Wilhelm Kienzl to Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Graz · October 10, 1886

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Mus. ep. W. Kienzl 24 (Busoni-Nachl. BII)
Mus. Nachl. F. Busoni
BII, 2539

Graz, 10. Okt. 1886.

Geehrter Herr!

Es thut mir sehr leid, Ihnen
in Erwiederung Ihres freundlichen
Antrages mitzutheilen zu müssen, dass wir
im Musikverein für dieses
Jahr bereits längst mit Künst-
lern versorgt sind, Busoni fragte im Brief vom 9. Oktober 1886 an, als Pianist im steiermärkischen Musikverein aufzutreten und seine Suite für Orchester ins Programm mit aufzunehmen. Kienzl wurde am 2. Juni zum artistischen Direktor des Vereins ernannt (Bischoff 1890, S. 199), so dass Busoni sich bei der Anfrage möglicherweise einen persönlichen Vorteil erhofft hatte. d. h. mit den
Wenigen, welche von nun an stets
engagiert werden sollen, da
die Vorführung von Orchester- Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Graz, 10. Oktober 1886

Geehrter Herr!

Es tut mir sehr leid, Ihnen in Erwiderung Ihres freundlichen Antrages mitteilen zu müssen, dass wir im Musikverein für dieses Jahr bereits längst mit Künstlern versorgt sind, Busoni fragte im Brief vom 9. Oktober 1886 an, als Pianist im steiermärkischen Musikverein aufzutreten und seine Suite für Orchester ins Programm mit aufzunehmen. Kienzl wurde am 2. Juni zum artistischen Direktor des Vereins ernannt (Bischoff 1890, S. 199), so dass Busoni sich bei der Anfrage möglicherweise einen persönlichen Vorteil erhofft hatte. d. h. mit den Wenigen, welche von nun an stets engagiert werden sollen, da die Vorführung von Orchesterwerken der Hauptzweck der Konzerte sein soll. Busoni hatte zuvor abseits des Musikvereins mehrere öffentliche und private Konzerte in Graz gegeben, in der Hoffnung genügend Geld zu erwirtschaften, um sich von den Schulden seiner Familie zu befreien, sich zu verselbstständigen und nach Leipzig zu ziehen. Dieses Ziel erreichte er dann im November. (Dent 1974, S. 64–66)

Was ferner Ihre Suite betrifft, so sind die Programme für die diesjährigen Konzerte bereits vollkommen festgestellt; ich kann Ihnen also leider keinen anderen Rat geben, als sich damit fürs nächste Jahr – aber frühzeitig – durch Einsendung der Partitur zu melden. Ich werde dann Ihr Werk gern in Vorschlag bringen und hängt die Annahme desselben von der Entscheidung des Directoriums ab. In der Chronik des Steiermärkischen Musikvereines, in welcher dessen Konzerte und aufgeführten Werke (unter anderem) zwischen 1886 und 1890 aufgelistet werden, wird Busoni weder als Komponist noch als Interpret aufgeführt, so dass davon auszugehen ist, dass er seine Suite nicht erneut einreichte, oder diese nicht angenommen wurde. (Bischoff 1890, S. 200–204)

Sie bestens grüßend, Ihr ergebener

Dr. Wilh. Kienzl.

                                                                
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Was ferner Ihre Suite betrifft,
so sind die Programme für
die diesjährigen Concerte
bereits vollkommen fest-
gestellt; ich kann Ihnen
also leider keinen anderen
Rat geben, als sich damit
fürs nächste Jahr – aber früh-
zeitig
– durch Einsendung der
Partitur zu melden. Ich wer-
de dann Ihr Werk gern

                                                                
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Sie bestens grüssend
Ihr ergebener

Dr. Wilh. Kienzl.

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
[2]
                                                                
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Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2539 | olim: Mus.ep. W. Kienzl 24 (Busoni-Nachl. B II) |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
1 Bogen, 3 beschriebene Seiten
Collation
Seitenfolge: 1, 2, 3 (4 vacat)
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Wilhelm Kienzl, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Foliations
  • Foliierung durch das Archiv, mit Bleistift unten rechts auf den Vorderseiten.
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Summary
Kienzl muss Busonis Antrag auf Aufnahme ins Konzertprogramm des steiermärkischen Musikvereins wegen bereits feststehender Planung ablehnen; empfiehlt ihm, seine Suite gegebenenfalls zum nächsten Jahr einzusenden.
Incipit
Es tut mir sehr leid, Ihnen in Erwiderung

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
September 30, 2025: proposed (transcription and coding done, awaiting proofreading)
Direct context
Preceding Following
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