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N.Mus.Nachl. 4,994
Den 20 Nov. 1919
Liebe Frau GDerdiMein,
das
mystische Zeichen oben bedeutet
35; es steht,
Bei Busoni/Weindel 2015 (713) ohne Komma.
imn der Zeichnung,
so zwischen Magie und Spielkarte.
Es bedeutet überdies, dass ich
mich frei […]
2 char: cancelled.
und müde fühle;
in einem Zustand, wo man
auf dem Papier solche Spielereien
unternimmt. Mit deutlicheren
Worten: ich habe die Graphophon= =Mühsal gestern zu Ende
gelitten, in 3,½ Stunden
Bei Busoni/Weindel 2015 (713) ohne Komma.
Spiel!
Bei seinen ersten akustischen Aufnahmen spielte Busoni am 18./19. November 1919 für die britische Columbia Graphophone Company in London Werke von Liszt, J. S. Bach, Chopin, Mozart, Beethoven, Weber und Gounod/Liszt ein (vgl. die detaillierte Diskographie bei Roberge 1991, S. 127–139). Busoni war mit den Aufnahmen nicht zufrieden, sie blieben unveröffentlicht; die Matrizen (76699–76710) sind offenbar verloren.
Ich bin ziemlich wie zerschlagen,
aber es ist vorbei. Es hat
mich gedrückt seit dem I.
Busoni/Weindel 2015 (713): „1.“.
Tag;
Als
Busoni/Weindel 2015 (713) „als“.
ob ich eine Operation erwartete.
Stupid und anstrengend.
Ein Beispiel: man wünscht den
FaustWalzer (der gute 10 Minuten
dauert) – aber nur vier Minuten
lang!
Bis zur Einführung der Langspielplatte („Long Play“, LP) im Jahr 1948 betrug die Spieldauer einer Schallplattenseite etwa 4–5 Minuten.
– Da heisst es also rasch
zusammenstreichen, flicken,
improvvisieren; so dass
Busoni/Weindel 2015 (713): „daß“.
es doch
einen Sinn behält;
In Busonis zweiter Aufnahmesitzung, die er mit einer weitgehend identischen Stückauswahl wiederum für Columbia in London absolvierte (27. Februar 1922), stand der Faust-Walzer nicht mehr auf dem Programm.
auf das
Pedal achten (weil es schlecht
klingt)
Bei Busoni/Weindel 2015 (713) mit folgendem Komma.
an gewisse Noten denken,
die stärker oder schwächer
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Den 20. Nov. 1919
Liebe Frau DerdiMein,
das
mystische Zeichen oben bedeutet
35; es steht,
in der Zeichnung,
so zwischen Magie und Spielkarte.
Es bedeutet überdies, dass ich
mich frei und müde fühle;
in einem Zustand, wo man
auf dem Papier solche Spielereien
unternimmt. Mit deutlicheren
Worten: ich habe die Graphophon-Mühsal gestern zu Ende
gelitten, in 3½ Stunden
Spiel!
Bei seinen ersten akustischen Aufnahmen spielte Busoni am 18./19. November 1919 für die britische Columbia Graphophone Company in London Werke von Liszt, J. S. Bach, Chopin, Mozart, Beethoven, Weber und Gounod/Liszt ein (vgl. die detaillierte Diskographie bei Roberge 1991, S. 127–139). Busoni war mit den Aufnahmen nicht zufrieden, sie blieben unveröffentlicht; die Matrizen (76699–76710) sind offenbar verloren.
Ich bin ziemlich wie zerschlagen,
aber es ist vorbei. Es hat
mich gedrückt seit dem ersten
Tag;
Als
ob ich eine Operation erwartete.
Stupid und anstrengend.
Ein Beispiel: man wünscht den
Faust-Walzer (der gute zehn Minuten
dauert) – aber nur vier Minuten
lang!
Bis zur Einführung der Langspielplatte („Long Play“, LP) im Jahr 1948 betrug die Spieldauer einer Schallplattenseite etwa 4–5 Minuten.
Da heißt es also rasch
zusammenstreichen, flicken,
improvisieren; so dass
es doch
einen Sinn behält;
In Busonis zweiter Aufnahmesitzung, die er mit einer weitgehend identischen Stückauswahl wiederum für Columbia in London absolvierte (27. Februar 1922), stand der Faust-Walzer nicht mehr auf dem Programm.
auf das
Pedal achten (weil es schlecht
klingt),
an gewisse Noten denken,
die stärker oder schwächer
– dieser Höllenmaschine
zu gefallen
–
angeschlagen werden müssen; sich
nicht gehen lassen – wegen der
Korrektheit – und dabei die
ganze Zeit bewusst sein, dass
jeder Ton für ewig stehen bleibt:
Wie kann Inspiration, Freiheit,
Schwung, Poesie zu Stande kommen?
Genug, dass ich gestern für neun
Stücke von je vier Minuten (also
im Ganzen einer halben Stunde)
drei und einhalb Stunden gearbeitet!
Ein paar von diesen Stücken
spielte ich vier- und auch fünfmal:
Das rasche Denken war
dabei das stark Anstrengende.
Aber schließlich spürten es auch
meine Arme – und dann gab’s
noch
fotografische Aufnahme,
und das Unterschreiben der
Platten – endlich – abgetan!
Bevor ich hinging, hatte
ich einer Lunch-Einladung
Dent’s gefolgt, die in einem
„spanischen“ Restaurant (einer
englischen Spelunke) stattfand; er, Dent, war umgeben von rosenwangigen Jünglingen, und dazu war auch
Cortot (Pariser Polizei-Chef)
anwesend, der mir recht missfiel – (ich kann mir nicht helfen,
ich möchte nicht unwohlwollend
sein) – ja, ziemlich wenig gefiel.
Vier Jahre macht er diese schöne
Profession, die kommenden und
gehenden Künstler zu kontrollieren:
Alfred Cortot war seit 1916 für den französischen Staat mit der Überwachung von Künstlern zwecks Abwehr linker Tendenzen sowie mit entsprechenden Ein- und Ausreisekontrollen befasst (Fulcher 2005, S. 32 f., 121–123).
Ich – natürlich – (hatte mich
schon vorher darauf gefreut) –
habe ihn „auf den Kopf“ gefragt,
ob es wahr wäre, und er musste
es zugeben. Ich war überhaupt
in der „Arlecchino“-Laune, und
als ich ankam, war mein erstes:
„Where are the ladies?“ Cortot
wollte mit mir über Musik diskutieren; ich merkte, es ginge
nicht, und sagte: „Monsieur, pour
nous entendre il faudrait
d’abord que nous nous approchions
davantage; vous arrivez d’une
certaine direction, moi je pars
d’une direction opposée: c’est
impossible, qu’au premier
moment ou nous nous touchons,
nous soyons en état de
discuter ensemble.“
Frz.: „Mein Herr, damit wir uns verstehen, müssten wir uns zunächst noch mehr einander annähern; Sie kommen aus einer gewissen Richtung, ich aus einer entgegengesetzten: da ist es unmöglich, dass wir im ersten Augenblick, da wir zusammenstoßen, miteinander zu diskutieren imstande wären.“
Er steckt
in allem Offiziellen, Aktuellen,
Exklusiv-französischen
– und ich …
Morgen Orchesterprobe.
Übermorgen Probe und Konzert
(letzteres am Nachmittag).
Delius ist wieder hier und wird
anwesend sein – auch Ursula
meldet sich heute an.
Ich lege Dir einen Brief
für Br. & H. bei,
Der Brief ist nicht erhalten; Gegenstand der Antwort von Breitkopf & Härtel auf den vorherigen Brief Busonis ist die Empfehlung, eine vom Harmonie-Verlag geforderte hohe Ablösesumme nicht zu leisten, die dieser für einen Verlagswechsel der Oper Die Brautwahl zu Breitkopf & Härtel verlangt hatte (Busoni / Breitkopf & Härtel / Hanau 2012, S. 415 f.) – und damit de facto auch die Ablehnung einer solchen Übernahme durch Breitkopf & Härtel.
denn ich
hatte auf meinen ersten,
direkt geposteten,
Wahrscheinlich ist dieser ebenfalls nicht überlieferte Brief identisch mit jenem, der Breitkopf & Härtel spätestens am 10. Dezember 1919 erreichte („Mit ausserordentlicher Verspätung erhielten wir Ihren freundlichen Brief aus London vom 7. November“; Busoni / Breitkopf & Härtel / Hanau 2012, S. 415).
keine
Antwort. Auch, damit du
ihn liesest und dann weiter
schickest.
Von Weiss, Ticciati
und Lochbrunner hatte ich
kein einziges Zeichen. Aber
gestern – zu meinem Erstaunen –
schrieb mir Cosomati einen
Gruß aus – Wien. „Vienna
è triste, triste, triste!“
Ital.: „Wien ist trübe, trübe, trübe!“
Ich küsse Euch Lieben.
Ach: „An Anna Wimmler
zur Erinnerung an die Kriegsjahre
in Zürich.“ („Kriegsjahre“, weil
sie das Datum anzeigen.)
Maudi hat ihr Haus auf ein Jahr zu 1.500 Guineas (fast
40.000 Francs) vermietet. Darüber
hatte ich mit ihr eine kleine Szene. Ich konnte nicht ertragen, dass sie
sagte: „Man muss heute von den Zuständen profitieren.“ – „Also, anstatt
zu helfen u. zu erleichtern, trägst Du dazu bei, es noch zu verschlimmern!“
(So sind sie alle, alle. Sie profitiert bei dieser Sache etwa 700 %.
Das nennt man doch:
Kriegswucher.)
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2Diplomatic transcription
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2XML
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|
– dieser Höllen Maschine
Busoni/Weindel 2015 (713): „Höllenmaschine“.
zu gefallen
Busoni/Weindel 2015 (713): „Gefallen“.
–
angeschlagen werden müssen; sich
nicht gehen lassen – wegen der
Korrektheit – und dabei die
ganze Zeit bewusst sein, dass
jeder Ton für ewig stehen bleibt –:
wie kann Inspiration, Freiheit,
Schwung, Poesie zu Stande kommen?
Bei Busoni/Weindel 2015 (713) mit Ausrufe- statt Fragezeichen.
Genug, dass ich gestern für 9
Stücken von je 4 Minuten (also
im Ganzen einer halben Stunde)
drei und ein halb Stunden gearbeitet!
– Ein Paar von diesen Stücken
spielte ich vier, und auch fünf,
Bei Busoni/Weindel 2015 (713) ohne Komma.
mal:
das rasche Denken war
dabei das stark anstrengende.
Busoni/Weindel 2015 (713): „Anstrengende“.
Aber schliesslich spürten es auch
meine Arme – und dann gab’s
noch
Busoni/Weindel 2015 (713) ergänzt stillschweigend: „eine“.
fotografische Aufnahme,
und das Unterschreiben der
Platten – endlich – abgethan!
– Bevor ich hinging hatte
ich einer Lunch-Einladung
Dent’s gefolgt, die in einem
“spanischen” Restaurant (einer
englischen Spelunke) – statt- fand; er, Dent, war umge- ben von rosenwangigen Jüng- lingen, und dazu war auch
Cortot (Pariser Polizei Chef)
|
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anwesend, der mir recht mis- fiel – (ich kann mir nicht helfen,
ich möchte nicht unwohlwollend
sein) – ja, ziemlich wenig gefiel.
Vier Jahre macht er diese schöne
Profession, die kommenden und
gehenden Künstler zu kontrollieren:
Alfred Cortot war seit 1916 für den französischen Staat mit der Überwachung von Künstlern zwecks Abwehr linker Tendenzen sowie mit entsprechenden Ein- und Ausreisekontrollen befasst (Fulcher 2005, S. 32 f., 121–123).
ich – natürlich – (hatte mich
schon vorher darauf gefreut) –
habe ihn „auf den Kopf“ gefragt,
ob es wahr wäre, und er musste
es zugeben. – Ich war überhaupt
in der “Arlecchino”-Laune, und
als ich ankam war mein Erstes:
„Where are the Ladies?“ – Cortot
wollte mit mir über Musik di- skutieren; ich merkte, es ginge
nicht u. sagte: “Monsieur, pour
nous entendre il faudrait
d’abord que nous nous approchions
davantage; vous arrivez d’une
certaine direction, moi je pars
d’une direction opposée: c’est
impossible, qu’au premier
moment ou nous nous touchons,
nous soyons en état de
discuter ensemble.”
Frz.: „Mein Herr, damit wir uns verstehen, müssten wir uns zunächst noch mehr einander annähern; Sie kommen aus einer gewissen Richtung, ich aus einer entgegengesetzten: da ist es unmöglich, dass wir im ersten Augenblick, da wir zusammenstoßen, miteinander zu diskutieren imstande wären.“
– Er steckt
in Allem Officiellen, Aktuellen,
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Busoni/Weindel 2015 (714): „Französischen“.
– und ich ....
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anwesend, der mir recht mis<reg>s</reg>
<lb break="no"/>fiel – (ich kann mir nicht helfen,
<lb/>ich möchte nicht unwohlwollend
<lb/>sein) – ja, ziemlich wenig gefiel.
<lb/>Vier Jahre macht er diese schöne
<lb/>Profession, die kommenden und
<lb/>gehenden Künstler zu kontrollieren:
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<lb/>d’une direction opposée: c’est
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Morgen orchester Probe.
Busoni/Weindel 2015 (714): „OrchesterProbe“.
Über- morgen Probe und Konzert
(letzteres am Nachmittag.)
Delius ist wieder hier und wird
anwesend sein – auch Ursula
meldet sich heute an. –
– Ich lege Dir einen Brief
für Br. & H. bei,
Der Brief ist nicht erhalten; Gegenstand der Antwort von Breitkopf & Härtel auf den vorherigen Brief Busonis ist die Empfehlung, eine vom Harmonie-Verlag geforderte hohe Ablösesumme nicht zu leisten, die dieser für einen Verlagswechsel der Oper Die Brautwahl zu Breitkopf & Härtel verlangt hatte (Busoni / Breitkopf & Härtel / Hanau 2012, S. 415 f.) – und damit de facto auch die Ablehnung einer solchen Übernahme durch Breitkopf & Härtel.
denn ich
hatte auf meinen ersten,
direkt geposteten,
Wahrscheinlich ist dieser ebenfalls nicht überlieferte Brief identisch mit jenem, der Breitkopf & Härtel spätestens am 10. Dezember 1919 erreichte („Mit ausserordentlicher Verspätung erhielten wir Ihren freundlichen Brief aus London vom 7. November“; Busoni / Breitkopf & Härtel / Hanau 2012, S. 415).
keine
Antwort. Auch, damit du
ihn liestest, und dann weiter
schickest. –
– Von Weiss, Ticciati
und Lochbrunner hatte ich
kein einziges Zeichen. Aber
gestern – zu meinem Erstaunen –
schrieb mir Cosomati einen
Gruss aus – Wien. „Vienna
è triste, triste, triste!“
Ital.: „Wien ist trübe, trübe, trübe!“
–
– Ich küsse Euch Lieben.
– Ach: “An Anna Wim̅ler
zur Erinnerung an die Kriegsjahre
in Zürich.” (“Kriegsjahre” weil
sie das Datum anzeigen.)
Maudi hat ihr Haus auf ein Jahr zu 1500 Guineas (fast
40 tausend francs) vermiethet. Darüber
[left border, lengthwise:]
hatte ich mit ihr eine kleine Szene. Ich konnte nicht ertragen, dass sie
sagte: man muss heute von den Zuständen profitieren. – Also, anstatt
zu helfen u. zu erleichtern, trägst Du dazu bei, es noch zu verschlimmern!
(So sind sie Alle, Alle. Sie profitiert bei dieser Sache etwa 700 prozent.
Bei Busoni/Weindel 2015 (714) mit Doppelpunkt statt Punkt.
Das nennt man doch:
Bei Busoni/Weindel 2015 (714) ohne den Doppelpunkt.
Kriegswucher.)
