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N.Mus.Nachl. 30, 106
2.11.18
2. November 1918Samstag 9 Uhr abends
Mein lieber, verehrter Meister!
Ich schreibe in der Eile diese Zeilen, damit sie noch
heute abends auf die Post getragen werden. Entschuldigen Sie,
bitte, dass wir heute nicht zu Fräulein Gohl gekommen
sind. Durch einen lächerlichen, höchst dummen Vorfall,
muss ich auf das schöne Erlebnis, worüber ich mich im
Voraus so gefreut, Ihre Faustdichtung von Ihnen selbst zu
hören, verzichten.
Vor ¾ Stunden, als wir eben gehen wollten, klingelte
ein betrunkener Kerl an unserer Wohnungstür, und
versuchte hereinzudringen. Zwar jagte ihn meine Frau,
ohne meine Hilfe abzuwarten, sogleich tapfer hinaus. – Aber
unsere alte Dienerin, die einen Schreck kriegte, hat nicht
mehr allein mit dem Kinde bleiben wollen. Aus der
daraus entstandenen Diskussion, Rede u. Gegenrede, ob
ich allein gehen sollte oder nicht u.s.w. kam ich ich […]
mindestens 2 Zeichen: unleserlich.
in
eine Stimmung, die es mir unmöglich erscheinen lässt,
Ihnen heute abends ein würdiger Zuhörer zu sein.
Bitte zürnen Sie mir nicht, ich bin eher zu beklagen.
Gebe aber doch die Hoffnung nicht auf, dass Sie die
Vorlesung Ihres Werkes bei für mich günstigerer Gelegen- heit wiederholen werden.
Ihr in treuer Verehrung ergebener
PHJ.
Transkription unsicher.
Alternative Lesart:
PRJ.
Alternative Lesart des mittleren Buchstaben: „R“ für Jarnachs zweiten Vornamen Raphael (so bei Weiss 1996, S. 376).
[am linken Rand, längs:]
P.S. Ich versuchte an Fräulein Gohl zu telephonieren.
Sie figuriert aber nicht im Telephonbuch!
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2. November 1918Samstag, 9 Uhr abends
Mein lieber, verehrter Meister!
Ich schreibe in der Eile diese Zeilen, damit sie noch
heute abends auf die Post getragen werden. Entschuldigen Sie,
bitte, dass wir nicht zu Fräulein Gohl gekommen
sind. Durch einen lächerlichen, höchst dummen Vorfall
muss ich auf das schöne Erlebnis, worüber ich mich im
Voraus so gefreut, Ihre Faustdichtung von Ihnen selbst zu
hören, verzichten.
Vor ¾ Stunden, als wir eben gehen wollten, klingelte
ein betrunkener Kerl an unserer Wohnungstür und
versuchte hereinzudringen. Zwar jagte ihn meine Frau,
ohne meine Hilfe abzuwarten, sogleich tapfer hinaus. – Aber
unsere alte Dienerin, die einen Schreck kriegte, hat nicht
mehr allein mit dem Kinde bleiben wollen. Aus der
daraus entstandenen Diskussion, Rede und Gegenrede, ob
ich allein gehen sollte oder nicht usw., kam ich in
eine Stimmung, die es mir unmöglich erscheinen lässt,
Ihnen heute abends ein würdiger Zuhörer zu sein.
Bitte zürnen Sie mir nicht, ich bin eher zu beklagen.
Gebe aber doch die Hoffnung nicht auf, dass Sie die
Vorlesung Ihres Werkes bei für mich günstigerer Gelegenheit wiederholen werden.
Ihr in treuer Verehrung ergebener
PHJ.
Alternative Lesart des mittleren Buchstaben: „R“ für Jarnachs zweiten Vornamen Raphael (so bei Weiss 1996, S. 376).
PS Ich versuchte, an Fräulein Gohl zu telephonieren.
Sie figuriert aber nicht im Telephonbuch!
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<note type="shelfmark" resp="#archive" place="top-left" rend="space-below">N.Mus.Nachl. 30, 106</note>
<note type="shelfmark" resp="#archive" place="top-right" rend="space-below">2.11.18</note>
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<salute rend="align(center) space-below">Mein lieber, verehrter <rs key="E0300017">Meister</rs>!</salute>
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<p rend="indent-2-first">Ich schreibe in der Eile diese Zeilen, damit sie noch
<lb/>heute abends auf die Post getragen werden. Entschuldigen Sie,
<lb/>bitte, dass wir <del rend="strikethrough">heute</del> nicht zu <persName key="E0300773">Fräulein Gohl</persName> gekommen
<lb/>sind. Durch einen lächerlichen, höchst dummen Vorfall<orig>,</orig>
<lb/>muss ich auf das schöne Erlebnis, worüber ich mich im
<lb/>Voraus so gefreut, Ihre <title key="E0800136"><title key="E0400218">Faust</title>dichtung</title> von Ihnen selbst zu
<lb/>hören, verzichten.
<!-- Wissen wir aus anderen Briefwechseln o.Ä. etwas von dieser Veranstaltung? Wer war noch geladen? -->
<!-- Sind weitere Gelegenheiten bekannt, zu denen Busoni das Libretto vorgelesen hätte? -->
</p>
<p rend="indent-first">Vor ¾ Stunden, als wir eben gehen wollten, klingelte
<lb/>ein betrunkener Kerl an unserer Wohnungstür<orig>,</orig> und
<lb/>versuchte hereinzudringen. Zwar jagte ihn <rs key="E0300664">meine Frau</rs>,
<lb/>ohne meine Hilfe abzuwarten, sogleich tapfer hinaus. – Aber
<lb/>unsere alte Dienerin, die einen Schreck kriegte, hat nicht
<lb/>mehr allein mit <rs key="E0300702">dem Kinde</rs> bleiben wollen. Aus der
<lb/>daraus entstandenen Diskussion, Rede <choice><orig><abbr>u.</abbr></orig><reg><expan>und</expan></reg></choice> Gegenrede, ob
<lb/>ich allein gehen sollte oder nicht u<orig>.</orig>s<orig>.</orig>w.<reg>,</reg> kam ich <del rend="strikethrough">ich</del> <del rend="strikethrough"><gap atLeast="2" unit="char" reason="illegible"/></del> in
<lb/>eine Stimmung, die es mir unmöglich erscheinen lässt,
<lb/>Ihnen heute abends ein würdiger Zuhörer zu sein.
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<p rend="indent-first">Bitte zürnen Sie mir nicht, ich bin eher zu beklagen.
<lb/>Gebe aber doch die Hoffnung nicht auf, dass Sie die
<lb/>Vorlesung <rs key="E0400218">Ihres Werkes</rs> bei für mich günstigerer Gelegen
<lb break="no"/>heit wiederholen werden.
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<salute rend="align(center)">Ihr in treuer Verehrung ergebener</salute>
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<note type="commentary" resp="#E0300745">Alternative Lesart des mittleren Buchstaben: <q>R</q> für <persName key="E0300376">Jarnachs</persName> zweiten Vornamen Raphael <bibl>(so bei <ref target="#E0800350"/>, S. 376)</bibl>.</note>
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<p rend="indent-first-neg"><choice><orig>P.S.</orig><reg>PS</reg></choice> Ich versuchte<reg>,</reg> an <persName key="E0300773">Fräulein Gohl</persName> zu telephonieren.
<lb/>Sie figuriert aber nicht im Telephonbuch!</p>
<!-- „Gohl“ in Zürcher Adressbüchern? -->
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<placeName key="E0500132">Zür<supplied reason="beyond-paper">ich</supplied></placeName>
<lb/><date when-iso="1918-11-03">3.XI.18</date> VII
<lb/><placeName key="E0500825">Neumünster</placeName>
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<addrLine>Herrn Pf. <persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></addrLine>
<addrLine rend="indent"><placeName key="E0500189">Scheuchzerstr. 36</placeName></addrLine>
<addrLine rend="align(right)"><hi rend="underline"><placeName key="E0500132">Zürich</placeName></hi></addrLine>
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<addrLine>Abs. <persName key="E0300376"> Jarnach</persName>. <placeName key="E0500779">Paulstr. 7</placeName>. <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> VIII</addrLine>
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<note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="shelfmark" resp="#archive" rend="indent">zu N.Mus.Nachl. 30, 106</note>
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