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N.Mus.Nachl. 30, 135
Mein lieber Meister! –
Heute nachts aus Donaueschingen
angekommen, ist mein erster Gedanke, an Sie zu
schreiben u. Ihnen herzlichst zu danken für Ihre
zwei Karten. Die erste zwar machte mich zunächst
etwas unmutig; ich nahm jedoch die Stelle nicht
wörtlich, wonach strenge Hingabe an das Vorgenomme- ne Selbstsucht zu nennen wäre. Denn gerade das
ist es, was ich zuerst von Ihnen lernte; somit
wären ja Sie der Urheber des Uebels. (Was ich
da sage, ist unverschämt, aber nicht ernst zu neh- men, das folgende hingegen wohl:) Denn mit der
Abschließung von der Außenwelt stimmt es nicht;
im Gegenteil, ich hatte kurz vorher von ihr fast
mehr verspürt als bekömmlich ist. Sie haben
trotzdem vollkommen Recht gehabt u. die Schelte
war reichlich verdient.
In Donauesch. wurde das Quartett trotz unge- nügender Vorbereitung (manche Stellen waren un- klar, das Ganze zu wenig nüanciert) mit
großer Verve u. Schwung gespielt und, also prä-
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Mein lieber Meister!
Heute nachts aus Donaueschingen
angekommen, ist mein erster Gedanke, an Sie zu
schreiben und Ihnen herzlichst zu danken für Ihre
zwei Karten. Die erste zwar machte mich zunächst
etwas unmutig; ich nahm jedoch die Stelle nicht
wörtlich, wonach strenge Hingabe an das Vorgenommene Selbstsucht zu nennen wäre. Denn gerade das
ist es, was ich zuerst von Ihnen lernte; somit
wären ja Sie der Urheber des Übels. (Was ich
da sage, ist unverschämt, aber nicht ernst zu nehmen, das Folgende hingegen wohl:) Denn mit der
Abschließung von der Außenwelt stimmt es nicht;
im Gegenteil, ich hatte kurz vorher von ihr fast
mehr verspürt, als bekömmlich ist. Sie haben
trotzdem vollkommen Recht gehabt, und die Schelte
war reichlich verdient.
In Donaueschingen wurde das Quartett trotz ungenügender Vorbereitung (manche Stellen waren unklar, das Ganze zu wenig nuanciert) mit
großer Verve und Schwung gespielt und, also präsentiert, vom Publico bereitwilligst geschluckt. Frau
Gerda, die wir die Freude hatten, dort anzutreffen, wird Ihnen die Einzelheiten erzählen.
Die drei Konzerte
Vgl. die Programmübersicht der Donaueschinger Musiktage (1923) im Programmarchiv des SWR.
boten eher Unerfreuliches.
Bemerkenswert war nur ein neues Quartett
von Hába. Er hat die Vierteltöne bereits so
weit assimiliert, dass Erfinden und Gestalten wieder
in den Vordergrund rücken und das Experiment
zurücktritt. Dies Quartett ist tatsächlich komponiert, der zweite (und letzte) Satz sogar unter
allen Umständen ein ausgezeichnetes, klares und
sehr schön klingendes Stück. – Also ein Resultat.
Gebummelt wurde dort und getrunken viel. Wir
empfinden alle die Notwendigkeit, den Kater
ein wenig zu lüften, sozusagen. In etwa 14 Tagen
gedenke ich über dieses und noch manches mit
Ihnen zu plaudern; ich freue mich im Voraus.
Alles Herzlichste von Ursula und Ihrem
treuen
PS Der Fürst ist unvergleichlich. Die Vehemenz
seines Witzes und seine homerische Lustigkeit
haben uns Junge alle beschämt.
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sentiert, vom Publico bereitwilligst geschluckt. Frau
Gerda, die wir die Freude hatten, dort anzu- treffen, wird Ihnen die Einzelheiten erzählen.
Die drei Konzerte
Vgl. die Programmübersicht der Donaueschinger Musiktage (1923) im Programmarchiv des SWR.
boten eher Unerfreuliches.
Bemerkenswert war nur ein neues Quartett
von Haba. Er hat die Vierteltöne bereits so
weit assimiliert, daß Erfinden u. Gestalten wieder
in den Vordergrund rücken u. das Experiment
zurücktritt. Dies Quartett ist tatsächlich kom- poniert, der zweite (u. letzter) Satz sogar unter
allen Umständen ein ausgezeichnetes, klares u.
sehr schön klingendes Stück. – Also ein Resultat. –
Gebummelt wurde dort u. getrunken viel. Wir
empfinden alle die Notwendigkeit, den Kater
ein wenig zu lüften, sozusagen. In etwa 14 Tagen
gedenke ich über dieses u. noch manches mit
Ihnen zu plaudern; ich freue mich im Vor- aus. – Alles Herzlichste von Ursula u. Ihrem
treuen
P.S. – Der Fürst ist unvergleichlich. Die Vehemenz
seines Witzes u. seine homerische Lustigkeit
haben uns Junge alle beschämt.
Preußischer
Staats- bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz
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Staats- bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz
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