Lieber Freund!
Heute will
ich Ihnen nur kurz
für Ihre reichen Gaben
danken u. mein Entzücken
über die neue Fassung
der Berceuse ausprechen.
Nicht nur dass die Instru_ mentation von höchster
Schönheit u. unaussprechli_ chem Reiz ist, aber
auch die neue Variante
Heute will
ich Ihnen nur kurz
für Ihre reichen Gaben
danken und mein Entzücken
über die neue Fassung
der Berceuse ausprechen.
Nicht nur, dass die Instrumentation von höchster
Schönheit und unaussprechlichem Reiz ist, aber
auch die neue Variante
(also von Takt 20 an) ist noch viel
schöner und inniger als die frühere Fassung.
Jetzt erst tritt der Gedanke ganz in
die Erscheinung. Ich will nicht
ermangeln, Suter und andere auf
dieses Kleinod aufmerksam zu
machen. Ich wollte nur, wir hätten
französische Holzbläser ersten Ranges!
Über Ihre Kunst der
Fuge schreibe ich Ihnen
erst, nachdem ich das
Stück ganz erfasst,
was bei mir längere
Zeit erfordert. Dazu
kommt, dass ich die
nächsten zehn Tage in
Zürich bin, auch der
Tonkünstlerversammlung
wegen, und dort jetzt nicht
dazu komme, mich in ein solches
Stück zu vertiefen.
Über die neue Notation habe ich
nicht einmal eine Meinung. Vorläufig
wäre es mir ganz unmöglich, ein neues
Stück darin zu lesen, erkenne ich doch
kaum meine alte chromatische Phantasie.
Dem Aussehen nach erinnert es mich
an die Lauten-Tabulatur,
und um nur
eine „Meinung“ (beileibe kein Urteil)
zu haben, müsste ich
doch wohl einige Monate
daran wenden, und dazu
habe ich wirklich keine
Zeit. Bedenken Sie,
dass ich 58 bin! –
Meine Frau ist verreist,
sonst würde sie mit
mir grüßen. Auch
noch vielen Dank
für das Programm aus
New York. Es hat mich
sehr gefreut, dass
Mahler Ihre Turandot
gemacht, und gewiss vorzüglich.
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<lb break="no"/>chem Reiz ist, aber
<lb/>auch die neue Variante
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
(also von Takt 20 an) ist noch viel
schöner u. in̅iger als die frühere Fassung.
Jetzt erst tritt der Gedanke ganz in
die Erscheinung. Ich will nicht
ermangeln Suter u. Andere auf
dieses Kleinod aufmerksam zu
machen. Ich wollte nur wir hätten
französische Holzbläser ersten Ranges!
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(also von Takt 20 an) ist noch viel
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<lb/>machen. Ich wollte nur<reg>,</reg> wir hätten
<lb/>französische Holzbläser ersten Ranges!</p>
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2]
Über Ihre Kunst der
Fuge schreibe ich Ihnen
erst, nachdem ich das
Stück ganz erfasst,
was bei mir längere
Zeit erfordert. Dazu
kom̅t dass ich die
nächsten 10 Tage in
Zürich bin, auch der
Tonkünstlerversam̅lung
wegen u. dort jetzt nicht
dazu kom̅e mich in ein solches
Stück zu vertiefen.
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nicht einmal eine Meinung. Vorläufig
wäre es mir ganz umnmöglich ein neues
Stück darin zu lesen, erken̅e ich doch
kaum meine alte chrom. Phantasie.
Dem Aussehen nach erin̅ert es mich
an die Lauten-Tabulatur
u. um nunr
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5Faksimile
5Diplomatische Umschrift
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[3]
B II, 1718
zu haben, müsste ich
doch wohl einige Monate
daran wenden u. dazu
habe ich wirklich keine
Zeit. Bedenken Sie
dass ich 58 bin! _
Meine Frau ist verreist,
sonst würde Sie mit
mir grüssen. Auch
noch vielen Dank
für das Program̅ aus
New York. Es hat mich
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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zu haben, müsste ich
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6Faksimile
6Diplomatische Umschrift
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sehr gefreut, dass
Mahler Ihre Turandot gemacht u. gewiss vorzüg_ lich.
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1718 | olim:
Mus.ep. R. Freund 29 (Busoni-Nachl. B II)
|
Brief von Robert Freund an Ferruccio Busoni (Kleinlaufenburg, 20. Mai 1910), bearbeitet von Kim Nocka, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Robert Freund, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Januar 2018: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100539 (11. Januar 2019: zur Freigabe vorgeschlagen)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Robert Freund an Ferruccio Busoni (Kleinlaufenburg, 20. Mai 1910)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Robert Freund to Ferruccio Busoni (Kleinlaufenburg, 20 May 1910)</title>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
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<summary><persName key="E0300208">Freund</persName> ist von der Neufassung der <title key="E0400015">Berceuse élégiaque op. 42</title> begeistert; will sich in die <title key="E0400018">Fantasia contrappuntistica</title> in Ruhe vertiefen; meint sich angesichts seines Alters eines fundierten Urteils über <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400324">Versuch einer organischen Klavier-Notenschrift</title> enthalten zu müssen.</summary>
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<incipit>Heute will ich Ihnen nur kurz für Ihre reichen Gaben danken</incipit>
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<measure type="folio">1 Bogen, 1 Blatt</measure>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="black_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300208">Hand des Absenders Robert Freund, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
<handNote xml:id="sbb_st_blue" scope="minor" medium="blue_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (blaue Tinte)</handNote>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit Unterstrichen (_).</p>
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<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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<p rend="space-above"><seg type="opener" subtype="salute">Lieber Freund!</seg>
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(also von Takt 20 an) ist noch viel
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<lb/>Stück</rs> ganz erfasst,
<lb/>was bei mir längere
<lb/>Zeit erfordert. Dazu
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<p>Über <rs key="E0400324">die neue Notation</rs> habe ich
<lb/>nicht einmal eine Meinung. Vorläufig
<lb/>wäre es mir ganz u<subst><del rend="overwritten">m</del><add place="across">n</add></subst>möglich<reg>,</reg> ein neues
<lb/>Stück darin zu lesen, erke<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>e ich doch
<lb/>kaum meine alte <title key="E0400150"><choice><abbr> chrom.</abbr><expan>chromatische</expan></choice> Phantasie</title>.
<lb/>Dem Aussehen nach eri<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>ert es mich
<lb/>an die Lauten-Tabulatur<reg>,</reg>
<!-- <note type="commentary" resp="#E0300485">Griffschrift mit Ziffern oder Buchstaben auf Linien, die anzeigen, welche Saiten innerhalb eines Bundes gegriffen werden müssen.</note>Hier wäre eher ein Kommentar dazu am Platze, inwiefern Busonis neue Klaviernotation tatsächlich tabulaturähnlich ist (gibt es dazu keine Literatur?) -->
<choice><abbr> u.</abbr><expan>und</expan></choice> <add place="above">um</add> nu<subst><del rend="overwritten">n</del><add place="across">r</add></subst>
<lb/>eine <soCalled rend="dq-uu">Meinung</soCalled> (beileibe kein Urt<orig>h</orig>eil)
<pb n="5"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[3]</note>
<note type="shelfmark" resp="#archive" place="top">B II, 1718</note>
zu haben, müsste ich
<lb/>doch wohl einige Monate
<lb/>daran wenden<reg>,</reg> <choice><abbr> u.</abbr><expan>und</expan></choice> dazu
<lb/>habe ich wirklich keine
<lb/>Zeit. Bedenken Sie<reg>,</reg>
<lb/>dass ich 58 bin! <choice><orig>_</orig><reg>–</reg></choice></p>
<p><rs key="E0300434">Meine Frau</rs> ist verreist,
<lb/>sonst würde <choice><sic>S</sic><corr>s</corr></choice>ie mit
<lb/>mir grü<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>en. Auch
<lb/>noch vielen Dank
<lb/>für das Progra<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice> aus
<lb/><placeName key="E0500031">New York</placeName>. Es hat mich
<note type="stamp" place="bottom-center" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
</stamp>
</note>
<pb n="6"/>
sehr gefreut, dass
<lb/><persName key="E0300047">Mahler</persName> Ihre <title key="E0400033">Turandot</title>
<lb/>gemacht<reg>,</reg> <choice><abbr> u.</abbr><expan>und</expan></choice> gewiss vorzüg
<lb break="no"/>lich.</p><!-- nähere Informationen zum New Yorker Konzert? -->
<closer>
<salute rend="align(center)">Ihr alter<reg>,</reg> treu
<lb/>ergebener</salute>
<signed rend="align(right)"><persName key="E0300208">R. Freund</persName></signed>
</closer>
</div>
</body>
</text>
</TEI>