Martin Wegelius an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Helsinki · 24. Juni 1894

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Mus.ep. M. Wegelius 8 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5321
Hfors d. 24 Juni 1894.

Liebster Freund!

Der Klindworth Wegelius kannte den Pianisten Karl Klindworth, ehemaliger Liszt-Schüler und Mitgründer des Klindworth-Scharwenka-Konservatoriums in Berlin, wahrscheinlich spätestens seit 1889, als er durch mehrere europäische Städte gereist war – darunter Berlin –, um den Unterricht an anderen Konservatorien kennenzulernen (vgl. von Bonsdorff 2019, S. 363). Dem folgenden Brief ist zu entnehmen, dass er sich an Klindworth gewandt hatte, nachdem Empfehlungen von Busoni und Riemann zu keinem Ergebnis geführt hatten. Der Briefwechsel zwischen Wegelius und Klindworth konnte nicht ermittelt werden. hat uns
einen jungen Mann, Kurt
Muller Müller
Der 1873 oder 1874 geborene Pianist Kurt Müller war bis 1892 Karl Klindworths Schüler gewesen und unterrichtete seitdem am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium (vgl. N. N. 1892b; N. N. 1892c). Nach einer kurzen Lehrtätigkeit in Helsinki (siehe die folgenden Briefe) emigrierte er 1895 für eine Lehrstelle in die USA. empfohlen,
und zwar sehr warm in mu⸗
sikalischer und persönlicher
Beziehung. Er wünscht aber
dass ich selbst hinkommen
soll um ihn zu hören und kennen lernen, denn er möchte nicht
dass er seine Stellung am
Conservatorium aufgiebt um[1]

Helsingfors, den 24. Juni 1894.

Liebster Freund!

Der Klindworth Wegelius kannte den Pianisten Karl Klindworth, ehemaliger Liszt-Schüler und Mitgründer des Klindworth-Scharwenka-Konservatoriums in Berlin, wahrscheinlich spätestens seit 1889, als er durch mehrere europäische Städte gereist war – darunter Berlin –, um den Unterricht an anderen Konservatorien kennenzulernen (vgl. von Bonsdorff 2019, S. 363). Dem folgenden Brief ist zu entnehmen, dass er sich an Klindworth gewandt hatte, nachdem Empfehlungen von Busoni und Riemann zu keinem Ergebnis geführt hatten. Der Briefwechsel zwischen Wegelius und Klindworth konnte nicht ermittelt werden. hat uns einen jungen Mann, Kurt Müller, Der 1873 oder 1874 geborene Pianist Kurt Müller war bis 1892 Karl Klindworths Schüler gewesen und unterrichtete seitdem am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium (vgl. N. N. 1892b; N. N. 1892c). Nach einer kurzen Lehrtätigkeit in Helsinki (siehe die folgenden Briefe) emigrierte er 1895 für eine Lehrstelle in die USA. empfohlen und zwar sehr warm in musikalischer und persönlicher Beziehung. Er wünscht aber, dass ich selbst hinkommen soll, um ihn zu hören und kennenzulernen, denn er möchte nicht, dass er seine Stellung am Konservatorium aufgibt, um hieher zu kommen und dann vielleicht doch „nicht zu gefallen“ (nämlich dem Publikum). Ich schreibe ihm heute, dass ich nicht kommen kann, dass ich aber in Berlin „ein zweites, besseres Ich“ habe, nämlich dich, und dass die Verständigung am besten durch dich zu vermitteln wäre. Also, sei so lieb, liebes Busöneken, und suche den jungen Mann auf – Berlin, Körnerstraße 1, III – (und zwar sogleich, wenn’s dir möglich ist), grüße ihn von mir und – tue alles, was Du für nötig hältst, um dir einen bestimmten Eindruck zu verschaffen! Teile mir dann diesen Eindruck mit, wenn’s geht telegraphisch, jedenfalls aber auch brieflich. Meine Telegraphadresse ist von übermorgen an: Fiskars, Briefadresse Karis, Pojo. Wahrscheinlich verbrachten Wegelius und seine Frau den Sommer im Ferienhaus seiner verstorbenen Eltern in Pohja/Pojo, wie schon die Sommer davor (vgl. von Bonsdorff 2019, S. 400). Klindworth schreibt:

„er ist sehr kleiner Gestalt, es ist ihm versagt, sogleich einen imponierenden, günstigen Eindruck zu machen. Wäre dies Geschenk ihm von der Natur gegeben, so würde ich keinen Moment gezögert haben, denn 1) ist er ein vortrefflicher Virtuos, der die schwersten Sachen nicht allein technisch vollständig beherrscht, sondern alles mit Geist erfasst und eine prächtige Anlage für Formschönheit hat. Sein Repertoire ist umfassend, er hat hier verschiedentlich konzertiert. 2) ist er ein vortrefflich gewissenhafter Lehrer, unermüdlich, fleißig und geduldig. Versteht einen guten Anschlag zu bilden, hört scharf und korrekt. Ist tüchtiger, gebildeter Musiker.“

Das klingt ja alles sehr gut – nicht wahr? Er ist wohl doch nicht so verdammt hässlich, dass er abstoßend wirkt?

Lieber Freund, verzeihe mir nun diese Mühe, und tue mir diesen Dienst! Nenne mir dann deine Auslagen für diese Sache, damit ich sie dir ersetzen kann.

In größter Eile dein ergebenster

M Wegelius

Er weiß durch Klindworth, dass wir 4200 mf bieten.

                                                                
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hieher zu kommen, und dann
vielleicht doch “nicht gefallen”
hier (nämlich dem Publicum).
Ic[…] 1 Zeichen: überschrieben. h schreibe ihm heute, dass
ich nicht kommen kann,
dass ich aber in Berlin “ein
zweites, besseres ich”
habe, näm⸗
lich dich, und dass diese Ver⸗
ständigung am besten durch
dich zu vermitteln wäre. Al⸗
so, sei so lieb, liebes Busö⸗
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Mann
auf – Berlin, Körnerstras⸗
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– [und zwar sogleich,
wenn’s dir möglich ist,] grüsse
ihn von mir und – thue
alles was Du für nöthig
hältst, um dir einen bestimm⸗
ten Eindruck zu verschaffen! Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

                                                                
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phisch, jedenfalls aber auch
brieflich. Meine telegraphadres⸗
se ist vom übermorgen an:
Fiskars, Briefadresse Karis,
Pojo. Wahrscheinlich verbrachten Wegelius und seine Frau den Sommer im Ferienhaus seiner verstorbenen Eltern in Pohja/Pojo, wie schon die Sommer davor (vgl. von Bonsdorff 2019, S. 400). Klindworth schreibt:

Er weiss durch Kl., dass wir 4200 mf bieten.

“er ist sehr kleiner Gestalt, es
ist ihm versagt sogleich einen
imponirenden, günstigen Ein⸗
druck zu machen. Wäre diess
Geschenk ihm von der Natur
gegeben, so würde ich keinen
Moment gezögert haben, denn
1) ist er ein vortrefflicher Vir⸗
tuos, der die tech schwersten
Sachen nicht allein technisch
vollständig beherrscht, son⸗
dern Alles mit Geist erfasst

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
[2]

                                                                
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pertoire ist umfassend, er hat
hier verschiedentlich concertirt.
2) ist er ein vortreffl. gewissen⸗
hafter Lehrer, unermüdlig, fleis⸗
sig und geduldig. Versteht ei⸗
nen guten Anschlag zu bil⸗
den, hört scharf und correct. Ist
tüchtiger, gebildeter Musiker.”

Dass klingt ja alles se[e]h sehr
gut – nicht wahr? Er ist wohl
doch nicht so verdammt häss⸗
lich, dass er abstossend wirkt?

Lieber Freund, verzeihe mir
nun diese Mühe, und thue
mir diesen Dienst! Nenne mir
dann deine Auslagen für die⸗
se Sache, damit ich sie dir
ersetzen kann. In grösster
[am linken Rand, längs:]
Eile dein ergebenster
M Wegelius

                                                                
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7g
Rek.
Herrn Professor F. B. Busoni,
Tonkünstler.
25178
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Absender: M. Wegelius
Bestellt
vom
Postamte 2
27. 6. 94
8–9½V.
C.Петербург
13
12 5 – 94 12
VI
5. Эксп
K.P.X.P.No11
* 24. IV. 94 *
О. ВагонъNo11





Mus.Nachl. F. Busoni B II,5321
Nachlaß Busoni
B II
Mus.ep. M. Wegelius 8
                                                                
<address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" rend="align(center)"> <addrLine>Absender: <persName key="E0300207">M. Wegelius</persName></addrLine> </address>
<note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" resp="#post_de" place="top-center" rend="rotate(180)" xml:id="post_rec"> <stamp rend="round border align(center)"> Bestellt <lb/><seg rend="small">vom</seg> <lb/>Postamte 2 <lb/><date when-iso="1894-06-27">27. 6. 94</date> <lb/>8–9½V. </stamp> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" resp="#post_stpet" place="left" rend="rotate(180)" xml:id="post_for_stpet"> <stamp rend="round border align(center) majuscule" xml:lang="ru"> <placeName key="E0500116">C.Петербург</placeName> <lb/>13 <lb/>12 5 – 94 12 <lb/>VI <lb/>5. Эксп </stamp> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" resp="#post_ru" place="right" xml:id="post_for_ru"> <stamp rend="round border align(center) majuscule" xml:lang="ru"> K.P.X.P.N<hi rend="sup underline2 tiny">o</hi>11 <lb/>* <date when-iso="1894-04-24">24. IV. 94</date> * <lb/>О. ВагонъN<hi rend="sup underline2 tiny">o</hi>11 </stamp> </note> <lb xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"/> <lb xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"/> <lb xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"/> <lb xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"/> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="shelfmark" place="bottom-center" resp="#archive"> <lb/>Mus.Nachl. F. Busoni B II,<add place="above">5321</add> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="center" rend="strikethrough" resp="#sbb_st_black"> <stamp>Nachlaß Busoni</stamp> </note> <del xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" rend="strikethrough"> <note type="shelfmark" place="inline" resp="#archive_red"> B II <handShift new="#archive"/><lb/><seg rend="align(center)">Mus.ep. M. Wegelius 8</seg> </note> </del>

Dokument

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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 5321 | olim: Mus.ep. M. Wegelius 8 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Brief und Umschlag sind gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Martin Wegelius, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (schwarze Tinte)
  • Helsinkier Poststempel (schwarze Tinte)
  • Russischer Poststempel (schwarze Tinte)
  • Sankt Petersburger Poststempel (schwarze Tinte)
  • Poststempel des Zustellbezirks (schwarze Tinte)
  • Poststempel Einschreiben (schwarze Tinte)
  • Hand eines Postbeamten, der die Notiz
  • Rek.
  • auf dem Briefumschlag vermerkt hat
  • Unbekannte Hand, die den Straßennamen auf dem Briefumschlag ergänzt hat
  • Unbekannte Hand, die auf dem Briefumschlag mit blauem Stift die Zahl
  • 2517
  • eingetragen hat
  • Unbekannte Hand, die auf dem Briefumschlag mit Bleistift die Zahl
  • 8
  • hinter der Notiz
  • 2517
  • ergänzt hat
  • Unbekannte Hand, die auf dem Briefumschlag mit schwarzer Tinte die Notiz
  • 2148/7g
  • eingetragen hat
  • Unbekannte Hand, die auf dem Briefumschlag mit schwarzer Tinte die Zahl
  • 2327
  • eingetragen hat
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Wegelius bittet Busoni, sich den ehemaligen Klindworth-Schüler Kurt Müller anzuhören und zu entscheiden, ob er als Lehrer für das Institut in Helsinki geeignet sei; zitiert umfangreich aus Klindworths Empfehlungsschreiben für Müller.
Incipit
Der Klindworth hat uns einen jungen Mann

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
19. März 2024: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition