Ferruccio Busoni to Robert Freund arrow_backarrow_forward

Berlin · September 15, 1899

Facsimile
Diplomatic transcription
Reading version
XML
7
Berlin, 15.9.99

Hochverehrter Herr u. Freund.

Ich will Ihnen Allen, vereint
wie Sie sind, einen herzlichen Gruß
senden. Gewiss geniesst Etelka
Ihre Nähe und den schoenen
Aufenthalt (so er nicht von Regen
getrübt) auf’s Innigste; doch
muß ich mich ein wenig ihrer
Anbwesenheit beklagen. Ich habe
in Etelka die große pianistische
und die schoene Herzensbegabung
erkannt, die dieses ungewöhnliche
Maedchen auszeichnen; daher
meine Freude, mich mit ihr
zu beschäftigen. Jetzt hat sie
aber die knappen SommerMona-
te, die ich ihr widmen konnte und
herzlich wollte, sehr zersplittert
und die Zeit geht ohne Gewinn
dahin. An die Versicherung,
dass Sie bei Ihnen ernstlich
üben koenne, glaube ich
nicht ganz, wenn ich auch

Ms. Z II 157 a.1

Berlin, 15. September 1899

Hochverehrter Herr und Freund.

Ich will Ihnen allen, vereint wie Sie sind, einen herzlichen Gruß senden. Gewiss genießt Etelka Ihre Nähe und den schönen Aufenthalt (so er nicht von Regen getrübt) aufs Innigste; doch muss ich mich ein wenig ihrer Abwesenheit beklagen. Ich habe in Etelka die große pianistische und die schöne Herzensbegabung erkannt, die dieses ungewöhnliche Mädchen auszeichnen; daher meine Freude, mich mit ihr zu beschäftigen. Jetzt hat sie aber die knappen Sommermonate, die ich ihr widmen konnte und herzlich wollte, sehr zersplittert und die Zeit geht ohne Gewinn dahin. An die Versicherung, dass Sie bei Ihnen ernstlich üben könne, glaube ich nicht ganz, wenn ich auch an ihrem guten Willen und der Fähigkeit selbstständig zu arbeiten, nicht zweifle. Aber diese Zeit gehört der Familienfreude und nicht dem Studium. Bald reise ich ab, um meine via crucis concertantes wieder zu beginnen, ein ewiger Jude auf dem Pianoforte; und von da an hört die Möglichkeit auf, an und für meine Schüler zu denken und zu sorgen. –

Zum Schluss eine warme Bitte. Sympathie, Hochachtung und ein gut Teil Dankbarkeit haben mich Ihnen verbunden; dürfte ich Ihnen, als einen kleinen Beweis dieser meiner aufrichtigen Gefühle, meine neuen Bearbeitungen Bach’scher Toccaten zueignen? Ich wäre darauf sehr stolz. –

An Ihre verehrte Frau Gemahlin die achtungsvollsten Grüße. Überhaupt von uns an Sie alle. Herzlichst, Ihr sehr ergebener

F. Busoni

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="shelfmark" place="top-right" rend="small" resp="#archive">7</note> <opener> <dateline><placeName key="E0500029">Berlin</placeName>, <date when-iso="1899-09-15"><choice><orig>15.9.99</orig><reg>15. September 1899</reg></choice></date></dateline> <salute rend="indent space-above space-below">Hochverehrter Herr <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> Freund.</salute> </opener> <p type="pre-split">Ich will Ihnen <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>llen, vereint <lb/>wie Sie sind, einen herzlichen Gruß <lb/>senden. Gewiss genie<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>t <persName key="E0300420">Etelka</persName> <lb/>Ihre Nähe und den sch<choice><orig>oe</orig><reg>ö</reg></choice>nen <lb/>Aufenthalt (so er nicht von Regen <lb/>getrübt) auf<orig>’</orig>s Innigste; doch <lb/>mu<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> ich mich ein wenig ihrer <lb/>A<subst><del rend="overwritten">n</del><add place="across">b</add></subst>wesenheit beklagen. Ich habe <lb/>in <persName key="E0300420">Etelka</persName> die große pianistische <lb/>und die sch<choice><orig>oe</orig><reg>ö</reg></choice>ne Herzensbegabung <lb/>erkannt, die dieses ungewöhnliche <lb/>M<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>dchen auszeichnen; daher <lb/>meine Freude, mich mit ihr <lb/>zu beschäftigen. Jetzt hat sie <lb/>aber die knappen Sommer<choice><orig>M</orig><reg>m</reg></choice>ona <lb break="no"/>te, die ich <add place="above" rend="small">ihr</add> widmen konnte und <lb/>herzlich wollte, sehr zersplittert <lb/>und die Zeit geht ohne Gewinn <lb/>dahin. An die Versicherung, <lb/>dass Sie bei Ihnen ernstlich <lb/>üben k<choice><orig>oe</orig><reg>ö</reg></choice>nne, glaube ich <lb/>nicht ganz, wenn ich auch <note type="shelfmark" place="bottom-left" rend="small" resp="#archive">Ms. Z II 157 a.1</note> </p></div>
2Facsimile
2Diplomatic transcription
2XML

an ihrem guten Willen
und dieer Fähigkeit selbständig
zu arbeiten nicht zweifle.
Aber diese Zeit gehört der
Familienfreude und nicht
dem Studium. Bald reise ich
ab, um meine via crucis
concertantis wieder zu beginnen,
ein ewiger Jude auf dem
Pianoforte; und von da an
hört die Möglichkeit auf, an u.
für meine Schüler zu denken u. zu
sorgen. –

Zum Schluß eine warme
Bitte. Sympathie, Hochachtung
u. ein gut theil Dankbarkeit
haben mich Ihnen verbunden;
dürfte ich Ihnen, als ein
kleiner Beweis dieser meiner
aufrichtigen Gefühle meine
neuen Bearbeitungen Bach’scher
Toccaten zueignen? Ich waere
darauf sehr stolz. –

An Ihre verehrte Frau
Gemahlin
die achtungsvollsten
Grüße. Überhaupt von uns an Sie Alle.
Herzlichst, Ihr sehr ergebener

F. Busoni
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p type="split"> an ihrem guten Willen <lb/>und d<subst><del rend="overwritten">ie</del><add place="across">er</add></subst> Fähigkeit selb<reg>st</reg>ständig <lb/>zu arbeiten<reg>,</reg> nicht zweifle. <lb/>Aber diese Zeit gehört der <lb/>Familienfreude und nicht <lb/>dem Studium. Bald reise ich <lb/>ab, um meine <foreign xml:lang="la">via crucis <lb/>concertant<choice><orig>i</orig><reg>e</reg></choice>s</foreign> wieder zu beginnen, <lb/>ein ewiger Jude auf dem <lb/>Pianoforte; und von da an <lb/>hört die Möglichkeit auf, an <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> <lb/>für meine Schüler zu denken <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> zu <lb/>sorgen. –</p> <p>Zum Schlu<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> eine warme <lb/>Bitte. Sympathie, Hochachtung <lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> ein gut <choice><orig>th</orig><reg>T</reg></choice>eil Dankbarkeit <lb/>haben mich Ihnen verbunden; <lb/>dürfte ich Ihnen, als ein<corr>en</corr> <lb/>kleine<choice><sic>r</sic><corr>n</corr></choice> Beweis dieser meiner <lb/>aufrichtigen Gefühle<reg>,</reg> meine <lb/>neuen <rs key="E0400410">Bearbeitungen</rs> <persName key="E0300012">Bach</persName>’scher <lb/><rs type="works" key="E0400191 E0400408">Toccaten</rs> zueignen? Ich w<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>re <lb/>darauf sehr stolz. –</p> <closer> <salute> An Ihre verehrte <rs key="E0300434">Frau <lb/>Gemahlin</rs> die achtungsvollsten <lb/>Grüße. Überhaupt von uns an Sie <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lle. <lb/>Herzlichst, Ihr sehr ergebener </salute> <signed rend="inline"><persName key="E0300017">F. Busoni</persName></signed> </closer> </div>
3Facsimile
3Diplomatic transcription
3XML
[Rückseite von Textseite 1, vacat]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="objdesc" resp="#E0300361">[Rückseite von Textseite 1, vacat]</note> </div>
4Facsimile
4Diplomatic transcription
4XML
[Rückseite von Textseite 2, vacat]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="objdesc" resp="#E0300361">[Rückseite von Textseite 2, vacat]</note> </div>
5Facsimile
5Diplomatic transcription
5XML
6Facsimile
6Diplomatic transcription
6XML

Document

warningStatus: unfinished XML Facsimile Download / Cite

Provenance
Schweiz | Zürich | Zentralbibliothek Zürich | Handschriftenabteilung | Nachlass Robert Freund & Etelka Freund | Ms. Z II 157 a.1.7
Condition
Brief und Umschlag sind gut erhalten.
Extent
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Collation
Die vier Seiten des Bogens sind in der Reihenfolge 1, 3, 2, 4 beschrieben.
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen hat
  • Poststempel (schwarze Tinte)

Summary
Busoni moniert die lange Abwesenheit Etelka Freunds von Berlin, da sie diese Zeit nicht hinreichend für das Klavierstudium nutzen kann; bittet Freund, ihm seine Bearbeitungen zweier Bach- Toccaten widmen zu dürfen.
Incipit
Ich will Ihnen allen, vereint wie Sie sind

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
May 25, 2019: unfinished (currently being prepared (transcription, coding))
Direct context
Preceding Following
Near in this edition