Lieber Freund! Ich habe eben
Frau Goth’sBuchgelesen u. möchte
Ihnen doch sagen, wie sehr mir
das mit warmer Begeisterung
geschriebene Buch gefallen [hat].
Es giebt selten 2 Musiker
die ganz gleicher Meinung
sind. Aber vollkom̅en stim̅e
ich mit ihr überein wen̅
sie die Fant. Contrap. für eines
der vollendetsten Meisterwer_ ke erklärt; für mich
[De]utsche
[Staats]bibliothek
[Be]rlin
Ich habe eben
Frau Goth’sBuchgelesen und möchte
Ihnen doch sagen, wie sehr mir
das mit warmer Begeisterung
geschriebene Buch gefallen hat.
Es gibt selten zwei Musiker
die ganz gleicher Meinung
sind. Aber vollkommen stimme
ich mit ihr überein wenn
sie die Fantasia contrappuntistica für eines
der vollendetsten Meisterwerke erklärt; für mich
der Gipfelpunkt Ihres instrumentalen
Schaffens, soweit ich es kenne. Die Werke
der Zürcher EpocheDiese Epoche dauerte von etwa 1915 bis 1920 an. Es ist verwunderlich, dass Freund angeblich diese Werke alle nicht zu kennen scheint. kenne ich allerdings
nicht. Und ebenso nahm mich schon beim
ersten Lesen die Berceuse mit ihrem
Stimmungszauber gefangen. Von den Sonatinen kenne ich nur die ersten dreizu diesen Sonatinen gehöre: die erste Sonate, die Seconda Sonatina als Zweite Sonatine und die Dritte die Sonatina ad usum infantis: ein
spezielles Faible habe ich aber für die
Zweite. Für mich mehr als ein harmonisches Experiment. Von Anfang an
stand ich unter dem Eindruck
ihrer tief – ernsten, elegischen
Stimmung. Für eine „Biographie“
ist es noch zu früh: stehen
Sie doch noch in der Vollkraft des Schaffens. Aber
als „Versuch“ finde ich das
Buch vortrefflich. –
Ich bin seit einigen Tagen
mit den Schwestern, den Schwägern
und ihren Kindern hier und
gedenke, wenn das Wetter
es erlaubt noch 2-3 Wochen
zu bleiben. Vorläufig
regnet es „mehrschtendeels“.
Irma und Etelka grüßen Sie und Frau
Busoni allerherzlichst und ich bin
in alter Treue
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
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De[utsche]
Staats[bibliothek]
Be[rlin] der Gipfelpunkt Ihres instrumentalen Schaffens, soweit ich es ken̅e. Die Werke
der Zürcher EpocheDiese Epoche dauerte von etwa 1915 bis 1920 an. Es ist verwunderlich, dass Freund angeblich diese Werke alle nicht zu kennen scheint. ken̅e ich allerdings
nicht. Und ebenso nahm mich schon beim
ersten Lesen die Berceuse mit ihrem
Stim̅ungszauber gefangen. Von den Sona_ tinen ken̅e ich nur die ersten 3zu diesen Sonatinen gehöre: die erste Sonate, die Seconda Sonatina als Zweite Sonatine und die Dritte die Sonatina ad usum infantis: ein
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<lbbreak="no"/>sches Experiment. Von Anfang an
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
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[2] stand ich unter dem Eindruck
ihrer tief – ernsten, elegischen
Stim̅ung. Für eine “Biographie„ ist es noch zu früh: stehen
Sie doch noch in der Voll_ kraft des Schaffens. Aber
als “Versuch” finde ich das
Buch vortrefflich. –
Ich bin seit einigen Tagen
mit [den] Schwestern, [den] Schwägern
u. ihren Kindern hier u.
gedenke, wen̅ das Wetter
es erlaubt noch 2-3 Wochen
zu bleiben. Vorläufig
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
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[1] regnet es “mehrschtendeels”.
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Mus.ep. R. Freund 44 (Busoni-Nachl. B II)
|
Brief von Robert Freund an Ferruccio Busoni (Salzburg, vmtl. 1922), bearbeitet von Ulrike Japes, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Robert Freund, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Januar 2018: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100563 (6. April 2018: in Korrekturphase)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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