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1901
Der Brief liefert wenig Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung in den Gesamtbriefwechsel, stammt aber sehr wahrscheinlich erst aus dem Jahr
1910. Die Zuordnung des Zürcher Archivs nach 1901
erfolgte vmtl. auf Basis der erwähnten „Vorstellung der Schüler“, die auf den Beginn eines Meisterkurses von Busoni
schließen lässt. In diesem Kontext werden in der Literatur v. a. die Kurse in Weimar im Sommer
1900 und 1901 als eine außergewöhnliche und sehr positive Erfahrung thematisiert. (vgl. dazu Anm. in
Busonis Brief vom 12.09.1900) Mehrere
Gründe sprechen hier allerdings gegen Weimar. Zum einen fand dort kein „Umzug“ statt.
Es wäre auch unklar, weshalb Freund, der sich in dieser Zeit überwiegend in Kleinlaufenburg
oder zu Arbeitszwecken in Zürich aufhielt, Busoni gerade aus
Weimar zu sich einladen sollte. Ebenso wenig ließe sich erklären, warum Busoni
die Vorstellung der Schüler – die in Weimar alle vorab handverlesen wurden – „fürchte[n]“ sollte. Stärkstes Argument
gegen Weimar ist aber, dass das Schreiben auf Briefpapier des Basler
Hôtel des Trois Rois abgefasst wurde. In Basel fand 1910
ebenfalls ein Meisterkurs statt. Die konkrete Datierung des Briefes auf den 01.09.1910 ergibt sich aus der Kombination
von Busonis Mitteilung, dass „heute“ die Vorstellung der Schüler stattfindet
und einem Brief der passiven Kursteilnehmerin Edda Ottho, die ihrem Klavierlehrer Gottfried Galston
berichtet: „Am Morgen des 1. September mussten sich alle Teilnehmer am Meisterkursus im Konservatorium
melden, die Aktiven wurden dem Meister vorgestellt. Um 3 begann der Unterricht […]“ (Ottho an
Galston; Basel, 10.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3664).
Der eigentliche Kurs erstreckte sich über vier Wochen, vom 05. bis 30.09.1910. Planmäßig sollte zweimal pro Woche – dienstags
und donnerstags – Unterricht stattfinden. Da aufgrund der hohen Teilnehmerzahl – 35 Aktive (vgl. Busoni/Weindel 1999a,
Br. 78, S. 122) – nach der ersten Woche noch nicht alle aktiven Teilnehmer wenigstens einmal vorgespielt hatten, wurde die Zahl der
Unterrichtstage auf drei erhöht und fand nun montags, mittwochs und freitags statt. Integraler Bestandteil des Kurses waren zudem vier Klavier-Abende des
Meisters, jeweils mit Werken von Beethoven/Brahms,
Chopin, Liszt und Busoni (für das genaue Programm vgl. Anm.
in Busonis Brief an Hans Huber vom
19.07.1910) sowie ein Abschlusskonzert am 04.10.1910, bei dem u. a. Busonis
Klavierkonzert op. 39 gespielt wurde, mit Egon Petri am Klavier und unter Leitung des
Komponisten selbst.
13
Verehrtester Freund.
Dank. Leider wird es
diesen
vmtl. 2. September 1910Freitag nicht gehen,
Unter der Prämisse, dass dieser Brief aus der Zeit des Basler Meisterkurses stammt, ist es vollends schlüssig, dass
Freund unmittelbar nach Busonis Ankunft in der Schweiz
eine „Einladung“ ausspricht. Aus den von Busoni benannten Gründen kam am ersten Wochenende zwar noch kein Treffen zustande,
aber sehr wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt während Busonis Aufenthalt in Basel.
da ich an diesem Tage oder
am nächsten Frau Gerda
erwarte – d an welchem
ist noch nicht sicher.
Busoni war zwei Tage zuvor, am 30.08.1910, in Begleitung von
Benni in Basel angekommen und teilte seiner Frau
brieflich die zu nutzende Verbindung mit: „Der Zug geht über Strassburg u. erreicht Basel
um 7 Uhr 10.“ (bei Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 555, S. 506 fälschlich „1 Uhr 10“;
vgl. D-B, N.Mus.Nachl. F. Busoni 4,747) Gerda Busoni muss also am 02. oder
03.09.1910 ebenfalls in Basel eingetroffen sein.
–
Außerdem hab’ ich viel
Vorbereitungen, Umzug.
Das Hôtel des Trois Rois diente lediglich als erster Anlaufpunkt in Basel.
Bereits 10 Jahre zuvor hatte Busoni Gerda gegenüber angemerkt,
das Hotel sei „gross, comfortabel und in seiner Art schön, aber aus der Biedermanns (oder Biedermeyer)-Zeit stammend“, d.h. die
Ausstattung ist schön, aber vor allem „Maskerade“, und der Stil nicht vereinbar mit „künstlerisch-phantastischer Einrichtung“.
(Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 172, S. 196) Für die Dauer des Basler
Meisterkurses wohnten Busoni und seine Frau Gerda im
Hôtel Pension Schloss Bottmingen, wie diverse Korrespondenz belegt.
(vgl. Briefumschlag mit Aufdruck „Hôtel Pension Schloss Bottmingen“
von Busoni an Emilio Anzoletti; Bottmingen,
17.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B I, 58; Brief Adolf Hamm an
Busoni, adressiert an „z. Zt. im Schloß Bottmingen“;
Basel, 29.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2048; Referenz auf die
„versunkene Schloßherrlichkeit von Bottmingen“ in Hans Hubers
Brief an Busoni vom 12.11.1911)
Wahrscheinlich erfolgte der Umzug auf das Schloss noch am selben Tag, wie eine tagebuchartige Notiz
Busonis andeutet (vgl. Aufzeichnungen 1909–1914, Eintrag vom
01.09.1910; D-B, N.Mus.Nachl. 4,98;
Digitalisat bei der Staatsbibliothek zu Berlin).
Vielleicht wiederholen
Sie Ihre freundliche Ein- ladung, die ich gerne
annehmen würde.
Heute ist erst Vorstellung
der Schüler. Ich bin gespannt
u. fürchte auch ein wenig.
Busonis Furcht dürfte sich auf das pianistische Niveau der Teilnehmer seines Meisterkurses bezogen haben. Offenbar
hatte er im Vorfeld eine Art Eignungsprüfung für interessierte Kandidaten gewünscht, welche jedoch nicht erfolgte. In einem Brief von
Hermann Stumm, Vorstandsmitglied des Basler Konservatoriums,
an Busoni heißt es dazu: „Was die von Ihnen berührte Aufnahmsprüfung [sic] anbelangt, so dürfte es schwierig sein, dies
durchzuführen. Denn wenn ein Teilnehmer aus Amerika oder England extra nach
Basel reist, so dürfte es schwer halten, ihn vom Kurs gänzlich auszuschliessen. Ich begnüge mich mit diesem Hinweis,
da wir es selbstverständlich im übrigen Ihnen überlassen müssen, sich mit allzuschwachen Schülern s. Zt. in geeigneter Weise auseinanderzusetzen. Eventuell
könnten allzuschwache Schüler lediglich als Hörer dem Kurse folgen.“ (Stumm an Busoni;
Basel, 18.04.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5048) Den Wunsch nach einer
Aufnahmeprüfung äußerte Busoni drei Monate später Huber gegenüber noch einmal, allerdings ohne
Erfolg. (vgl. Brief vom 19.07.1910) Busonis
Sorge dbzgl. sollte sich in Folge als gerechtfertigt erweisen. Bereits erwähnte Edda Ottho teilt ihrem Lehrer
Galston am Ende der ersten Kurswoche mit: „[…] der Unterricht [begann] ohne vorhergehendes Examen, was ein grosser Fehler war,
denn unter den zahlreichen Schülern sind viele, die für diesen Kursus noch garnicht reif sind, und es auch nie werden würden. Busoni
muss ihr Geklimper jedoch geduldig anhören, denn sie haben ja das Geld bezahlt. In solchen Fällen lässt er die Betreffenden zu Ende spielen und sagt dann nur:
‚ganz hübsch, sehr nett.‘ zum Gaudium des Auditoriums.“ (Ottho an Galston;
Basel, 10.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3664) Der Eindruck, dass eine Prüfung
vorab – oder zumindest eine kritische Selbsteinschätzung der aktiven Teilnehmer bzgl. ihrer pianistischen Fertigkeiten – notwendig und sinnvoll gewesen wäre,
wird bestätigt durch einen weiteren Brief von Ottho. Darin berichtet sie von einem „Nachtessen“
im Anschluss an Busonis 3. Klavier-Abend, wo dieser in einer Ansprache u. a. erläuterte, „was
er unter einem Meisterkursus versteht“. An einem solchen sollten nämlich nur diejenigen teilnehmen,
„die schon selbst Meister sind, denen einige Ratschläge genügen können um ihnen über manche Schwierigkeit hinwegzuhelfen, nicht aber Schüler bei denen
noch vieles Elementare nicht überwunden ist […].“ (Ottho an Galston;
Brienz, 02.10.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3665)
Allerherzlichste Grüße
Nochmals Dank.
Ihr F. Busoni
Ms. Z II 157 a.1
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Der Brief liefert wenig Anhaltspunkte für eine zeitliche Einordnung in den Gesamtbriefwechsel, stammt aber sehr wahrscheinlich erst aus dem Jahr
1910. Die Zuordnung des Zürcher Archivs nach 1901
erfolgte vmtl. auf Basis der erwähnten „Vorstellung der Schüler“, die auf den Beginn eines Meisterkurses von Busoni
schließen lässt. In diesem Kontext werden in der Literatur v. a. die Kurse in Weimar im Sommer
1900 und 1901 als eine außergewöhnliche und sehr positive Erfahrung thematisiert. (vgl. dazu Anm. in
Busonis Brief vom 12.09.1900) Mehrere
Gründe sprechen hier allerdings gegen Weimar. Zum einen fand dort kein „Umzug“ statt.
Es wäre auch unklar, weshalb Freund, der sich in dieser Zeit überwiegend in Kleinlaufenburg
oder zu Arbeitszwecken in Zürich aufhielt, Busoni gerade aus
Weimar zu sich einladen sollte. Ebenso wenig ließe sich erklären, warum Busoni
die Vorstellung der Schüler – die in Weimar alle vorab handverlesen wurden – „fürchte[n]“ sollte. Stärkstes Argument
gegen Weimar ist aber, dass das Schreiben auf Briefpapier des Basler
Hôtel des Trois Rois abgefasst wurde. In Basel fand 1910
ebenfalls ein Meisterkurs statt. Die konkrete Datierung des Briefes auf den 01.09.1910 ergibt sich aus der Kombination
von Busonis Mitteilung, dass „heute“ die Vorstellung der Schüler stattfindet
und einem Brief der passiven Kursteilnehmerin Edda Ottho, die ihrem Klavierlehrer Gottfried Galston
berichtet: „Am Morgen des 1. September mussten sich alle Teilnehmer am Meisterkursus im Konservatorium
melden, die Aktiven wurden dem Meister vorgestellt. Um 3 begann der Unterricht […]“ (Ottho an
Galston; Basel, 10.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3664).
Der eigentliche Kurs erstreckte sich über vier Wochen, vom 05. bis 30.09.1910. Planmäßig sollte zweimal pro Woche – dienstags
und donnerstags – Unterricht stattfinden. Da aufgrund der hohen Teilnehmerzahl – 35 Aktive (vgl. Busoni/Weindel 1999a,
Br. 78, S. 122) – nach der ersten Woche noch nicht alle aktiven Teilnehmer wenigstens einmal vorgespielt hatten, wurde die Zahl der
Unterrichtstage auf drei erhöht und fand nun montags, mittwochs und freitags statt. Integraler Bestandteil des Kurses waren zudem vier Klavier-Abende des
Meisters, jeweils mit Werken von Beethoven/Brahms,
Chopin, Liszt und Busoni (für das genaue Programm vgl. Anm.
in Busonis Brief an Hans Huber vom
19.07.1910) sowie ein Abschlusskonzert am 04.10.1910, bei dem u. a. Busonis
Klavierkonzert op. 39 gespielt wurde, mit Egon Petri am Klavier und unter Leitung des
Komponisten selbst.
Verehrtester Freund.
Dank. Leider wird es
diesen
vmtl. 2. September 1910Freitag nicht gehen,
Unter der Prämisse, dass dieser Brief aus der Zeit des Basler Meisterkurses stammt, ist es vollends schlüssig, dass
Freund unmittelbar nach Busonis Ankunft in der Schweiz
eine „Einladung“ ausspricht. Aus den von Busoni benannten Gründen kam am ersten Wochenende zwar noch kein Treffen zustande,
aber sehr wahrscheinlich zu einem späteren Zeitpunkt während Busonis Aufenthalt in Basel.
da ich an diesem Tage oder
am nächsten Frau Gerda
erwarte – an welchem
ist noch nicht sicher.
Busoni war zwei Tage zuvor, am 30.08.1910, in Begleitung von
Benni in Basel angekommen und teilte seiner Frau
brieflich die zu nutzende Verbindung mit: „Der Zug geht über Strassburg u. erreicht Basel
um 7 Uhr 10.“ (bei Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 555, S. 506 fälschlich „1 Uhr 10“;
vgl. D-B, N.Mus.Nachl. F. Busoni 4,747) Gerda Busoni muss also am 02. oder
03.09.1910 ebenfalls in Basel eingetroffen sein.
–
Außerdem hab ich viel
Vorbereitungen, Umzug.
Das Hôtel des Trois Rois diente lediglich als erster Anlaufpunkt in Basel.
Bereits 10 Jahre zuvor hatte Busoni Gerda gegenüber angemerkt,
das Hotel sei „gross, comfortabel und in seiner Art schön, aber aus der Biedermanns (oder Biedermeyer)-Zeit stammend“, d.h. die
Ausstattung ist schön, aber vor allem „Maskerade“, und der Stil nicht vereinbar mit „künstlerisch-phantastischer Einrichtung“.
(Busoni/Weindel 2015, Bd. 1, Br. 172, S. 196) Für die Dauer des Basler
Meisterkurses wohnten Busoni und seine Frau Gerda im
Hôtel Pension Schloss Bottmingen, wie diverse Korrespondenz belegt.
(vgl. Briefumschlag mit Aufdruck „Hôtel Pension Schloss Bottmingen“
von Busoni an Emilio Anzoletti; Bottmingen,
17.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B I, 58; Brief Adolf Hamm an
Busoni, adressiert an „z. Zt. im Schloß Bottmingen“;
Basel, 29.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2048; Referenz auf die
„versunkene Schloßherrlichkeit von Bottmingen“ in Hans Hubers
Brief an Busoni vom 12.11.1911)
Wahrscheinlich erfolgte der Umzug auf das Schloss noch am selben Tag, wie eine tagebuchartige Notiz
Busonis andeutet (vgl. Aufzeichnungen 1909–1914, Eintrag vom
01.09.1910; D-B, N.Mus.Nachl. 4,98;
Digitalisat bei der Staatsbibliothek zu Berlin).
Vielleicht wiederholen
Sie Ihre freundliche Einladung, die ich gerne
annehmen würde.
Heute ist erst Vorstellung
der Schüler. Ich bin gespannt
und fürchte auch ein wenig.
Busonis Furcht dürfte sich auf das pianistische Niveau der Teilnehmer seines Meisterkurses bezogen haben. Offenbar
hatte er im Vorfeld eine Art Eignungsprüfung für interessierte Kandidaten gewünscht, welche jedoch nicht erfolgte. In einem Brief von
Hermann Stumm, Vorstandsmitglied des Basler Konservatoriums,
an Busoni heißt es dazu: „Was die von Ihnen berührte Aufnahmsprüfung [sic] anbelangt, so dürfte es schwierig sein, dies
durchzuführen. Denn wenn ein Teilnehmer aus Amerika oder England extra nach
Basel reist, so dürfte es schwer halten, ihn vom Kurs gänzlich auszuschliessen. Ich begnüge mich mit diesem Hinweis,
da wir es selbstverständlich im übrigen Ihnen überlassen müssen, sich mit allzuschwachen Schülern s. Zt. in geeigneter Weise auseinanderzusetzen. Eventuell
könnten allzuschwache Schüler lediglich als Hörer dem Kurse folgen.“ (Stumm an Busoni;
Basel, 18.04.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5048) Den Wunsch nach einer
Aufnahmeprüfung äußerte Busoni drei Monate später Huber gegenüber noch einmal, allerdings ohne
Erfolg. (vgl. Brief vom 19.07.1910) Busonis
Sorge dbzgl. sollte sich in Folge als gerechtfertigt erweisen. Bereits erwähnte Edda Ottho teilt ihrem Lehrer
Galston am Ende der ersten Kurswoche mit: „[…] der Unterricht [begann] ohne vorhergehendes Examen, was ein grosser Fehler war,
denn unter den zahlreichen Schülern sind viele, die für diesen Kursus noch garnicht reif sind, und es auch nie werden würden. Busoni
muss ihr Geklimper jedoch geduldig anhören, denn sie haben ja das Geld bezahlt. In solchen Fällen lässt er die Betreffenden zu Ende spielen und sagt dann nur:
‚ganz hübsch, sehr nett.‘ zum Gaudium des Auditoriums.“ (Ottho an Galston;
Basel, 10.09.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3664) Der Eindruck, dass eine Prüfung
vorab – oder zumindest eine kritische Selbsteinschätzung der aktiven Teilnehmer bzgl. ihrer pianistischen Fertigkeiten – notwendig und sinnvoll gewesen wäre,
wird bestätigt durch einen weiteren Brief von Ottho. Darin berichtet sie von einem „Nachtessen“
im Anschluss an Busonis 3. Klavier-Abend, wo dieser in einer Ansprache u. a. erläuterte, „was
er unter einem Meisterkursus versteht“. An einem solchen sollten nämlich nur diejenigen teilnehmen,
„die schon selbst Meister sind, denen einige Ratschläge genügen können um ihnen über manche Schwierigkeit hinwegzuhelfen, nicht aber Schüler bei denen
noch vieles Elementare nicht überwunden ist […].“ (Ottho an Galston;
Brienz, 02.10.1910; D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3665)
Allerherzlichste Grüße.
Nochmals Dank.
Ihr F. Busoni
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<placeName key="E0500097">Basel</placeName>, <date when-iso="1910-09-29">29.09.1910</date>; <ref type="ext" subtype="kalliope" target="#DE-611-HS-604054"><idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2048</idno></ref></bibl>; Referenz auf die
<q>versunkene Schloßherrlichkeit von <placeName key="E0500217">Bottmingen</placeName></q> in <persName key="E0300125">Hans Hubers</persName>
<ref target="#D0100227" n="2">Brief an <persName key="E0300017">Busoni</persName> vom <date when-iso="1911-11-12">12.11.1911</date></ref>)
Wahrscheinlich erfolgte der Umzug auf das <rs key="E0500502">Schloss</rs> noch <date when-iso="1910-09-01">am selben Tag</date>, wie eine tagebuchartige Notiz
<persName key="E0300017">Busonis</persName> andeutet <bibl>(vgl. Aufzeichnungen <date when-iso="1909/1914">1909–1914</date>, Eintrag vom
<date when-iso="1910-09-01">01.09.1910</date>; <idno>D-B, N.Mus.Nachl. 4,98</idno>; <ref type="ext" target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB00014B7000000015">
Digitalisat bei der Staatsbibliothek zu <placeName key="E0500029">Berlin</placeName></ref>)</bibl>.
</note>
<lb/><seg rend="indent">Vielleicht wiederholen</seg>
<lb/>Sie Ihre freundliche Ein
<lb break="no"/>ladung, die ich gerne
<lb/>annehmen würde.
<lb/><seg rend="indent"><date when-iso="1910-09-01" cert="high">Heute</date> ist erst Vorstellung</seg>
<lb/>der Schüler. Ich bin gespannt
<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> fürchte auch ein wenig.
<note type="commentary" resp="#E0300361">
<persName key="E0300017">Busonis</persName> Furcht dürfte sich auf das pianistische Niveau der Teilnehmer seines Meisterkurses bezogen haben. Offenbar
hatte er im Vorfeld eine Art Eignungsprüfung für interessierte Kandidaten gewünscht, welche jedoch nicht erfolgte. In einem Brief von
<persName key="E0300213">Hermann Stumm</persName>, Vorstandsmitglied des <placeName key="E0500097">Basler <orgName key="E0600020">Konservatoriums</orgName></placeName>,
an <persName key="E0300017">Busoni</persName> heißt es dazu: <q>Was die von Ihnen berührte Aufnahmsprüfung [sic] anbelangt, so dürfte es schwierig sein, dies
durchzuführen. Denn wenn ein Teilnehmer aus <placeName key="E0500093">Amerika</placeName> oder <placeName key="E0500140">England</placeName> extra nach
<placeName key="E0500097">Basel</placeName> reist, so dürfte es schwer halten, ihn vom Kurs gänzlich auszuschliessen. Ich begnüge mich mit diesem Hinweis,
da wir es selbstverständlich im übrigen Ihnen überlassen müssen, sich mit allzuschwachen Schülern s. Zt. in geeigneter Weise auseinanderzusetzen. Eventuell
könnten allzuschwache Schüler lediglich als Hörer dem Kurse folgen.</q> <bibl>(<persName key="E0300213">Stumm</persName> an <persName key="E0300017">Busoni</persName>;
<placeName key="E0500097">Basel</placeName>, <date when-iso="1910-04-18">18.04.1910</date>; <ref type="ext" subtype="kalliope" target="#DE-611-HS-604054"><idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5048</idno></ref>)</bibl> Den Wunsch nach einer
Aufnahmeprüfung äußerte <persName key="E0300017">Busoni</persName> drei Monate später <persName key="E0300125">Huber</persName> gegenüber noch einmal, allerdings ohne
Erfolg. (vgl. <ref target="#D0100101" n="2">Brief vom <date when-iso="1910-07-19">19.07.1910</date></ref>) <persName key="E0300017">Busonis</persName>
Sorge dbzgl. sollte sich in Folge als gerechtfertigt erweisen. Bereits erwähnte <persName key="E0300516">Edda Ottho</persName> teilt ihrem Lehrer
<persName key="E0300049">Galston</persName> am Ende der ersten Kurswoche mit: <q>[…] der Unterricht [begann] ohne vorhergehendes Examen, was ein grosser Fehler war,
denn unter den zahlreichen Schülern sind viele, die für diesen Kursus noch garnicht reif sind, und es auch nie werden würden. <persName key="E0300017">Busoni</persName>
muss ihr Geklimper jedoch geduldig anhören, denn sie haben ja das Geld bezahlt. In solchen Fällen lässt er die Betreffenden zu Ende spielen und sagt dann nur:
<q rend="sq-du">ganz hübsch, sehr nett.</q> zum Gaudium des Auditoriums.</q> <bibl>(<persName key="E0300516">Ottho</persName> an <persName key="E0300049">Galston</persName>;
<placeName key="E0500097">Basel</placeName>, <date when-iso="1910-09-10">10.09.1910</date>; <ref type="ext" subtype="kalliope" target="#DE-611-HS-686952"><idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3664</idno></ref>)</bibl> Der Eindruck, dass eine Prüfung
vorab – oder zumindest eine kritische Selbsteinschätzung der aktiven Teilnehmer bzgl. ihrer pianistischen Fertigkeiten – notwendig und sinnvoll gewesen wäre,
wird bestätigt durch einen weiteren Brief von <persName key="E0300516">Ottho</persName>. Darin berichtet sie von einem <q>Nachtessen</q>
im Anschluss an <persName key="E0300017">Busonis</persName> 3. Klavier-Abend, wo dieser in einer Ansprache u. a. erläuterte, <q>was
<hi rend="underline">er</hi> unter einem <hi rend="underline">Meisterkursus</hi> versteht</q>. An einem solchen sollten nämlich nur diejenigen teilnehmen,
<q>die schon selbst Meister sind, denen einige Ratschläge genügen können um ihnen über manche Schwierigkeit hinwegzuhelfen, nicht aber Schüler bei denen
noch vieles Elementare nicht überwunden ist […].</q> <bibl>(<persName key="E0300516">Ottho</persName> an <persName key="E0300049">Galston</persName>;
<placeName key="E0500588">Brienz</placeName>, <date when-iso="1910-10-02">02.10.1910</date>; <ref type="ext" subtype="kalliope" target="#DE-611-HS-686975"><idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3665</idno></ref>)</bibl>
</note>
</p>
<closer>
<salute><seg rend="indent">Allerherzlichste Grüße<reg>.</reg></seg>
<lb/>Nochmals Dank.
</salute>
<signed>
<seg rend="align(right)">Ihr <persName key="E0300017">F. Busoni</persName></seg>
</signed>
</closer>
<note type="shelfmark" place="bottom-left" rend="small" resp="#archive">Ms. Z II 157 a.1</note>
</div>
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