Robert Freund an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Zürich · vmtl. 5. November 1904

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Diplomatische Umschrift
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Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1703
Mus.ep. R. Freund 14 (Busoni-Nachl. B II)
[1]
Zürich, 7 Untere Zäune
5/11(1904)

Lieber Freund! Vielen Dank
für den Mephisto Walzer Busonis Brief enthielt offenbar die gerade erschienene Erstausgabe seiner Bearbeitung des Mephisto-Walzers von Liszt. (vgl. auch Anm. zum Werk in Freunds Brief vom 16.09.1900) Die Komposition ist dem Grafen Antonio Ladislao Rozwadowski zugeeignet (vgl. Kindermann 1980, S. 439), bei dem Busoni im März 1904 im Rahmen einer Amerika-Tournee zum Essen eingeladen war. Ausgezeichnete Menschen, beide [Rozwadowski und seine Frau], von der nobelsten Einfachheit – wunderbares italienisches Essen“, berichtet Busoni wenig später seiner Frau. (Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 276, S. 278) Der Mephisto-Walzer war ursprünglich für Etelka Freund bestimmt. Im Zürcher Freund-Nachlass ist der Beginn der Komposition (etwa 170 Takte) als Fragment überliefert, worauf in der linken oberen Ecke des Notenblattes die anfangs intendierte Widmung notiert ist: „Fräulein Etelka Freund – der Bearbeiter –“ (undatiertes Autograph; CH-Zz, Mus NL 42:Ac 4) Das Blatt wurde nach Busonis Tod von seiner Frau an Etelka übermittelt. „[…] Unter den Papieren von F. fand ich einen Anfang zu Mephisto Walzer von Liszt dir zugedacht“, schreibt Gerda Busoni, „warum es dann den Grafen Koswadowsky [sic] […] gewidmet wurde – ist mir nicht ganz klar – er hätte schlieslich was Anderes bekommen können[.] Jedenfalls finde ich das kleine angehangene Manuscript mit deinen Namen darauf sehr hübsch […]“ (Br. Gerda Busoni an Etelka Freund; Berlin, 09.07.1925; CH-Zz, Ms. Z II 157 a.3.9)
(den ich vor einigen Jahren
von Ihnen hörte) Vmtl. 1901 im Zuge von Freunds temporärem Berlin-Aufenthalt. (vgl. Anm. zum Brief vom 16.09.1900) u. für
das Program̅, Nicht ermittelt; evtl. handelte es sich um das Programm zur Uraufführung von Busonis Klavierkonzert. die heute
Abend bei mir eintrafen.
Ich fürchte sehr, dass ich
[…] mindestens 1 Zeichen: unleserlich. mein Versprechen nicht
halten u. 10. November 1904Don̅erstag Abend
nicht in Berlin “antreten”
kan̅. Betrifft die Uraufführung von Busonis Klavierkonzert op. 39 in Berlin am Donnerstag, den 10.11.1904. (für Näheres vgl. Anm. in Busonis nachfolgendem Brief) Meine Frau ist seit
einigen Tagen wieder
in America u. da wir
das Haus voller Arbeiter
haben, Es ist unklar, ob es sich bei dem „Haus“ um die Zürcher Wohnadresse handelt oder evtl. um das Kleinlaufenburger Schlössle, welches dem Ehepaar Freund als Wohnort für die warme Jahreszeit diente. so ist, in ihrer
Abwesenheit, meine Gegenwart
quasi indispensable. indispensable [frz.]: unbedingt notwendig, unerlässlich.

Deutsche
S[taat]sbibliothek
[Be]rlin
Zürich, Untere Zäune 7
5. November

Lieber Freund!

