge in Zürich; erbittet einen Klavierauszug der Indianischen Fantasie.
Incipit
Ich lebe am Saume des gelobten Landes

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
unter Mitarbeit von
Stand
10. November 2017: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition