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Mus.ep. L. Rubiner 31 (Busoni-Nachl. B II)Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4290 [1]
30. März 1919.
In den Tagen um
April 1, 1919Ihren Geburtstag.
Lieber und Verehrter!
Welche Freude über die Handschrift
Ihres gütigen Briefes! Ihre Idee über
die Aufführung des Arlecchino mit
den literarischen Teilen ist wunderbar.
Sie ist so schön, dass sie auch ohne
Zutun Ihrer Freunde durchgeführt
würde, wenn man von ihr erfährt. –
Nichts stände mir übler an, als vage
Reden und Versprechungen zu machen,
doch glaube ich mit gutem Gewissen
sagen zu dürfen, dass Ihre Freunde –
und falls nötig – Leute mit Geld tüchtig
dahinter sein werden. Eine solche Auffüh⸗ rung darf aber nur im Kgl. Opernhaus
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30. März 1919.
In den Tagen um
April 1, 1919Ihren Geburtstag.
Lieber und Verehrter!
Welche Freude über die Handschrift
Ihres gütigen Briefes! Ihre Idee über
die Aufführung des Arlecchino mit
den literarischen Teilen ist wunderbar.
Sie ist so schön, dass sie auch ohne
Zutun Ihrer Freunde durchgeführt
würde, wenn man von ihr erfährt. –
Nichts stände mir übler an, als vage
Reden und Versprechungen zu machen,
doch glaube ich mit gutem Gewissen
sagen zu dürfen, dass Ihre Freunde und – falls nötig – Leute mit Geld tüchtig
dahinter sein werden. Eine solche Aufführung darf aber nur im Kgl. Opernhaus
oder, mit den Kräften des Opernhauses,
bei Reinhardt stattfinden. Es wäre
eine wundersame Gelegenheit für den Autor,
seinen Einzug in Berlin festlich zu
halten. Die Idee dieser Aufführung ist
so schön und ernst, dass ich sie für mehr
als eine flüchtige Stimmung halte und dass
ich glaube, Ihre (tatsächlich vielen) Freunde
können mit Erfolg daran denken,
die Verwirklichung dieses Planes durchzusetzen.
(Apropos Freunde: H. W. Draber, ehem. Musikkritiker,
schreibt im Droschkenkutscher- u. Portiersblatt „Morgenpost“ unablässig über die Möglichkeit, sich in Mecklenburg und auf Rügen kleine Bauernhäuser mit Schweinen
und Hühnern zu kaufen.
Drabers Berichte über Reisen nach Stralsund und Rügen waren in der Berliner Morgenpost am 27.3. (S. [5], Digitalisat) bzw. 29.3.1919 (S. [5], Digitalisat) erschienen.
Warum hat der Ärmste zur Grundstücksspekulation erst den Umweg über die
Musikkritik gebraucht?)
Was die Verlagsangelegenheit Ihrer Werke betrifft, gewann
ich aus Ihrem Briefe den Eindruck, dass ich zu
viel auf einmal geschrieben habe. Also, wenn, wann
und wie Sie Lust haben. Es ist natürlich eine ernste,
entscheidungsvolle und für Sie nicht leichthin zu
beschließende Sache. Wie Sie sich denken können, wäre
ich über ein „Ja“ in irgendeinem der Fälle ungeheuer
glücklich. Aber das zählt ja bei einer solchen
Entscheidung nicht sehr mit, nur als moralischer
Faktor.
Ich möchte zu gerne im Verlage
K. neu Oehlenschlägers Aladdin
erscheinen lassen.
Offenbar unabhängig von Rubiners Überlegungen erschien 1919 Oehlenschlägers Aladdin in einer neuen Übersetzung von Erwin Magnus; sie wurde vom Verlag Kiepenheuer für eine Neuausgabe übernommen, allerdings erst im Jahr 1928.
Doch habe ich Skrupel:
Ich hielte von einem philologisch treuen
Abdruck nicht viel, wäre für (unmerkliche)
Korrekturen von sprachlich geradezu nicht
guten und „ausgerutschten“ Ausdrücken
(unmerklich, aber Korrekturen wären es doch!),
und ich wäre sogar für Kürzungen!: um
das wunderbare Werk aufführungsfähig –
und aufführungsnötig zu machen. Und zu
dieser gelinden „Bearbeitung“ kann ich mich
noch nicht ganz entschließen. Anders wird
man es, wie es mir scheint, heute nicht
mehr publizieren können. Wie denken
Sie über so etwas? Ich denke im Literarischen – wenn es sich nicht um Wesen wie
Goethe handelt – eigentlich wie über
notwendige musikalische Bearbeitungen.
Mein Drama habe ich fast ganz
umgearbeitet. Unglaublich gekürzt;
es z.B. über mich gewonnen, das Vorspiel
und eine andere Szene im letzten Akt
ganz zu streichen, und z.T. die
Situationen dermaßen ganz zu ändern,
dass es an Einfachheit und Schlichtheit vielleicht gewann.
Um Ihren Geburtstags-Cortège
beneide ich Zürich;
Uraufführung am 31. März 1919 in Zürich (Tonhalle-Orchester, Volkmar Andreae) mit Wiederholung am 1. April, Busonis Geburtstag (vgl. Willimann 1994, S. 72).
in die Aufführung
der herrlichen Sarabande – noch habe
ich sie ganz im Ohr – denke ich mich
hinein. Diese Zeilen schreibe ich
unter der Stimmung der Tage
April 1, 1919Ihres
Geburtstages, und im Geiste (leider!)
umarme und küsse ich Sie und
Frau Gerda!
Meine Frau leider
noch nicht in
Berlin.
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(2
oder, mit den Kräften des Opernhauses
bei Reinhardt stattfinden. Es wäre
eine wundersame Gelegenheit für den Autor,
seinen Einzug in Berlin festlich zu
halten. Die Idee dieser Aufführung ist
so schön und ernst, dass ich sie für mehr
als eine flüchtige Stimmung halte, und dass
ich glaube, Ihre ([…]
at most 2 char: illegible.
tatsächlich vielen) Freunde
können mit Erfolg […]
at least 2 words: illegible.
daran denken,
die Verwirklichung dieses Planes durchzusetzen.
(Apropos Freunde: H. W. Draber, ehem. Musikkritiker,
schreibt im Drosch[k]enkutscher- u. Portiersblatt „Morgen⸗ post“ unablässig über die Möglichkeit sich in Mecklen⸗ burg und auf Rügen kleine Bauernhäuser mit Schweinen
u. Hühnern zu kaufen.
Drabers Berichte über Reisen nach Stralsund und Rügen waren in der Berliner Morgenpost am 27.3. (S. [5], Digitalisat) bzw. 29.3.1919 (S. [5], Digitalisat) erschienen.
Warum hat der Ärmste zur Grund⸗ stücksspekulation erst den Umweg über die
Musikkritik gebraucht?)
Was die Verlagsangelegenheit Ihrer Werke betrifft, gewann
ich aus Ihrem Briefe den Eindruck, dass ich zu
viel auf einmal geschrieben habe. Also, wenn, wann
und wie Sie Lust haben. Es ist natürlich eine ernste,
entscheidungsvolle und für Sie nicht leichthin zu
beschliessende Sache. Wie Sie sich denken können, wäre
ich über ein „Ja“ in irgend einem der Fälle ungeheuer
glücklich. Aber das zählt ja bei einer solchen
Entscheidung nicht sehr mit, nur als moralischer
Faktor.
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<lb/>glücklich. Aber das zählt ja bei einer solchen
<lb/>Entscheidung nicht sehr mit, nur als moralischer
<lb/>Faktor.</p>
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Ich möchte zu gerne im Verlage
K. neu Oehlenschlägers Aladdin
erscheinen lassen.
Offenbar unabhängig von Rubiners Überlegungen erschien 1919 Oehlenschlägers Aladdin in einer neuen Übersetzung von Erwin Magnus; sie wurde vom Verlag Kiepenheuer für eine Neuausgabe übernommen, allerdings erst im Jahr 1928.
Doch habe ich Skrupel:
Ich hielte von einem philologisch treuen
Abdruck nicht viel, wäre für (unmerkliche)
Korrekturen von sprachlich geradezu nicht
guten und „ausgerutschten“ Ausdrücken
(unmerklich, aber Korrekturen wären es doch!),
und ich wäre sogar für Kürzungen!: Um
das wunderbare Werk aufführungsfähig –
und aufführungsnötig zu machen. Und zu
dieser gelinden „Bearbeitung“ kann ich mich
noch nicht ganz entschliessen. Anders wird
man es, wie es mir scheint, heute nicht
mehr publicieren können. Wie denken
Sie über so etwas? Ich denke im Literari⸗ schen – wenn es sich nicht um Wesen wie
Goethe handelt – eigentlich wie über
notwendige musikalische Bearbeitungen.
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Doch habe ich Skrupel:
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<lb/>Abdruck nicht viel, wäre für (unmerkliche)
<lb/>Korrekturen von sprachlich geradezu nicht
<lb/>guten und <soCalled rend="dq-du">ausgerutschten</soCalled> Ausdrücken
<lb/>(unmerklich, aber Korrekturen wären es doch!),
<lb/>und ich wäre sogar für Kürzungen!: <choice><orig>U</orig><reg>u</reg></choice>m
<lb/>das wunderbare Werk aufführungsfähig –
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Mein Drama habe ich fast ganz
umgearbeit[et]. Unglaublich gekürzt;
es z.B. über mich gewonnen, das Vorspiel
und eine andere Scene im letzten Akt
ganz zu streichen, und z.T. die
Situationen dermassen ganz zu ändern,
dass es an Einfachheit und Schlicht- heit vielleicht gewann.
Um Ihren Geburtstags-Cortège
beneide ich Zürich;
Uraufführung am 31. März 1919 in Zürich (Tonhalle-Orchester, Volkmar Andreae) mit Wiederholung am 1. April, Busonis Geburtstag (vgl. Willimann 1994, S. 72).
in die Aufführung
der herrlichen Sarabande – noch habe
ich Sie ganz im Ohr – denke ich mich
hinein. Diese Zeilen schreibe ich
unter der Stimmung der Tage
April 1, 1919Ihres
Geburtstages, und im Geiste (leider!)
umarme und küsse ich Sie und
Frau Gerda!
Meine Frau leider
noch nicht in
Berlin.
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in die Aufführung
<lb/>der herrlichen <title key="E0400623">Sarabande</title> – noch habe
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<lb/>unter der Stimmung der Tage <date when-iso="1919-04-01">Ihres
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<salute>Ihr dankbar Sie
<lb/>liebender</salute>
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<addrLine>Prof. <persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName><note type="stamp" resp="#censor" place="margin-right" rend="rotate(-45)">
<stamp rend="tiny round border align(center)">Postüberwachung<supplied reason="low-ink">sstelle</supplied>
<lb/>Geprü<supplied reason="low-ink">ft</supplied>
<lb/><gap reason="low-ink" atLeast="1" unit="word"/></stamp>
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<placeName key="E0500132">Zürich</placeName></addrLine>
<addrLine rend="align(center)">
<placeName key="E0500189">Scheuchzerstr. 36</placeName>.
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Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. L. Rubiner 31
Mus.Nachl. F. Busoni
B II, 4290-Beil.
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
30 März 1919
|
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<lb/>Staatsbibliothek
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