Ferruccio Busoni an Philipp Jarnach arrow_backarrow_forward

Zürich · 2. März 1918

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N.Mus.Nachl. 30, 33
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L Ph. J Ich danke Ihnen
für den Bericht.
Denzler besuchte mich vor Tagen
und besprach dies und jenes.
Mit Nusselt bin ich ganz
einverstanden.

Ich bin allabendlich zu Hause,
und konvaleszent nach einer
Woche Krankheit; also erwarte
ich Sie an dem Abend Ihrer Wahl.

Die Arlecchino Partt. liegt geord-
net bei mir: ich möchte sie
nicht auf lange Zeit entbehren,
denn sie ist ganz locker.

Sie haben sich letzthin
recht verständnislos über
den Don-Juan geäussert. Wenn
Sie auch erst spaeter Ihre

L Ph. J

Ich danke Ihnen für den Bericht. Denzler besuchte mich vor Tagen und besprach dies und jenes. Mit Nusselt bin ich ganz einverstanden.

Ich bin allabendlich zu Hause und konvaleszent nach einer Woche Krankheit; also erwarte ich Sie an dem Abend Ihrer Wahl.

Die Arlecchino-Partitur liegt geordnet bei mir: Ich möchte sie nicht auf lange Zeit entbehren, denn sie ist ganz locker.

Sie haben sich letzthin recht verständnislos über den Don Juan geäußert. Wenn Sie auch erst später Ihre Ansicht berichtigen dürften, so möchte ich Sie heute schon darauf hinweisen, dass diese Oper die einzige ist, die bereits über 130 Jahre auf der Bühne sich lebendig hält. Damit fällt Ihr Argument, Don Juan wäre nicht wirksam.

„Ich bin so weit gekommen“, schreibt Lessing, „dass wenn mir an Homer etwas missfällt, ich nun weiß, dass die Schuld nicht an Homer liegt.“

Es grüßt Sie herzlichst

Ihr F. Busoni

am 2. März 1918 in Zürich.
                                                                
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N.Mus.Nachl. 30, 33
2 Ansicht berichtigen dürften,
so möchte ich Sie heute schon
darauf hinweisen, dass diese
Oper die einzige ist, die bereits
über 130 Jahre auf der
Bühne sich lebendig hält.
Damit fällt Ihre Argument,
D. J. waere nicht wirksam.

“Ich bin so weit gekommen” schreibt
Lessing, “dass wenn mir an
Homer Etwas misfällt, ich nun
weiss, dass die Schuld nicht an
Homer liegt.”

Es grüsst Sie herzlichst


Ihr F. Busoni


am 2. März 1918 in Zürich.
                                                                
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bibliothek
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Kulturbesitz
                                                                
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2 März 18
Preußischer
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zu Berlin
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Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | N.Mus.Nachl. 30,33 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Kollation
Nur die Vorderseiten sind beschrieben.
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Hand Gerda Busonis, die auf der Rückseite von Blatt 2 mit Bleistift das Datum notiert hat
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Zusammenfassung
Busoni berichtet von einem Besuch Robert Denzlers; ist mit der Besetzung von Eugen Nusselt als Leandro (Arlecchino) einverstanden; war eine Woche krank; widerspricht Jarnachs Behauptung einer mangelnden Wirksamkeit von Mozarts Don Giovanni.
Incipit
Ich danke Ihnen für den Bericht.

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
2. März 2022: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition