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Mus.ep. F. Busoni 746 (Busoni-Nachl. B I) Mus.Nachl. F. Busoni B I, 893
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am 19. November 1915
Verehrteste Freundin,
durch den Besuch des Herrn Sobern- heims aus Berlin, der gestern erfolgte, –
diesers dank seiner Klugheit u. Freund- schaft im Rathe zuverlässigen Mannes,
haben sich meine vorläufigen Entschlüße
ein wenig gefestigt. Im Grunde bleibt
ja der eigenen Wahl u. Entscheidung
wenig Spielraum; es heisst vielmehr,
innerhalb der gegebenen zwingenden
Umstaende, sich möglichst günstig zu- recht zu finden.
Aufgrund der anfänglichen Neutralität und insbesondere nach dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente am 23. Mai 1915 war es Busoni als italienischem Staatsbürger nicht möglich, von seiner Anfang 1915 begonnenen USA-Tournee nach Deutschland zurückzukehren.
Also fügt es sich, dass
ich Zürich gegenwärtig zurals Wohn- ort und ×als hauptsächlichens Thätigkeits= Zentrum, mit gelegentlichen Aus- flügen nach anderen Schweizer Orten
u. nach Italien, erlesen musste.
Hier erreichte mich Ihr heute
bereits ein Monat alter Brief, der
eine wohlthuhende Wärme ver- breitete, öfters gelesen und unter
uns vorgelesen wurde.Deutsche Staatsbibliothek Berlin
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am 19. November 1915
Verehrteste Freundin,
durch den Besuch des Herrn Sobernheim aus Berlin, der gestern erfolgte –
dieses dank seiner Klugheit und Freundschaft im Rate zuverlässigen Mannes –,
haben sich meine vorläufigen Entschlüsse
ein wenig gefestigt. Im Grunde bleibt
ja der eigenen Wahl und Entscheidung
wenig Spielraum; es heißt vielmehr,
innerhalb der gegebenen zwingenden
Umstände, sich möglichst günstig zurechtzufinden.
Aufgrund der anfänglichen Neutralität und insbesondere nach dem Kriegseintritt Italiens auf Seiten der Entente am 23. Mai 1915 war es Busoni als italienischem Staatsbürger nicht möglich, von seiner Anfang 1915 begonnenen USA-Tournee nach Deutschland zurückzukehren.
Also fügt es sich, dass
ich Zürich gegenwärtig als Wohnort und als hauptsächliches Tätigkeits-Zentrum, mit gelegentlichen Ausflügen nach anderen Schweizer Orten
und nach Italien, erlesen musste.
Hier erreichte mich Ihr heute
bereits ein Monat alter Brief, der
eine wohltuhende Wärme verbreitete, öfters gelesen und unter
uns vorgelesen wurde.
Sie sind eine der wenigen, die
mir die Situation richtig nachfühlen
und meine Flucht aus Amerika mit
dem Herzen gutheißen. – Hier ist
Frieden und auch Kultur, doch
das Leben dreht sich eng, und
allem fehlt die höchste Spitze; als
ob die Natur in ihren Bergen das
erschöpft hätte und sie nun die Übrigbleibsel ihrer Gestaltungsmacht auf
den Rest anwandte. „Sauber“ ist
jedwedes im Lande, stellenweise
auch mit Geist vermengt; doch
nicht viel darüber. Gegen die
große Wüste Amerikas immerhin
eine kleine Schatzinsel, und in
seiner Art „vollständig“. – Auch
ich werde genügend Arbeit haben,
und wenn nicht, so kann ich mir
welche schaffen.
Zu Busonis Werken der Zürcher Jahre gehören u.a. das Indianische Tagebuch II, die Opern Arlecchino und Turandot sowie ein großer Teil der Arbeit an Doktor Faust und die Neuausgabe des Entwurfs einer neuen Ästhetik der Tonkunst, außerdem zahlreiche Klavier-Bearbeitungen.
Öffentliches davon
wird sich, von der Hälfte Januar
ab bis in den April hinein, abspielen.
Wenn Sie mich aufsuchen könnten,
so wäre eines der Ziele, die mich
hierherbrachten, erfüllt! – Darauf
richte auch ich, mit Nietzsche zu
sprechen, die Pfeile meiner Sehnsucht,
und ich küsse Ihre Hände als
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<lb/>ein wenig gefestigt. Im Grunde bleibt
<!-- gibt es weitere Informationen zu Sobernheims Rat für Zürich (andere Korrespondenz)? -->
<lb/>ja der eigenen Wahl <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Entscheidung
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B I, 893 [2]
Sie sind Eine der wenigen, die
mir die Situation richtig nachfühlen
u. meine Flucht aus America mit
dem Herzen gutheißen. – Hier ist
Frieden und auch Kultur, doch
das Leben dreht sich eng und
Allem fehlt die höchste Spitze; als
ob die Natur in ihren Bergen das
erschöpft hätte, und sie nun die Übrig- bleibsel derihrer Gestaltungsmacht auf
d ieen Rest anwandte. “Sauber” ist
jedwedes im Lande, stellenweise
auch mit Geist vermengt; doch
nicht viel darüber. Gegen die
grosse Wüste Americas, immerhin
eine kleine Schatzinsel, und in
seiner Art “vollstaendig”. – Auch
ich werde genügend Arbeit haben
und wenn nicht, so kann ich mir
welche schaffen.
Zu Busonis Werken der Zürcher Jahre gehören u.a. das Indianische Tagebuch II, die Opern Arlecchino und Turandot sowie ein großer Teil der Arbeit an Doktor Faust und die Neuausgabe des Entwurfs einer neuen Ästhetik der Tonkunst, außerdem zahlreiche Klavier-Bearbeitungen.
Öffentliches davon
wird sich, von der Hälfte Januar
ab bis in den April hinein, abspielen.
Wenn Sie mich aufsuchen könnten,
so waere eines der Zwecke Ziele, die mich
hierherbrachten, erfüllt! – Darauf
richte auch ich, mit Nietzsche zu
sprechen, die Pfeile meiner Sehnsucht
und ich küsse Ihre Haende als
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<lb/><choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>llem fehlt die höchste Spitze; als
<lb/>ob die Natur in ihren Bergen das
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<lb break="no"/>bleibsel <subst><del rend="strikethrough">der</del><add place="above">ihrer</add></subst> Gestaltungsmacht auf
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Öffentliches davon
<lb/>wird sich, von der Hälfte <date when-iso="1916-01/1916-04">Januar
<lb/>ab bis in den April</date> hinein, abspielen.</p>
<p rend="indent-first">Wenn Sie mich aufsuchen könnten,
<lb/>so w<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>re eines der <del rend="strikethrough">Zwecke</del> <add place="above">Ziele</add>, die mich
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<!-- hat ein Besuch Oppenheimers in der Schweiz stattgefunden? -->
<lb/>richte auch ich, mit <persName key="E0300090">Nietzsche</persName> zu
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<!-- ein Nietzsche-Zitat, Quelle? -->
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Deutsche Staatsbibliothek Berlin
1915
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