Philipp Jarnach an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Polling · 19. Juli 1923

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N.Mus.Nachl. 30, 134
Polling, den 19.7.23.

Mein lieber Freund u. Meister! – Sie werden Uebles
von mir denken, und, wie ich leider zugeben
muß, durchaus mit Recht. Darf ich, nicht als
Entschuldigung, sondern als einen Grund zur
Nachsicht, die Tatsache anführen, daß ich, seit
etwa Monatsfrist täglich sechs bis acht Stunden
angestrengt gearbeitet habe? Die Sache ist die,
daß ich den Ihnen bekannten I. Teil meines
Quartetts vollständig neu komponiert habe, und
die neue Fassung für die Aufführung in Donau-
eschingen
am 29. Juli fertig machen mußte. Jarnachs neue Fassung des Streichquartetts op. 16 wurde schließlich am 30. Juli 1923 als Abschlussstück bei den Donaueschinger Musiktagen aufgeführt (vgl. die Übersicht im Programmarchiv des SWR). Das
geschah nicht etwa deswegen, weil mir einzelne
Stellen nicht mehr gefallen, oder die Auffüh-
rung klangliche Enttäuschungen bereitet hätte,
sondern deshalb: die Form befriedigte mich nicht;
der Vortrag ergab Momente des Stillstandes, die
dem Ganzen schadeten. Insbesondere war es die
lange Coda mit ihren großen Cadenzen, welche
mir Angst einjagte. Ich sah ein, daß ich hier et-
was mir sehr Liebes opfern müße; daß in der

Polling, den 19.7.23.

Mein lieber Freund und Meister!

Sie werden Übles von mir denken, und, wie ich leider zugeben muss, durchaus mit Recht. Darf ich, nicht als Entschuldigung, sondern als einen Grund zur Nachsicht, die Tatsache anführen, dass ich seit etwa Monatsfrist täglich sechs bis acht Stunden angestrengt gearbeitet habe? Die Sache ist die, dass ich den Ihnen bekannten I. Teil meines Quartetts vollständig neu komponiert habe und die neue Fassung für die Aufführung in Donaueschingen am 29. Juli fertig machen musste. Jarnachs neue Fassung des Streichquartetts op. 16 wurde schließlich am 30. Juli 1923 als Abschlussstück bei den Donaueschinger Musiktagen aufgeführt (vgl. die Übersicht im Programmarchiv des SWR). Das geschah nicht etwa deswegen, weil mir einzelne Stellen nicht mehr gefallen oder die Aufführung klangliche Enttäuschungen bereitet hätte, sondern deshalb: Die Form befriedigte mich nicht; der Vortrag ergab Momente des Stillstandes, die dem Ganzen schadeten. Insbesondere war es die lange Coda mit ihren großen Kadenzen, welche mir Angst einjagte. Ich sah ein, dass ich hier etwas mir sehr Liebes opfern müsse; dass in der ganzen Anlage dieses Ausklangs Interpretationsschwierigkeiten lagen, deren Überwindung wohl von einem gescheiten Dirigenten, nicht aber von dem auseinanderstrebenden Willen vierer Durchschnittskammermusiker zu erwarten war. Und so entschloss ich mich, da Streichen unmöglich war, das ganze Stück neu aufzubauen. Nur ein Viertel des Ganzen, etwa die hundert ersten Takte, ist gleich geblieben. – Nun hatte ich die Schrulle, Ihnen erst dann zu schreiben, wenn die Sache getan war; – der alte Aberglauben, über ein Werk nicht eher zu berichten, als bis es gelungen! – Es wurde erst gestern fertig, und sogleich beeile ich mich, Sie damit zu behelligen, und gleichzeitig herzlichst Ihnen zu danken für Ihre illustrierte Bergpredigt Vgl. die mit einer Zeichnung ausstaffierte Berg-Propheten-Allegorie in Busonis vorherigem Brief.„Ce qu’on entend sur la montagne“! Frz.: „Was man auf dem Berge hört“; eine Anspielung auf die gleichnamige Symphonische Dichtung von Franz Liszt. –, deren warmen Unterton ich sofort herausfühlte, was etwaige kleine Nebelbildungen am heiteren Himmel treuer Freundschaft im Nu zerrinnen ließ. Gern könnten wir von dem wirklichen Himmel ein Gleiches sagen! – Elf Tage nur, seit zwei Monaten, war der Wettergott uns gnädig, und jetzt regnet es wieder ohne Pausen und Zäsuren! – Soeben schreibt mir Tiessen, es sei in Berlin warm geworden. Sie müssen auch ihre elf Tage haben, das ist nur recht und billig. – Im Grunde ist ein solcher nordischer Sommer etwas sehr Fatales. Einem armen Musikmacher ist die Sonne besonders notwendig, sie fördert die Arbeit; wohingegen schlechtes Wetter zu vermehrter Energieausgabe zwingt und Kopf und Leib ermüdet. Immerhin freut sich meine Schwägerin, weil sie ihren Gemüsegarten nicht selber zu begießen braucht. Der Rettich schießt in die Höhe, und solange das Bier nicht fehlt, können wir noch vergnügliche Tage erhoffen.

Aber nicht in Salzburg! Deswegen will ich auch gar nicht hinfahren – wie ich von meiner Frau hörte, haben Sie auch darauf verzichtet. Mir wird beim bloßen Anblick der vollgestopften Programme mit den vielen exotischen Namen schon übel. In Salzburg fanden vom 2. bis 10. August 1923 die ersten Weltmusiktage der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik statt. Zudem las ich darin, dass der Allegra meine Flötensonatine blasen soll!? Ist dem Organisationskomitee – ich vermute, dass es ein solches gibt, bin aber darüber trotz meiner neugebackenen Obmannschaft Jarnach war am 18. Mai 1923 zum „Obmann“ der deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik gewählt worden und damit u. a. für die Vorauswahl deutscher Werke für die Musikfeste der IGNM zuständig; zuvor war er als Beisitzer Gründungsmitglied des deutschen GNM-Vorstands gewesen (vgl. Thrun 1995, Bd. 2, S. 434; Weiss 1996, S. 140 f.; siehe auch den Vordruck auf der Umschlagrückseite). nicht aufgeklärt – der fruchtbare Gedanke einer Klarinettenbearbeitung meines kleinen Stückes gekommen, und hat es den in künstlerischen Dingen so unbedingt maßgebenden H. W. Draber mit der Ausführung derselben betraut? Solch phantastischem Unfug, wenn er tatsächlich verwirklicht werden sollte, könnte ich natürlich nicht anders als mit gerichtlicher Verfolgung begegnen, und darüber habe ich in Berlin keinen Zweifel gelassen. Vielleicht handelt es sich bloß um einen Druckfehler. Wir werden sehen.

Ich fahre wahrscheinlich nächste Woche nach Donaueschingen, komme dann hieher zurück und denke schon Mitte August in Berlin zu sein, um uns für den Winter etwas einzurichten. Ich wage kaum den Wunsch auszu sprechen, vorher noch von Ihnen zu hören. Und doch würde ich mich so sehr darüber freuen!

Mit allem Herzlichsten Ihnen und Ihrer lieben verehrten Frau Ihr

Ph. Jarnach

PS Soeben Nachricht aus Berlin. Die Nennung Allegras bei meinem Stücke war nur ein Versehen. Den Göttern sei gedankt!

                                                                
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2Diplomatische Umschrift
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schwierigkeiten lagen, deren Ueberwindung wohl
von einem gescheiten Dirigenten, nicht aber von
dem auseinanderstrebenden Willen vierer Durch-
schnittskammermusiker zu erwarten war. Und
so entschloß ich mich, da Streichen unmöglich
war, das ganze Stück neu aufzubauen. Nur
ein Viertel des Ganzen, etwa die hundert ersten
Takte ist gleich geblieben. – Nun hatte ich die
Schrulle, Ihnen erst dann zu schreiben, wenn
die Sache getan war; – der alte Aberglauben,
über ein Werk nicht eher zu berichten, als
bis es gelungen! – Es wurde erst gestern fertig
und sogleich beeile ich mich, Sie damit zu
behelligen, und gleichzeitig herzlichst Ihnen
zu danken für Ihre illustrierte Bergpredigt, Vgl. die mit einer Zeichnung ausstaffierte Berg-Propheten-Allegorie in Busonis vorherigem Brief.
„Ce qu’on entend sur la montagne“! Frz.: „Was man auf dem Berge hört“; eine Anspielung auf die gleichnamige Symphonische Dichtung von Franz Liszt. – deren
warmen Unterton ich sofort herausfühlte, was
etwaige kleine Nebelbildungen am heiteren
Himmel treuer Freundschaft im Nu zerrinnen
ließ. Gern könnten wir von dem wirklichen
Himmel ein Gleiches sagen! – Elf Tage nur,
seit zwei Monaten, war der Wettergott uns
gnädig, und jetzt regnet es wieder ohne

                                                                
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Pausen und Cäsuren! – Soeben schreibt mir Tiessen,
es sei in Berlin warm geworden. Sie müssen
auch ihre elf Tage haben, das ist nur recht u.
billig. – Im Grunde ist ein solcher nordischer
Sommer etwas sehr Fatales. Einem armen Musik-
macher ist die Sonne besonders notwendig, sie
fördert die Arbeit; wohingegen schlechtes Wetter
zu vermehrter Energieausgabe zwingt und Kopf
und Leib ermüdet. Immerhin freut sich meine
Schwägerin, weil sie ihren Gemüsegarten nicht
selber zu begiessen braucht. Der Rettich schießt
in die Höhe, und solange das Bier nicht fehlt,
können wir noch vergnügliche Tage erhoffen.

Aber nicht in Salzburg! deswegen will ich auch
gar nicht hinfahren – wie ich von meiner Frau
hörte, haben Sie auch darauf verzichtet. Mir
wird beim blossen Anblick der vollgestopften
Programme mit den vielen exotischen Namen
schon übel. In Salzburg fanden vom 2. bis 10. August 1923 die ersten Weltmusiktage der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik statt. Zudem las ich darin, daß der
Allegra meine Flötensonatine blasen soll!?
Ist dem Organisationskomitee – ich vermute
daß es ein solches gibt, bin aber darüber
trotz meiner neugebackenen Obmannschaft Jarnach war am 18. Mai 1923 zum „Obmann“ der deutschen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik gewählt worden und damit u. a. für die Vorauswahl deutscher Werke für die Musikfeste der IGNM zuständig; zuvor war er als Beisitzer Gründungsmitglied des deutschen GNM-Vorstands gewesen (vgl. Thrun 1995, Bd. 2, S. 434; Weiss 1996, S. 140 f.; siehe auch den Vordruck auf der Umschlagrückseite). nicht

                                                                
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aufgeklärt – der fruchtbare Gedanke einer
Klarinettenbearbeitung meines kleinen Stückes
gekommen u. hat es den in künstlerischen
Dingen so unbedingt maßgebenden H. W. Draber
mit der Ausführung derselben betraut? Solch
phantastischem Unfug, wenn er tatsächlich ver-
wirklicht werden sollte, könnte ich natürlich
nicht anders als mit gerichtlicher Verfolgung
begegnen, und darüber habe ich in Berlin
kein Zweifel gelassen. Vielleicht handelt es sich
bloß um einen Druckfehler. Wir werden sehen.

Ich fahre wahrscheinlich nächste Woche nach
Donaueschingen, komme dann hieher zurück
und denke schon Mitte August in Berlin zu
sein, um uns für den Winter etwas einzu-
richten. Ich wage kaum den Wunsch auszu -
sprechen, vorher noch von Ihnen zu hören. Und
doch würde ich mich so sehr darüber freuen!

Mit allem Herzlichsten Ihnen und Ihrer
lieben verehrten Frau
Ihr

Ph. Jarnach

Preußischer
Staats-
bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz

[am linken Rand, längs:]

P.S.– Soeben Nachricht aus Berlin.
Die Nennung Allegras bei meinem
Stücke
war nur ein Versehen. Den
Göttern sei gedankt!

                                                                
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | N.Mus.Nachl. 30,134 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten; Umschlagaufriss oben (ohne Textverlust).
Umfang
2 Blatt, 4 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Philipp Jarnach, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und auf dem Umschlag zweimal das Briefdatum ergänzt hat
  • Hand Gerda Busonis, die auf der Umschlagrückseite mit Bleistift das Jahr notiert hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)

Zusammenfassung
Jarnach erläutert die völlige Neufassung des ersten Satzes seines Streichquartetts; veranschlagt Wetter-Einfluss auf seine Komponierfähigkeit; will nach den Donaueschinger Musiktagen nicht nach Salzburg zu den Weltmusiktagen der ISCM fahren, sondern nach Berlin zurückkehren; eine befürchtete Salzburger Aufführung seiner Flöten-Sonatine in einer unautorisierten Klarinetten-Bearbeitung erweist sich als Ankündigungsfehler.
Incipit
Sie werden Übles von mir denken

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
25. November 2021: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition