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N.Mus.Nachl. 30, 63
5. Aug
L J Da ich nicht weiss, ob ich Anfang Septbr.
noch in Z. sein werde, so schreibe ich Ihnen
auf alle Fälle einen freundschaftlichen Gruss.
Busoni verließ Zürich erst am 9. September 1920 in Richtung Berlin (vgl. Couling 2005, S. 322).
Ihren
Brief vom 2. erwartete ich halb; halb empfanden Sie
eine Art Pflicht, ihn zu schreiben:, so erschien es mir
beim Lesen. – Vor allem freute ich mich an der Nach- -richt von dem Wiederwohlbefinden Frau Ursula’s,
(grüssen Sie sie!); auch dass Sie infolgedessen „sich unge⸗ stört den ländlichen Freuden hingeben.“ – Es muss,
nach Ihrer Darstellung, dort sehr hübsch sein. Hätte
ich ein solches Bibliotheks Zimmer, wie die Karte es zeigt,
dann sässe ich gern in Polling!, Von Ihren Zitaten
ist der Spruch W. Busch’[s] der Wahrheit näher, als dem
Scherz. Eine
Transkription unsicher:
durchgestrichen.
paar zwischenWörtchen geändert, und er
stünde ganz auf der Seite der ersteren. “Musik wird
dann nicht schön empfunden, wenn sie nur mit Geraüsch
verbunden.”
Wilhelm Busch, Der Maulwurf:
Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.
– Nr. 13 von den “Musikblättern des Anbruch”
enthält einen Aufsatz Bekkers, auf den ich Sie besonders
aufmerksam mache. (Ursprünglich in der Frkf. Ztg.)
Er gehört zu dem Bestgeschriebenen u. Bestgedachten über
Musik, seit langer Zeit. – Denn es wird gegenwärtig
reichlich viel über Musik in Blättern diskutiert. Jeder
hat ein Recht u. findet Gelegenheit mitzureden.
„Expressionismus“ und „Atonalität“ und andere solche
Ingredienzen aus der Sauce des Wortschwalles ......
Mit „Namen“ wird herumgeworfen, wie mit Fussbällen.
Treffen an den Kopf den, der nicht gemeint war,
oder nur zuschaute. Alle sprechen zugleich. – Mitten
in diese Arena (einesn losgebrochenen Zoologischen Gartens)
tritt nun Ihr ergebenst Gefertigter. Nicht mit Peitsche
und Pistole in den Händen, (wie es geboten wäre)
sondern unbewaffnet u. fast nackt. – Der dünne
Panzer, den mir die StaatsAkademie umschnallt,
kann nicht zur Zielscheibe werden. – Gleichviel:
wenn nur Kopf und Hoden heil bleiben! – Das
Zürcher StadtTheater „öffnete seine Pforten“ (wie Ph. J. sagen würde)
am 3. August, mit Suppè’s Fatinitza. Sehen Sie, dieser Mann S.
hatte Begabung! Wie Alles „sitzt“! – Ich habe Suppè als Kind gekannt.
Franz von Suppè hatte im Frühjahr 1877 auf Nachfrage ein Empfehlungsschreiben für den jungen Busoni erstellt, das diesem u. a. die erste Veröffentlichung einer eigenen Komposition ermöglichte (Cinq Pièces pour piano; vgl. Couling 2005, S. 27; Dent 1974, S. 26).
Er war gütig u. schlicht, guter Biertrinker u. stolz darauf, dass er
auch “Messen” komponiert hatte. Liebenswerth u. hochzuachten.
Sie schreiben Nichts von Sich, noch von Arbeit.
Ich wünsche beiden alles Gedeihen.
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5. August
L J
Da ich nicht weiß, ob ich Anfang September
noch in Zürich sein werde, so schreibe ich Ihnen
auf alle Fälle einen freundschaftlichen Gruß.
Busoni verließ Zürich erst am 9. September 1920 in Richtung Berlin (vgl. Couling 2005, S. 322).
Ihren
Brief vom 2. erwartete ich halb; halb empfanden Sie
eine Art Pflicht, ihn zu schreiben: so erschien es mir
beim Lesen. – Vor allem freute ich mich an der Nachricht von dem Wiederwohlbefinden Frau Ursulas
(grüßen Sie sie!); auch, dass Sie infolgedessen „sich ungestört den ländlichen Freuden hingeben.“ – Es muss,
nach Ihrer Darstellung, dort sehr hübsch sein. Hätte
ich ein solches Bibliothekszimmer, wie die Karte es zeigt,
dann säße ich gern in Polling! Von Ihren Zitaten
ist der Spruch W. Buschs der Wahrheit näher als dem
Scherz. Ein paar Zwischenwörtchen geändert, und er
stünde ganz auf der Seite der ersteren. „Musik wird
dann nicht schön empfunden, wenn sie nur mit Geräusch
verbunden.“
Wilhelm Busch, Der Maulwurf:
Musik wird oft nicht schön gefunden,
Weil sie stets mit Geräusch verbunden.
– Nr. 13 von den „Musikblättern des Anbruch“
enthält einen Aufsatz Bekkers, auf den ich Sie besonders
aufmerksam mache. (Ursprünglich in der Frankfurter Zeitung.)
Er gehört zu dem Bestgeschriebenen und Bestgedachten über
Musik seit langer Zeit. – Denn es wird gegenwärtig
reichlich viel über Musik in Blättern diskutiert. Jeder
hat ein Recht und findet Gelegenheit mitzureden.
„Expressionismus“ und „Atonalität“ und andere solche
Ingredienzen aus der Sauce des Wortschwalles …
Mit „Namen“ wird herumgeworfen wie mit Fußbällen.
Treffen an den Kopf den, der nicht gemeint war
oder nur zuschaute. Alle sprechen zugleich. – Mitten
in diese Arena (einen losgebrochenen zoologischen Garten)
tritt nun Ihr ergebenst Gefertigter. Nicht mit Peitsche
und Pistole in den Händen (wie es geboten wäre),
sondern unbewaffnet und fast nackt. – Der dünne
Panzer, den mir die Staatsakademie umschnallt,
kann nicht zur Zielscheibe werden. – Gleichviel:
wenn nur Kopf und Hoden heil bleiben! – Das
Zürcher Stadttheater „öffnete seine Pforten“ (wie Ph. J. sagen würde)
am 3. August mit Suppès Fatinitza. Sehen Sie, dieser Mann S.
hatte Begabung! Wie alles „sitzt“! – Ich habe Suppè als Kind gekannt.
Franz von Suppè hatte im Frühjahr 1877 auf Nachfrage ein Empfehlungsschreiben für den jungen Busoni erstellt, das diesem u. a. die erste Veröffentlichung einer eigenen Komposition ermöglichte (Cinq Pièces pour piano; vgl. Couling 2005, S. 27; Dent 1974, S. 26).
Er war gütig und schlicht, guter Biertrinker und stolz darauf, dass er
auch „Messen“ komponiert hatte. Liebenswert und hochzuachten.
Sie schreiben nichts von sich noch von Arbeit.
Ich wünsche beiden alles Gedeihen.
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I5. Agst 1920
Preußischer
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Kulturbesitz
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