Ich lebe am Saume des
„gelobten Landes“, sehe von ferne
herüber & kan̅ meine Sehnsucht
nicht erfüllen. Das ist schade,
den̅ es ist für das geistige Leben
& die eigene Kultur absolut
wichtig von Zeit zu Zeit unterzu⸗ tauchen in den alten Klaßizismus
& deßen Ueberentwicklung in
den Barok! Item, auch
Ich lebe am Saume des
„gelobten Landes“, sehe von ferne
herüber und kann meine Sehnsucht
nicht erfüllen. Das ist schade,
denn es ist für das geistige Leben
und die eigene Kultur absolut
wichtig, von Zeit zu Zeit unterzutauchen in den alten Klassizismus
und dessen Überentwicklung in
den Barock! Item, auch
hier fühlt man schon etwas davon, und
wenn es nur einfache Paläste oder
noch einfachere Kirchen sind. Die
Tinten der Natur gehen ja schon in
die Umbrischen Berge hinüber! –
Sie mögen mit Ihrer Ansicht
über den Bellinda-Text ganz recht
haben; meine Musiknatur geht aber
säuberlich dem „bürgerlichen Gesetzbuch“
aus dem Wege und bleibt bei der Sage
und dem Märchen. Der nächste Stoff
führt ins Wallis in die Gletscherwelt
und behandelt eine alte Sage vom
großen Überrecht der Naturgewalten
über alles Menschliche. Dass man
das Rein-Menschliche dabei nicht vergessen
darf, ist ja klar; dasselbe kam
aber auch viel mehr in der Bellinda
in der Wiedergabe zum Rechte, als
ich es je ahnen durfte, und verhalf
dem Werke auch beim „Volke“ zu
einem warmen Erfolge!
Was letzteres anbelangt, so
lese ich mit großer Freude die
Berichte über Ihr Wirken und Schaffen
in Zürich. Ihr Schweizer Aufenthalt
wird doch dadurch zu etwas gestempelt,
das Ihnen und uns zum seltenen
gegenseitigen Austausche verhilft.
Das 50. Lebensjahr darf „weiß-rot“
angezeichnet werden! –
Besitzen Sie noch ein Klavierauszugexemplar Ihrer ind. Klaviersymphonie?
Vergebens suchte ich bei Hug nach
einem solchen, um es hier in aller
Ruhe durchstudieren zu können!
Die schönsten südlichen
Grüße aus dem warmen, sonnendurchtränkten Locarno
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Ansicht des <placeName key="E0500215">Grand Hôtel</placeName> <placeName key="E0500183">Locarno</placeName>
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Ouvert toute l’année
<lb/>Plein midi
<lb/>Saison d’hiver
<lb/>Confort le plus moderne
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hier fühlt man schon etwas davon &
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noch einfachere Kirchen sind. Die
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der Natur gehen ja schon in
die Umbrischen Berge hinüber! –
Sie mögen mit Ihrer Ansicht
über den Bellindatext ganz recht
haben; meine Musiknatur geht aber
säuberlich dem „bürgerlichen Gesetzbuch“ aus dem Wege & bleibt bei der Sage
& dem Märchen. Der nächste Stoff führt ins Wallis in die Gletscherwelt
& behandelt eine alte Sage vom
großen Ueberrecht der Naturgewalten
über alles Menschliche. Daß man
das Rein-Menschliche dabei nicht vergeßen
darf, ist ja klar; dasselbe kam
aber auch viel mehr in der Bellinda in der Wiedergabe zum Rechte, als
ich es je […]at least 3 char: cancelled.
ahnen durfte & verhalf
dem Werke auch beim „Volke“ zu
einem warmen Erfolge!
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Das 50. Lebensjahr darf „weiß-roth“ angezeichnet werden! –
Besitzen Sie noch ein Klavierauszug⸗ exemplar Ihrer ind. Klaviersymphonie?
Vergebens suchte ich bei Hug nach
einem solchen, um es hier in aller
Ruhe durchstudiren zu kön̅en!
Die schönsten südlichen
Grüße aus dem warmen son̅endurch
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin⸗ tränkten Locarno
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2260 | olim:
Mus.ep. H. Huber 33 (Busoni-Nachl. B II)
|
Letter by Hans Huber to Ferruccio Busoni (Locarno, 12 April 1916), prepared by Christian Schaper, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber, edited by Christian Schaper and Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, October 2017: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100231 (November 10, 2017: proposed)