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                    24/8.19091 
                                                                
                        Deutsche
                             Staatsbibliothek
                            Berlin Sehr verehrter Herr Busoni, ich muss mich
                    vor Allem entschuldigen für etwas, woran ich
 nur theilweise schuld bin und nur auf eine
 Art schuld bin, die Nachsicht zulässt. Ich
 hatte schon
                                                                Bei Theurich 1977 (173) und Theurich 1979 (163) mit folgendem Komma.
                    
                    als ich die erste Hälfte des vorigen Briefes
 schrieb vor, Sie um Ihre Bearbeitung zu ersuchen,
 vergaß aber daran. Dann nahm ich mi
 chr vores in der Nachschrift zu thun und vergaß wieder.
 Schließlich wollte ich diesem langen Brief
                        Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4550
 noch eine Postkarte folgen lassen – aber ich
 vergaß zum drittenmal. Haben Sie Nachsicht
 mit Vergesslichkeit? Ich bin |sehr| ∿ |auf die|
 seBei Theurich 1977 (173) und Theurich 1979 (163) ist die offenbar beabsichtigte Umstellung von „sehr auf die“ zu „auf die sehr“ (vgl. das Einweisungszeichen und die begonnene, dann gestrichene Wiederholung von „sehr“) nicht berücksichtigt.
                    
                    ange⸗wiesen, da sie mich stets in Konflikte bringt.
 Ich hoffe Sie nehmen diese Sache nunmehr
 nur von dieser Seite und Ihre Verstimmung
 
 istaus diesem Grunde ist aus der Welt geschafft. Nun aber bitte ich Sie recht sehr, bmir 
                        Mus.ep. A. Schönberg 11 (Busoni-Nachl. B II) | 
                
                
                
                    
                    
                    24.8.1909 Sehr verehrter Herr Busoni,  ich muss mich
                     vor allem entschuldigen für etwas, woran ich
                     nur teilweise schuld bin und nur auf eine
                     Art schuld bin, die Nachsicht zulässt. Ich
                     hatte schon,
                    
                    als ich die erste Hälfte des vorigen Briefes
                     schrieb, vor, Sie um Ihre Bearbeitung zu ersuchen,
                     vergaß aber daran. Dann nahm ich mir vor
                     es in der Nachschrift zu tun, und vergaß wieder.
                     Schließlich wollte ich diesem langen Brief
                    
                     noch eine Postkarte folgen lassen – aber ich
                     vergaß zum dritten Mal. Haben Sie Nachsicht
                     mit Vergesslichkeit? Ich bin auf die  sehr 
                    
                        
                    
                    
                    angewiesen, da sie mich stets in Konflikte bringt.
                     Ich hoffe, Sie nehmen diese Sache nunmehr
                     nur von dieser Seite, und Ihre Verstimmung
                      aus diesem Grunde ist aus der Welt geschafft. Nun aber bitte ich Sie recht sehr,  mir
                    
                    
                    
                    
                    
                    Ihre Transkription so bald wie möglich zu
                     schicken; ich bin wirklich begierig, den
                     „Motivenbericht“ zu Ihrem Verbesserungs-Antrag kennen zu lernen. Ferner muss ich Ihnen sehr danken für
                     Ihren in Anbetracht Ihrer berechtigten Verstimmung
                    
                     wirklich großherzigen Antrag,  das eine Stück
                     und Ihre Paraphrase davon abzudrucken. Aber da
                     sind so viele
                    
                    Schwierigkeiten, dass ich wirklich
                     nicht weiß, ob wir uns werden einigen können.
                     Zunächst, rein materiell, müsste der Abdruck so
                     geschehen, dass das mein Recht, das Stück noch einmal
                     herauszugeben,  nicht tangierte,
                     weil mir sonst ein „Opus“ zerrissen würde.
                     Dazu hätte ich außerdem die Zustimmung
                     meines Verlegers nötig, die ich ja allerdings
                     leicht bekommen könnte. Dann bedrückt
                     es mich, das ganze Honorar anzunehmen,
                     wo ja Ihre Bearbeitung ebenfalls Ansprüche
                     geltend machen sollte. Aber das Wichtigste und Entscheidendste
                     für mich ist doch die künstlerische Frage
                    
                    
                    
                    dabei. Und ob wir da einen Ausweg finden werden …?…? Sie müssen  sich Folgendes vorhalten:
                     Ich kann doch unmöglich mein Stück herausgeben
                     und daneben eine Bearbeitung, die zeigt, wie
                     ich es hätte besser machen sollen. Die also zeigt,
                     dass meine Komposition unvollkommen ist.
                     Und ich kann doch unmöglich derjenigen Öffentlichkeit, der ich den Glauben beibringen
                     will, mein Stück sei gut, gleichzeitig
                    
                    zeigen,
                     dass es schlecht ist. Ich dürfte das – aus Selbsterhaltungstrieb – 
                     nicht einmal, wenn ich es selbst glaubte.
                     In diesem Fall müsste ich mein Stück entweder vernichten oder es selbst umarbeiten. Nun aber – Sie verzeihen meine
                     rückhaltslose Offenheit, wie ich Ihnen die
                     ihre nicht übelnehme – ich glaube es absolut
                     nicht. Ich bin fest überzeugt, dass Sie diesen
                         Stücken Unrecht tun. Ich bin fest überzeugt, dass
                     Sie denselben Fehler begehen, den jeder phantasievolle Kritiker begeht: Sie wollen nicht sich
                     auf den Standpunkt des Autors stellen, sondern
                    
                    
                    
                    wollen im Werke eines andern
                    
                    sich selbst, durchaus
                         sich selbst finden. Und das geht eben nicht. Es gibt
                     keine Kunst, die ganz der Eine ist, der sie geschaffen,
                     und gleichzeitig ganz
                    
                    der Andere, der sie genießt. Einer
                     muss nachgeben, und ich glaube, es muss das der
                     Genießer sein. Und Ihre Motivierung scheint mir auch
                     ganz unrichtig, wenn Sie meinen, dass ich, unnützerweise
                    
                    auf schon Errungenes Verzicht leistend,
                     anders, aber nicht reicher werde. Ich glaube nicht an den neuen Wein, den
                     man in alte Schläuche füllt. Ich habe in der
                     Kunstgeschichte die entgegengesetzte Beobachtung
                     gemacht: Die kontrapunktische Kunst Bachs ist verloren,
                     wenn Beethovens melodische Homophonie beginnt. Die Formenkunst Beethovens wird verlassen,
                     wenn Wagners Ausdruckskunst beginnt. Die Einheit der Zeichnung, die Reinheit
                    
                     des Kolorits, die saubere
                    
                    Durcharbeitung jedes
                     Details, das sorgfältige Herausmodellieren,
                     das Untermalen und das Lasurieren, das
                     Komponieren im Raum und alles andere, was
                     die ältere Malkunst ausmacht, hört einfach
                    
                    
                    
                    auf, wenn die Impressionisten anfangen,
                     die Dinge so zu malen, wie sie scheinen,
                     und nicht so, wie sie sind. Jawohl, wenn eine neue Kunst neue
                     Ausdrucksmittel sucht und findet, dann
                     geht zunächst immer fast alles schon Errungene zum Teufel: scheinbar wenigstens;
                     denn  in der Tat ist es doch drin; aber
                     auf eine  andere Art.
                     (Das auseinanderzusetzen würde zu weit führen.) Und nun: ich muss sagen, ich habe eigentlich auf mehr verzichtet als auf einen Klavierklang, als ich begann, meiner Natur ganz
                     zu folgen und solche Musik zu schreiben.
                    
                     Ich finde, wenn man verzichtet auf eine
                     Formenkunst, eine Architektur der Oberstimme, eine Kunst der motivischen Polyphonie
                     von einer Höhe der  Vollendung, wie sie in
                     den letzten Jahrzehnten von Brahms, Wagner
                     und anderen auch Modernen erreicht wurde – dann
                     kommt einem das bisschen
                    
                    Klavierklang
                     sogar als recht wenig vor. Und ich behaupte:
                    
                    
                    
                    Man muss die geheimnisvollen Wunder
                     unserer tonalen Harmonik, ihre unerhört fein
                     ausgewogenen architektonischen Werte und
                     ihre kabbalistischen mathematischen so begriffen
                     und bewundert, angestaunt haben wie ich,
                     um, wenn man auf sie Verzicht leistet,
                     zu fühlen, dass man, ihrer nicht mehr bedürfend,
                     anderen Mitteln gebietet. Dagegen erscheinen
                     klangliche Fragen, deren Reiz kaum im
                     selbem Maße der Ewigkeit angehört,
                     als Kleinigkeiten. Trotzdem aber stehe ich auch in dieser
                     Frage auf einem Standpunkt, der es absolut nicht nötig hat, für den eines
                     Verzichtenden, Verlierenden angesehen
                     zu werden. Sähen Sie meine neuen
                         Orchestersachen, so könnten Sie auch an
                     denen bemerken, wie ich mich deutlich abwende
                     von dem vollen „Götter- und Übermenschen-Klang“ des Wagner’schen Orchesters. Wie alles
                     zarter, dünner wird. Wie gebrochene
                     Farbentöne
                    
                    stehen, wo sonst helle, leuchtende
                    
                    
                    
                    waren. Wie meine ganze Orchestertechnik
                     einen Weg geht, der geradezu das Gegenteil
                     von dem zu werden scheint, der vorher beschritten wurde. Das ist, finde ich, die
                     natürliche Reaktion. Wir haben die
                     vollen,  weichen Klänge Wagners
                     satt, zum Überdruss: „Nun lasst uns
                         andere Töne anstimmen …“
                                                                Der von Schönberg evozierte Textbeginn des Finales von Beethovens 9. Symphonie lautet im Original: „O Freunde, nicht diese Töne, sondern lasst uns angenehmere anstimmen“.
                    
                 Und nun kommt dazu, dass ich (ich
                     muss das wiederholen) mich für berechtigt
                     halte zu glauben, mein Klaviersatz
                     brächte Neues. So belehrt mich nicht
                     nur meine Empfindung. Auch Urteile
                    
                     von Freunden und Schülern drücken
                     das  aus, die meinen, dass mein
                     Klaviersatz klanglich absolut Neues bringe. Die Sache steht also für mich so:
                     Ich glaube, mein Klaviersatz ist nicht
                     das Ergebnis eines Unvermögens, sondern
                     der Ausdruck eines festen Willens,  bestimmter
                         Neigungen, greifbar deutlicher Empfindungen.
                     Was er nicht tut, ist nicht: was
                    
                     er nicht kann, sondern: was er nicht will. Was er tut: ist nicht, was auch anders geschehen
                     könnte, sondern was er tun muss.
                     Er hat also Eigenart, Stil und ist
                     organisch. — Eine Transkription dagegen erweckt
                     in mir die Befürchtung, dass sie entweder
                    
                     
                        hineinträgt, was ich grundsätzlich, oder
                             meinen Neigungen folgend, vermeide;
                        hinzufügt, was ich – in den Grenzen meiner
                             Persönlichkeit – nie hätte finden können, was
                             mir also fremd oder unerreichbar ist;auslässt, was mir notwendig scheint,verbessert, worin ich unvollkommen
                             bin und unvollkommen bleiben muss. Eine Transkription tut mir also unbedingt Gewalt an: ob sie meinem Werk
                     nun nützt oder schadet.
                 Sie schreiben auch über Transkription
                     in Ihrer Broschüre,
                                                                Vgl. in Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst den Abschnitt über Notation und Transkription (S. 17–19 der Erstausgabe).
                    
                    die mir außerordentlich
                     gefällt und die wirklich beweist, wie dieselben
                     Ideen in derselben Zeit, gleichzeitig in verschiedenen Köpfen auftauchen. Ich bin insbesondere mit Ihrer Konstatierung sehr einverstanden, dass schon jede Notation überhaupt
                     Transkription ist. Ich habe schon vor Jahren
                     ähnlich argumentiert, als die Öffentlichkeit
                     Mahler angriff, wegen seiner Instrumentations-Änderungen bei Beethoven.
                                                                Mahler hat insbesondere die Instrumentation von Beethovens 7. und 9. Symphonie retuschiert.
                    
                     Aber das ist doch auch noch eine andere
                     Sache: ob man Beethovens zweifellos veraltete Instrumentenbehandlung und Instrumentation verbessert
                     auf Grund zweifellos besserer neuerer
                     Instrumentations-Erfahrungen, und ob
                     man meinen neuen Klavierstil verbessert
                     durch ältere Technik oder eine, deren bessere
                     Geeignetheit zumindest heute noch nicht so
                     absolut festgestellt ist, so über jeden Zweifel
                     erhaben ist. Ich kann das wohl, da ich ja Ihre
                     Transkription noch nicht kenne, gegenwärtig sagen, ohne dass Sie es als eine
                     allzu scharfe Kritik ansehen dürfen.
                     Denn Ihre Bearbeitung kann mich ja
                    
                    
                    
                    noch immer eines Anderen belehren. Aber
                     auch abgesehen davon bin ich sicher, dass
                     Sie mir die Schärfe nicht übelnehmen,
                     bin dessen sicher, weil Sie ja sonst selbst wohl
                     nicht so scharf und hart über meine Werke
                     urteilten. Und nun finde ich noch etwas, das mir
                     als Einwand gegen Sie geeignet scheint. Halten Sie denn wirklich so unendlich
                     viel  von der Vollkommenheit? Halten
                     Sie denn wirklich diese für erreichbar? Meinen
                     Sie wirklich, dass Kunstwerke vollkommen
                     sind oder sein müssen? Ich finde das nicht. Ich finde sogar
                     Gottes Kunstwerke, die der Natur
                     höchst unvollkommen. Aber für vollkommen finde ich
                     mir
                    
                    die Werke der Drechsler, Gärtner,
                     Zuckerbäcker und Friseure. Nur die
                     haben jene Glätte, jenes Ebenmaß, das
                     ich so oft zum Teufel gewünscht habe. Nur
                     sie genügen so allen Anforderungen, die
                    
                    
                    
                    man an sie stellen kann, und sonst nichts
                     Menschliches, Gottähnliches auf der Welt. Und wenn:
                     Notation
                    
                    = Transkription = Unvollkommenheit,
                     so ist doch auch:
                     Transkription
                    
                    = Notation = Unvollkommenheit.
                     Denn wenn a = b und b = c, so ist auch
                     a = c.
                 Wozu also die eine Unvollkommenheit
                     durch die andere ersetzen. Wozu jene eliminieren, die 
                    
                    vielleicht
                     den Reiz eines Werkes ausmacht, und diese dafür
                     substituieren, die ihm einen ihm fremden
                     gibt. Gehören
                    
                    nicht zum Eigentümlichen
                     einer Persönlichkeit auch deren Fehler
                     dazu? Wirken diese, wenn schon nicht
                     als schön, so doch wenigstens als Kontraste,
                     als die Grundfarbe, von der sich die
                     anderen Farben deutlich abheben? Ich habe oft daran gedacht, dass man
                     Schumanns Symphonien (den Sie, wie ich meine,
                     sehr unterschätzen
                                                                Vgl. in Busonis Entwurf einer neuen Ästhektik der Tonkunst den Passus zu „Vorspielen und Übergängen“ als der bis dato einzig wahren und freien Musik (Ausgabe 1907, S. 9): „Selbst einen so viel kleineren Schumann ergreift, an solchen Stellen Etwas von dem Unbegrenzten dieser Pan-Kunst“. An anderer Stelle heißt es: „Im Übrigen muten die meisten Klavier-Kompositionen Beethovens wie Transcriptionen vom Orchester an; die meisten Schumann’schen Orchesterwerke wie Übertragungen vom Klavier – und sind’s in gewisser Weise auch.“ (ibid., S. 18).
                    
                    und den ich heute weit über
                    
                    
                    
                    Brahms stelle) auf die Beine helfen sollte,
                     indem man ihre
                    
                    Instrumentation verbesserte.
                     Ich war mir auch um alles Theoretische daran ganz
                     klar. Heuer im Sommer habe ich mich ein
                     wenig selbst damit befasst und – habe
                     den Mut dazu verloren. Denn ich sehe zu
                     genau, dass stets mit dem, was  misslungen
                     ist, etwas sehr Eigenartiges gemeint war,
                     und ich habe nicht den Mut, einen nicht ganz
                     zur Wirklichkeit gelangenden interessanten
                     Einfall durch einen „sicheren“ Klang zu
                     ersetzen. Und mehr kann die Phantasie
                     eines Andern
                    
                    an einem wirklichen Kunstwerk
                     nicht leisten! — Rein technisch-musikalisch möchte ich
                     Sie nun nur noch fragen, ob Sie nicht
                     vielleicht ein zu langsames Tempo genommen
                     haben. Das könnte ja viel ausmachen. Oder
                     zu wenig
                    
                    Rubato. Ich bleibe niemals im
                     Takt! Niemals im Tempo! — Ihr „Entwurf einer neuen Ästhetik der
                     Tonkunst“ gefällt mir vor allem durch seine
                     Kühnheit außerordentlich. Insbesondere im Anfange stehen da ein paar kräftige Sätze,
                     von zwingender Logik und hervorragender Schärfe
                     der Beobachtung. Über Ihre Ideen mit
                     den Dritteltönen
                                                                Vgl. Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst (S. 28 f. der Erstausgabe): „Der Drittelton pocht schon seit einiger Zeit an die Pforte, und wir überhören noch immer seine Meldung.“ Im Nachlass Busonis finden sich Skizzen zur dieser Thematik, die Busoni nach eigenen Angaben seit ca. 1906 beschäftigte (vgl. Busoni 1922 (Weindel 2006), S. 118), möglicherweise auch schon sehr viel früher (siehe z. B. seine Versuche über Dritteltöne und neue Skalen, D-B, Mus.Nachl. F. Busoni C I,82).
                    
                    habe ich, allerdings auf
                     andere Weise, auch schon viel nachgedacht. Ich
                     dachte aber mehr an Vierteltöne,  bin aber jetzt
                     der Ansicht, dass diese Sache auf einem anderen
                     Wege als auf dem der Konstruktion kommen
                     wird. Überdies hat ein Schüler von mir
                                                                Zum Folgenden vgl. den in Schönbergs Harmonielehre (S. 23) frei zitierten Brief Robert Neumanns; er datiert vom 1. März 1911, bezieht sich aber auf offenkundig bereits früher Besprochenes (vgl. Eintrag und Digitalisate in der Briefdatenbank des Arnold-Schönberg-Centers, Wien).
                    
                     auf meine Anregung hin ausgerechnet, dass
                     die nächste Teilung der Oktave, die ähnliche
                     Verhältnisse haben würde wie unsere zwölfteilige,
                     53stel-Töne
                    
                    einführen müsste. Wenn Sie
                     nun 18 Dritteltöne annähmen, käme
                     das dem einigermaßen nahe, denn 3 × 18 = 54.
                     Da entfielen dann allerdings die Halbtöne ganz.
                                                                Hier liegt ein Verständnisfehler Schönbergs vor: Busonis unternimmt nicht nur eine Einteilung der Oktave in 18 Dritteltöne, sondern, um dabei nicht auf Halbtöne (und damit auf die kleine Terz und die reine Quinte) verzichten zu müssen, auch in eine zweite Dritteltonreihe, die zur ersten um einen Halbton verschoben ist, sodass sich ein Sechsteltonsystem mit 36 Tönen ergibt. Vgl. den entsprechenden Passus in Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst (S. 29 der Erstausgabe) sowie Busoni 1922 (Weindel 2006), S. 118.
                 Für die Vierteltöne hatte ich mir seinerzeit folgende Notation erdacht: Größer- und Kleiner-Zeichen
                     aus der Mathematik Ich glaube aber, dass derartige Notierungsversuche kaum werden durchdringen; denn
                     ich hoffe mit viel Zuversicht, dass unsere
                     zukünftige Notenschrift eine – wie soll
                     ich sagen: „drahtlosere“
                    
                    sein wird. Auch über die Tonarten
                                                                Busoni konstatiert eine Verbrauchtheit des Dur-Moll-Systems und errechnet durch neue Kombinationen der Reihenfolgen von Halbtönen und Ganztönen 113 neue Skalen (vgl. Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, S. 27 f. der Erstausgabe). Schönberg wird 1911 in seiner Harmonielehre erwidern: „die Plage, Hunderte von Skalen auszurechnen, könnte er sich ersparen. Ich habe mir mit Müh’ und Not die Namen der sieben Kirchentonarten gemerkt; und das waren ‚erst die Namen!‘ Ich werde mir nicht fünf von seinen Tonarten merken können. Wie soll ich dann aber komponieren – wenn ich sie gar nicht vor mir habe.“ (Schönberg 1911, S. 747)
                    
                    bin ich anderer
                     Meinung – das bezeugt ja meine Musik.
                     Ich glaube: Alles das, was man mit 113 Tonarten
                     machen kann, könnte man auch mit zwei oder drei
                             oder vier: Dur = Moll,
                    
                    Ganzton und Chromatische.
                     Jedenfalls bin ich seit langem dahinter her,
                     die Fesseln der Tonarten ganz abzustreifen.
                     Und meine Harmonik kennt keine an Tonarten
                     erinnernden Akkorde oder Melodien mehr. Nun zur Beantwortung Ihrer Fragen. Wie weit ich diese Absichten verwirkliche?
                     Nicht so weit, als ich gerne möchte. Ganz
                     genügt mir noch kein Stück. Ich möchte noch
                     bunter werden an Motiven und melodieunähnlichen
                    
                    Gestaltungen; ich möchte noch freier
                     und ungezwungener sein im Rhythmus,
                    
                    in den
                    
                    
                    
                    Taktarten; freier von Motivwiederholungen
                     und melodieartigem Fortspinnen eines
                     Gedankens. Das schwebt mir vor: so phantasiere ich Musik, bevor  ich sie notiere =
                     transkribiere. Und dazu kann ich mich
                     nicht zwingen; da muss ich warten, bis
                     mir ein Stück ganz von selbst so gelingt,
                     wie es mir vorschwebt.
                                                                Im Gegensatz zu dieser ganz auf Intuition setzenden Kompositionstechnik steht Busonis intellektuelles, berechnendes Vorgehen, dass er als Kompositionsvorgang in drei Phasen beschreibt: „Zuerst kommt die Idee, dann entsteht oder man sucht den Einfall, dann folgt die Ausführung.“ (Busoni 1907 (Weindel 2006), S. 33). Schönbergs Arbeitsweise bezeichnete Busoni als anarchisch (vgl. Busoni 1911 (Weindel 2006), S. 58 und Busoni/Galston/Weindel 1999, S. 29 ff. sowie S. 126).
                 Und damit bin ich auch zur Beantwortung
                     Ihrer anderen Frage gelangt: wie viel Absichtliches
                     und wie viel Empfundenes dabei sei. Meine einzige Absicht ist:
                     keine Absicht zu haben!
                     Keine formelle, keine architektonische,
                     keine sonstige artistische (als etwa die
                     Stimmung eines Gedichtes zu treffen),
                     keine ästhetische – überhaupt keine;
                     oder höchstens die: dem Strom meiner unbewussten
                     Empfindungen nichts Hemmendes in den
                     Weg zu legen. Nichts da hineingeraten
                     zu lassen, was durch die Intelligenz oder
                    
                    
                    
                    durch das Bewusstsein hervorgerufen ist. Kennten Sie meine Entwickelung,
                    
                     so würden Sie an dem nicht zweifeln.
                     Aber ich habe mich ja auch auf diese Frage
                     gefasst gemacht, und so kann ich sie
                     beantworten. Ich habe gewusst, dass man
                     an der Natürlichkeit meiner Absichten zweifeln
                     wird, eben weil sie natürlich sind.
                     Dass man sie konstruiert finden  wird,
                     eben weil ich alles Konstruktionsmäßige
                    
                     vermeide. Aber, wenn man sieht, wie ich mich
                     stufenweise entwickelt habe, wie ich
                     längst einer Ausdrucksform nahe war,
                     zu der ich mich heute klar und rückhaltslos bekenne, wird man verstehen, dass da
                     nichts Unorganisches,  nichts „Verschmockt-Ästhetisches“
                    
                    vor sich
                    
                    geht, sondern
                    
                    dass ein
                     Müssen dieses Resultat hervorgebracht hat. Dass ich mir heute darüber auch theoretisch
                     ziemlich klar bin, kann mir nur der
                     übelnehmen, der sich den unbewusst-schaffenden Künstler nur als eine Art
                     Halb-Kretin vorstellen kann; und
                     der sich keinen Begriff davon macht, dass
                     nach dem Unbewusst-geschaffenen die
                     Zeit des ruhigen klaren
                        
                        Schauens kommt,
                     in der man sich Rechenschaft gibt über
                     seine Zustände. Was das dritte Stück anbelangt, das
                     Ihnen, wie mich Ihre herbe Kritik vermuten
                     lässt, vorläufig gar nicht gefällt, so
                     meine ich, dass es schon wesentlich über das
                     hinausgeht, was den beiden anderen gelingt.
                     Mindestens was die früher erwähnte Buntheit anbelangt. Aber auch im „Harmonischen“
                     – wenn man hier so architektonisch reden
                     darf – scheint mir manches anders darin.
                     Insbesondere: manches dünnere, zweistimmigere.
                     Aber ich halte es auch für ungerecht zu verlangen, dass man in drei kleinen Klavierstücken die Musik dreimal auf verschiedene Arten revolutioniert. Schiene
                    
                    
                    
                    es nicht berechtigt, wenn man sich so weit außerhalb des Herkömmlichen gestellt hat, nun
                     einen Augenblick zu verschnaufen, neue
                     Kräfte zu sammeln, ehe man weiterstürmt?
                     Und ist es nicht unrecht, das Lakonische als
                     Manieriertheit zu bezeichnen? Ist das Architektonische
                     nicht ebenso Manier wie das Pointillistische
                     und das Impressionistische? Oder ist es ein
                     Fehler,  nicht lang zu werden, wenn
                     man mit kurz vollkommen auskommt?
                     Muss denn gebaut werden? Ist die Musik
                     denn eine Sparkasse? Wird es unbedingt
                     mehr, wenn es länger ist? Sollte das ein Fehler sein, dass
                     ich dort so kurz bin, dann macht dieser
                     Brief ihn wett! Aber es gab da doch
                     einige Dinge, die ich sagen wollte –
                     dass ich es nicht kürzer konnte, liegt
                     wohl an meiner technischen Unbeholfenheit. Und nun zum Schluss: Ich hoffe,
                    
                    
                    
                    Sie sind nicht bös
                    
                    über meine Offenheit
                     und bewahren mir Ihr Interesse. Vielleicht finden Sie einen Ausweg,
                     eine Erklärung, die es mir möglich
                     macht, mein Stück in Ihren Heften zu
                     veröffentlichen.
                                                                Keines von Schönbergs Drei Klavierstücken op. 11 wurde in Busonis An die Jugend veröffentlicht. Sie erschienen ein Jahr später bei der Universal-Edition, wo zwei bis drei Wochen danach Busoni seine Bearbeitung von op. 11 Nr. 2 veröffentlichte. Schönberg nahm dies kritisch zur Kenntnis, war sich jedoch zugleich bewusst, „was es heißt, von einem bedeutenden Pianisten so ernst genommen zu werden“ (Ermen 1996, S. 74). Busoni schrieb zu seiner Bearbeitung: „Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinertste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, ‚schwebenden‘ Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet.“ (Busoni/Weindel 2006, S. 125)
                 Oder aber: vielleicht
                    
                    bringen Sie alle
                         drei und die Paraphrase, mit einer
                     Erklärung, ein andermal?? Jedenfalls hoffe ich, Ihr Wohlwollen
                    
                     nicht zu verlieren, wenn ich Sie nun
                     auch bitte, mir mitzuteilen, ob Sie
                     die Stücke auch spielen wollen. Denn
                     daran liegt mir selbstverständlich auch
                     enorm viel.
                                                                „Arnold Schönberg, den er intensiv zur Kenntnis nimmt, hat er öffentlich nie gespielt.“ (Ermen 1996, S. 43). Das einzige Werk, das Busoni von Schönberg zur Aufführung brachte, waren Heinrich Schenkers Syrische Tänze, die Schönberg 1903 für Orchester uminstrumentiert hatte; vgl. hierzu den Beginn des Briefwechsels.
                 Noch etwas Eigentümliches zum Schluss:
                     Ehe ich diese Klavierstücke komponiert
                     hatte, wollte ich mich an Sie wenden
                     – ich kannte Ihre Vorliebe zu Transkriptionen –
                     mit der Frage, ob Sie nicht eines meiner
                     Kammer- oder Orchesterwerke als Transkription für Klavier allein in Ihre Konzerte
                     aufnehmen wollten. Eigentümlich: Nun treffen wir wieder
                     bei einer Transkription zusammen! War das eine von mir missverstandene Nachricht
                     meines unbewussten Ahnungsvermögens,
                     die mich an Sie im Zusammenhang
                     mit einer Transkription denken hieß. Das fiel mir neulich erst ein! Ich hoffe, bald eine freundliche Antwort zu erhalten, und empfehle mich bis
                     dahin mit vollster Hochachtung und
                     Wertschätzung   Ihr ergebener Arnold Schönberg | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
                
                <opener>
                    <byline rend="top-left">
                        <stamp rend="majuscule" resp="#schoenberg_addr_st1">
                            <address rend="align(center)">
                                <addrLine><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName></addrLine>
                                <addrLine rend="small"><delSpan rend="strikethrough" spanTo="#delAddr02"/>– – – <placeName key="E0500002">Wien</placeName> – – –</addrLine>
                                <addrLine rend="small"><placeName key="E0500077">IX. Liechtensteinstraße 68/70</placeName><anchor xml:id="delAddr02"/></addrLine>
                            </address>
                        </stamp>
                        
                        <add place="below" xml:id="addAddr02" rend="space-below">
                            <address>
                                <addrLine>derzeit: <placeName key="E0500040">Steinakirchen am Forst</placeName></addrLine>
                            </address>
                        </add>
                        
                        <substJoin target="#delAddr02 #addAddr02"/>
                    </byline>
                    
                    <dateline rend="top-right"><date when-iso="1909-08-24">24<choice><orig>/</orig><reg>.</reg></choice>8.1909</date></dateline>
                    
                    <note type="foliation" place="right" resp="#major_hand"><hi rend="large encircled">1</hi></note>
                    
                    <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red">
                        <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
                            <lb/>Staatsbibliothek
                            <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
                        </stamp>
                    </note>
                    
                </opener>
                <p rend="indent-first"><seg type="opener" subtype="salute">Sehr verehrter <persName key="E0300017">Herr Busoni</persName>,</seg> ich muss mich
                    <lb/>vor <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>llem entschuldigen für etwas, woran ich
                    <lb/>nur t<orig>h</orig>eilweise schuld bin und nur auf eine
                    <lb/>Art schuld bin, die Nachsicht zulässt. Ich
                    <lb/>hatte schon<reg>,</reg>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (163)</bibl> mit folgendem Komma.</note>
                    
                    als ich die erste Hälfte <ref type="E010001" target="#D0100012">des vorigen Briefes</ref>
                    <lb/>schrieb<reg>,</reg> vor, Sie um <rs key="E0400032">Ihre Bearbeitung</rs> zu ersuchen,
                    <lb/>vergaß aber daran. Dann nahm ich mi<subst><del rend="overwritten">ch</del><add place="across">r</add></subst> vor
                    <lb/>es in der Nachschrift zu t<orig>h</orig>un<reg>,</reg> und vergaß wieder.
                    <lb/>Schließlich wollte ich diesem langen Brief
                    
                    <note xml:id="add_sig" type="shelfmark" place="margin-right" rend="rotate(90)" resp="#archive">
                        <add place="bottom-right">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4550</add>
                    </note>
                    
                    <lb/>noch eine Postkarte folgen lassen – aber ich
                    <lb/>vergaß zum dritten<choice><orig>m</orig><reg> M</reg></choice>al. Haben Sie Nachsicht
                    <lb/>mit Vergesslichkeit? Ich bin <seg xml:id="mv_1">sehr</seg> <metamark function="transposition" target="#mv_1 #mv_2">∿</metamark> <seg xml:id="mv_2">auf die</seg> <del rend="strikethrough">se</del>
                    <listTranspose>
                        <transpose>
                            <ptr target="#mv_2"/>
                            <ptr target="#mv_1"/>
                        </transpose>
                    </listTranspose>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (163)</bibl> ist die offenbar beabsichtigte Umstellung von <q>sehr auf die</q> zu <q>auf die sehr</q> (vgl. das Einweisungszeichen und die begonnene, dann gestrichene Wiederholung von <q>sehr</q>) nicht berücksichtigt.</note>
                    
                    ange
                    <lb break="no"/>wiesen, da sie mich stets in Konflikte bringt.
                    <lb/>Ich hoffe<reg>,</reg> Sie nehmen diese Sache nunmehr
                    <lb/>nur von dieser Seite<reg>,</reg> und Ihre Verstimmung
                    <lb/><del rend="strikethrough">ist</del> aus diesem Grunde <add place="above">ist</add> aus der Welt geschafft.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Nun aber bitte ich Sie recht sehr, <del rend="strikethrough">b</del> mir
                    
                    <note xml:id="del_sig" type="shelfmark" place="bottom" resp="#archive">
                        <del rend="strikethrough">Mus.ep. A. Schönberg 11 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II<handShift new="#archive"/>)</del>
                    </note>
                    
                    <substJoin target="#del_sig #add_sig"/>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  2Facsimile |  2Diplomatic transcription |  2XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    Ihre Transkription so bald wie möglich zu
                    schicken; ich bin wirklich begie
 grig den„Motivenbericht“ zu Ihrem Verbesserungs=An⸗
 trag kennen zu lernen.
 Ferner muss ich Ihnen sehr danken für
                    Ihren in Anbetracht Ihrer berechtigten Verstimmung
                                                                Bei Theurich 1977 (173) und Theurich 1979 (163) wird der Oberstrich dem „m“ zugeordnet (als Verdopplungsstrich), nicht dem „u“ (vgl. aber etwa die Zuordnung bei demselben Wort auf der vorherigen Seite).
 wirklich großherzigen Antrag
 eine
                                                                        transcription uncertain:
                    cancelled.
                das eine Stückund Ihre Paraphrase davon abzudrucken. Aber da
 sind soviele
                                                                Theurich 1977 (173), Theurich 1979 (163) und Beaumont 1987 (392) fälschlich: „frische“ (bzw. „new“).
                    
                    Schwierigkeiten, dass ich wirklich
 nicht weiß, ob wir uns werden einigen können.
 Zunächst, rein materiell, müsste der Abdruck so
 geschehen, dass das mein
 eRechte, das Stück noch einmalheraus zu geben
 dadurchnicht tangierte,wären
                                                                        transcription uncertain:
                    cancelled.
                .weil mir sonst ein „Opus“ zerrissen würde.
 Dazu hätte ich außerdem die Zustimmung
 meines Verlegers nötig, die ich ja allerdings
 leicht bekommen könnte. Dann bedrückt
 es mich, das ganze Honorar anzunehmen,
 wo ja Ihre Bearbeitung ebenfalls Ansprüche
 geltend machen sollte.
 Aber das Wichtigste und Entscheidendste
                    für mich ist doch die Künstlerische Frage2
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <rs key="E0400032">Ihre Transkription</rs> so bald wie möglich zu
                    <lb/>schicken; ich bin wirklich begie<subst><del rend="overwritten">g</del><add place="across">r</add></subst>ig<reg>,</reg> den
                    <lb/><soCalled rend="dq-du">Motivenbericht</soCalled> zu Ihrem Verbesserungs<pc>=</pc>An
                    <lb break="no"/>trag kennen zu lernen.</p>
                
                <p rend="indent-first">Ferner muss ich Ihnen sehr danken für
                    <lb/>Ihren in Anbetracht Ihrer berechtigten Verstimmung
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (163)</bibl> wird der Oberstrich dem <mentioned>m</mentioned> zugeordnet (als Verdopplungsstrich), nicht dem <mentioned>u</mentioned> (vgl. aber etwa die Zuordnung bei demselben Wort auf der vorherigen Seite).</note>
                    
                    <lb/>wirklich großherzigen Antrag<reg>,</reg> <del rend="strikethrough"><unclear reason="strikethrough" cert="high">eine</unclear></del> <rs key="E0400113">das eine Stück</rs>
                    <lb/>und <rs key="E0400032">Ihre Paraphrase davon</rs> abzudrucken. Aber da
                    <lb/>sind so<reg> </reg>viele
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_major" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (163)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (392)</bibl> fälschlich: <q>frische</q> (bzw. <q>new</q>).</note>
                    
                    Schwierigkeiten, dass ich wirklich
                    <lb/>nicht weiß, ob wir uns werden einigen können.
                    <lb/>Zunächst, rein materiell, müsste der Abdruck so
                    <lb/>geschehen, dass <add place="above">das</add> mein<del rend="strikethrough">e</del> Recht<del rend="strikethrough">e</del>, <rs key="E0400113">das Stück</rs> noch einmal
                    <lb/>heraus<orig> </orig>zu<orig> </orig>geben<reg>,</reg> <del rend="strikethrough">dadurch</del> nicht tangiert<subst><add place="inline">e,</add><del rend="strikethrough"><unclear reason="strikethrough" cert="high">wären</unclear>.</del></subst>
                    <lb/>weil mir sonst ein <soCalled rend="dq-du"><rs key="E0400019">Opus</rs></soCalled> zerrissen würde.
                    <lb/>Dazu hätte ich außerdem die Zustimmung
                    <lb/><persName key="E0300044">meines Verlegers</persName> nötig, die ich ja allerdings
                    <lb/>leicht bekommen könnte. Dann bedrückt
                    <lb/>es mich, das ganze Honorar anzunehmen,
                    <lb/>wo ja Ihre Bearbeitung ebenfalls Ansprüche
                    <lb/>geltend machen sollte.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Aber das Wichtigste und Entscheidendste
                    <lb/>für mich ist doch die <choice><orig>K</orig><reg>k</reg></choice>ünstlerische Frage
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">2</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  3Facsimile |  3Diplomatic transcription |  3XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    dabei. Und ob wir da einen Aus[…]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            weg fin⸗den werden ….?..?
 Sie müssen dochsich folgendes vorhalten:Ich kann doch unmöglich mein Stück herausgeben
 und daneben eine Bearbeitung, die zeigt, wie
 ich es hätte besser machen sollen. Die also zeigt,
 dass meine Komposition unvollkommen ist.
 Und ich kann doch unmöglich, derjenigen Öffent⸗
 lichkeit, der ich den Glauben bei
 z
                                                                        transcription uncertain:
                    overwritten.
                bringenwill, mein Stück sei gut, gleichzeitig
                                                                Bei Theurich 1977 (173) und Theurich 1979 (163) „gleichzeitig“ ohne Hervorhebung.
                    
                    zeigen
 dass es schlecht ist.
 Ich dürfte das – aus Selbsterhaltungstrieb – 
                    nicht einmal, wenn ich es selbst glaubte.
 In diesem Fall müsste ich mein Stück ent⸗
 weder vernichten, oder es selbst umarbeiten.
 Nun aber – Sie verzeihen meine
                    rückhaltslose Offenheit, wie ich Ihnen die
 Ihre nicht übelnehme – ich glaube es absolut
 nicht. Ich bin fest überzeugt, dass Sie diese
 mnStücken Unrecht thun. Ich bin fest überzeugt, dass
 Sie denselben Fehler begehen, den jeder phantasie⸗
 volle Kritiker begeht: Sie wollen nicht sich
 auf den Standpunkt des Autors stellen, sondern3
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    dabei. Und ob wir da einen Aus<del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" extent="1" unit="char"/></del>weg fin
                    <lb break="no"/>den werden …<orig>.</orig>?<choice><orig>..</orig><reg>…</reg></choice>?</p>
                
                <p rend="indent-first">Sie müssen <del rend="strikethrough">doch</del> sich <choice><orig>f</orig><reg>F</reg></choice>olgendes vorhalten:
                    <lb/>Ich kann doch unmöglich <rs key="E0400113">mein Stück</rs> herausgeben
                    <lb/>und daneben <rs key="E0400032">eine Bearbeitung</rs>, die zeigt, wie
                    <lb/>ich es hätte <hi rend="underline">besser</hi> machen sollen. Die also zeigt,
                    <lb/>dass <rs key="E0400113">meine Komposition</rs> <hi rend="underline">unvollkommen</hi> ist.
                    <lb/>Und ich kann doch unmöglich<orig>,</orig> derjenigen Öffent
                    <lb break="no"/>lichkeit, der ich den Glauben bei<subst><del rend="overwritten"><unclear cert="high" reason="overwritten">z</unclear></del><add place="across">b</add></subst>ringen
                    <lb/>will, <rs key="E0400113">mein Stück</rs> sei <hi rend="underline">gut</hi>, <hi rend="underline">gleichzeitig</hi>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (163)</bibl> <q>gleichzeitig</q> ohne Hervorhebung.</note>
                    
                    zeigen<reg>,</reg>
                    <lb/>dass es <hi rend="underline">schlecht</hi> ist.</p>
                
                <p rend="indent-first">Ich dürfte das – aus Selbsterhaltungstrieb – 
                    <lb/>nicht einmal, wenn ich es selbst glaubte.
                    <lb/>In diesem Fall müsste ich <rs key="E0400113">mein Stück</rs> ent
                    <lb break="no"/>weder vernichten<orig>,</orig> oder es <hi rend="underline">selbst umarbeiten</hi>.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Nun aber – Sie verzeihen meine
                    <lb/>rückhaltslose Offenheit, wie ich Ihnen die
                    <lb/><choice><orig>I</orig><reg>i</reg></choice>hre nicht übelnehme – <hi rend="underline">ich glaube es absolut</hi>
                    <lb/><hi rend="underline">nicht</hi>. Ich bin fest überzeugt, dass Sie <rs key="E0400019">diese<subst><del rend="overwritten">m</del><add place="across">n</add></subst>
                        <lb/>Stück<add place="inline">en</add></rs> Unrecht t<orig>h</orig>un. Ich bin fest überzeugt, dass
                    <lb/>Sie denselben Fehler begehen, den <hi rend="underline">jeder</hi> <hi rend="underline">phantasie
                        <lb break="no"/>volle</hi> Kritiker begeht: Sie wollen nicht sich
                    <lb/>auf den Standpunkt des Autors stellen, sondern
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">3</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  4Facsimile |  4Diplomatic transcription |  4XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    wollen im Werke eines andern
                                                                Theurich 1977 (174) und Theurich 1979 (164): „anderen“.
                    
                    sich selbst, durchaus
                        sich selbst finden. Und das geht eben nicht. Es giebt
 keine Kunst, die ganz der Eine ist der sie geschaffen
 und gleichzeitig ganz
                                                                Bei Theurich 1977 (174) und Theurich 1979 (164) „ganz“ ohne Hervorhebung.
                    
                    der Andere der sie genießt. Einer
 muss nachgeben und ich glaube, es muss das der
 Genießer sein.
 Und Ihre Motivierung scheint mir auch
                    ganz unrichtig, wenn Sie meinen dass ich, unnützer⸗
 weise
                                                                Theurich 1979 (164): „unützerweise“.
                    
                    auf schon Errungenes Verzicht leistend,
 anders aber nicht reicher werde.
 Ich glaube nicht an den neuen Wein, den
                    man in alte Schläuche füllt. Ich habe in der
 Kunstgeschichte die entgegengesetzte Beobachtung
 gemacht:
 Die Kontrapunktische Kunst Bachs ist verloren,
                    wenn Beethovens melodische Homophonie beginnt.
 Die Formenkunst Beethovens wird verlassen,
                    wenn Wagners Ausdrucks=Kunst beginnt.
 Die Einheit der Zeichnung, die Reinheit
                                                                Theurich 1977 (174), Theurich 1979 (164) und Beaumont 1987 (392): „Reichheit“ (bzw. „richness“).
                    
                    des Colorits, die saubere
                                                                Theurich 1977 (174), Theurich 1979 (164) fälschlich: „frühere“; bei Beaumont 1987 (392) ausgelassen („working out of minutest details“).
                    
                    Durcharbeitung jedes
 Details, das sorgfältige Herausmodellieren,
 das Untermalen und das Lasurieren, das
 Komponieren im Raum und alles Andere was
 die ältere Malkunst ausmacht hört einfach4
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    wollen im Werke eines andern
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl>: <q>anderen</q>.</note>
                    
                    sich selbst, <hi rend="underline">durchaus
                        <lb/>sich selbst</hi> finden. Und das geht eben nicht. Es gi<orig>e</orig>bt
                    <lb/>keine Kunst, die ganz der Eine <choice><orig>ist</orig><reg>ist,</reg></choice> der sie geschaffen<reg>,</reg>
                    <lb/>und gleichzeitig <add place="above"><hi rend="underline">ganz</hi></add>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl> <q>ganz</q> ohne Hervorhebung.</note>
                    
                    der Andere<reg>,</reg> der sie genießt. Einer
                    <lb/>muss nachgeben<reg>,</reg> und ich glaube, es muss das der
                    <lb/>Genießer sein.</p>
                
                <p rend="indent-first">Und Ihre Motivierung scheint mir auch
                    <lb/>ganz unrichtig, wenn Sie meinen<reg>,</reg> dass ich, unnützer
                    <lb break="no"/>weise
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl>: <q>unützerweise</q>.</note>
                    
                    auf schon Errungenes Verzicht leistend,
                    <lb/>anders<reg>,</reg> aber nicht reicher werde.</p>
                
                <p rend="indent-first">Ich glaube nicht an den <hi rend="underline">neuen Wein</hi>, den
                    <lb/>man in alte Schläuche füllt. Ich habe in der
                    <lb/>Kunstgeschichte die entgegengesetzte Beobachtung
                    <lb/>gemacht:</p>
                
                <p rend="indent-first">Die <choice><orig>K</orig><reg>k</reg></choice>ontrapunktische Kunst <persName key="E0300012">Bachs</persName> ist verloren,
                    <lb/>wenn <persName key="E0300001">Beethovens</persName> melodische Homophonie beginnt.</p>
                
                <p rend="indent-first">Die Formenkunst <persName key="E0300001">Beethovens</persName> wird verlassen,
                    <lb/>wenn <persName key="E0300006">Wagners</persName> Ausdrucks<choice><orig><pc>=</pc>K</orig><reg>k</reg></choice>unst beginnt.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Die Einheit der Zeichnung, die Reinheit
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_major" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (392)</bibl>: <q>Reichheit</q> (bzw. <q>richness</q>).</note>
                    
                    <lb/>des <choice><orig>C</orig><reg>K</reg></choice>olorits, die saubere
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_major" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl> fälschlich: <q>frühere</q>; bei <bibl><ref target="#E0800060"/> (392)</bibl> ausgelassen (<q>working out of minutest details</q>).</note>
                    
                    Durcharbeitung jedes
                    <lb/>Details, das sorgfältige Herausmodellieren,
                    <lb/>das Untermalen und das Lasurieren, das
                    <lb/>Komponieren im Raum und alles <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>ndere<reg>,</reg> was
                    <lb/>die ältere Malkunst ausmacht<reg>,</reg> hört einfach
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">4</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  5Facsimile |  5Diplomatic transcription |  5XML | 
                                                
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                    auf wenn die Impressionisten anfangen
                    die Dinge so zu malen, wie sie scheinen
 und nicht so wie sie sind.
 Jawohl, wenn eine neue Kunst neue
                    Ausdrucksmittel sucht und findet, dann
 geht zunächst immer fast alles schon Errun⸗
 gene zum Teufel: scheinbar wenigstens;
 denn
 ichin der Tat ist es dochno
                                                                        transcription uncertain:
                    overwritten.
                drin; aberauf eine
 A[…]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            andere Art.ist es doch drin(Das auseinanderzusetzen würde zu weit⸗
 führen)
 Und nun: ich muss sagen, ich habe eigent⸗lich auf mehr verzichtet, als auf einen Klavier⸗
 klang, als ich begann meiner Natur ganz
 zu folgen und solche Musik zu schreiben.
 Ich finde, wenn man
 eineverzichtet auf eineFormenkunst, eine Architektur der Ober⸗
 stimme, eine Kunst der motivischen Polyphonie
 von einer Höhe de
 srKönnensVollendung, wie sie inden letzten Jahrzehnten von Brahms, Wagner
 und anderen auch Modernen erreicht wurde – dann
 kommt Einem das bischen
                                                                Theurich 1977 (174) und Theurich 1979 (164): „bißchen“.
                    
                    Klavierklang
 sogar als recht wenig vor. Und ich behaupte:5
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                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="foliation" place="top-right" resp="#major_hand"><hi rend="encircled">2</hi></note>
                    
                    auf<reg>,</reg> wenn die Impressionisten anfangen<reg>,</reg>
                    <lb/>die Dinge so zu malen, wie sie <hi rend="underline">scheinen</hi><reg>,</reg>
                    <lb/>und nicht so<reg>,</reg> wie sie <hi rend="underline">sind</hi>.</p>
                
                <p rend="indent-first">Jawohl, wenn eine neue Kunst neue
                    <lb/>Ausdrucksmittel sucht und findet, dann
                    <lb/>geht zunächst immer fast alles schon Errun
                    <lb break="no"/>gene zum Teufel: scheinbar wenigstens;
                    <lb/>denn <del rend="strikethrough">ich</del> in der Tat ist es doch <subst><del rend="overwritten"><unclear reason="overwritten" cert="high">no</unclear></del><add place="across">dr</add></subst>in; aber
                    <lb/>auf eine <del rend="strikethrough">A</del> <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" unit="char" extent="1"/></del><add place="across">a</add></subst>ndere Art<subst><add place="inline">.</add><del rend="strikethrough">ist es doch drin</del></subst>
                    <lb/>(Das auseinanderzusetzen würde zu weit<choice><orig><lb break="no"/></orig><reg> </reg></choice>führen<reg>.</reg>)</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Und nun: ich muss sagen, ich habe eigent
                    <lb break="no"/>lich auf mehr verzichtet<orig>,</orig> als auf einen Klavier
                    <lb break="no"/>klang, als ich begann<reg>,</reg> meiner Natur ganz
                    <lb/>zu folgen und <hi rend="underline">solche</hi> Musik zu schreiben.
                    
                    <lb/>Ich finde, wenn man <subst><del rend="overwritten">eine</del><add place="across">verz</add></subst>ichtet auf eine
                    <lb/><hi rend="underline">Formenkunst</hi>, eine Architektur der Ober
                    <lb break="no"/>stimme, eine Kunst der motivischen Polyphonie
                    <lb/>von einer Höhe de<del rend="strikethrough">s</del><add place="above">r</add> <del rend="strikethrough">Könnens</del> Vollendung, wie sie in
                    <lb/>den letzten Jahrzehnten von <persName key="E0300009">Brahms</persName>, <persName key="E0300006">Wagner</persName>
                    <lb/>und anderen auch Modernen erreicht wurde – dann
                    <lb/>kommt <choice><orig>E</orig><reg>e</reg></choice>inem das bis<reg>s</reg>chen
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (164)</bibl>: <q>bißchen</q>.</note>
                    
                    Klavierklang
                    <lb/>sogar als recht wenig vor. Und ich behaupte:
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">5</note>
                    
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                                                    |  6Facsimile |  6Diplomatic transcription |  6XML | 
                                                
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                    Man muss die geheimnisvollen […]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            Wunderunser[er] tonalen Harmonik,
 dieihre unerhörtenfeinausgewogenen architektonischen Werte und
 ihre Kabbalistischen mathematischen so begriffen
 und bewundert, angestaunt haben, wie ich
 um, wenn man auf
 Ssie Verzicht leistet,zu fühlen, dass man, ihrer nicht mehr bedürfend,
 anderen Mitteln gebietet. Dagegen erscheinen
 klangliche Fragen, deren Reiz kaum im
 selbem Maße der Ewigkeit angehör
 ent,als Kleinigkeiten.
 Trotzdem aber stehe ich auch in dieser
                    Frage auf einem
 […]
                                                                        at most 2 char: overwritten.                   
            Standpunkt, der es ab⸗solut nicht nötig hat für den eines
 Verzichtenden, Verlierenden angesehen
 zu werden. Sähen Sie meine neuen
 Orchestersachen, s
 […]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            o könnten Sie auch andenen
 sehenbemerken, wie ich mich deutlich abwendevon dem vollen „Götter= und Uebermenschen=
 Klang“ des Wagnerschen Orchesters. Wie alles
 zarter dünner wird. Wie gebrochene
 Farbentöne
                                                                Theurich 1977 (174): „Farbtöne“.
                    
                    stehen, wo sonst helle, leuchtende6
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                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    Man muss die geheimnisvollen <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" unit="char" extent="1"/></del><add place="across">W</add></subst>under
                    <lb/>unser<supplied reason="omitted">er</supplied> tonalen Harmonik, <subst><del rend="overwritten">die</del><add place="across">ihre</add></subst> unerhört<subst><del rend="overwritten">en</del><add place="across"> fe</add></subst>in
                    <lb/>ausgewogenen architektonischen Werte und
                    <lb/>ihre <choice><orig>K</orig><reg>k</reg></choice>abbalistischen mathematischen so begriffen
                    <lb/>und bewundert, angestaunt haben<orig>,</orig> wie <hi rend="underline">ich</hi><reg>,</reg>
                    <lb/>um, wenn man auf <del rend="strikethrough">S</del>sie Verzicht leistet,
                    <lb/>zu fühlen, dass man, ihrer nicht mehr bedürfend,
                    <lb/>anderen Mitteln gebietet. Dagegen erscheinen
                    <lb/>klangliche Fragen, deren Reiz kaum im
                    <lb/>selbem Maße der Ewigkeit angehör<subst><del rend="strikethrough">en</del><add place="across">t</add></subst>,
                    <lb/>als Kleinigkeiten.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Trotzdem aber stehe ich auch in dieser
                    <lb/>Frage auf einem <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" atMost="2" unit="char"/></del><add place="across">St</add></subst>andpunkt, der es ab
                    <lb break="no"/>solut nicht nötig hat<reg>,</reg> für den eines
                    <lb/>Verzichtenden, Verlierenden angesehen
                    <lb/>zu werden. Sähen Sie <rs key="E0400020">meine neuen
                        <lb/>Orchestersachen</rs>, s<subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" extent="1" unit="char"/></del><add place="across">o</add></subst> könnten Sie auch an
                    <lb/>denen <subst><del rend="strikethrough">sehen</del><add place="above">bemerken</add></subst>, wie ich mich deutlich abwende
                    <lb/>von dem vollen <soCalled rend="dq-du">Götter<pc>=</pc> und <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>bermenschen<pc>=</pc>
                        <lb break="no"/>Klang</soCalled> des <persName key="E0300006">Wagner</persName><reg>’</reg>schen Orchesters. Wie alles
                    <lb/>zarter<reg>,</reg> dünner wird. Wie gebrochene
                    <lb/>Farbentöne
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl>: <q>Farbtöne</q>.</note>
                    
                    stehen, wo sonst helle, leuchtende
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">6</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  7Facsimile |  7Diplomatic transcription |  7XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                                                                 B II, 4550 
                    
                    waren. Wie meine ganze Orchestertechnik
                     einen Weg geht, der geradezu das Gegentheil
                     von dem zu werden scheint,  […]
                                                                        at most 2 char: overwritten.                   
            der vorher be⸗ schritten wurde. Das ist, finde ich, die
                     natürliche Reaktion. Wir haben die
                     vollen,  W weichen Klänge Wagners satt, zum Ueberdruss: „Nun lasst uns andere Töne anstimmen …“
                                                                Der von Schönberg evozierte Textbeginn des Finales von Beethovens 9. Symphonie lautet im Original: „O Freunde, nicht diese Töne, sondern lasst uns angenehmere anstimmen“.
 Und nun kommt dazu, dass ich (ich
                    muss das wiederholen) mich für berechtigt
 halte zu glauben, mein Claviersatz
 brächte Neues. So belehrt mich nicht
 nur meine Empfindung. Auch Urteile
                                                                Theurich 1977 (174) und Theurich 1979 (165): „Urtheile“.
 von Freunden und Schülern drücken
 das
 […]
                                                                        1 char: cancelled.                   
            aus, die meinen, da[s]s meinKlaviersatz
 […]
                                                                        at most 3 char: overwritten.                   
            klanglich absolut Neues bringe. Die Sache steht also für mich so:
                    7Ich glaube
 :, mein Klaviersatz ist nichtdas Ergebnis eines Unvermögens, sondern
 der Ausdruck eines festen Willens,  bestimmter
 Neigungen, greifbar deutlicher Empfindungen.
 Was er
 […]
                                                                        1 char: cancelled.                   
            nicht thut, ist nicht: waser
 […]
                                                                        1 char: cancelled.                   
            nicht kann, sondern: was er nicht will. | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive">B II, 4550</note>
                    
                    waren. Wie meine ganze Orchestertechnik
                    <lb/>einen Weg geht, der geradezu das Gegent<orig>h</orig>eil
                    <lb/>von dem zu werden scheint, <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" atMost="2" unit="char"/></del><add place="across">de</add></subst>r vorher be
                    <lb break="no"/>schritten wurde. Das ist, finde ich, die
                    <lb/>natürliche Reaktion. Wir haben die
                    <lb/>vollen, <del rend="strikethrough">W</del> weichen Klänge <persName key="E0300006">Wagners</persName>
                    <lb/>satt, zum <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>berdruss: <q source="#E0400001" rend="dq-du">Nun lasst uns
                        <lb/>andere Töne anstimmen …</q>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313">Der von <persName key="E0300023">Schönberg</persName> evozierte Textbeginn des Finales von <persName key="E0300001">Beethovens</persName> <title key="E0400001">9. Symphonie</title> lautet im Original: <q>O Freunde, nicht diese Töne, sondern lasst uns angenehmere anstimmen</q>.</note>
                    
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Und nun kommt dazu, dass ich (ich
                    <lb/>muss das wiederholen) mich für berechtigt
                    <lb/>halte zu glauben, mein <choice><orig>C</orig><reg>K</reg></choice>laviersatz
                    <lb/>brächte <hi rend="underline">Neues</hi>. So belehrt mich nicht
                    <lb/>nur meine Empfindung. Auch Urteile
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (174)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (165)</bibl>: <q>Urtheile</q>.</note>
                    
                    <lb/>von Freunden und Schülern drücken
                    <lb/>das <del rend="strikethrough"><gap reason="strikethrough" extent="1" unit="char"/></del> aus, die meinen, da<supplied reason="omitted">s</supplied>s mein
                    <lb/>Klaviersatz <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" atMost="3" unit="char"/></del><add place="across">kla</add></subst>nglich absolut Neues bringe.</p>
                
                <p rend="align(center)">Die Sache steht also für mich so:
                    <lb/>Ich glaube<subst><del rend="overwritten">:</del><add place="across">,</add></subst> mein Klaviersatz ist nicht
                    <lb/>das Ergebnis eines Unvermögens, sondern
                    <lb/>der Ausdruck eines <hi rend="underline">festen Willens</hi>,  <hi rend="underline">bestimmter
                        <lb/>Neigungen</hi>, <hi rend="underline">greifbar deutlicher Empfindungen.</hi>
                    <lb/>Was er <del rend="strikethrough"><gap reason="strikethrough" extent="1" unit="char"/></del><hi rend="underline">nicht t<orig>h</orig>ut</hi>, ist nicht: was
                    
                    <lb/>er <del rend="strikethrough"><gap reason="strikethrough" extent="1" unit="char"/></del><hi rend="underline">nicht kann</hi>, sondern: was er <hi rend="underline">nicht</hi> will.</p>
                
                <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">7</note>
                
                </div> | 
                                                
                                                    |  8Facsimile |  8Diplomatic transcription |  8XML | 
                                                
                                                    |  | 
                
                Was er thut: ist nicht was auch andersbessergeschehenkönnte, sondern was er thun muss.
 Er hat also Eigen
 […]
                                                                        at most 2 char: overwritten.                   
            art, Stil und istorganisch. —
 Ein[e] Transkription dagegen erweckt
                    in mir die Befürchtung, dass sie entweder
 
                        hineinträgt, was ich grundsätzlich, oder
                            meinen Neigungen folgend vermeide;
                                                                        Bei Theurich 1977 (175) und Theurich 1979 (166) „vermeide“ ohne Hervorhebung.
hinzufügt, was ich – in den Grenzen meiner
                            Persönlichkeit – nie hätte finden können, was
 mir also fremd, oder unerreichbar ist;
auslässt was mir nothwendig scheint,verbessert, worin ich unvollkommen
                            bin und unvollkommen bleiben muss.
 Eine Transkription thut mir also un⸗bedingt Gewalt an: ob Sie meinem Werk
 nun nützt oder schadet.
                        Deutsche
 Staatsbibliothek
 Berlin
 Sie schreiben auch über Transkription
                    in Ihrer Brochure,
                                                                Theurich 1977 (173) und Theurich 1979 (166): „Broschüre“.
                                                                Vgl. in Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst den Abschnitt über Notation und Transkription (S. 17–19 der Erstausgabe).
                    