Vielen Dank für den Mephisto-Walzer Busonis Brief enthielt offenbar die gerade erschienene Erstausgabe seiner Bearbeitung des Mephisto-Walzers von Liszt. (vgl. auch Anm. zum Werk in Freunds Brief vom 16.09.1900) Die Komposition ist dem Grafen Antonio Ladislao Rozwadowski zugeeignet (vgl. Kindermann 1980, S. 439), bei dem Busoni im März 1904 im Rahmen einer Amerika-Tournee zum Essen eingeladen war. Ausgezeichnete Menschen, beide [Rozwadowski und seine Frau], von der nobelsten Einfachheit – wunderbares italienisches Essen“, berichtet Busoni wenig später seiner Frau. (Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 276, S. 278) Der Mephisto-Walzer war ursprünglich für Etelka Freund bestimmt. Im Zürcher Freund-Nachlass ist der Beginn der Komposition (etwa 170 Takte) als Fragment überliefert, worauf in der linken oberen Ecke des Notenblattes die anfangs intendierte Widmung notiert ist: „Fräulein Etelka Freund – der Bearbeiter –“ (undatiertes Autograph; CH-Zz, Mus NL 42:Ac 4) Das Blatt wurde nach Busonis Tod von seiner Frau an Etelka übermittelt. „[…] Unter den Papieren von F. fand ich einen Anfang zu Mephisto Walzer von Liszt dir zugedacht“, schreibt Gerda Busoni, „warum es dann den Grafen Koswadowsky [sic] […] gewidmet wurde – ist mir nicht ganz klar – er hätte schlieslich was Anderes bekommen können[.] Jedenfalls finde ich das kleine angehangene Manuscript mit deinen Namen darauf sehr hübsch […]“ (Br. Gerda Busoni an Etelka Freund; Berlin, 09.07.1925; CH-Zz, Ms. Z II 157 a.3.9) (den ich vor einigen Jahren von Ihnen hörte) Vmtl. 1901 im Zuge von Freunds temporärem Berlin-Aufenthalt. (vgl. Anm. zum Brief vom 16.09.1900) und für das Programm, Nicht ermittelt; evtl. handelte es sich um das Programm zur Uraufführung von Busonis Klavierkonzert. die heute Abend bei mir eintrafen. Ich fürchte sehr, dass ich mein Versprechen nicht halten und 10. November 1904Donnerstag Abend nicht in Berlin „antreten“ kann. Betrifft die Uraufführung von Busonis Klavierkonzert op. 39 in Berlin am Donnerstag, den 10.11.1904. (für Näheres vgl. Anm. in Busonis nachfolgendem Brief) Meine Frau ist seit einigen Tagen wieder in Amerika und da wir das Haus voller Arbeiter haben, Es ist unklar, ob es sich bei dem „Haus“ um die Zürcher Wohnadresse handelt oder evtl. um das Kleinlaufenburger Schlössle, welches dem Ehepaar Freund als Wohnort für die warme Jahreszeit diente. so ist in ihrer Abwesenheit meine Gegenwart quasi indispensable. indispensable [frz.]: unbedingt notwendig, unerlässlich.

Zu meiner großen Freude sah ich, dass Sie im Februar in Basel spielen. Busoni spielte am 19.02.1905 im Rahmen des von Hermann Suter geleiteten 9. Symphoniekonzerts der Allgemeinen Musikgesellschaft Basel. Zur Aufführung kamen Schumanns 4. Symphonie, Carl Maria von Webers Konzertstück für Klavier und Orchester (Solist: Busoni), Mendelssohns Ouvertüre zum "Märchen von der schönen Melusine", Liszts Paganini-Etüden (Solist: Busoni) und die „Zenobia“-Ouvertüre von Carl Reinecke. Der Basler Musikwissenschaftler Edgar Refardt kritisiert im Nachhinein in einem Konzertbericht die Programm-Zusammenstellung (sehr wahrscheinlich mit Bezug auf Liszt) und merkt an, dass „bei uns [der AMG] zu Anfang der Saison nicht bloss die Reihenfolge der Solisten, sondern auch die von ihnen vorzutragenden Stücke festgesetzt werden“. Und weiter: „Das macht sich ganz einfach und niemand hat zu gewärtigen, dass irgend ein berühmter Klavierlöwe ein Programm zerschneidet. Musikalische Künstler fügen sich diesem Zwange gerne, und von andern bleibt man verschont.“ In einem extra Kommentar dazu stellt die Redaktion der Neuen Zeitschrift für Musik klar, dass sie die Freiheit des Künstlers im Zweifel höher schätzt als eine „stilvolle[] Programmaufstellung[]“. (Refardt 1905, Art. in der NZfM vom 08.03.1905) Ließe sich ein Klavier-Abend in Zürich nicht damit verbinden? Haben Sie einen Moment Zeit, so schreiben Sie mir bitte gelegentlich einmal, welche Daten Ihnen passen würden. Ich würde dann bei der Tonhalle anklopfen und sehen, was sich machen lässt. In den folgenden Briefen gibt es einiges hin und her bzgl. möglicher Terminoptionen für ein Konzert in Zürich. Es scheint, als wäre es letztlich nicht zustande gekommen. (vgl. Anm. in Freunds Brief vom 24.11.1904) Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie sehr leid es mir tut, wenn ich bei der Première Ihres Concertos nicht zugegen sein kann. Ich sehe aber wirklich nicht, wie ich mich jetzt hier absentieren kann. –

Grüßen Sie bitte Ihre Frau aufs Herzlichste und bewahren Sie immer etwas Freundschaft Ihrem treu ergebenen

R. Freund

                                                                
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(<bibl><ref target="#E0800023"/>, Bd. 1, Br. 276, S. 278</bibl>) Der <title key="E0400203">Mephisto-Walzer</title> war ursprünglich für <persName key="E0300420">Etelka Freund</persName> bestimmt. 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2Diplomatische Umschrift
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Deutsche
S[taat]sbibliothek
[Be]rlin

