Wilhelm Kienzl to Ferruccio Busoni arrow_forward

Graz · April 19, 1879

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Mus.ep.W.Kienzl 22 (Busoni-Nachl. BII)
Mus. Nachl. F. Busoni B II, 2537

Lieber junger Freund!

Es thut mir von Herzen leid, dass es
Ihnen so schlecht geht! siehe Brief Busonis vom 15. April 1879 Ich will
gerne etwas Thun, Ihnen wenigstens
eine kleine Erleichterung zu schaffen.
Wenn es auch bei den jetzigen Zeit-
verhältnissen kaum möglich ist,
mehr als eine Kleinigkeit zusam-
menzubringen, so will ich wenigs-
tens dieß mit Vergnügen thun.

Was aber ein Concert in Marburg
betrifft, so muß ich Ihnen leider
mittheilen, dass Marburg ganz
ohne Kunstsinn ist, da kein
Künstler da selbst ein volles Haus
macht, ferner dass sich in Mar

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Lieber junger Freund!

Es tut mir von Herzen leid, dass es Ihnen so schlecht geht! siehe Brief Busonis vom 15. April 1879 Ich will gerne etwas Tun, Ihnen wenigstens eine kleine Erleichterung zu schaffen. Wenn es auch bei den jetzigen Zeit-verhältnissen kaum möglich ist, mehr als eine Kleinigkeit zusam-menzubringen, so will ich wenigs-tens dies mit Vergnügen tun.

Was aber ein Konzert in Marburg betrifft, so muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Marburg ganz ohne Kunstsinn ist, da kein Künstler da selbst ein volles Haus macht, ferner dass sich in Mar- burg gänzlich unbekannt bin, dass ich auch bereits am 1. Mai nach Deutschland verreise und dass das Fräulein, welches Sie zugleich mit mir besuchte, jetzt gar nicht in Graz anwesend, sondern in Wien ist. Also lauter trau-rige Nachrichten für Sie mein lieber, junger Freund. Wie wäre es aber, wenn Sie es mit dem zwar kleinen aber viel kunstsinnigeren Cilli (unweit Marburg) versuchen wollten. Dort machten Walter, Haft, Timanoffs Damenquartett Es ist unklar, wen Kienzl hier mit Walter genau meint. Im Zusammenhang mit Haft und Timanoff gibt es niemanden mit diesem Namen. Es wäre möglich, dass er von dem Sänger Gustav Walter spricht, welcher u.a. zu dieser Zeit in Graz aktiv war. etc. gute Geschäfte. Auch ich habe einmal dort mit einer Sängerin vor vollem Hause gespielt. Sollte sich also Ihr Unwohlsein zum Besseren wenden, wie ich es hoffe, so wenden Sie sich dorthin an Herrn Jeretin brieflich, der alle Konzerte arrangiert und zw. mit Angaben über Ihre bisherigen Leistungen und Erfolge und den beiligenden Ihnen von mir mit Vergnügen geschriebenen Empfehlungs-karten. Mehr kann ich leider für Sie jetzt nicht Tun. Das Wenige geschieht aber von ganzem Herzen.

Grüßen Sie mir vielmals Ihre geehrten Eltern und seien Sie selbst herzlichst gegrüßt von Ihrem Ihnen aufrichtig zugetanen

Dr. phil. Wilhelm Kienzl

Graz, 19. April 1879. Paradeis 3. II.
                                                                
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dass ich auch bereits am 1. Mai
nach Deutschland verreise und
dass das Fräulein, welches Sie zugleich
mit mir besuchte, jetzt gar
nicht in Graz anwesend, sondern
in Wien ist. Also lauter trau-
rige Nachrichten für Sie mein
lieber, junger Freund. Wie
wäre es aber, wenn Sie es mit
dem zwar kleinen aber viel
kunstsinnigeren Cilli (unweit
Marburg) versuchen wollten.
Dort machten Walter, Haft,
Timanoffs Damenquartett Es ist unklar, wen Kienzl hier mit Walter genau meint. Im Zusammenhang mit Haft und Timanoff gibt es niemanden mit diesem Namen. Es wäre möglich, dass er von dem Sänger Gustav Walter spricht, welcher u.a. zu dieser Zeit in Graz aktiv war.

                                                                
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etc. gute Geschäfte. Auch
ich habe einmal dort mit
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Hause gespielt. Sollte sich
also Ihr Unwohlsein zum Besseren
wenden, wie ich es hoffe, so
wenden Sie sich dorthin an
Herrn Jeretin brieflich,
der alle Concerte arrangiert
u. zw. mit Angaben über
Ihre bisherigen Leistungen
u. Erfolge und den beiligenden
Ihnen von mir mit Vergnügen
geschriebenen Empfehlungs-
karten. Mehr kann ich Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
[2]

                                                                
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leider für Sie jetzt nicht
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aber von ganzem Herzen.

Grüßen Sie mir vielmals
Ihre geehrten Eltern und
seien Sie selbst herzlichst
gegrüßt von Ihrem Ihnen
aufrichtig zugethanen

Dr. phil. Wilhelm Kienzl

Graz, 19. April 1879.
Paradeis 3. II.
                                                                
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Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2537 | olim: Mus.ep. W. Kienzl 22 |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Collation
Seitenfolge: 1, 2, 3, 4
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Wilhelm Kienzl, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen, eine Foliierung vorgenommen und das Briefdatum ergänzt hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Summary
Kienzl nimmt Anteil an Busonis misslicher Lage und versichert ihm seine Unterstützung; rät Busoni davon ab in Marburg auftreten zu wollen, da er dort kein Einfluss habe; schlägt Cilli als Aufführungsort vor und stellt ein Kontakt vorort zu Verfügung.
Incipit
Es tut mir von Herzen leid, dass es Ihnen so schlecht geht!

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
September 8, 2025: unfinished (currently being prepared (transcription, coding))
Direct context
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