Ferruccio Busoni an Hugo Leichtentritt arrow_backarrow_forward

Zürich · 27. Februar 1919

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* The * Library * of * Congress *
Zürich 27 F 1919

MlD'Hugo Leichtentritt, wie stets, empfing
und las ich Ihre
Zeilen mit herzlicher Freude. Der hier gemeinte Brief liegt in dieser Edition nicht vor. Nun sind Sie
also auch dahin gekommen „Habgier, Dum̅heit“
„Schlechtigkeit“ als die bewegenden Energieen
aller Weltgeschichte zu erkennen! (Darum blieb
ich mein Leben lang der Lesung von Histo-
rischem gleichgültig, ja feindlich gesinnt.).

Glücklicherweise
vermögen auch Sie sich einen „Isolatoren“
in der Arbeit zu finden, und es ist Ihnen
um diese Errungenschaft (die reichliche
Ernte gezeitigt hat) Glück zu wünschen.
Bravissimo. – Die Formenlehre Vgl. Hugo Leichtentritt: "Musikalische Formenlehre" 1911; 2. Auflage 1920. beginnt
– nach Ihren letzten Berichten Diese liegen für diese Edition nicht vor. – meine
Theilnahme zu wecken. Ich spielte vorgestern
den ersten Abend eines KlavierKonzertzyklus,
der aus 5 solcher bestehen wird. (I. Bach,
Mozart, Hummel) Am 25. Februar 1919 gab Busoni im Rahmen der Populären Konzerte in Zürich den ersten Konzertabend eines Zyklus, der einen Überblick über die Entwicklung des Klavierkonzertes bieten sollte. Es wurden Bachs Konzert in d-Moll für Klavier und Streichorchster, Mozarts Klavierkonzert in c-Moll und ein Konzert von Hummel aufgeführt. Vgl. Neuer Zürcher Zeitung vom 28. Februar 1919 (1. Auflage; Nummer 301). – An dem Adagio des
Bach’schen Konzertes fiel mir wieder eine
Form auf, die ihm eigen ist, in den
Präludien des II. Wohltemp. Klavieres
öfters vorkommt, und die nicht wieder
benutzt noch – glaube ich– gelehrt wird.

Zürich 27 F 1919

MlD'Hugo Leichtentritt,

wie stehts, empfing und las ich Ihre Zeilen mit herzlicher Freude. Der hier gemeinte Brief liegt in dieser Edition nicht vor. Nun sind Sie also auch dahin gekommen, „Habgier, Dummheit“ „Schlechtigkeit“ als die bewegenden Energien aller Weltgeschichte zu erkennen! (Darum blieb ich mein Leben lang der Lesung von Historischem gleichgültig, ja feindlich gesinnt.).

Glücklicherweise vermögen auch Sie sich einen „Isolatoren“ in der Arbeit zu finden, und es ist Ihnen um diese Errungenschaft (die reichliche Ernte gezeitigt hat) Glück zu wünschen. Bravissimo. – Die Formenlehre Vgl. Hugo Leichtentritt: "Musikalische Formenlehre" 1911; 2. Auflage 1920. beginnt – nach Ihren letzten Berichten Diese liegen für diese Edition nicht vor. – meine Teilnahme zu wecken. Ich spielte vorgestern den ersten Abend eines Klavierkonzertzyklus, der aus 5 solcher bestehen wird. (I. Bach, Mozart, Hummel) Am 25. Februar 1919 gab Busoni im Rahmen der Populären Konzerte in Zürich den ersten Konzertabend eines Zyklus, der einen Überblick über die Entwicklung des Klavierkonzertes bieten sollte. Es wurden Bachs Konzert in d-Moll für Klavier und Streichorchster, Mozarts Klavierkonzert in c-Moll und ein Konzert von Hummel aufgeführt. Vgl. Neuer Zürcher Zeitung vom 28. Februar 1919 (1. Auflage; Nummer 301). – An dem Adagio des Bach’schen Konzertes fiel mir wieder eine Form auf, die ihm eigen ist, in den Präludien des II. Wohltemp. Klavieres öfters vorkommt, und die nicht wieder benutzt noch – glaube ich– gelehrt wird.

Sie besteht aus der meistens 4 maligen (diesmal 6-maligen) Wiederholung einer 8-12 taktigen Formel, die bei der Wiederkehr harmonisch und melodisch modifiziert auftritt, aber ohne Alternatio, oder Durchführung, sich abspielt. – Haben Sie in der Formenlehre das noch nicht aufgenommen, so erlaube ich mir darauf hinzuweisen. – Beispiele im W. Kl. II. sind die Präludien in F – Fis – As (und A) die ich – so glaube ich – in diesem Sinne erläuterte. Busoni publizierte 1916 eine Überarbeitung des Wohltemperierten Klaviers von Bach.

Dieses zu erwähnen, war dieses Briefes vorzunehmendes Ziel. Also verabschiede ich mich von Ihnen, indem ich Sie freundschaftlich grüße als

Ihr ergebender

F. Busoni

                                                                
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Sie besteht aus der meistens 4 maligen
(diesmal 6-maligen) Wiederholung
einer 8-12 taktigen Formel, die
bei der Wiederkehr harmonisch u.
melodisch modifiziert auftritt, aber
ohne Alternatio, oder Durchführung,
sich abspielt. – Haben Sie in der Formen-
lehre das noch nicht aufgenommen, so
erlaube ich mir darauf hinzuweisen. –
Beispiele im W. Kl. II. sind die Präludien
in F – Fis – As (u. A) die ich
so glaube ich – in diesem Sinne erläuterte. Busoni publizierte 1916 eine Überarbeitung des Wohltemperierten Klaviers von Bach.

Dieses zu erwähnen w war dieses
Briefes vorzunehmendes Ziel. Also verab-
schiede ich mich von Ihnen, indem
ich Sie freundschaftlich grüße als

Ihr ergebender

F. Busoni

* The * Library * of * Congress *
                                                                
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Zürich13
27 […] mindestens 4 Zeichen: unleserlich.
V […] höchstens 2 Zeichen: unleserlich.
Oberstrass
Herrn D'Hugo Leichtentritt
Berlin W
Winterfeldtstr. 25A
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Überlieferung
USA | Washington, D.C. | Library of Congress | Ferruccio Busoni Papers Additions, 1866–1924 | ML95 .B94
Zustand
Brief und Umschlag sind gut erhalten.
Umfang
Blatt, 2
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.

Zusammenfassung
Busoni berichtet von seinem Klavierkonzert in Zürich; berät Leichtentritt bei der Überarbeitung seiner Musikalischen Formenlehre und weist auf eine für Bach spezielle Form in den Präludien des zweiten Wohltemperierten Klavieres hin.
Incipit
MlD'Hugo Leichtentritt, wie stehts, empfing und las ich Ihre Zeilen mit herzlicher Freude.

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
29. September 2024: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Beaumont 1987, S. 283 f.