                    die mir außerordentlich
 gefällt und die wirklich beweist, wie dieselben
 Ideen in derselben Zeit, gleichzeitig in ver⸗
 schiedenen Köpfen auftauchen. Ich bin insbe⸗8
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
                
                <p rend="indent-first">Was er t<orig>h</orig>ut: ist nicht<reg>,</reg> was auch <subst><add place="above">anders</add><del rend="strikethrough">besser</del></subst> geschehen
                    <lb/>könnte, sondern was er t<orig>h</orig>un <hi rend="underline">muss</hi>.
                    <lb/>Er hat also Eigen<subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" unit="char" atMost="2"/></del><add place="across">a</add></subst>rt, Stil und ist
                    <lb/>organisch. —</p>
                
                <p rend="indent-first">Ein<supplied reason="omitted">e</supplied> Transkription dagegen erweckt
                    <lb/>in mir die Befürchtung, dass sie entweder
                    
                    <list rend="indent-first">
                        <item><hi rend="underline">hineinträgt, was ich</hi> grundsätzlich, oder
                            <lb/>meinen Neigungen folgend<reg>,</reg> <hi rend="underline">vermeide</hi>;
                            
                            <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (166)</bibl> <q>vermeide</q> ohne Hervorhebung.</note>
                        </item>
                        
                        <item><hi rend="underline">hinzufügt</hi>, was ich – in den Grenzen meiner
                            <lb/>Persönlichkeit – nie hätte finden können, was
                            <lb/>mir also fremd<orig>,</orig> oder unerreichbar ist;</item>
                        <item><hi rend="underline">auslässt</hi><reg>,</reg> was mir not<orig>h</orig>wendig scheint,</item>
                        <item><hi rend="underline">verbessert</hi>, worin ich unvollkommen
                            <lb/>bin und unvollkommen bleiben muss.</item>
                    </list>
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Eine Transkription t<orig>h</orig>ut mir also un
                    
                    <lb break="no"/>bedingt Gewalt an: ob <choice><orig>Sie</orig><reg>sie</reg></choice> meinem Werk
                    <lb/>nun nützt oder schadet.
                    
                    <note type="stamp" place="inline" resp="#dsb_st_red">
                        <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche<lb/>Staatsbibliothek<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
                    </note>
                </p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Sie schreiben auch über Transkription
                    <lb/>in <rs type="works" key="E0400043 E0800315">Ihrer Bro<reg>s</reg>ch<choice><orig>u</orig><reg>ü</reg></choice>re</rs>,
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (173)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (166)</bibl>: <q>Broschüre</q>.</note>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300314">Vgl. in <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst</title> den <ref target="#D0200001" n="17">Abschnitt über Notation und Transkription</ref> (<ref target="#D0200001" n="17">S. 17–19 der Erstausgabe</ref>).</note>
                    
                    die mir außerordentlich
                    <lb/>gefällt und die wirklich beweist, wie dieselben
                    <lb/>Ideen in derselben Zeit, gleichzeitig in ver
                    <lb break="no"/>schiedenen Köpfen auftauchen. Ich bin insbe
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">8</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  9Facsimile |  9Diplomatic transcription |  9XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            3
                    
                    sondere mit Ihrer Konstatierung sehr einver⸗standen, dass schon jede Notation überhaupt
 Transkription ist. Ich habe schon vor Jahren
 ähnlich argumentiert, als die Öffentlichkeit
 Mahler angriff, wegen seiner Instrumen⸗
 tations=Änderungen bei Beethoven.
                                                                Mahler hat insbesondere die Instrumentation von Beethovens 7. und 9. Symphonie retuschiert.
 Aber das ist doch auch noch eine andere
 Sache: ob man Beethovens zweifellos veraltete Instrumente[n]⸗
 behandlung und Instrumentation verbessert
 auf Grund
 lageneu
                                                                        transcription uncertain:
                    overwritten.
                zweifellos besserer neuererInstrumentations=Erfahrungen,
 als
                                                                        transcription uncertain:
                    overwritten.
                und obman meinen neuen Klavierstyl verbessert
 durch ältere Technik oder eine deren bessere
 Geeignetheit zumindest heute noch nicht so
 absolut festgestellt ist, so über jeden Zweifel
 erhaben ist.
 Ich kann das wohl, da ich ja Ihre
                    Transkription noch nicht kenne, gegen⸗
 wärtig sagen, ohne dass Sie es als eine
 allzu scharfe Kritik ansehen dürfen.
 Denn Ihre Bearbeitung kann mich ja9
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="foliation" place="top-right" resp="#major_hand"><hi rend="encircled">3</hi></note>
                    
                    sondere mit Ihrer Konstatierung sehr einver
                    <lb break="no"/>standen, dass schon jede Notation überhaupt
                    <lb/>Transkription ist. Ich habe schon vor Jahren
                    <lb/>ähnlich argumentiert, als die Öffentlichkeit
                    <lb/><persName key="E0300047">Mahler</persName> angriff, wegen seiner Instrumen
                    <lb break="no"/>tations<pc>=</pc>Änderungen bei <persName key="E0300001">Beethoven</persName>.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313"><persName key="E0300047">Mahler</persName> hat insbesondere die Instrumentation von <persName key="E0300001">Beethovens</persName> <title key="E0400309">7.</title> und <title key="E0400001">9. Symphonie</title> retuschiert.</note>
                    
                    <lb/>Aber das ist doch auch noch eine andere
                    <lb/>Sache: ob man <persName key="E0300001">Beethovens</persName> <add place="above">zweifellos</add> <hi rend="underline">veraltete</hi> Instrumente<supplied reason="omitted">n</supplied>
                    <lb break="no"/>behandlung und Instrumentation verbessert
                    <lb/>auf Grund<del rend="strikethrough">lage</del> <subst><del rend="overwritten"><unclear reason="overwritten" cert="high">neu</unclear></del><add place="across">zwe</add></subst>ifellos besserer <hi rend="underline">neuerer</hi>
                    <lb/>Instrumentations<pc>=</pc>Erfahrungen, <subst><del rend="overwritten"><unclear reason="overwritten" cert="high">als</unclear></del><add place="across">un</add></subst>d ob
                    <lb/>man meinen neuen Klavierst<choice><orig>y</orig><reg>i</reg></choice>l verbessert
                    <lb/>durch ältere Technik oder eine<reg>,</reg> deren bessere
                    <lb/>Geeignetheit zumindest heute noch nicht so
                    <lb/>absolut festgestellt ist, so über jeden Zweifel
                    <lb/>erhaben ist.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Ich kann das wohl, da ich ja <rs key="E0400032">Ihre
                    <lb/>Transkription</rs> noch nicht kenne, gegen
                    <lb break="no"/>wärtig sagen, ohne dass Sie es als eine
                    <lb/>allzu scharfe Kritik ansehen dürfen.
                    <lb/>Denn Ihre Bearbeitung kann mich ja
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">9</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  10Facsimile |  10Diplomatic transcription |  10XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    noch immer eines Anderen belehren. Aber
                    auch abgesehen
 , davon, bin ich sicher, dassSie mir die Schärfe nicht übelnehmen,
 bin dessen sicher, weil Sie ja sonst selbst wohl
 nicht so scharf und hart über meine Werke
 urteilten.
 Und nun finde ich noch etwas, das mir
                    als Einwand gegen Sie geeignet schein
 et. Halten Sie denn wirklich so unendlich
                    viel
 fvon der Vollkommenheit? HaltenSie denn wirklich diese für erreichbar? Meinen
 Sie wirklich, dass Kunstwerke vollkommen
 sind oder sein müssen?
 Ich finde das nicht. Ich finde sogar
                    Gottes Kunstwerke, die der Natur
 höchst unvollkommen.
 Aber für vollkommen finde ich
                    mir
                                                                transcription uncertain:
                    illegible.
                alternative reading:
 nur
                                                                Theurich 1977 (175), Theurich 1979 (167) und Beaumont 1987 (394): „nur“ (bzw. „only“).
                    
                    die Werke der Drechsler, Gärtner,
 Zuckerbäcker und Friseure. Nur die
 haben jene Glätte, jenes Ebenmass, das
 ich sooft zum Teufel gewünscht habe. Nur
 sie genügen so allen Anforderungen, die10
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    noch immer eines Anderen belehren. Aber
                    <lb/>auch abgesehen<subst><del rend="overwritten">, </del><add place="across"> d</add></subst>avon<orig>,</orig> bin ich sicher, dass
                    <lb/>Sie mir die Schärfe nicht übelnehmen,
                    <lb/>bin <add place="above">dessen</add> sicher, weil Sie ja sonst selbst wohl
                    <lb/>nicht so scharf und hart über meine Werke
                    <lb/>urteilten.</p>
                
                <p rend="indent-first">Und nun finde ich noch etwas, das mir
                    <lb/>als Einwand gegen Sie geeignet schein<subst><del rend="overwritten">e</del><add place="across">t</add></subst>.</p>
                <p rend="indent-first">Halten Sie denn wirklich so unendlich
                    <lb/>viel <del rend="strikethrough">f</del> von der Vollkommenheit? Halten
                    <lb/>Sie denn wirklich diese <add place="above">für</add> erreichbar? Meinen
                    <lb/>Sie wirklich, dass Kunstwerke vollkommen
                    <lb/>sind oder sein müssen?</p>
                
                <p rend="indent-first">Ich finde das nicht. Ich finde sogar
                    <lb/>Gottes Kunstwerke, die der Natur
                    <lb/>höchst unvollkommen.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Aber für vollkommen finde ich
                    <lb/><choice><unclear reason="illegible" cert="high">mir</unclear><unclear reason="illegible" cert="low">nur</unclear></choice>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (167)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (394)</bibl>: <q>nur</q> (bzw. <q>only</q>).</note>
                    
                    die Werke der <hi rend="underline">Drechsler</hi>, <hi rend="underline">Gärtner,</hi>
                    <lb/><hi rend="underline">Zuckerbäcker</hi> und <hi rend="underline">Friseure</hi>. Nur die
                    <lb/>haben jene Glätte, jenes Ebenma<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>, das
                    <lb/>ich so<reg> </reg>oft zum Teufel gewünscht habe. Nur
                    <lb/>sie genügen so allen Anforderungen, die
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">10</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  11Facsimile |  11Diplomatic transcription |  11XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                                                                 B II, 4550 
                    
                    man an sie stellen kann und sonst nichts
                     Menschliches, Gottähnliches auf der Welt.
                
                 Und wenn:
                    Notation
                                                                Theurich 1977 (175), Theurich 1979 (167) und Beaumont 1987 (394): „Notation“ ohne Hervorhebung.
                    
                    = Transkription = Unvollkommenheit
 so ist doch auch:
 Transkription
                                                                Theurich 1977 (175), Theurich 1979 (167) und Beaumont 1987 (394): „Transkription“ ohne Hervorhebung.
                    
                    = Notation = Unvollkom̅enheit.
 Denn wenn a = b und b = c so ist auch
 a = c.
                        Deutsche
 Staatsbibliothek
 Berlin
 Wozu also die eine Unvollkommenheit
                    durch die andere ersetzen.
 Wozu […]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            jene eliminieren die 
                                                                transcription uncertain.
                alternative reading:–
                                                                Theurich 1977 (175) und Theurich 1979 (167): „–“
                    
                    vielleicht
 
 ihrenden Reiz eines Werkes ausmacht, und diese dafürsubstituieren, die ih
 rm einen ihrm fremdengiebt.
 Gehörten
                                                                Theurich 1977 (175) und Theurich 1979 (167): „Gehörten“.
                    
                    nicht zum Eigenthümlicheneiner Persönlichkeit auch deren Fehler
 dazu? Wirken diese, wenn schon nicht
 als schön, so doch wenigstens als Kon
 straste,als die Grundfarbe, von der sich die
 anderen Farben deutlich abheben?
 Ich habe oft daran gedacht, dass man
                    Schumanns Symphonien (den Sie wie ich meine
 sehr unterschätzen
                                                                Vgl. in Busonis Entwurf einer neuen Ästhektik der Tonkunst den Passus zu „Vorspielen und Übergängen“ als der bis dato einzig wahren und freien Musik (Ausgabe 1907, S. 9): „Selbst einen so viel kleineren Schumann ergreift, an solchen Stellen Etwas von dem Unbegrenzten dieser Pan-Kunst“. An anderer Stelle heißt es: „Im Übrigen muten die meisten Klavier-Kompositionen Beethovens wie Transcriptionen vom Orchester an; die meisten Schumann’schen Orchesterwerke wie Übertragungen vom Klavier – und sind’s in gewisser Weise auch.“ (ibid., S. 18).
                    
                    und den ich heute weit über11
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive">B II, 4550</note>
                    
                    man an sie stellen kann<reg>,</reg> und sonst nichts
                    <lb/>Menschliches, Gottähnliches auf der Welt.</p>
                
                <p rend="indent-first">Und wenn:
                    <lb/><hi rend="underline">Notation</hi>
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_major"><bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (167)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (394)</bibl>: <q>Notation</q> ohne Hervorhebung.</note>
                    
                    = Transkription = <hi rend="underline">Unvollkommenheit</hi><reg>,</reg>
                    <lb/><seg rend="align(center)">so ist doch auch:</seg>
                    <lb/><hi rend="underline">Transkription</hi>
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_major"><bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (167)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (394)</bibl>: <q>Transkription</q> ohne Hervorhebung.</note>
                    
                    = Notation = <hi rend="underline">Unvollko<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>enheit</hi>.
                    <lb/>Denn wenn a = b und b = c<reg>,</reg> so ist auch
                    <lb/>a = c.
                    
                    <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red">
                        <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche<lb/>Staatsbibliothek<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
                    </note>
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Wozu also die eine Unvollkommenheit
                    <lb/>durch die andere ersetzen.</p>
                
                <p rend="indent-first">Wozu <subst><del rend="overwritten"><gap extent="1" unit="char" reason="overwritten"/></del><add place="across">je</add></subst>ne eliminieren<reg>,</reg> die <choice><unclear cert="high"/><unclear cert="low">–</unclear></choice>
                    
                    <note resp="#E0300314" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (167)</bibl>: <q>–</q></note>
                    
                    vielleicht
                    <lb/><subst><del rend="strikethrough">ihren</del><add place="above">den</add></subst> Reiz <add place="above">eines Werkes</add> ausmacht, und diese dafür
                    <lb/>substituieren, die ih<subst><del rend="overwritten">r</del><add place="across">m</add></subst> einen ih<subst><del rend="overwritten">r</del><add place="across">m</add></subst> fremden
                    <lb/>gi<orig>e</orig>bt.</p>
                
                <p rend="indent-first">Gehör<subst><del rend="strikethrough">t</del><add place="across">en</add></subst>
                    
                    <note resp="#E0300314" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (175)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (167)</bibl>: <q>Gehörten</q>.</note>
                    
                    nicht zum Eigent<orig>h</orig>ümlichen
                    <lb/>einer Persönlichkeit auch deren Fehler
                    <lb/>dazu? Wirken diese, wenn schon nicht
                    <lb/>als schön, so doch wenigstens als Kon<subst><del rend="overwritten">s</del><add place="across">t</add></subst>raste,
                    <lb/>als die Grundfarbe, von der sich die
                    <lb/>anderen Farben deutlich abheben?</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Ich habe oft daran gedacht, dass man
                    <lb/><persName key="E0300008">Schumanns</persName> Symphonien (den Sie<reg>,</reg> wie ich meine<reg>,</reg>
                    <lb/>sehr unterschätzen
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317">Vgl. in <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhektik der Tonkunst</title> den Passus zu <q>Vorspielen und Übergängen</q> als der bis dato einzig wahren und freien Musik (<bibl><ref target="#D0200001" n="9">Ausgabe 1907</ref>, S. 9</bibl>): <q>Selbst einen so viel kleineren <persName key="E0300008">Schumann</persName> ergreift, an solchen Stellen Etwas von dem Unbegrenzten dieser Pan-Kunst</q>. An anderer Stelle heißt es: <q>Im Übrigen muten die meisten Klavier-Kompositionen <persName key="E0300001">Beethovens</persName> wie Transcriptionen vom Orchester an; die meisten <persName key="E0300008">Schumann’schen</persName> Orchesterwerke wie Übertragungen vom Klavier – und sind’s in gewisser Weise auch.</q> (<bibl><ref target="#D0200001" n="18"/>, S. 18</bibl>).</note>
                    
                    und den ich heute <hi rend="underline">weit über</hi>
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">11</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  12Facsimile |  12Diplomatic transcription |  12XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    Brahms stelle) auf die Beine helfen sollte
                    indem man ihre
                                                                Theurich 1977 (176): „Ihre“.
                    
                    Instrument
 enation verbesserte.Ich war mir auch um alles Theoretische daran ganz
 klar. Heuer im Sommer habe ich mich ein
 wenig selbst damit befasst und – habe
 den Mut dazu verloren. Denn ich sehe zu
 genau, dass stets mit dem was
 […]
                                                                        1 char: cancelled.                   
            misslungenist, etwas sehr Eigenartiges gemeint war
 und ich habe nicht den Mut einen nicht ganz
 zur
 […]
                                                                        at most 2 char: overwritten.                   
            Wirklichkeit gelangenden interessantenEinfall durch einen „sicheren“ Klang zu
 ersetzen. Und mehr kann die Phantasie
 eines Andern
                                                                Theurich 1977 (176) und Theurich 1979 (168): „Anderen“.
                    
                    an einem wirklichen Kunstwerk
 nicht leisten! —
 Rein technisch=musikalisch möchte ich
                    Sie nun nur noch fragen, ob Sie nicht
 vielleicht ein zu langsames Tempo genom̅en
 haben. Das könnte ja viel ausmachen. Oder
 zu wenig
                                                                Theurich 1977 (176), Theurich 1979 (168) und Beaumont 1987 (395): „wenig“ (bzw. „little“) fälschlich mit Hervorhebung.
                    
                    rubato. Ich bleibe niemals im
 Takt! niemals im Tempo! —
 Ihr „Entwurf einer neuen Aesthetik der
                    Tonkunst“ gefällt mir vor allem durch seine
 Kühnheit außerordentlich. Insbesondere im An⸗12
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <persName key="E0300009">Brahms</persName> stelle) auf die Beine helfen sollte<reg>,</reg>
                    <lb/>indem man ihre
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl>: <q>Ihre</q>.</note>
                    
                    Instrument<subst><del rend="overwritten">en</del><add place="across">at</add></subst>ion verbesserte.
                    <lb/>Ich war mir auch um alles Theoretische daran ganz
                    <lb/>klar. Heuer im Sommer habe ich mich ein
                    <lb/>wenig selbst damit befasst und – habe
                    <lb/>den Mut dazu verloren. Denn ich sehe zu
                    <lb/>genau, dass stets mit dem<reg>,</reg> was <del rend="strikethrough"><gap extent="1" unit="char" reason="strikethrough"/></del> misslungen
                    <lb/>ist, etwas sehr Eigenartiges gemeint war<reg>,</reg>
                    <lb/>und ich habe nicht den Mut<reg>,</reg> einen nicht ganz
                    <lb/>zur <subst><del rend="overwritten"><gap atMost="2" unit="char" reason="overwritten"/></del><add place="across">W</add></subst>irklichkeit gelangenden <hi rend="underline">interessanten</hi>
                    <lb/><hi rend="underline">Einfall</hi> durch einen <soCalled rend="dq-du"><hi rend="underline">sicheren</hi></soCalled> Klang zu
                    <lb/>ersetzen. Und mehr kann die Phantasie
                    <lb/>eines Andern
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (168)</bibl>: <q>Anderen</q>.</note>
                    
                    an einem wirklichen Kunstwerk
                    <lb/>nicht leisten! —</p>
                
                <p rend="indent-first">Rein technisch<pc>=</pc>musikalisch möchte ich
                    <lb/>Sie nun nur noch fragen, ob Sie nicht
                    <lb/>vielleicht ein zu langsames Tempo geno<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>en
                    <lb/>haben. Das könnte ja viel ausmachen. Oder
                    <lb/>zu wenig
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (168)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (395)</bibl>: <q>wenig</q> (bzw. <q>little</q>) fälschlich mit Hervorhebung.</note>
                    
                    <choice><orig>r</orig><reg>R</reg></choice>ubato. Ich bleibe niemals im
                    <lb/>Takt! <choice><orig>n</orig><reg>N</reg></choice>iemals im Tempo! —</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Ihr <title key="E0400043" rend="dq-du">Entwurf einer neuen <choice><orig>Ae</orig><reg>Ä</reg></choice>sthetik der
                    <lb/>Tonkunst</title> gefällt mir vor allem durch seine
                    <lb/>Kühnheit außerordentlich. Insbesondere im An
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">12</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
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                    fange stehen da ein paar kräftige Sätze,
                    von zwingender Logik und hervorragender Schärfe
 der Beobachtung. Ueber Ihre Ideen mit
 den Dritteltönen
                                                                Vgl. Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst (S. 28 f. der Erstausgabe): „Der Drittelton pocht schon seit einiger Zeit an die Pforte, und wir überhören noch immer seine Meldung.“ Im Nachlass Busonis finden sich Skizzen zur dieser Thematik, die Busoni nach eigenen Angaben seit ca. 1906 beschäftigte (vgl. Busoni 1922 (Weindel 2006), S. 118), möglicherweise auch schon sehr viel früher (siehe z. B. seine Versuche über Dritteltöne und neue Skalen, D-B, Mus.Nachl. F. Busoni C I,82).
                    
                    habe ich, allerdings auf
 andere Weise auch schon viel nachgedacht. Ich
 dachte aber mehr an Vierteltöne,
 undbin aber[…]
                                                                        at least 1 char: overwritten.                   
            jetztder Ansicht, dass diese Sache auf einem anderen
 Wege, als auf dem der Konstruktion, kommen
 wird. Ueberdies hat ein Schüler von mir
                                                                Zum Folgenden vgl. den in Schönbergs Harmonielehre (S. 23) frei zitierten Brief Robert Neumanns; er datiert vom 1. März 1911, bezieht sich aber auf offenkundig bereits früher Besprochenes (vgl. Eintrag und Digitalisate in der Briefdatenbank des Arnold-Schönberg-Centers, Wien).
 auf meine Anregung hin ausgerechnet, dass
 die nächste Theilung der Oktave die ähnliche
 Verhältnisse haben würde wie unsere 12theilige
 53tel=Töne
                                                                Theurich 1977 (176) und Theurich 1979 (168): „ 53tel Töne“.
                    
                    einführen müsste. Wenn Sie
 nun 18 Drittel=Töne annähmen, käme
 das dem einigermaßen
 Nnahe denn 3 × 18 = 54.D
 […]
                                                                        at most 2 char: overwritten.                   
            a entfielen dann allerdings die Halb⸗töne ganz.
                                                                Hier liegt ein Verständnisfehler Schönbergs vor: Busonis unternimmt nicht nur eine Einteilung der Oktave in 18 Dritteltöne, sondern, um dabei nicht auf Halbtöne (und damit auf die kleine Terz und die reine Quinte) verzichten zu müssen, auch in eine zweite Dritteltonreihe, die zur ersten um einen Halbton verschoben ist, sodass sich ein Sechsteltonsystem mit 36 Tönen ergibt. Vgl. den entsprechenden Passus in Busonis Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst (S. 29 der Erstausgabe) sowie Busoni 1922 (Weindel 2006), S. 118.
 Für die Vierteltöne hatte ich mir seiner⸗zeit folgende Notation erdacht:
 < und > Zeichen
                    13aus der Mathematik
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="foliation" place="top-right" resp="#major_hand"><hi rend="encircled">4</hi></note>
                    
                    fange stehen da ein paar kräftige Sätze,
                    <lb/>von zwingender Logik und hervorragender Schärfe
                    <lb/>der Beobachtung. <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>ber Ihre Ideen mit
                    <lb/>den Dritteltönen
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317">Vgl. <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst</title> <ref target="#D0200001" n="28">(S. 28 f.</ref> der <rs key="E0800315">Erstausgabe</rs>): <q>Der Drittelton pocht schon seit einiger Zeit an die Pforte, und wir überhören noch immer seine Meldung.</q> Im Nachlass <persName key="E0300017">Busonis</persName> finden sich Skizzen zur dieser Thematik, die <persName key="E0300017">Busoni</persName> nach eigenen Angaben seit ca. <date when-iso="1906">1906</date> beschäftigte <bibl>(vgl. <ref target="#E0800037"/>, S. 118)</bibl>, möglicherweise auch schon sehr viel früher (siehe z. B. seine <ref type="ext" target="http://resolver.staatsbibliothek-berlin.de/SBB0001B16700000000">Versuche über Dritteltöne und neue Skalen, <idno>D-B, Mus.Nachl. F. Busoni C I,82</idno></ref>).</note>
                    
                    habe ich, allerdings auf
                    <lb/>andere Weise<reg>,</reg> auch schon viel nachgedacht. Ich
                    <lb/>dachte aber mehr an Vierteltöne, <del rend="strikethrough">und</del> bin <add place="above">aber</add> <subst><del rend="overwritten"><gap atLeast="1" unit="char" reason="overwritten"/></del><add place="across">je</add></subst>tzt
                    <lb/><add place="above">der</add> Ansicht, dass diese Sache auf einem anderen
                    <lb/>Wege<orig>,</orig> als auf dem der Konstruktion<orig>,</orig> kommen
                    <lb/>wird. <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>berdies hat <rs key="E0300312">ein Schüler von mir</rs>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317 #E0300314">Zum Folgenden vgl. den in <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> <bibl><title key="E0800232">Harmonielehre</title> (S. 23)</bibl> frei zitierten Brief <persName key="E0300312">Robert Neumanns</persName>; er datiert vom <date when-iso="1911-03-01">1. März 1911</date>, bezieht sich aber auf offenkundig bereits früher Besprochenes (vgl. <ref type="ext" target="http://archive.schoenberg.at/letters/search_show_letter.php?ID_Number=21487">Eintrag und Digitalisate in der Briefdatenbank des <persName key="E0300023">Arnold-Schönberg</persName>-Centers, <placeName key="E0500002">Wien</placeName></ref>).</note>
                    
                    <lb/>auf meine Anregung hin ausgerechnet, dass
                    <lb/>die nächste T<orig>h</orig>eilung der Oktave<reg>,</reg> die ähnliche
                    <lb/>Verhältnisse haben würde wie unsere <choice><orig>12</orig><reg>zwölf</reg></choice>t<orig>h</orig>eilige<reg>,</reg>
                    <lb/>53<hi rend="sup"><reg>s</reg>tel</hi><pc>=</pc>Töne
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (168)</bibl>: <q> 53<hi rend="underline2">tel</hi> Töne</q>.</note>
                    
                    einführen müsste. Wenn Sie
                    <lb/>nun 18 Drittel<choice><orig><pc>=</pc>T</orig><reg>t</reg></choice>öne annähmen, käme
                    <lb/>das dem einigermaßen <subst><del rend="overwritten">N</del><add place="across">n</add></subst>ahe<reg>,</reg> denn 3 × 18 = 54.
                    <lb/>D<subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" atMost="2" unit="char"/></del><add place="across">a</add></subst> entfielen dann allerdings die Halb
                    <lb break="no"/>töne ganz.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317">Hier liegt ein Verständnisfehler <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> vor: <persName key="E0300017">Busonis</persName> unternimmt nicht nur eine Einteilung der Oktave in 18 Dritteltöne, sondern, um dabei nicht auf Halbtöne (und damit auf die kleine Terz und die reine Quinte) verzichten zu müssen, auch in eine zweite Dritteltonreihe, die zur ersten um einen Halbton verschoben ist, sodass sich ein Sechsteltonsystem mit 36 Tönen ergibt. Vgl. <ref target="#D0200001" n="29">den entsprechenden Passus</ref> in <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst</title> (<ref target="#D0200001" n="29">S. 29</ref> der <rs key="E0800315">Erstausgabe</rs>) sowie <bibl><ref target="#E0800037"/>, S. 118</bibl>.</note>
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Für die Vierteltöne hatte ich mir seiner
                    <lb break="no"/>zeit folgende Notation erdacht:</p>
                <lb/><notatedMusic place="center">
                    <ptr target="nb/D0100014_13-nb1.xml"/>
                    <graphic width="149px" height="45px" url="D0100014_13_ex_1.png"/>
                    <desc>Vierteltonbezeichnung mit mathematischen, von den eigentlichen Notenköpfen ausgefüllten Größer-als- bzw. Kleiner-als-Zeichen.</desc>
                </notatedMusic>
                <ab type="caption" rend="align(right)"><choice><orig>< und > </orig><reg>Größer- und Kleiner-</reg></choice>Zeichen
                    <lb/>aus der Mathematik</ab>
                
                <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">13</note>
                
                </div> | 
                                                
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                                                    |  | 
                                                            B II, 4550 Ich glaube,aber, dass derartige Notierungs⸗versuche kaum werden durchdringen; denn
 ich hoffe mit viel Zuversicht, dass unsere
 zukünftige Notenschrift eine – wie soll
 ich sagen: „drathlosere“
                                                                Theurich 1977 (176) und Theurich 1979 (169): „drahtlosere“.
                    
                    sein wird.
 Auch über die Tonarten
                                                                Busoni konstatiert eine Verbrauchtheit des Dur-Moll-Systems und errechnet durch neue Kombinationen der Reihenfolgen von Halbtönen und Ganztönen 113 neue Skalen (vgl. Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst, S. 27 f. der Erstausgabe). Schönberg wird 1911 in seiner Harmonielehre erwidern: „die Plage, Hunderte von Skalen auszurechnen, könnte er sich ersparen. Ich habe mir mit Müh’ und Not die Namen der sieben Kirchentonarten gemerkt; und das waren ‚erst die Namen!‘ Ich werde mir nicht fünf von seinen Tonarten merken können. Wie soll ich dann aber komponieren – wenn ich sie gar nicht vor mir habe.“ (Schönberg 1911, S. 747)
                    
                    bin ich anderer
                    Meinung – das bezeugt ja meine Musik.
 Ich glaube: alles das was man mit 113 Tonarten
 machen kann, könnte man auch mit 2 oder 3
 oder 4: Dur, = Moll,
                                                                Theurich 1977 (176) und Theurich 1979 (169): „Dur = Moll“.
                    
                    Ganzton, und Chromatische.
 Jedenfalls bin ich seit langem dahinter her
 die Fesseln der Tonarten ganz abzustreifen.
 Und meine Harmonik kennt keine an Tonarten
 erinnernden Akkorde oder Melodien mehr.
 Nun zur Beantwortung Ihrer Fragen. Wieweit ich diese Absichten verwirkliche?
                    Nicht so weit als ich gerne möchte. Ganz
 genügt mir noch kein Stück. Ich möchte noch
 bunter werden an Motiven und melodieun⸗
 ähnlichen
                                                                Theurich 1977 (176), Theurich 1979 (169) und Beaumont 1987 (395): „melodieunähnlichen“ (bzw. „without melodic character“) ohne Hervorhebung.
                    
                    Gestaltungen; ich möchte noch freier
 und ungezwungener sein im Rythmus,
                                                                Theurich 1977 (176) und Theurich 1979 (169): „Rhythmus“.
                    
                    in den14
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
                
                <note type="shelfmark" place="top-right" resp="#archive" xml:id="middle_pos_id">B II, 4550</note>
                
                <p>Ich glaube<subst><del rend="overwritten">,</del><add place="across"> a</add></subst>ber, dass derartige Notierungs
                    <lb break="no"/>versuche kaum werden durchdringen; denn
                    <lb/>ich hoffe mit viel Zuversicht, dass unsere
                    <lb/>zukünftige Notenschrift eine – wie soll
                    <lb/>ich sagen: <soCalled rend="dq-du">dra<choice><orig>th</orig><reg>ht</reg></choice>losere</soCalled>
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (169)</bibl>: <q>drahtlosere</q>.</note>
                    
                    sein wird.</p>
                
                <p rend="indent-first">Auch über die Tonarten
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317"><persName key="E0300017">Busoni</persName> konstatiert eine Verbrauchtheit des Dur-Moll-Systems und errechnet durch neue Kombinationen der Reihenfolgen von Halbtönen und Ganztönen 113 neue Skalen (vgl. <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst</title>, <ref target="#D0200001" n="27">S. 27 f.</ref> der <rs key="E0800315">Erstausgabe</rs>). <persName key="E0300023">Schönberg</persName> wird <date when-iso="1911">1911</date> in seiner <title key="E0800232">Harmonielehre</title> erwidern: <q>die Plage, Hunderte von Skalen auszurechnen, könnte er sich ersparen. Ich habe mir mit Müh’ und Not die Namen der sieben Kirchentonarten gemerkt; und das waren <soCalled>erst die Namen!</soCalled> Ich werde mir nicht fünf von seinen Tonarten merken können. Wie soll ich dann aber komponieren – wenn ich sie gar nicht vor mir habe.</q> <bibl>(<ref target="#E0800232"/>, S. 747)</bibl></note>
                    
                    bin ich anderer
                    <lb/>Meinung – das bezeugt ja meine Musik.
                    <lb/>Ich glaube: <choice><orig>a</orig><reg>A</reg></choice>lles das<reg>,</reg> was man mit 113 Tonarten
                    <lb/>machen kann, könnte man auch mit <choice><orig>2 oder 3
                        <lb/>oder 4</orig><reg>zwei oder drei
                            <lb/>oder vier</reg></choice>: Dur<orig>,</orig> = Moll,
                    
                    <note resp="#E0300314" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (169)</bibl>: <q>Dur = Moll</q>.</note>
                    
                    Ganzton<orig>,</orig> und Chromatische.
                    <lb/>Jedenfalls bin ich seit langem dahinter her<reg>,</reg>
                    <lb/>die Fesseln der Tonarten ganz abzustreifen.
                    <lb/>Und meine Harmonik kennt keine an Tonarten
                    <lb/>erinnernden Akkorde oder Melodien mehr.</p>
                
                <p rend="indent-first">Nun zur Beantwortung Ihrer Fragen.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Wie<reg> </reg>weit ich diese Absichten verwirkliche?
                    <lb/>Nicht so weit<reg>,</reg> als ich gerne möchte. Ganz
                    <lb/>genügt mir noch kein Stück. Ich möchte noch
                    <lb/>bunter werden an Motiven und melodie<hi rend="underline2">un</hi>
                    <lb break="no"/>ähnlichen
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (169)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (395)</bibl>: <q>melodieunähnlichen</q> (bzw. <q>without melodic character</q>) ohne Hervorhebung.</note>
                    
                    Gestaltungen; ich möchte noch freier
                    <lb/>und ungezwungener sein im R<reg>h</reg>ythmus,
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (176)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (169)</bibl>: <q>Rhythmus</q>.</note>
                    
                    in den
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">14</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
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                                                                 B II, 4550 
                    
                    Taktarten; freier von Motivwiederholungen
                     und melodie=artigem Fortspinnen eines
                     Gedankens. Das schwebt mir vor: so phanta⸗ siere ich  […]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            Musik, bevor  […]
                                                                        at least 2 char: cancelled.                   
             ich sie notiere =
                     transkribiere. Und dazu kann ich mich
                     nicht zwingen; da muss ich warten bis
                     mir ein Stück ganz von selbst so gelingt,
                     wie es mir vorschwebt.
                                                                Im Gegensatz zu dieser ganz auf Intuition setzenden Kompositionstechnik steht Busonis intellektuelles, berechnendes Vorgehen, dass er als Kompositionsvorgang in drei Phasen beschreibt: „Zuerst kommt die Idee, dann entsteht oder man sucht den Einfall, dann folgt die Ausführung.“ (Busoni 1907 (Weindel 2006), S. 33). Schönbergs Arbeitsweise bezeichnete Busoni als anarchisch (vgl. Busoni 1911 (Weindel 2006), S. 58 und Busoni/Galston/Weindel 1999, S. 29 ff. sowie S. 126). Und damit bin ich auch zur Beantwortung
                    Ihrer anderen Frage gelangt: wieviel Absichtliches
 und wieviel Empfundenes dabei sei.
 Meine einzige Absicht ist:
                    keine Absicht zu haben!
 Keine formelle, keine architektonische,
 keine sonstige artistische, (als etwa die
 Stimmung eines Gedichtes zu treffen)
 keine ästhetische – überhaupt keine;
 oder höchstens die:
 dem Strom meiner unbewussten
                    Empfindungen nichts Hemmendes in den
 Weg zu legen. Nichts da hinein geraten
 zu lassen, was durch die Intelligenz oder15
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                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive" sameAs="#middle_pos_id">B II, 4550</note>
                    
                    Taktarten; freier von Motivwiederholungen
                    <lb/>und melodie<orig><pc>=</pc></orig>artigem Fortspinnen eines
                    <lb/>Gedankens. Das schwebt mir vor: so phanta
                    <lb break="no"/>siere ich <subst><del rend="overwritten"><gap unit="char" extent="1" reason="overwritten"/></del><add place="across">M</add></subst>usik, bevor <del rend="strikethrough"><gap atLeast="2" unit="char" reason="strikethrough"/></del> ich sie notiere =
                    <lb/>transkribiere. Und dazu kann ich mich
                    <lb/>nicht zwingen; da muss ich warten<reg>,</reg> bis
                    <lb/>mir ein Stück ganz von selbst so gelingt,
                    <lb/>wie es mir vorschwebt.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317">Im Gegensatz zu dieser ganz auf Intuition setzenden Kompositionstechnik steht <persName key="E0300017">Busonis</persName> intellektuelles, berechnendes Vorgehen, dass er als Kompositionsvorgang in drei Phasen beschreibt: <q>Zuerst kommt die Idee, dann entsteht oder man sucht den Einfall, dann folgt die Ausführung.</q> <bibl>(<ref target="#E0800040"/>, S. 33)</bibl>. <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> Arbeitsweise bezeichnete <persName key="E0300017">Busoni</persName> als anarchisch <bibl>(vgl. <ref target="#E0800041"/>, S. 58</bibl> und <bibl><ref target="#E0800020"/>, S. 29 ff. sowie S. 126</bibl>).</note>
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Und damit bin ich auch zur Beantwortung
                    <lb/>Ihrer anderen Frage gelangt: wie<reg> </reg>viel Absichtliches
                    <lb/>und wie<reg> </reg>viel Empfundenes dabei sei.</p>
                
                <p rend="indent-first">Meine einzige Absicht ist:
                    <lb/><hi rend="align(center)"><hi rend="underline2">keine</hi> Absicht zu haben!</hi>
                    <lb/>Keine formelle, keine architektonische,
                    <lb/>keine sonstige artistische<choice><orig>, (</orig><reg> (</reg></choice>als etwa die
                    <lb/>Stimmung eines Gedichtes zu treffen)<reg>,</reg>
                    <lb/>keine ästhetische – überhaupt keine;
                    <lb/>oder höchstens die:</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">dem Strom meiner unbewussten
                    <lb/>Empfindungen nichts Hemmendes in den
                    <lb/>Weg zu legen. Nichts da hinein<orig> </orig>geraten
                    <lb/>zu lassen, was durch die Intelligenz oder
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">15</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  16Facsimile |  16Diplomatic transcription |  16XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    durch das Bewusstsein hervorgerufen ist. Kennten Sie meine Entwickelung,
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (170): „Entwicklung“.
                    
                    so würden Sie a
 mn dem nicht zweifeln.Aber ich habe mich ja auch auf diese Frage
 gefasst gemacht und so kann ich sie
 beantworten. Ich habe gewusst, dass man
 an der Natürlichkeit meiner Absichten zweifeln
 wird, eben weil sie natürlich sind.
 Dass man sie construiert finden
 fwird,eben weil ich alles Konstruktions=Mäßige
                        Deutsche
 Staatsbibliothek
 Berlin
 vermeide.
 Aber, wenn man sieht, wie ich mich
                    stufenweise entwickelt habe, wie ich
 längst einer Ausdrucksform nahe war
 zu der ich mich heute klar und rückhalts⸗
 los bekenne, wird man verstehen, dass da
 nichts Unorganisches,
 […]
                                                                        at least 2 char: cancelled.                   
            nichts „Verschmockt=Asthetisches“
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (170): „Ästhetisches“.
                    
                    vorsich
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (170): „vor sich“.
                    
                    geht, sondern,
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (170) ohne Komma.
                    
                    dass ein
 Müssen
 ein
                                                                        transcription uncertain:
                    overwritten.
                dieses Resultat hervorgebracht hat. Dass ich mir heute […]
                                                                        1 char: overwritten.                   
            darüber auch theoretischziemlich klar bin, kann mir nur der
 Uebel nehmen, der sich den unbewußt=16
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    durch das Bewusstsein hervorgerufen ist.</p>
                
                <p rend="indent-first">Kennten Sie meine Entwickelung,
                    
                    <note resp="#E0300314" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (170)</bibl>: <q>Entwicklung</q>.</note>
                    
                    <lb/>so würden Sie a<subst><del rend="strikethrough-part">m</del><add place="remainder">n</add></subst> dem nicht zweifeln.
                    <lb/>Aber ich habe mich ja auch auf diese Frage
                    <lb/>gefasst gemacht<reg>,</reg> und so kann ich sie
                    <lb/>beantworten. Ich habe gewusst, dass man
                    <lb/>an der Natürlichkeit meiner Absichten zweifeln
                    <lb/>wird, eben weil sie natürlich sind.
                    <lb/>Dass man sie <choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>onstruiert finden <del rend="strikethrough">f</del> wird,
                    <lb/>eben weil ich alles Konstruktions<choice><orig><pc>=</pc>M</orig><reg>m</reg></choice>äßige
                    
                    <note type="stamp" place="margin-right" resp="#dsb_st_red">
                        <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche<lb/>Staatsbibliothek<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
                    </note>
                    
                    <lb/>vermeide.</p>
                
                <p rend="indent-first">Aber, wenn man sieht, wie ich mich
                    <lb/>stufenweise entwickelt habe, wie ich
                    <lb/>längst einer Ausdrucksform nahe war<reg>,</reg>
                    <lb/>zu der ich mich heute klar und rückhalts
                    <lb break="no"/>los bekenne, wird man verstehen, dass da
                    <lb/>nichts Unorganisches, <del rend="strikethrough"><gap atLeast="2" unit="char" reason="strikethrough"/></del> nichts <soCalled rend="dq-du">Verschmockt<pc>=</pc>
                        <lb break="no"/><choice><sic>A</sic><corr>Ä</corr></choice>sthetisches</soCalled>
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (170)</bibl>: <q>Ästhetisches</q>.</note>
                    
                    vor<reg> </reg>sich
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (170)</bibl>: <q>vor sich</q>.</note>
                    
                    geht, sondern<orig>,</orig>
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (170)</bibl> ohne Komma.</note>
                    
                    dass ein
                    <lb/><hi rend="underline">Müssen</hi> <subst><del rend="overwritten"><unclear reason="overwritten" cert="high">ein</unclear></del><add place="across">die</add></subst>ses Resultat hervorgebracht hat.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Dass ich mir heute <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" extent="1" unit="char"/></del><add place="across">d</add></subst>arüber auch theoretisch
                    <lb/>ziemlich klar bin, kann mir nur der
                    <lb/><choice><orig>Uebel </orig><reg>übel</reg></choice>nehmen, der sich den unbewu<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>t<pc>=</pc>
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">16</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  17Facsimile |  17Diplomatic transcription |  17XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            5
                    
                    schaffenden Künstler nur als eine Art
                    Halb=Kretin vorstellen kann; und
 der sich keinen Begriff davon macht, dass
 nach dem unbewusst=geschaffenen die
 Zeit
 rdes ruhigen Klaren
                                                                    Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (170): „klaren“.
                        
                        Schauens kommtin der man sich Rechenschaft giebt über
 seine Zustände.
 Was das dritte Stück anbelangt, das
                    Ihnen, wie mich Ihre herbe Kritik vermuten
 lässt, vorläufig gar nicht gefällt, so
 meine ich dass es schon wesentlich über das
 hinaus geht, was de
 mn beiden anderen gelingt.Mindestens was die früher erwähnte Bunt⸗
 heit anbelangt. Aber auch im „Harmonischen“
 – wenn man hier so architektonisch reden
 darf – scheint mir manches anders darin.
 In
 ſsbesondere: manches dünnere, zweistim̅igere.Aber ich halte es auch für ungerecht zu ver⸗
 langen, dass man in 3 Kleinen Klavier⸗
 stücken die Musik dreimal auf ver⸗
 schiedene Arten revolutioniert. Schiene17
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="foliation" place="top-right" resp="#major_hand"><hi rend="encircled">5</hi></note>
                    
                    schaffenden Künstler nur als eine Art
                    <lb/>Halb<pc>=</pc>Kretin vorstellen kann; und
                    <lb/>der sich keinen Begriff davon macht, dass
                    <lb/>nach dem <choice><orig>u</orig><reg>U</reg></choice>nbewusst<pc>=</pc>geschaffenen die
                    <lb/>Zeit <subst><del rend="overwritten">r</del><add place="across">d</add></subst>es <hi rend="underline">ruhigen <choice><orig>K</orig><reg>k</reg></choice>laren
                        
                        <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (170)</bibl>: <q>klaren</q>.</note>
                        
                        Schauens</hi> kommt<reg>,</reg>
                    <lb/>in der man sich Rechenschaft gi<orig>e</orig>bt über
                    <lb/>seine Zustände.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Was das <rs key="E0400114">dritte Stück</rs> anbelangt, das
                    <lb/>Ihnen, wie mich Ihre herbe Kritik vermuten
                    <lb/>lässt, vorläufig gar nicht gefällt, so
                    <lb/>meine ich<reg>,</reg> dass es schon wesentlich über das
                    <lb/>hinaus<orig> </orig>geht, was <rs type="works" key="E0400112 E0400113">de<subst><del rend="strikethrough-part">m</del><add place="remainder">n</add></subst> beiden anderen</rs> gelingt.
                    <lb/>Mindestens was die früher erwähnte Bunt
                    <lb break="no"/>heit anbelangt. Aber auch im <soCalled rend="dq-du">Harmonischen</soCalled>
                    <lb/>– wenn man <add place="above">hier</add> so architektonisch reden
                    <lb/>darf – scheint mir manches anders darin.
                    <lb/>In<subst><del rend="overwritten">ſ</del><add place="across">s</add></subst>besondere: manches dünnere, zweisti<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>igere.
                    <lb/>Aber ich halte es auch für ungerecht zu ver
                    <lb break="no"/>langen, dass man in <rs key="E0400019"><choice><orig>3</orig><reg>drei</reg></choice> <choice><orig>K</orig><reg>k</reg></choice>leinen Klavier
                        <lb break="no"/>stücken</rs> die Musik dreimal auf <hi rend="underline">ver
                            <lb break="no"/>schiedene</hi> Arten revolutioniert. Schiene
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">17</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  18Facsimile |  18Diplomatic transcription |  18XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    es nicht berechtigt, wenn man sich so weit außer⸗halb des Herkömmlichen gestellt hat, nun
 einen Augenblick zu verschnaufen, neue
 Kräfte zu sammeln, ehe man weiter stürmt?
 Und ist es nicht unrecht das Lakonische als
 Mani[e]riertheit zu bezeichnen? Ist das Architektonische
 nicht ebenso Manier, wie das Pointil[l]istische
 und das Impressionistische? Oder ist es ein
 Fehler
 […]
                                                                        at least 1 char: cancelled.                   
            nicht lang zu werden, wennman mit kurz vollkommen auskommt?
 Muss denn gebaut werden? Ist die Musik
 denn eine Sparkasse? Wird es unbedingt
 mehr, wenn es länger ist?
 Sollte das ein Fehler sein, dass
                    ich dort so kurz bin, dann macht dieser
 Brief ihn wett! Aber es gab da doch
 einige Dinge, die ich sagen wollte –
 dass ich es nicht kürzer konnte liegt
 wohl an meiner technischen Unbeholfen⸗
 heit.
 Und nun zum Schluss: Ich hoffe18
                    
                     | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    es nicht berechtigt, wenn man sich so weit außer
                    <lb break="no"/>halb des Herkömmlichen gestellt hat, nun
                    <lb/>einen Augenblick zu verschnaufen, neue
                    <lb/>Kräfte zu sammeln, ehe man weiter<orig> </orig>stürmt?
                    <lb/>Und ist es nicht unrecht<reg>,</reg> das Lakonische als
                    <lb/>Mani<supplied reason="omitted">e</supplied>riertheit zu bezeichnen? Ist das Architektonische
                    <lb/>nicht ebenso Manier<orig>,</orig> wie das Pointil<supplied reason="omitted">l</supplied>istische
                    <lb/>und das Impressionistische? Oder ist es ein
                    <lb/>Fehler<reg>,</reg> <del rend="strikethrough"><gap atLeast="1" unit="char" reason="strikethrough"/></del> nicht <hi rend="underline">lang</hi> zu werden, wenn
                    <lb/>man <add place="above">mit</add> <hi rend="underline">kurz</hi> vollkommen auskommt?
                    <lb/>Muss denn gebaut werden? Ist die Musik
                    <lb/>denn eine Sparkasse? Wird es unbedingt
                    <lb/>mehr, wenn es länger ist?</p>
                
                <p rend="indent-first">Sollte das ein Fehler sein, dass
                    <lb/>ich <hi rend="underline">dort</hi> so kurz bin, dann macht dieser
                    <lb/><hi rend="underline">Brief</hi> ihn <hi rend="underline">wett</hi>! Aber es gab da doch
                    <lb/>einige Dinge, die ich sagen wollte –
                    <lb/>dass ich es nicht kürzer konnte<reg>,</reg> liegt
                    <lb/>wohl an meiner technischen Unbeholfen
                    <lb break="no"/>heit.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Und nun zum Schluss: Ich hoffe<reg>,</reg>
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">18</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  19Facsimile |  19Diplomatic transcription |  19XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                                                                 B II, 4550 
                    
                    Sie sind nicht bös
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (171): „sind mir nicht bös“. 
                    
                    über meine Offenheit
                     und bewahren mir Ihr Interesse.
                
                 Vielleicht finden Sie einen Ausweg,
                    eine Erklärung, die es mir möglich
 macht mein Stück, in Ihren Heften zu
 veröffentlichen.
                                                                Keines von Schönbergs Drei Klavierstücken op. 11 wurde in Busonis An die Jugend veröffentlicht. Sie erschienen ein Jahr später bei der Universal-Edition, wo zwei bis drei Wochen danach Busoni seine Bearbeitung von op. 11 Nr. 2 veröffentlichte. Schönberg nahm dies kritisch zur Kenntnis, war sich jedoch zugleich bewusst, „was es heißt, von einem bedeutenden Pianisten so ernst genommen zu werden“ (Ermen 1996, S. 74). Busoni schrieb zu seiner Bearbeitung: „Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinertste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, ‚schwebenden‘ Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet.“ (Busoni/Weindel 2006, S. 125)
 Oder aber: vielleicht
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (171): „Vielleicht“.
                    
                    bringen Sie alle
                        drei und die Paraphrase, mit einer
 Erklärung ein ander mal??
 Jedenfalls hoffe ich Ihr Wolwollen
                                                                Theurich 1977 (177) und Theurich 1979 (171): „Wohlwollen“.
                    
                    nicht zu verlieren, wenn ich Sie nun
 auch bitte mir mitzuteilen, ob Sie
 die Stücke auch spielen wollen. Denn
 daran liegt mir selbstverständlich auch
 enorm viel.
                                                                „Arnold Schönberg, den er intensiv zur Kenntnis nimmt, hat er öffentlich nie gespielt.“ (Ermen 1996, S. 43). Das einzige Werk, das Busoni von Schönberg zur Aufführung brachte, waren Heinrich Schenkers Syrische Tänze, die Schönberg 1903 für Orchester uminstrumentiert hatte; vgl. hierzu den Beginn des Briefwechsels.
 Noch etwas Eigentümliches zum Schluss:
                    Ehe ich diese Klavierstücke komponiert
 hatte, wollte ich mich an Sie wenden
 – ich kannte Ihre Vorliebe zu Transkriptionen –
 mit der Frage, ob Sie nicht eines meiner
 Kammer- oder Orchesterwerke als Trans⸗19
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive" rend="indent">B II, 4550</note>
                    
                    Sie sind nicht bös
                    
                    <note resp="#E0300314" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (171)</bibl>: <q>sind mir nicht bös</q>.</note>
                    
                    über meine Offenheit
                    <lb/>und bewahren mir Ihr Interesse.</p>
                
                <p rend="indent-first">Vielleicht finden Sie einen Ausweg,
                    <lb/>eine Erklärung, die es mir möglich
                    <lb/>macht<reg>,</reg> <rs key="E0400113">mein Stück</rs><orig>,</orig> in <rs key="E0400429">Ihren Heften</rs> zu
                    <lb/>veröffentlichen.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317">Keines von <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> <title key="E0400019">Drei Klavierstücken op. 11</title> wurde in <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400429">An die Jugend</title> veröffentlicht. Sie erschienen <date when-iso="1910">ein Jahr später</date> bei der <orgName key="E0600004">Universal-Edition</orgName>, wo zwei bis drei Wochen danach <persName key="E0300017">Busoni</persName> seine <rs key="E0400032">Bearbeitung</rs> von <rs key="E0400113">op. 11 Nr. 2</rs> veröffentlichte. <persName key="E0300023">Schönberg</persName> nahm dies kritisch zur Kenntnis, war sich jedoch zugleich bewusst, <q>was es heißt, von einem bedeutenden <rs key="E0300017">Pianisten</rs> so ernst genommen zu werden</q> <bibl>(<ref target="#E0800031"/>, S. 74)</bibl>. <persName key="E0300017">Busoni</persName> schrieb zu <rs key="E0400032">seiner Bearbeitung</rs>: <q>Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinertste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, <soCalled>schwebenden</soCalled> Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet.</q> <bibl>(<ref target="#E0800018"/>, S. 125)</bibl></note>
                </p>
                
                <p rend="indent-first">Oder aber: vielleicht
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (171)</bibl>: <q>Vielleicht</q>.</note>
                    
                    bringen Sie <rs key="E0400019">alle
                        <lb/>drei</rs> und <rs key="E0400032">die Paraphrase</rs>, mit einer
                    <lb/>Erklärung<reg>,</reg> ein ander<orig> </orig>mal??</p>
                
                <p rend="indent-first">Jedenfalls hoffe ich<reg>,</reg> Ihr Wo<reg>h</reg>lwollen
                    
                    <note resp="#E0300317" type="commentary" subtype="ed_diff_minor"><bibl><ref target="#E0800004"/> (177)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (171)</bibl>: <q>Wohlwollen</q>.</note>
                    
                    <lb/>nicht zu verlieren, wenn ich Sie nun
                    <lb/>auch bitte<reg>,</reg> mir mitzuteilen, ob Sie
                    <lb/><rs key="E0400019">die Stücke</rs> auch spielen wollen. Denn
                    <lb/>daran liegt mir selbstverständlich auch
                    <lb/>enorm viel.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300317"><q><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName>, den er intensiv zur Kenntnis nimmt, hat er öffentlich nie gespielt.</q> (<bibl><ref target="#E0800031"/>, S. 43</bibl>). Das einzige Werk, das <persName key="E0300017">Busoni</persName> von <persName key="E0300023">Schönberg</persName> zur Aufführung brachte, waren <persName key="E0300024">Heinrich Schenkers</persName> <title key="E0400016" corresp="E0400017">Syrische Tänze</title>, die <persName key="E0300023">Schönberg</persName> <date when-iso="1903">1903</date> für Orchester <rs key="E0400017">uminstrumentiert</rs> hatte; vgl. hierzu den <ref target="#D0100001">Beginn des Briefwechsels</ref>.</note>
                </p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Noch etwas Eigentümliches zum Schluss:
                    <lb/>Ehe ich <rs key="E0400019">diese Klavierstücke</rs> komponiert
                    <lb/>hatte, wollte ich mich an Sie wenden
                    <lb/>– ich kannte Ihre Vorliebe zu Transkriptionen –
                    <lb/>mit der Frage, ob Sie nicht eines meiner
                    <lb/>Kammer- oder Orchesterwerke als Trans
                    
                    <note type="foliation" place="bottom-right" resp="#archive">19</note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  20Facsimile |  20Diplomatic transcription |  20XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                    
                    kription für Klavier allein, in Ihre Konzerte
                    aufnehmen wollten.
 Eigentümlich: Nun treffen wir wieder
                    bei einer Transkription zusammen!
 War das eine von mir missverstande[ne] Nachricht
                    meines unbewussten Ahnungsvermögens,
 die mich an Sie im Zusammenhang
 mit einer Transkription denken hieß.
 Das fiel mir neulich erst ein! Ichrhoffe bald eine freundliche Ant⸗wort zu erhalten und empfehle mich bis
 dahin mit vollster Hochachtung und
 Wertschätzung Ihr ergebener Arnold Schönberg
 
                                                                20
                    Deutsche StaatsbibliothekBerlin | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    kription für Klavier allein<orig>,</orig> in Ihre Konzerte
                    <lb/>aufnehmen wollten.</p>
                
                <p rend="indent-first">Eigentümlich: Nun treffen wir wieder
                    <lb/>bei einer Transkription zusammen!</p>
                
                <p rend="indent-first">War das eine <add place="above">von mir</add> missverstande<supplied reason="omitted">ne</supplied> Nachricht
                    <lb/>meines unbewussten Ahnungsvermögens,
                    <lb/>die mich an Sie im Zusammenhang
                    <lb/>mit einer Transkription denken hieß.</p>
                
                <p rend="indent-first">Das fiel mir neulich erst ein!</p>
                
                <p rend="indent-first">I<add place="inline">c</add>h<del rend="strikethrough">r</del> hoffe<reg>,</reg> bald eine freundliche Ant
                    <lb break="no"/>wort zu erhalten<reg>,</reg> und empfehle mich bis
                    <lb/>dahin mit vollster Hochachtung und
                    <lb/>Wertschätzung <seg type="closer" subtype="salute">Ihr ergebener</seg> <seg type="closer" subtype="signed"><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName></seg></p>
                
                <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red">
                    <stamp rend="round border align(center) small space-above space-below">Deutsche<lb/>Staatsbibliothek<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp>
                </note>
                
                <note type="stamp" place="bottom-center" resp="#sbb_st_blue">
                    <stamp>Nachlaß Busoni</stamp>
                </note>
                
                <note type="foliation" place="bottom-left" resp="#archive">20</note>
                
            </div> | 
                                                
                                                    |  21Facsimile |  21Diplomatic transcription |  21XML | 
                                                
                                                    |  |  | 
                                                            
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="margin-right" resp="#post">
                                <stamp xml:id="post_abs" rend="round border majuscule align(center) rotate(-45)">
                                    <placeName key="E0500040">Steinakirchen</placeName>
                                    <lb/><date when-iso="1909-08-24">24 VIII 09</date>–4
                                    <lb/><placeName key="E0500040"><seg rend="minuscule">am</seg> Forst</placeName>
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                                    <lb/><date when-iso="1909-08-24">24 VIII 09</date>–4
                                    <lb/><placeName key="E0500040"><seg rend="minuscule">am</seg> Forst</placeName>
                                </stamp>
                            </note>
                                                                <address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0">
                                <addrLine>Herrn</addrLine>
                                <addrLine rend="latin"><persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></addrLine>
                                <addrLine rend="latin align(center)"><placeName key="E0500029">Berlin</placeName> W30</addrLine>
                                <addrLine rend="latin align(center)"><placeName key="E0500072">Viktoria-Luise-Platz 11</placeName></addrLine>
                            </address>
                                                             | 
                                                
                                                    |  22Facsimile |  22Diplomatic transcription |  22XML | 
                                                
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                                Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4550-Beil.Mus.ep. A. Schönberg 11
                                        
 Nachlaß Busoni B II | 
                                                            
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="center" resp="#schoenberg_addr_st1">
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                                        <addrLine rend="small"><placeName key="E0500077">IX. Liechtensteinstraße 68/70</placeName><anchor xml:id="delAddr01"/></addrLine>
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                                    <addrLine><placeName key="E0500040">Steinakirchen am Forst</placeName></addrLine>
                                    <addrLine><placeName key="E0500081"><choice><abbr>Nied. Oesterr</abbr><expan>Niederösterreich</expan></choice></placeName></addrLine>
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                                        <lb/><stamp resp="#sbb_st_blue">Nachlaß Busoni <handShift new="#archive_red"/>B II<handShift new="#archive"/></stamp></del></subst>
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