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            Lieber junger Freund! 
            
            Es thut mir von Herzen leid, dass es
                Ihnen so schlecht geht!
                                                                siehe Brief Busonis vom 15. April 1879 Ich will
                gerne etwas thun, Ihnen wenigstens 
                eine kleine Erleichterung zu schaffen.
                Wenn es auch bei den jetzigen Zeit-
                verhältnissen kaum möglich ist,
                mehr als eine Kleinigkeit zusam-
                menzubringen, so will ich wenigs-
                tens dieß mit Vergnügen thun. 
             Was aber ein Concert in Marburg
                betrifft, so muß ich Ihnen leider
                mittheilen, dass Marburg ganz 
                ohne Kunstsinn ist, da kein
                Künstler da selbst ein volles Haus
                macht, ferner dass ich in Mar
                                                                        
                     Deutsche
                         Staatsbibliothek
                         
                        
                           Berlin
                        
                     
                   
                                                                     [1]
                  
                
                                                         
                                                     | 
                                                    
                                                        
            
            
            Lieber junger Freund! 
            
            Es tut mir von Herzen leid, dass es
                Ihnen so schlecht geht!
                                                                siehe Brief Busonis vom 15. April 1879 Ich will
                gerne etwas tun, Ihnen wenigstens 
                eine kleine Erleichterung zu schaffen.
                Wenn es auch bei den jetzigen Zeit-verhältnissen kaum möglich ist,
                mehr als eine Kleinigkeit zusam-menzubringen, so will ich wenigs-tens dies mit Vergnügen tun. 
             Was aber ein Konzert in Marburg
                betrifft, so muss ich Ihnen leider
                mitteilen, dass Marburg ganz 
                ohne Kunstsinn ist, da kein
                Künstler da selbst ein volles Haus
                macht, ferner dass ich in Mar-
                  
               
                  
               burg gänzlich unbekannt bin,
                dass ich auch bereits am 1. Mai
                nach Deutschland verreise und 
                dass das Fräulein, welches Sie zugleich
                mit mir besuchte, jetzt gar
                nicht in Graz anwesend, sondern
                in Wien ist.
                                                                Bei dem erwähnten Fräulein handelt es sich wahrscheinlich um die gleichaltrige Pianistin Paula Flamm. Mit ihrer Familie unterhielt Busoni, zu dieser Zeit, ein freundschaftliches Verhältnis. (vgl. Dent 1974, S. 28ff.)  Also lauter trau-rige Nachrichten für Sie mein 
                lieber, junger Freund. Wie
                wäre es aber, wenn Sie es mit
                dem zwar kleinen aber viel
                kunstsinnigeren Cilli (unweit
                Marburg) versuchen wollten.
                Dort machten Walter, Haft,
                Timanoffs Damenquartett
                                                                Es ist unklar, wen Kienzl hier mit Walter
               genau meint. Im Zusammenhang mit Haft und Timanoff gibt es niemanden mit diesem Namen. Es wäre möglich, dass er von dem Sänger Gustav Walter spricht, welcher u.a. zu dieser Zeit in Graz aktiv war.
               
               
               
               etc. gute Geschäfte. Auch 
                ich habe einmal dort mit 
                einer Sängerin vor vollem
                Hause gespielt.
                                                                Im Juni 1879 zog Busoni dann auch mit seiner Familie von Klagenfurt nach Cilli weiter, wo er mehrere Konzerte spielte und sich die finanzielle Situation der Familie etwas zu stabilisieren begann. (vgl. Dent 1974, S.35-36) Sollte sich
                also Ihr Unwohlsein zum Besseren
                wenden, wie ich es hoffe, so
                wenden Sie sich dorthin an 
                Herrn Jeretin brieflich,
                der alle Konzerte arrangiert
                und zw. mit Angaben über
                Ihre bisherigen Leistungen
                und Erfolge und den beiligenden
                Ihnen von mir mit Vergnügen
                geschriebenen Empfehlungs-karten. Mehr kann ich
               
               
               
               leider für Sie jetzt nicht
                tun. Das Wenige geschieht
                aber von ganzem Herzen. 
            
                                                                Grüßen Sie mir vielmals
                Ihre geehrten Eltern und
                seien Sie selbst herzlichst
                gegrüßt von Ihrem Ihnen
                aufrichtig zugetanen 
               Dr. phil. Wilhelm Kienzl 
                                                             
            
            Graz, 19. April 1879.
                 Paradeis 3. II.  
          
                                                     | 
                                                    
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
            
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            <p>Es t<orig>h</orig>ut mir von Herzen leid, dass es
               <lb/>Ihnen so schlecht geht!<note type="commentary" resp="E0301033">siehe Brief Busonis vom 15. April 1879</note> Ich will
               <lb/>gerne etwas t<orig>h</orig>un, Ihnen wenigstens 
               <lb/>eine kleine Erleichterung zu schaffen.
               <lb/>Wenn es auch bei den jetzigen Zeit-
               <lb break="no" type="automated"/>verhältnissen kaum möglich ist,
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                     <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
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                           <hi rend="spaced-out">Berlin</hi>
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                                                          2Diplomatic transcription 
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               burg gänzlich unbekannt bin,
                dass ich auch bereits am 1. Mai
                nach Deutschland verreise und 
                dass das Fräulein, welches Sie zugleich
                mit mir besuchte, jetzt gar
                nicht in Graz anwesend, sondern
                in Wien ist.
                                                                Bei dem erwähnten Fräulein handelt es sich wahrscheinlich um die gleichaltrige Pianistin Paula Flamm. Mit ihrer Familie unterhielt Busoni, zu dieser Zeit, ein freundschaftliches Verhältnis. (vgl. Dent 1974, S. 28ff.)  Also lauter trau-
                rige Nachrichten für Sie mein 
                lieber, junger Freund. Wie
                wäre es aber, wenn Sie es mit
                dem zwar kleinen aber viel
                kunstsinnigeren Cilli (unweit
                Marburg) versuchen wollten.
                Dort machten Walter, Haft,
                Timanoffs Damenquartett
                                                                Es ist unklar, wen Kienzl hier mit Walter
               genau meint. Im Zusammenhang mit Haft und Timanoff gibt es niemanden mit diesem Namen. Es wäre möglich, dass er von dem Sänger Gustav Walter spricht, welcher u.a. zu dieser Zeit in Graz aktiv war.
               
                
                                                         
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                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split"><placeName key="E0500972" type="split" nymRef="Maribor / Marburg an der Drau">
                  
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               <lb/>dass das Fräulein, welches Sie zugleich
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               <lb break="no" type="automated"/>rige Nachrichten für Sie mein 
               <lb/>lieber, junger Freund. Wie
               <lb/>wäre es aber, wenn Sie es mit
               <lb/>dem zwar kleinen aber viel
               <lb/>kunstsinnigeren <placeName key="E0501032" type="automated" nymRef="Celje/ Zilli">Cilli</placeName> (unweit
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               <lb/>Dort machten Walter, <persName key="E0301068" type="automated" nymRef="Bertha Haft">Haft</persName>,
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               genau meint. Im Zusammenhang mit Haft und Timanoff gibt es niemanden mit diesem Namen. Es wäre möglich, dass er von dem Sänger Gustav Walter spricht, welcher u.a. zu dieser Zeit in Graz aktiv war.</note>
               
               </p></div> 
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                                                          3Diplomatic transcription 
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               etc. gute Geschäfte. Auch 
                ich habe einmal dort mit 
                einer Sängerin vor vollem
                Hause gespielt.
                                                                Im Juni 1879 zog Busoni dann auch mit seiner Familie von Klagenfurt nach Cilli weiter, wo er mehrere Konzerte spielte und sich die finanzielle Situation der Familie etwas zu stabilisieren begann. (vgl. Dent 1974, S.35-36) Sollte sich
                also Ihr Unwohlsein zum Besseren
                wenden, wie ich es hoffe, so
                wenden Sie sich dorthin an 
                Herrn Jeretin brieflich,
                der alle Concerte arrangiert
                u. zw. mit Angaben über
                Ihre bisherigen Leistungen
                u. Erfolge und den beiligenden
                Ihnen von mir mit Vergnügen
                geschriebenen Empfehlungs-
                karten. Mehr kann ich
                  Deutsche
                      Staatsbibliothek
                      
                     
                        Berlin
                     
                  
               [2]
               
                
                                                         
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                        <hi rend="spaced-out">Berlin</hi>
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               leider für Sie jetzt nicht
                thun. Das Wenige geschieht
                aber von ganzem Herzen. 
            
                                                                Grüßen Sie mir vielmals
                Ihre geehrten Eltern und
                seien Sie selbst herzlichst
                gegrüßt von Ihrem Ihnen
                aufrichtig zugethanen 
               Dr. phil. Wilhelm Kienzl 
                                                             
            
            Graz, 19. April 1879.
                Paradeis 3. II.  
          
                                                     | 
                                                    
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split">
               
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               <signed rend="align(center) indent-4 space-below">Dr. phil. <persName key="E0301047" type="automated" nymRef="Wilhelm Kienzl">Wilhelm Kienzl</persName></signed></closer>
            
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