18. Juli 1917Mittwoch Abend.Sofern der Poststempel als „18.VII.1917“ zu lesen ist, wäre der Brief am selben Tag (Mittwoch) geschrieben und auf die Post gegeben worden, im Falle der Poststempel-Lesart „12.VII.1917“ (Donnerstag) am Tag nach der Abfassung (Mittwoch, 11. Juli 1917).[Juli? 1917]
Ich habe zwei furchtbare Monate
hinter mir. Selbstgewählt.
Was Sie mir von Amerika schrieben, hat mich aufs höchste
erbittert, und in meinem
Handeln bestärkt. Es ist
die grösste Gemeinheit, die es
giebt – und die vorauszu⸗ sehen war, wie mir scheint.
18. Juli 1917Mittwoch Abend.Sofern der Poststempel als „18.VII.1917“ zu lesen ist, wäre der Brief am selben Tag (Mittwoch) geschrieben und auf die Post gegeben worden, im Falle der Poststempel-Lesart „12.VII.1917“ (Donnerstag) am Tag nach der Abfassung (Mittwoch, 11. Juli 1917).
Ich habe zwei furchtbare Monate
hinter mir. Selbstgewählt.
Was Sie mir von Amerika
schrieben, hat mich aufs höchste
erbittert und in meinem
Handeln bestärkt. Es ist
die größte Gemeinheit, die es
gibt – und die vorauszusehen war, wie mir scheint.
Unter solchen Umständen
scheint es mir – für meine
Person wenigstens – wertvoller
zu sein, Propaganda (irgendwelcher Qualität) zu machen als,
sogar, gute Dichtung. Dies soll
allein für meine Person gelten.
Schon für meine Frau, die ich
stark von ihren rein wissenschaftlichen Interessen ab- und zu
jenen Bestrebungen hingezogen
habe, braucht es nicht mehr
zu gelten.
In diesen Tagen, wenn Sie
erlauben, 20. Juli 1917Freitag, komme ich
zu Ihnen. Und ich will
von all diesen Sachen und
von denen, die ich in den
letzten acht Wochen anrührte,
kein Wort sprechen und
will die Atmosphäre Ihres
mir so teuren Hauses
still erhalten.
Mit einer herzlichen
Umarmung
und der Bitte,Frau Gerda meine Zärtlichkeit
auszudrücken
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<note type="commentary" resp="#E0500314">Sofern der Poststempel als <q><date when-iso="1917-07-18">18.VII.1917</date></q> zu lesen ist, wäre der Brief am selben Tag (Mittwoch) geschrieben und auf die Post gegeben worden, im Falle der Poststempel-Lesart <q><date when-iso="1917-07-12">12.VII.1917</date></q> (Donnerstag) am Tag nach der Abfassung (Mittwoch, <date when-iso="1917-07-11">11. Juli 1917</date>).</note>
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</dateline>
<salute rend="space-below">Lieber und geliebter Herr
<lb/><seg rend="align(right)"><persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName>!</seg>
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<p>Ich habe zwei furchtbare Monate
<lb/>hinter mir. Selbstgewählt.</p>
<p rend="indent-first space-above">Was Sie mir von <placeName key="E0500093">Amerika</placeName>
<lb/>schrieben, hat mich aufs höchste
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<add place="inline">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4268</add>
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
Unter solchen Umständen
scheint es mir – für meine
Person wenigstens – wertvoller
zu sein, Propaganda (irgendwel⸗ cher Qualität) zu machen, als,
sogar, gute Dichtung. Dies soll
allein für meine Person gelten.
Schon für meine Frau, die ich
stark von ihren rein wissen⸗ schaftlichen Interessen ab= und zu
jenen Bestrebungen hingezogen
habe, braucht es nicht mehr
Deutsche Staatsbibliothek
Berlin zu gelten.
In diesen Tagen, wenn Sie
erlauben, 20. Juli 1917Freitag, komme ich
zu Ihnen. Und ich will[2]
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<p rend="indent-first">Unter solchen Umständen
<lb/>scheint es mir – für meine
<lb/>Person wenigstens – wertvoller
<lb/>zu sein, Propaganda (irgendwel
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<lb/>sogar, gute Dichtung. Dies soll
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
von all diesen Sachen, und
von denen, die ich in den
letzten 8 Wochen anrührte,
kein Wort sprechen, und
will die Atmosphäre Ihres
mir so teuren Hauses
still erhalten.
Mit einer herzlichen
Umarmung
und der Bitte, Frau Gerda meine Zärtlichkeit
auszudrücken
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von all diesen Sachen<orig>,</orig> und
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<p rend="indent-first">Mit einer herzlichen
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<signed rend="align(center)">Ihr <persName key="E0300126">Ludwig Rubiner</persName>.</signed>
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4268 | olim:
Mus.ep. L. Rubiner 9 (Busoni-Nachl. B II)
|
Rubiner beantwortet Ausführungen Busonis zu Amerika; sieht sich dadurch zu „Propaganda (irgendwelcher Qualität)“ veranlasst; kündigt seinen Besuch für den übernächsten Tag an.
Brief von Ludwig Rubiner an Ferruccio Busoni (Zürich, 11. oder 18. Juli 1917), bearbeitet von Christian Schaper, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Ludwig Rubiner, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, November 2019: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100310 (20. November 2019: in Korrekturphase)