Hans Huber to Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

October 1918

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Mus.ep. H. Huber 82 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2308
1.
Oct 1918.
Dr Hans Huber an A Biolley durch
Ferruccio Busoni. (Theil eines Briefes an den Meister)

Ein Herr A Biolley schrieb mir vor ca 14 Tagen in großer
Begeisterung & Hochschätzung für Ihre Person (vide Einlage) in
welchem er mich bat aufforderte für die Repetition der Klavier⸗
Konzerte in Basel Propaganda zu machen; als Beilage fand
ich die „weissen Blätter“ mit dem Doktor Fausttexte. Leider
hatte er neben der Marke vergessen mir seine Adresse in Zurich
mitzutheilen weshalb ich Ihrem Freunde die Antwort hier
niederlege welche Sie ihm gelegentlich mittheilen dürfen:

Ver. H. Es ist klar daß ich meine durch den Wegzug von Basel
„allerdings verminderten Einflüße, doch ganz der grandiosen
„Aufgabe unseres lieben Meisters zu Dienste stellen werde.
„Bereits schrieb ich an zwei kompetente Freunde & habe dieselben
„auf die Thatsache hingewiesen, daß von allen gegenwärtigen
„Künstler-Pianisten Busoni allein die musikalische
„Intelligenz, das absolute Können & die nothwendige Kultur
„besitzt um auch der mehr didaktischen Seite des Unter
„nehmens den nöthigen Elan für das Publikum abzuge
„winnen. Deshalb wird dieses intereßante Werk auch kein
„Laboratoriumserzeugniß werden & das ist doch das
„Wesentliche, wenn das Ergebnis jenseits aller Worte
„liegt! Gerade das Klavierkonzert geht lebendig in
„Metamorphosen durch die Zeiten durch & diese in
„seiner (B.s) genialer Art zu charakterisiren Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Okt. 1918.
Dr. Hans Huber an A. Biolley durch Ferruccio Busoni. (Teil eines Briefes an den Meister)

Ein Herr A. Biolley schrieb mir vor ca. 14 Tagen in großer Begeisterung und Hochschätzung für Ihre Person (vide Einlage), in welchem er mich aufforderte, für die Repetition der Klavier-Konzerte in Basel Propaganda zu machen; als Beilage fand ich die „Weißen Blätter“ mit dem Doktor-Faust-Texte. Leider hatte er neben der Marke vergessen, mir seine Adresse in Zürich mitzuteilen, weshalb ich Ihrem Freunde die Antwort hier niederlege, welche Sie ihm gelegentlich mitteilen dürfen:

„Verehrter Herr.

Es ist klar, dass ich meine durch den Wegzug von Basel allerdings verminderten Einflüsse doch ganz der grandiosen Aufgabe unseres lieben Meisters zu Dienste stellen werde. Bereits schrieb ich an zwei kompetente Freunde und habe dieselben auf die Tatsache hingewiesen, dass von allen gegenwärtigen Künstler-Pianisten Busoni allein die musikalische Intelligenz, das absolute Können und die notwendige Kultur besitzt, um auch der mehr didaktischen Seite des Unter nehmens den nötigen Elan für das Publikum abzuge winnen. Deshalb wird dieses interessante Werk auch kein Laboratoriumserzeugnis werden, und das ist doch das Wesentliche, wenn das Ergebnis jenseits aller Worte liegt! Gerade das Klavierkonzert geht lebendig in Metamorphosen durch die Zeiten durch, und diese in seiner (B.s) genialer Art zu charakterisieren, das ist an und für sich schon eine Aufgabe ersten Ranges. Und daneben begleitet das Ganze der glühende Idealismus des Künstlers, der hier nicht persönlich sein kann, weil gerade bei ihm der Verstand das Gefühl tyrannisieren wird!

Quant à Doktor Faust, so bewundere ich darin die scharfe Kritik, die fast unkenntlich und mit Rosenblüten verborgen über der Zeit schwebt. Die Alte Romantik, wie man liebt und hasst, dringt überall durch – und es ist auch des Künstlers Recht, ganze Epochen und Stile abzulehnen; denn erst dann gewinnt die eigene Schöpfungskraft, auch mit der Aussicht, die über jedem Künstler und Dichter schwebt, IKA vors Geschick zu schreiben. Schon sehe ich unseren Dichter am nächsten Werke, und zwar im Dritten Teile von Dantes Gedicht: Der gebildete Mensch, der gut angelegte Künstler, müssen von Gegensätzen leben. Auf die musikalische Lösung des ‚Faust‘ aber darf sich die jetzige verbummelte Theaterwelt freuen.“

                                                                
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ep. 82B II, 2308
2 „das ist an und für sich schon eine Aufgabe ersten Ranges.
„Und daneben begleitet das Ganze, der glühende Idealismus
„des Künstlers, der hier nicht persönlich sein kann, weil
„gerade bei ihm der Verstand das Gefühl tyrannisiren
„wird!

„Quant à Doktor Faust so bewundere ich darin die
„scharfe Kritik, die fast unkenntlich und mit Rosenblüthen
„verborgen über der Zeit schwebt. Die Alte Romantik,
„wie man liebt und hasst, dringt überall durch –
„und es ist auch des Künstlers Recht ganze Epochen & Stile
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„Künstler, müssen von Gegensätzen leben. Auf die
„musikalische Lösung des „Faust“ aber darf sich die
„jetzige verbummelte Theaterwelt freuen.“

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                
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Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni
bez der „Clavierkonzerte“
Okt. 18.
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. H. Huber 82

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2308-Beil.
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Document

warningStatus: unfinished XML Facsimile Download / Cite

Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2308 | olim: Mus.ep. H. Huber 82 (Busoni-Nachl. B II) |

proof Kalliope

Condition
Abschrift und Umschlag sind gut erhalten.
Extent
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Collation
Nur die Vorderseiten sind beschrieben.
Hands/Stamps
  • unbekannte Hand, Abschrift in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen und das Datum auf dem Umschlag eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Incipit
Ein Herr A. Biolley schrieb mir

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
in collaboration with
Revision
November 2, 2017: unfinished (currently being prepared (transcription, coding))
Direct context
Preceding Following
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