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<!--<note type="commentary" resp="#E0300314">22. November 1919, Queen’s Hall: englische EA Sarabande et Cortège, dirigiert von Busoni; Mozart KV 491, Busoni spielt, Dirigent Henry Wood; Programm Busoni-Nachlaß E 1919, 10B Kindermann 408f.</note>-->
<lb/><persName key="E0300554">Delius</persName> ist <add place="above">wieder</add> hier und wird
<lb/>anwesend sein – auch <persName key="E0300561">Ursula</persName>
<lb/>meldet sich heute an.<orig> –</orig></p>
<p><orig>– </orig>Ich lege Dir einen Brief
<lb/>für <orgName key="E0600002">Br. & H.</orgName> bei,
<note type="commentary" resp="#E0300314">Der Brief ist nicht erhalten; Gegenstand der Antwort von <orgName key="E0600002">Breitkopf & Härtel</orgName> auf den vorherigen Brief <persName key="E0300017">Busonis</persName> ist die Empfehlung, eine vom <orgName key="E0600115">Harmonie-Verlag</orgName> geforderte hohe Ablösesumme nicht zu leisten, die dieser für einen Verlagswechsel der Oper <title key="E0400138">Die Brautwahl</title> zu <orgName key="E0600002">Breitkopf & Härtel</orgName> verlangt hatte <bibl>(<ref target="#E0800050"/>, S. 415 f.)</bibl> – und damit de facto auch die Ablehnung einer solchen Übernahme durch <orgName key="E0600002">Breitkopf & Härtel</orgName>.</note>
denn ich
<lb/>hatte auf meinen ersten,
<lb/>direkt geposteten,
<note type="commentary" resp="#E0300314">Wahrscheinlich ist dieser ebenfalls nicht überlieferte Brief identisch mit jenem, der <orgName key="E0600002">Breitkopf & Härtel</orgName> spätestens am <date when-iso="1919-12-10">10. Dezember 1919</date> erreichte (<q>Mit ausserordentlicher Verspätung erhielten wir Ihren freundlichen Brief aus <placeName key="E0500047">London</placeName> vom <date when-iso="1919-11-07">7. November</date></q>; <bibl><ref target="#E0800050"/>, S. 415</bibl>).</note>
keine
<lb/>Antwort. Auch, damit du
<lb/>ihn lies<subst><del rend="overwritten">t</del><add place="across">e</add></subst><add place="inline">st</add><orig>,</orig> und dann weiter
<lb/>schickest.<orig> –</orig></p>
<p><orig>– </orig>Von <persName key="E0300555">Weiss</persName>, <persName key="E0300556">Ticciati</persName>
<lb/>und <persName key="E0300184">Lochbrunner</persName> hatte ich
<lb/>kein einziges Zeichen. Aber
<lb/>gestern – zu meinem Erstaunen –
<lb/>schrieb mir <persName key="E0300560">Cosomati</persName> einen
<lb/>Gru<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice> aus – <placeName key="E0500002">Wien</placeName>. <q rend="dq-du" xml:lang="it"><placeName key="E0500002">Vienna</placeName>
<lb/>è triste, triste, triste!</q>
<note type="commentary" resp="#E0300314">Ital.: <q><placeName key="E0500002">Wien</placeName> ist trübe, trübe, trübe!</q></note>
<orig> –</orig></p>
<p><orig>– </orig>Ich küsse Euch Lieben.</p>
<p><orig>– </orig>Ach: <q rend="dq-uu">An <persName key="E0300557">Anna Wi<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>ler</persName>
<lb/>zur Erinnerung an die Kriegsjahre
<lb/>in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName>.</q> (<soCalled rend="dq-uu">Kriegsjahre</soCalled><reg>,</reg> weil
<lb/>sie das <hi rend="underline">Datum</hi> anzeigen.)</p>
<closer>
<salute>Es umarmt Dich innigst</salute>
<signed rend="align(right)"><rs key="E0300017">FerroMann</rs></signed>
</closer>
<postscript>
<p rend="small"><persName key="E0300425">Maudi</persName> hat ihr Haus auf <add place="above">ein</add> Jahr zu 1<reg>.</reg>500 Guineas (fast
<lb/>40<choice><orig> tausend</orig><reg>.000</reg></choice> <choice><orig>f</orig><reg>F</reg></choice>rancs) vermiet<orig>h</orig>et. Darüber
<cb type="margin-left"/>
hatte ich mit ihr eine kleine Szene. Ich konnte nicht ertragen, dass sie
<lb/>sagte: <q rend="none"><choice><orig>m</orig><reg>M</reg></choice>an muss heute von den Zuständen profitieren.</q> – <q rend="none">Also, anstatt
<lb/>zu helfen u. zu erleichtern, trägst Du dazu bei, es noch zu verschlimmern!</q>
<lb/>(So sind sie <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lle, <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lle. Sie profitiert bei dieser Sache etwa 700 <choice><orig>prozent</orig><reg>%</reg></choice>.
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <ref target="#E0800023"/> (714) mit Doppelpunkt statt Punkt.</note>
<lb/><seg rend="align(right)">Das nennt man doch:
<note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314">Bei <ref target="#E0800023"/> (714) ohne den Doppelpunkt.</note>
Kriegswucher.)</seg></p>
</postscript>
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