Zu meiner grossen Freude sah ich, dass Sie
im Febr. in Basel spielen. Busoni spielte am 19.02.1905 im Rahmen des von Hermann Suter geleiteten 9. Symphoniekonzerts der Allgemeinen Musikgesellschaft Basel. Zur Aufführung kamen Schumanns 4. Symphonie, Carl Maria von Webers Konzertstück für Klavier und Orchester (Solist: Busoni), Mendelssohns Ouvertüre zum "Märchen von der schönen Melusine", Liszts Paganini-Etüden (Solist: Busoni) und die „Zenobia“-Ouvertüre von Carl Reinecke. Der Basler Musikwissenschaftler Edgar Refardt kritisiert im Nachhinein in einem Konzertbericht die Programm-Zusammenstellung (sehr wahrscheinlich mit Bezug auf Liszt) und merkt an, dass „bei uns [der AMG] zu Anfang der Saison nicht bloss die Reihenfolge der Solisten, sondern auch die von ihnen vorzutragenden Stücke festgesetzt werden“. Und weiter: „Das macht sich ganz einfach und niemand hat zu gewärtigen, dass irgend ein berühmter Klavierlöwe ein Programm zerschneidet. Musikalische Künstler fügen sich diesem Zwange gerne, und von andern bleibt man verschont.“ In einem extra Kommentar dazu stellt die Redaktion der Neuen Zeitschrift für Musik klar, dass sie die Freiheit des Künstlers im Zweifel höher schätzt als eine „stilvolle[] Programmaufstellung[]“. (Refardt 1905, Art. in der NZfM vom 08.03.1905) Liesse sich
ein Klavier-Abend in Zürich nicht damit
verbinden? Haben Sie einen Moment Zeit,
so schreiben Sie mir bitte gelegentlich
einmal welche Daten Ihnen passen
würden. Ich würde dan̅ bei der Tonhalle
anklopfen u. sehen was sich machen lässt. In den folgenden Briefen gibt es einiges hin und her bzgl. möglicher Terminoptionen für ein Konzert in Zürich. Es scheint, als wäre es letztlich nicht zustande gekommen. (vgl. Anm. in Freunds Brief vom 24.11.1904)
Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie
sehr leid es mir thut, wen̅ ich bei
der Première Ihres Concerto’s nicht zugegen sein
kan̅. Ich sehe aber wirklich nicht, […] mindestens 2 Zeichen: überschrieben. wie
ich mich jetzt hier absentiren kan̅. –

Grüssen Sie bitte Ihre Frau auf’s Herzlichste
u. bewahren Sie im̅er etwas Freundschaft[2v]

                                                                
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4Diplomatische Umschrift
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[Rückseite von Textseite 2]
[2]
                                                                
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Zürich
–6.XI.04. XII[…] mindestens 1 Zeichen: unleserlich.
Fil. Bahnhof
[Zür]ic[h]
–6.XI.04. X[II[…] mindestens 1 Zeichen: unleserlich. ]
Fil. Bahn[hof]
Herrn Ferruccio Busoni
Berlin, W
Augsburgerstrasse 55 [III]
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="left" resp="#post">
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6Faksimile
6Diplomatische Umschrift
6XML
Freund
Bestellt
vom
Postamte 50
7 11.04

★ 9–10¼V ★
Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. R. Freund 14

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1703–
Beil.
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Dokument

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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1703 | olim: Mus.ep. R. Freund 14 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten; Umschlag mit seitlichem Aufriss (infolge evtl. geringer Textverlust), einige Tintenkleckse auf der Vorderseite.
Umfang
1 Bogen, 3 beschriebene Seiten
Kollation
Die vier Seiten des Bogens sind in der Reihenfolge 1, 4, 2 beschrieben; davon Seite 4 im Querformat.
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Robert Freund, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift (vereinzelt Zeichen in Kurrentschrift)
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und das Briefdatum ergänzt hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • unbekannte Hand (vmtl. Gerda Busoni oder Friedrich Schnapp), die auf der Umschlagrückseite die Zuordnung
  • Freund
  • mit Bleistift vermerkt hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Zusammenfassung
Freund dankt für den Mephisto-Walzer und ein Programm; kündigt an, bei der Premiere von Busonis Klavierkonzert nicht dabei sein zu können, da seine Frau in Amerika weilt und sie „das Haus voller Arbeiter“ haben; fragt nach möglichen Terminen für einen Klavier-Abend in Zürich und will dbzgl. bei der Tonhalle vermitteln; bedauert nochmals seine Abwesenheit bei der Concerto-Premiere.
Incipit
Vielen Dank für den Mephisto–Walzer

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
4. März 2019: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition