Philipp Jarnach an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Zürich · 1. März 1918

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Diplomatische Umschrift
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N.Mus.Nachl. 30, 101
1.3.1918.

Mein lieber, verehrter Meister!

Die Einstudierung von Tur. u. Arl. hat, wie ich es
vermutet hatte, 26. Februar 1918Dienstag angefangen und wird eifrig fort⸗
gesetzt. Meines Wissens haben sogar eine Arrangier= u. eine
Orchesterprobe von „Turandot“ stattgefunden. Die Chorstimmen
sind ergänzt worden und werden jetzt in der endgültigen
Fassung einstudiert. Zu Proben bin ich noch nicht herange⸗
zogen, wiewohl Kapellmeister Conrad den Wunsch geäussert
hat, einmal TuranArlecchino mit mir durchzunehmen,
um Tempi und Nüancen festzustellen. Ich soll auch bei den
Ensembleproben anwesend sein. – Von Denzler höre ich bis jetzt
nichts.

Herr Fehrmann wird Bombasto u. Pantalone singen. Nach einem
fruchtlosen Versuch, den Leandro Herrn Dörner anzuvertrauen
hat man die Rolle Nusselt angeboten. Dieser hat mit Richtig⸗
keit bemerkt, sie liege ihm stimmlich nicht besonders, sagte
trotzdem bereitwilligst zu. Bei dem schauspielerischen Vermögen
Nusselts kann man auf eine ausserordentliche Darstellung rechnen
und sein Geschick wird ihn wahrscheinlich, wenn auch in
andrer Weise als ein Heldentenor, den stimmlichen Anforde⸗
rungen gerecht werden lassen. – Seine schlanke Stimme dringt
gut durch; ich machte schon die Beobachtung dass er, als „Mime“
niemals vom Orchester übertönt wurde. Eugen Nusselt hatte am Stadttheater Zürich im September 1917 den Mime in einer Aufführung von Wagners Siegfried gesungen (vgl. M. 1917).

Die kleinen Arbeiten für das Orchestermaterial werden unver⸗

1.3.1918.

Mein lieber, verehrter Meister!

Die Einstudierung von Turandot und Arlecchino hat, wie ich es vermutet hatte, 26. Februar 1918Dienstag angefangen und wird eifrig fortgesetzt. Meines Wissens haben sogar eine Arrangier- und eine Orchesterprobe von „Turandot“ stattgefunden. Die Chorstimmen sind ergänzt worden und werden jetzt in der endgültigen Fassung einstudiert. Zu Proben bin ich noch nicht herangezogen, wiewohl Kapellmeister Conrad den Wunsch geäußert hat, einmal Arlecchino mit mir durchzunehmen, um Tempi und Nuancen festzustellen. Ich soll auch bei den Ensembleproben anwesend sein. – Von Denzler höre ich bis jetzt nichts.

Herr Fehrmann wird Bombasto und Pantalone singen. Nach einem fruchtlosen Versuch, den Leandro Herrn Dörner anzuvertrauen, hat man die Rolle Nusselt angeboten. Dieser hat mit Richtigkeit bemerkt, sie liege ihm stimmlich nicht besonders, sagte trotzdem bereitwilligst zu. Bei dem schauspielerischen Vermögen Nusselts kann man auf eine außerordentliche Darstellung rechnen, und sein Geschick wird ihn wahrscheinlich, wenn auch in andrer Weise als ein Heldentenor, den stimmlichen Anforderungen gerecht werden lassen. – Seine schlanke Stimme dringt gut durch; ich machte schon die Beobachtung, dass er als „Mime“ niemals vom Orchester übertönt wurde. Eugen Nusselt hatte am Stadttheater Zürich im September 1917 den Mime in einer Aufführung von Wagners Siegfried gesungen (vgl. M. 1917).

Die kleinen Arbeiten für das Orchestermaterial werden unverzüglich gemacht. Ich möchte Sie nun bitten, mir einen Abend anzugeben, wo ich Sie treffen kann – irgendwann, außer Montag abends –, ich möchte bei Ihnen die Singstimme der neuen Arlecchino-Arie abschreiben. (Für Jerger.) Sollte man auch nicht die Stimmen gleich transponiert abschreiben lassen? Endlich wäre es gut, wenn Herr Conrad die Originalpartitur bekäme, um einige Fehler der Abschrift zu berichtigen.

Entschuldigen Sie den langen Bericht, und seien Sie von

Ihrem ergebenen

PHJ

herzlichst gegrüßt.

                                                                
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Montag abends – Ich möchte bei Ihnen die Singstimme
der neuen Arlecchino-Arie abschreiben. (Für Jerger.) Sollte man
auch nicht die Stimmen gleich transponiert abschreiben lassen?
Endlich wäre es gut, wenn Herr Conrad die Original⸗
partitur bekäme, um einige Fehler der Abschrift zu
berichtigen.

Entschuldigen Sie den langen Bericht und seien Sie von

Ihrem ergebenen

PHJ

herzlichst gegrüsst.

Preußischer
Staats⸗
bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz
                                                                
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Dokument

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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | N.Mus.Nachl. 30,101 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Philipp Jarnach, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signatur eingetragen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)

Zusammenfassung
Jarnach berichtet über Probenbeginn und Besetzung von Turandot und Arlecchino im Stadttheater Zürich; bittet um ein Treffen, um die neue Arlecchino-Arie abzuschreiben.
Incipit
Die Einstudierung von Turandot und Arlecchino hat

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
17. Mai 2022: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition