| Faksimile | Diplomatische Umschrift | Lesefassung | XML | 
                                                
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                                                            Mus.Nachl. F. Busoni B II, 45521 
                        3/7.1910
                     
                                                                
                        Deutsche
                             Staatsbibliothek
                            Berlin Sehr geehrter Herr Busoni, die Absicht meines
                    Verlegers, meine Klavier=Stücke und Ihre Transkription
 des einen mit einem Vorwort von Ihnen
                                                                Die schließlich bei der Universal-Edition veröffentlichte Fassung der Transkription enthält folgende knappe Vorbemerkung: „Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinerteste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, ‚schwebenden‘, empfundenen Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet Ferruccio Busoni“.
                    
                    und einer
 Entgegnung von mir zu veröffentlichen,
                                                                Busonis Transkription, die eine knappe Vorbemerkung enthält, erschien schließlich separat.
                    
                    giebt die
 Gelegenheit unsere seit einiger Zeit unterbrochene
 Korrespondenz wieder aufzunehmen. Ich sende
 Ihnen nun beiliegend meine Entgegnung,
                                                                Die Entgegnung scheint nicht erhalten.
                    
                    bitte
 Sie aber die als Entwurf anzusehen. Ich
 glaube ja selbst, dass sie etwas scharf aus⸗
 gefallen ist, ohne dass ich zunächst wüsste,
 wie sie, wenn
 Ssie gleich richtig bleibensoll, weniger scharf sein könnte. Aber ich
 werde selbstverständlich, wenn Sie damit
 nicht einverstanden sind [Änderungen vornehmen].
                                                                Theurich 1977 (182), Theurich 1979 (178) und Beaumont 1987 (403) ergänzen entsprechend. 
                        
                        Auch könnten Sie
 eventuell Ihr „Vorwort“ danach einrichten; das müsste
 ich dann allerdings auch noch sehen. Aber ich hoffe
 
                        Mus.ep. A. Schönberg 13 (Busoni-Nachl. B II | 
                
                
                
                
                    
                        
                     
                        3.7.1910
                     Sehr geehrter Herr Busoni,  die Absicht meines
                     Verlegers, meine Klavierstücke und Ihre Transkription
                     des einen mit einem Vorwort von Ihnen
                                                                Die schließlich bei der Universal-Edition veröffentlichte Fassung der Transkription enthält folgende knappe Vorbemerkung: „Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinerteste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, ‚schwebenden‘, empfundenen Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet Ferruccio Busoni“.
                    
                    und einer
                     Entgegnung von mir zu veröffentlichen,
                                                                Busonis Transkription, die eine knappe Vorbemerkung enthält, erschien schließlich separat.
                    
                    gibt die
                     Gelegenheit, unsere seit einiger Zeit unterbrochene
                     Korrespondenz wieder aufzunehmen. Ich sende
                     Ihnen nun beiliegend meine Entgegnung,
                                                                Die Entgegnung scheint nicht erhalten.
                    
                    bitte
                     Sie aber, die als Entwurf anzusehen. Ich
                     glaube ja selbst, dass sie etwas scharf ausgefallen ist, ohne dass ich zunächst wüsste,
                     wie sie, wenn sie gleich richtig bleiben
                     soll, weniger scharf sein könnte. Aber ich
                     werde selbstverständlich, wenn Sie damit
                     nicht einverstanden sind Änderungen vornehmen.
                                                                Theurich 1977 (182), Theurich 1979 (178) und Beaumont 1987 (403) ergänzen entsprechend. 
                        
                        Auch könnten Sie
                     eventuell Ihr „Vorwort“ danach einrichten; das müsste
                     ich dann allerdings auch noch sehen. Aber ich hoffe,
                    
                    
                    
                    dass wir zu einer Einigung kommen werden. 
                     Ich hoffe, Sie werden begreifen, dass ich formelle
                     Änderungen nicht gutheißen kann, oder mein
                         Werk in dieser Hinsicht schlechtheißen müsste.
                     Mir kommt das so vor, wie wenn man
                     bei einem Bild von van Gogh die schiefen
                     Linien ausbessern und richtige, gerade hinsetzen
                     wollte. Nur mit einem Unterschied: bei van
                         Gogh stehen schiefe Linien, wo ihm gerade wenn
                     nicht lieber, so doch vielleicht ebenso lieb gewesen wären (übrigens: wer weiß?!?); aber
                     bei mir gibt es keine Linie, die ich mir
                     anders denken könnte. Ich finde nun: Ihre Bearbeitung bedeutet für mein Formgefühl
                     keine Verbesserung, weil sie das nicht bedeuten kann. Aber ich halte es für möglich,
                     dass jemand das in der Form besser versteht. 
                     Wie es ja oft vorkommt, dass man etwa
                     von einem Lied einmal die Gesangsstimme
                    
                    
                    
                    allein ansieht und sich dadurch besser auskennt.
                     Ob man deswegen die Gesangsstimme auch allein
                     dazu veröffentlichen sollte, ist eine Frage, die
                     ich nicht möchte entscheiden müssen. Ich möchte Ihnen noch nahelegen, Ihre
                         Transkription zu revidieren. Vielleicht können
                     Sie sich entschließen, wenigstens auf die
                     Verlängerungen (die als Wiederholungen,
                     unvariierte!! Wiederholungen in diesem
                         Stücke
                    
                    sich kaum dem Stil des Ganzen einordnen) zu verzichten.
                    Ich weiß: wer meine
                     Hand kennt, wird wissen, dass das nicht
                     in meinem Sinn ist. Und es gibt Leute,
                     die mich so gut verstehen. Auch harmonische Zusätze! Die finde ich besonders
                     bedenklich. Für mein Formgefühl ist es
                     nicht  das Gleiche, ob ein drei- oder ein vierstimmiger
                     Akkord dort steht. Das bringt Verschiebungen
                     im Gleichgewicht hervor. Ebenso manche 
                     rhythmische
                    
                    Veränderung. Das könnte ich nie
                    
                    
                    
                    gutheißen. Ebenso Folgendes nicht: den ersten
                     Takt nehmen Sie zweimal;
                                                                In Busonis Manuskript wird der erste Takt wiederholt. In der Druckfassung ist Schönbergs Originalfassung wiederhergestellt.
                    
                    das ist zu lang.
                     Außerdem aber
                    
                    antizipieren Sie die Wirkung
                     des nachher einsetzenden Contra-F. Das kommt bei mir
                     erst einige Takte später.
                                                                Schönberg spielt hier auf die Takte 1 und 3 an: In der originalen Fassung erklingt das Contra-F in Takt 1 von Beginn an, während es in Takt 3 erst in der Taktmitte einsetzt. Busoni hatte in seiner Transkription den späteren Einsatz des Contra-F hingegen auch schon in Takt 1 vorgesehen.
                    
                    In Ihrer Bearbeitung
                     geht diese Wirkung verloren. Mir macht
                     das, wenn ich es durch ein Bild erklären soll, 
                     folgenden Eindruck: So anfangen
                    
                    
                        
                         ist,
                     wie wenn man in irgendeine Stimmung
                     ganz versunken wäre. Nimmt man sie dann
                     wieder so  auf, so ist das, als ob
                     man nach einer Unterbrechung durch eine
                     Assoziation wieder auf das erste (nach und nach) zurückkäme. Das soll kein Programm sein. Sondern
                     nur ein ad hoc unternommener Versuch der
                     Deutung. Um diese Wirkung kommen Sie
                     in Ihrer Bearbeitung. Noch eines: die Figur
                    
                    
                        
                         etc.
                                                                Diese Stelle von Busonis Transkription (Takt 7, Zählzeit 3) hat keine unmittelbare Entsprechung zu Schönbergs Original. In anderer Form kommen diese Noten bei Schönberg in Takt 6 vor (siehe das nächste Notenbeispiel); die von Busoni eingesetzte Figur kommt bei Schönberg später im Kontext einer Sequenzierung vor (Takt 43, Zählzeit 3).
                    
                    entspricht
                     keineswegs dem Ausdruck, den ich mir bei der
                     Stelle  gedacht habe. Das soll nicht:
                    
                    
                    
                    „dolce tranquillo“ sein, sondern „sehr ausdrucksvoll“,
                     schneidend, gedehnt; Oboen mit Cello portamento. 
                     Dann aber außerdem: Stellt die Sechzehntelfigur die weiterentwickelte Form dieses
                     Gedankens vor, dann darf doch die Urform
                     nicht fehlen, von der sie ausgeht?!? Sonst enthält ja Ihre Bearbeitung eine
                     Unmenge geistreicher Details, die davon
                     zeugen, wie tief und mit welchem feinen
                     Gefühl Sie in dies Stück eingedrungen
                     sind. Manches ist wundervoll, höchst interessant,
                     und sehr scharf ausgedacht. Und ich muss gestehen: 
                     „Wäre ich nicht Diogenes, so …“
                                                                Verdrehende Anspielung auf einen Ausspruch Alexanders des Großen: „Wenn ich nicht Alexander wäre, möchte ich wohl Diogenes sein.“
                    
                    Das heißt:
                     „hätte ich nicht dieses Stück schreiben wollen (und
                         schreiben können!), so hätte ich das Ihre, Ihre
                             Bearbeitung schreiben wollen.“ Aber ich habe
                     meines geschrieben, und Ihre Bearbeitung hat
                     mich nicht davon überzeugt, dass meines
                     nicht gut ist. Dagegen hat es eine gute, aber
                         nicht hervorragende Pianistin klanglich sehr
                    
                    
                    
                    schön gespielt. Vielleicht haben Sie doch das
                     Tempo anders genommen, als ich es meine. 
                     Ich schreibe vor: Mäßige ♪; ja, mäßige Achtel.
                     Aber mäßige Achtel sind natürlich schneller
                     als mäßige Viertel; denn es sind eben Achtel,
                     und sonst gäbe es ja keinen Grund, Achtel zu
                     schreiben. Vielleicht hat Sie das irregeführt.
                     Vielleicht müsste es heißen: gehende Achtel
                     (etwa M. M. ♪ = 80–90). Das ist für
                     Achtel mäßig, da die ♩.-Note dadurch
                     ♩. = 26–30 heißen müsste! Sie haben mir seinerzeit ungefähr Folgendes geschrieben:
                     „Ich hoffe, ein so … (feiner?) Kopf, wie Sie empfindet
                         Kritik, nicht als …(verletzend?).“
                                                                Im Brief vom 20. August 1909 schreibt Busoni: „Ein so prächtiger Kopf wie der ihre empfindet Kritik nur als Gewinn, selbst wenn diese nicht das Richtige treffen sollte.“
                    
                    Das habe ich
                     auch nicht getan und erwarte das Gleiche
                     von Ihnen. Ich erhoffe mir also, dass Sie
                     den Inhalt meines Vorwortes nicht beanstanden
                     werden. Wie gesagt, aber, ich bin zu Änderungen
                     im Rahmen eines Protestes bereit. Denn,
                    
                    
                    
                    Sie verstehen mich ja wohl, ich bin Ihnen für Ihr
                     warmes Interesse vor allem dankbar und
                     fühle mich durch Ihre wohlgemeinte Absicht einer
                     Bearbeitung unbedingt geehrt. Ich drücke das
                     ja auch aus und versichere es Ihnen hiemit
                    
                    nochmals. Aber ich kann mich nicht entschließen,
                     mein Stück darum in der Hinsicht, die
                     Ihre Bearbeitung ausdrückt, für unvollkommen
                     und verbesserungsbedürftig zu finden.
                     Sicher nicht für unvollkommener als alles
                     andere, das ich geschrieben. Ich glaube fast,
                     es ist vollkommener. Und wenn es mir unvollkommen in mancher Hinsicht erscheint, so
                     sind das ganz andere Punkte, in denen ich heute
                     mehr kann als  damals vermochte. Ich muss Ihnen noch für die freundliche
                     Zusendung Ihrer „organischen Klavier-Notenschrift“
                     danken. Ich werde Ihnen bald darüber ausführlich schreiben. Ich habe leider sehr viel zu arbeiten, deshalb geschieht es nicht sogleich. Ich schreibe eine Harmonielehre, instrumentiere den Dritten Teil
                    meiner
                     Gurrelieder (einer älteren Komposition von mir), habe
                     mir ein Textbuch gedichtet, male und dergleichen
                     mehr. Also, bitte ein anderes Mal. Ich darf hoffentlich auf eine baldige
                     Antwort rechnen, denn die Sachen sollen
                     zum Druck und müssen vor dem 15. dort sein;
                     sonst wäre es für den Herbst zu spät.
                                                                Schönbergs Klavierstücke op. 11 erschienen im Oktober 1910; Busonis Konzertmäßige Interpretation von op. 11 Nr. 2 folgte spätestens Anfang November 1910.
                 
                    Indem ich Sie aufs Herzlichste grüße, bin
                         ich in vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener
                     Arnold Schönberg | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split">
                
                <note type="shelfmark" resp="#archive" place="top-left">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4552</note>
                
                <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-right">1</note>
                
                <opener>
                    <byline>
                        <stamp rend="left small majuscule space-below" resp="#schoenberg_addr_st2">
                            <address rend="align(center)">
                                <addrLine><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName></addrLine>
                                <addrLine><placeName key="E0500002">Wien</placeName>, XIII.</addrLine>
                                <addrLine><placeName key="E0500101">Hietzinger</placeName> <placeName key="E0500100">Hauptstraße 113</placeName></addrLine>
                            </address>
                        </stamp>
                    </byline>
                    
                    <dateline rend="right align(left)">
                        <date when-iso="1910-07-03">3<choice><orig>/</orig><reg>.</reg></choice>7.1910</date>
                    </dateline>
                    
                    <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red">
                        <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
                            <lb/>Staatsbibliothek
                            <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
                        </stamp>
                    </note>
                                        
                </opener>
                    <p type="pre-split" rend="indent-first"><seg type="opener" subtype="salute">Sehr geehrter <persName key="E0300017">Herr Busoni</persName>,</seg> die Absicht <rs key="E0300039">meines
                    <lb/>Verlegers</rs>, <rs key="E0400019">meine Klavier<choice><orig><pc>=</pc>S</orig><reg>s</reg></choice>tücke</rs> und <rs key="E0400032">Ihre Transkription</rs>
                    <lb/><rs key="E0400113">des einen</rs> mit einem Vorwort von Ihnen
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313">Die schließlich bei der <orgName key="E0600004">Universal-Edition</orgName> veröffentlichte Fassung der <rs key="E0400032">Transkription</rs> enthält folgende knappe Vorbemerkung: <q>Diese Komposition fordert vom Spieler die verfeinerteste Anschlags- und Pedalkunst; einen intimen, improvisierten, <soCalled>schwebenden</soCalled>, empfundenen Vortrag; ein liebevolles Sichversenken in seinen Inhalt, dessen Interpret – rein als Klaviersetzer – hiermit sein zu dürfen, sich zu künstlerischer Ehre rechnet <persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName></q>.</note>
                    
                    und einer
                    <lb/>Entgegnung von mir zu veröffentlichen,
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313"><persName key="E0300017">Busonis</persName> <rs key="E0400032">Transkription</rs>, die eine knappe Vorbemerkung enthält, erschien schließlich separat.</note>
                    
                    gi<orig>e</orig>bt die
                    <lb/>Gelegenheit<reg>,</reg> unsere seit einiger Zeit unterbrochene
                    <lb/>Korrespondenz wieder aufzunehmen. Ich sende
                    <lb/>Ihnen nun beiliegend meine Entgegnung,
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313">Die Entgegnung scheint nicht erhalten.</note>
                    
                    bitte
                    <lb/>Sie aber<reg>,</reg> die als <hi rend="underline">Entwurf</hi> anzusehen. Ich
                    <lb/>glaube ja selbst, dass sie etwas scharf aus
                    <lb break="no"/>gefallen ist, ohne dass ich zunächst wüsste,
                    <lb/>wie sie, wenn <subst><del rend="overwritten">S</del><add place="across">s</add></subst>ie gleich richtig bleiben
                    <lb/>soll, weniger scharf sein könnte. Aber ich
                    <lb/>werde selbstverständlich, wenn Sie damit
                    <lb/>nicht einverstanden sind <supplied reason="omitted">Änderungen vornehmen</supplied>. 
                        
                        <note type="commentary" resp="#E0300372"><bibl><ref target="#E0800004"/> (182)</bibl>, <bibl><ref target="#E0800005"/> (178)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800060"/> (403)</bibl> ergänzen entsprechend.</note> 
                        
                        Auch könnten Sie
                    <lb/>eventuell <hi rend="underline">Ihr <soCalled rend="dq-du">Vorwort</soCalled> danach einrichten</hi>; das müsste
                    <lb/>ich dann allerdings auch noch sehen. Aber ich hoffe<reg>,</reg>
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive">
                        <del rend="strikethrough">Mus.ep. A. Schönberg 13 (Busoni-Nachl. <handShift new="#archive_red"/>B II</del>
                    </note>
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  2Faksimile |  2Diplomatische Umschrift |  2XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            2)
                    
                    dass wir zu einer Einigung kommen werden. 
                    Ich hoffe Sie werden begreifen, dass ich formelle
 Aenderungen nicht gutheißen kann, oder mein
 Werk in dieser Hinsicht schlechtheißen müsste.
 Mir kommt das so vor, wie wenn man
 bei einem Bild von Van Gogh die schiefen
 Linien ausbessern und richtige, gerade hinsetzen
 wollte. Nur mit einem Unterschied: bei van
 Gogh stehen schiefe Linien, wo
 eb
                                                                        Transkription unsicher.
                Alternative Lesart:
                    ihm gerade, wenner
nicht lieber, so doch vielleicht ebenso lieb ge⸗
 wesen wären (übrigens: wer weiß?!?); aber
 bei mir giebt es keine Linie, die ich mir
 anders denken könnte. Ich finde nun: Ihre Be⸗
 arbeitung bedeutet für mein Formgefühl
 keine Verbesserung, weil sie das nicht be⸗
 deuten kann. Aber ich halte es für möglich,
 dass jemand das in der Form besser versteht.
 Wie es ja oft vorkommt, dass man etwa
 von einem Lied einmal die Gesangsstimme
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-left">2)</note>
                    
                    dass wir zu einer Einigung kommen werden. 
                    <lb/>Ich hoffe<reg>,</reg> Sie werden begreifen, dass ich formelle
                    <lb/><choice><orig>Ae</orig><reg>Ä</reg></choice>nderungen nicht gutheißen kann, oder <rs key="E0400113">mein
                        <lb/>Werk</rs> in dieser Hinsicht schlechtheißen müsste.
                    <lb/>Mir kommt das so vor, wie wenn man
                    <lb/>bei einem Bild von <persName key="E0300360"><choice><orig>V</orig><reg>v</reg></choice>an Gogh</persName> die schiefen
                    <lb/>Linien ausbessern und richtige, gerade hinsetzen
                    <lb/>wollte. Nur mit einem Unterschied: bei <persName key="E0300360">van
                        <lb/>Gogh</persName> stehen schiefe Linien, wo <subst><del rend="overwritten"><unclear cert="high">eb</unclear><unclear cert="low">er</unclear></del><add place="across">ih</add></subst>m gerade<orig>,</orig> wenn
                    <lb/>nicht lieber, so doch vielleicht ebenso lieb ge
                    <lb break="no"/>wesen wären (übrigens: wer weiß?!?); aber
                    <lb/>bei mir gi<orig>e</orig>bt es keine Linie, die ich mir
                    <lb/>anders denken könnte. Ich finde nun: <rs key="E0400032">Ihre Be
                        <lb break="no"/>arbeitung</rs> bedeutet für mein Formgefühl
                    <lb/>keine Verbesserung, weil sie das nicht be
                    <lb break="no"/>deuten kann. Aber ich halte es für möglich,
                    <lb/>dass jemand das in der Form besser versteht. 
                    <lb/>Wie es ja oft vorkommt, dass man etwa
                    <lb/>von einem Lied einmal die Gesangsstimme
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  3Faksimile |  3Diplomatische Umschrift |  3XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            3)
                    
                    allein ansieht und sich dadurch besser auskennt.
                    Ob man deswegen die Gesangsstimme auch allein
 dazu veröffentlichen sollte, ist eine Frage, die
 ich nicht möchte entscheiden müssen.
 Ich möchte Ihnen noch nahelegen, Ihre
                        Transkription zu revidieren. Vielleicht können
 Sie sich entschließen, wenigstens auf die
 Verlängerungen (die als Wiederholungen,
 unvariierte!! Wiederholungen) in diesem
 Stücke
                                                                Theurich 1977 (182) und Theurich 1979 (179): „Stück“.
                    
                    sich kaum dem Stil des Ganzen ein⸗
 ordnen) zu verzichten.
                    Ich weiß: wer meine
 Hand kennt, wird wissen, dass das nicht
 in meinem Sinn ist. Und es giebt Leute,
 die mich so gut verstehen. Auch harmo⸗
 nische Zusätze! Die finde ich besonders
 bedenklich. Für mein Formgefühl ist es
 nicht
 gdasgGleiche ob ein 3= oder ein 4=stimmigerAkkord dortsteht. Das bringt Verschiebungen
 im Gleichgewicht hervor. Ebenso manche
 Rrhyt[h]mische
                                                                Theurich 1977 (182) und Theurich 1979 (179): „rhythmische“.
                    
                    Veränderung. Das könnte ich nie
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-right">3)</note>
                    
                    allein ansieht und sich dadurch besser auskennt.
                    <lb/>Ob man deswegen die Gesangsstimme auch allein
                    <lb/>dazu veröffentlichen sollte, ist eine Frage, die
                    <lb/>ich nicht möchte entscheiden müssen.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Ich möchte Ihnen noch nahelegen, <rs key="E0400032">Ihre
                        <lb/>Transkription</rs> zu revidieren. Vielleicht können
                    <lb/>Sie sich entschließen, wenigstens auf die
                    <lb/>Verlängerungen (die als Wiederholungen,
                    <lb/><hi rend="underline2">unvariierte</hi>!! Wiederholungen<sic>)</sic> in <rs key="E0400113">diesem
                        <lb/>Stücke</rs>
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (182)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (179)</bibl>: <q>Stück</q>.</note>
                    
                    sich kaum dem Stil des Ganzen ein
                    <lb break="no"/>ordnen) zu verzichten.
                    Ich weiß: wer meine
                    <lb/>Hand kennt, wird wissen, dass das nicht
                    <lb/>in meinem Sinn ist. Und es gi<orig>e</orig>bt Leute,
                    <lb/>die mich so gut verstehen. Auch harmo
                    <lb break="no"/>nische Zusätze! Die finde ich besonders
                    <lb/>bedenklich. Für mein Formgefühl ist es
                    <lb/>nicht <del rend="strikethrough">g</del> das <subst><del rend="overwritten">g</del><add place="across">G</add></subst>leiche<reg>,</reg> ob ein <choice><orig>3</orig><reg>drei</reg></choice><pc>=</pc> oder ein <choice><orig>4<pc>=</pc></orig><reg>vier</reg></choice>stimmiger
                    <lb/>Akkord dort<reg> </reg>steht. Das bringt Verschiebungen
                    <lb/>im Gleichgewicht hervor. Ebenso manche <del rend="strikethrough">R</del>
                    <lb/>rhyt<supplied reason="omitted">h</supplied>mische
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (182)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (179)</bibl>: <q>rhythmische</q>.</note>
                    
                    Veränderung. Das könnte ich nie
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  4Faksimile |  4Diplomatische Umschrift |  4XML | 
                                                
                                                    |  |  | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-left">4</note>
                    
                    gutheißen. Ebenso <choice><orig>f</orig><reg>F</reg></choice>olgendes nicht: den ersten
                    <lb/>Takt nehmen Sie zweimal;
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313">In <persName key="E0300017">Busonis</persName> Manuskript wird der erste Takt wiederholt. In der Druckfassung ist <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> Originalfassung wiederhergestellt.</note>
                    
                    das ist zu lang.
                    <lb/>Außerdem aber
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (182)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (179)</bibl> fälschlich ohne <q>aber</q>.</note>
                    
                    antizipieren Sie die Wirkung
                    <lb/>des nachher einsetzenden <hi rend="latin">Contra<pc>=</pc>F</hi><subst><add place="inline">. </add><del rend="strikethrough">die</del><add place="above">Das kommt</add></subst> bei mir
                    <lb/>erst einige Takte später.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313"><persName key="E0300023">Schönberg</persName> spielt hier auf die Takte 1 und 3 an: In der originalen Fassung erklingt das Contra-F in Takt 1 von Beginn an, während es in Takt 3 erst in der Taktmitte einsetzt. <persName key="E0300017">Busoni</persName> hatte in seiner <rs key="E0400032">Transkription</rs> den späteren Einsatz des Contra-F hingegen auch schon in Takt 1 vorgesehen.</note>
                    
                    In <rs key="E0400032">Ihrer Bearbeitung</rs>
                    <lb/>geht diese Wirkung verloren. Mir macht
                    <lb/>das, wenn ich es durch ein Bild erklären soll, 
                    <lb/>folgenden Eindruck: So anfangen
                    
                    <notatedMusic place="inline">
                        <ptr target="nb/D0100020-nb1.xml"/>
                        <graphic width="111px" height="51px" url="D0100020_4_ex_1.png"/>
                        <desc><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName>, <rs key="E0400113">op. 11 Nr. 2</rs>, T. 1</desc>
                    </notatedMusic>
                    
                    ist<reg>,</reg>
                    <lb/>wie wenn man in irgend<orig> </orig>eine Stimmung
                    <lb/>ganz versunken wäre. Nimmt man sie dann
                    <lb/>wieder so
                    
                    <notatedMusic place="inline">
                        <ptr target="nb/D0100020-nb2.xml"/>
                        <graphic width="110px" height="60px" url="D0100020_4_ex_2.png"/>
                        <desc><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName>, <rs key="E0400113">op. 11 Nr. 2</rs>, T. 3</desc>
                    </notatedMusic>
                    
                    auf, so ist da<subst><del rend="overwritten">ſ</del><add place="across">s</add></subst>, als ob
                    <lb/>man nach einer Unterbrechung durch eine
                    <lb/>Asso<choice><orig>c</orig><reg>z</reg></choice>iation<orig>,</orig> wieder auf das erste (nach und nach) zurück
                    <lb break="no"/>käme. Das soll kein Programm sein. Sondern
                    <lb/>nur ein <foreign xml:lang="la" rend="latin">ad hoc</foreign> unternommener Versuch der
                    <lb/>Deutung. Um diese Wirkung kommen Sie
                    <lb/>in <rs key="E0400032">Ihrer Bearbeitung</rs>.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Noch eines<reg>:</reg> die Figur
                    
                    <notatedMusic place="inline">
                        <ptr target="nb/D0100020-nb3.xml"/>
                        <graphic width="66px" height="56px" url="D0100020_4_ex_3.png"/>
                        <desc><persName key="E0300017">Ferruccio Busoni</persName>, <rs key="E0400032">Konzertmäßige Interpretataion</rs> von <persName key="E0300023">Arnold Schönbergs</persName> <title key="E0400113">Klavierstück op. 11 Nr. 2</title>, T. 7</desc>
                    </notatedMusic>
                    
                    etc<reg>.</reg>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313">Diese Stelle von <persName key="E0300017">Busonis</persName> <rs key="E0400032">Transkription</rs> (Takt 7, Zählzeit 3) hat keine unmittelbare Entsprechung zu <persName key="E0300023">Schönbergs</persName> <rs key="E0400113">Original</rs>. In anderer Form kommen diese Noten bei <persName key="E0300023">Schönberg</persName> in Takt 6 vor (siehe das nächste Notenbeispiel); die von <persName key="E0300017">Busoni</persName> eingesetzte Figur kommt bei <persName key="E0300023">Schönberg</persName> später im Kontext einer Sequenzierung vor (Takt 43, Zählzeit 3).</note>
                    
                    entspricht
                    <lb/>keineswegs dem Ausdruck, den ich mir bei der
                    <lb/>Stelle
                    
                    <notatedMusic place="inline">
                        <ptr target="nb/D0100020-nb4.xml"/>
                        <graphic width="89px" height="54px" url="D0100020_4_ex_4.png"/>
                        <desc><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName>, <rs key="E0400113">op. 11 Nr. 2</rs>, T. 6 f.</desc>
                    </notatedMusic>
                    
                    gedacht habe. Das soll nicht:
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  5Faksimile |  5Diplomatische Umschrift |  5XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            
                                                                 B II, 4552 45)
                    
                    „dolce tranquillo“ sein, sondern „sehr ausdrucksvoll[“] ,
                     schneidend, gedehnt; Oboen mit Cello Portamento. 
                     Dann aber außerdem: Stellt die Sechzehntel⸗ figur die weiterentwickelte Form dieses
                     Gedankens vor, dann darf doch die Urform
                     nicht fehlen, von der sie ausgeht?!?
                
                 Sonst enthält ja Ihre Bearbeitung eine
                    Unmenge geistreicher Details, die davon
 zeugen wie tief und mit welchem feinen
 Gefühl Sie in dies Stück eingedrungen
 sind. Manches ist wundervoll, höchst interessant,
 und sehr scharf ausgedacht. Und ich muss gestehen:
 „Wäre ich nicht Diogenes, so ….“
                                                                Verdrehende Anspielung auf einen Ausspruch Alexanders des Großen: „Wenn ich nicht Alexander wäre, möchte ich wohl Diogenes sein.“
                    
                    Das heißt:
 „hätte ich nicht dieses Stück schreiben wollen (und,
 schreiben können!) so hätte ich das Ihre, Ihre
 Bearbeitung schreiben wollen.[“] Aber ich habe
 meines geschrieben und Ihre Bearbeitung hat
 mich nicht davon überzeugt, dass meines
 nicht gut ist. Dagegen hat es eine gute aber
 nicht hervorragende Pianistin klanglich sehr
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="shelfmark" place="top" resp="#archive" rend="indent">B II, 4552</note>
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-right"><subst><del rend="overwritten">4</del><add place="across">5</add></subst>)</note>
                    
                    <q rend="dq-du latin">dolce tranquillo</q> sein, sondern <q rend="dq-du-oo">sehr ausdrucksvoll</q>,
                    <lb/>schneidend, gedehnt; <hi rend="latin">Oboen mit Cello <choice><orig>P</orig><reg>p</reg></choice>ortamento</hi>. 
                    <lb/>Dann aber außerdem: Stellt die Sechzehntel
                    <lb break="no"/>figur die weiterentwickelte Form dieses
                    <lb/>Gedankens vor, dann darf doch die Urform
                    <lb/>nicht fehlen, von der sie ausgeht?!?</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Sonst enthält ja <rs key="E0400032">Ihre Bearbeitung</rs> eine
                    <lb/>Unmenge geistreicher Details, die davon
                    <lb/>zeugen<reg>,</reg> wie tief und mit welchem feinen
                    <lb/>Gefühl Sie in <rs key="E0400113">dies Stück</rs> eingedrungen
                    <lb/>sind. Manches ist wundervoll, höchst interessant,
                    <lb/>und sehr scharf ausgedacht. Und ich muss gestehen: 
                    <lb/><q rend="dq-du">Wäre ich nicht <persName key="E0300362">Diogenes</persName>, so …<orig>.</orig></q>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300314">Verdrehende Anspielung auf einen Ausspruch <persName key="E0300363">Alexanders des Großen</persName>: <q>Wenn ich nicht <persName key="E0300363">Alexander</persName> wäre, möchte ich wohl <persName key="E0300362">Diogenes</persName> sein.</q></note>
                    
                    Das heißt:
                    <lb/><q rend="dq-du-oo">hätte ich nicht <rs key="E0400113"><hi rend="underline">dieses</hi> Stück</rs> schreiben wollen (und<orig>,</orig>
                        <lb/>schreiben <hi rend="underline">können</hi>!)<reg>,</reg> so hätte ich das Ihre, <rs key="E0400032">Ihre
                            <lb/>Bearbeitung</rs> schreiben wollen.</q> Aber ich habe
                    <lb/>meines geschrieben<reg>,</reg> und <rs key="E0400032">Ihre Bearbeitung</rs> hat
                    <lb/>mich nicht davon überzeugt, dass meines
                    <lb/>nicht gut ist. Dagegen hat es <rs key="E0300357">eine gute<reg>,</reg> aber
                        <lb/>nicht hervorragende Pianistin</rs> klanglich sehr
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  6Faksimile |  6Diplomatische Umschrift |  6XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            6)
                    
                    schön gespielt. Vielleicht haben Sie doch das
                    Tempo anders genommen, als ich es meine.
 Ich schreibe vor: Mäßige ♪; Ja, mäßige Achtel.
 Aber mäßige Acht
 […]
                                                                        1 Zeichen: unleserlich.                   
            el sind natürlich schnellerals mäßige Viertel; denn es sind eben Achtel
 und sonst gäbe es ja keinen Grund Achtel zu
 schreiben. Vielleicht hat Sie das irregeführt.
 Vielleicht müsste es heißen: gehende Achtel
 (etwa M. M. ♪ = 80–90). Das ist für
 Achtel mäßig, da die ♩.=Note dadurch
 ♩. = 26–30 heißen müsste!
 Sie haben mir seinerzeit ungefähr folgendes geschrieben:
                    „Ich hoffe, ein so ..... (feiner?) Kopf, wie Sie empfindet
 Kritik, nicht als .....(verletzend?).“..
                                                                Im Brief vom 20. August 1909 schreibt Busoni: „Ein so prächtiger Kopf wie der Ihre, empfindet Kritik nur als Gewinn, selbst wenn diese nicht das Richtige treffen sollte.“
                    
                    Das habe ich
 auch nicht getan und erwarte das Gleiche
 von Ihnen. Ich erhoffe mir also, dass Sie
 den Inhalt meines Vorwortes nicht beanstanden
 werden. Wie gesagt, aber, ich bin zu Aenderungen
 im Rahmen eines Protestes bereit. Denn,
 | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-left">6)</note>
                    
                    schön gespielt. Vielleicht haben Sie doch das
                    <lb/>Tempo anders genommen, als ich es meine. 
                    <lb/>Ich schreibe vor: <hi rend="latin">Mäßige</hi> ♪; <choice><orig>J</orig><reg>j</reg></choice>a, mäßige Achtel.
                    <lb/>Aber mäßige <hi rend="latin">Acht<subst><del rend="overwritten"><gap reason="illegible" extent="1" unit="char"/></del><add place="across">e</add></subst>l</hi> sind natürlich schneller
                    <lb/>als mäßige Viertel; denn es sind eben <hi rend="underline latin">Achtel</hi><reg>,</reg>
                    <lb/>und sonst gäbe es ja keinen Grund<reg>,</reg> <hi rend="latin">Achtel</hi> zu
                    <lb/>schreiben. Vielleicht hat Sie das irregeführt.
                    <lb/>Vielleicht müsste es heißen: gehende <hi rend="latin">Achtel</hi>
                    <lb/>(etwa M. M. ♪ = 80–90). Das ist für
                    <lb/><hi rend="latin">Achtel mäßig</hi>, da die ♩.<pc>=</pc>Note dadurch
                    <lb/>♩. = 26–30 heißen müsste!</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Sie haben mir <date when-iso="1909-08-20">seinerzeit</date> <add place="above">ungefähr <choice><orig>f</orig><reg>F</reg></choice>olgendes</add> geschrieben:
                    <lb/><q rend="dq-du">Ich hoffe, ein so <choice><orig><seg rend="spaced-out">.....</seg></orig><reg>…</reg></choice> <add place="above">(feiner?)</add> Kopf, wie Sie empfindet
                        <lb/>Kritik, nicht als <choice><orig><seg rend="spaced-out">.....</seg></orig><reg>…</reg></choice><add place="above">(verletzend?)</add>.</q><orig>..</orig>
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300314">Im <ref target="#D0100013" n="2">Brief vom 20. August 1909</ref> schreibt <persName key="E0300017">Busoni</persName>: <q>Ein so prächtiger Kopf wie der <choice><orig>Ihre,</orig><reg>ihre</reg></choice> empfindet Kritik nur als Gewinn, selbst wenn diese nicht das Richtige treffen sollte.</q></note>
                    
                    Das habe ich
                    <lb/>auch nicht getan und erwarte das Gleiche
                    <lb/>von Ihnen. Ich erhoffe mir also, dass Sie
                    <lb/>den <hi rend="latin">Inhalt</hi> meines Vorwortes nicht beanstanden
                    <lb/>werden. Wie gesagt, aber, ich bin zu <choice><orig>Ae</orig><reg>Ä</reg></choice>nderungen
                    <lb/>im Rahmen eines Protestes bereit. Denn,
                    
                    </p></div> | 
                                                
                                                    |  7Faksimile |  7Diplomatische Umschrift |  7XML | 
                                                
                                                    |  | 
                                                            7.
                    
                    Sie verstehen mich ja wohl, ich bin Ihnen für Ihr
                    warmes Interesse vor allem dankbar und
 fühle mich durch Ihre
 […]
                                                                        mindestens 1 Zeichen: überschrieben.                   
            wohlgemeinte Absicht einerBearbeitung unbedingt geehrt. Ich drücke das
 ja auch aus und versichere es Ihnen hiemit
                                                                Theurich 1977 (183) und Theurich 1979 (180): „hiermit“.
                    
                    noch⸗
 mals. Aber ich kann mich nicht entschließen
 mein Stück darum in der Hinsicht die
 Ihre Bearbeitung ausdrückt für unvollkom̅en
 und verbesserungsbedürftig zu finden.
 Sicher nicht für unvollkomme[ne]r, als alles
 Andere das ich geschrieben. Ich glaube fast
 es ist vollkommener. Und wenn es mir unvoll⸗
 kommen in mancher Hinsicht erscheint, so
 sind das ganz andere Punkte, in denen ich heute
 mehr kann, als
 ichdamals vermochte. Ich muss Ihnen noch für die freundliche
                    Zusendung Ihrer „organischen Klavier=NotenSchrift“
 danken. Ich werde Ihnen bald darüber ausführ⸗
 lich schreiben.
 Ich habe leider sehr viel zu arbeiten, des⸗ | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    <note type="pagination" resp="#major_hand" place="top-right">7.</note>
                    
                    Sie verstehen mich ja wohl, ich bin Ihnen für Ihr
                    <lb/>warmes Interesse vor allem dankbar und
                    <lb/>fühle mich durch Ihre <subst><del rend="overwritten"><gap reason="overwritten" atLeast="1" unit="char"/></del><add place="across">w</add></subst>ohlgemeinte Absicht einer
                    <lb/>Bearbeitung unbedingt <hi rend="underline">geehrt</hi>. Ich drücke das
                    <lb/>ja auch aus und versichere es Ihnen hiemit
                    
                    <note type="commentary" subtype="ed_diff_minor" resp="#E0300314"><bibl><ref target="#E0800004"/> (183)</bibl> und <bibl><ref target="#E0800005"/> (180)</bibl>: <q>hiermit</q>.</note>
                    
                    noch
                    <lb break="no"/>mals. Aber ich kann mich nicht entschließen<reg>,</reg>
                    <lb/><rs key="E0400113">mein Stück</rs> darum in der Hinsicht<reg>,</reg> die
                    <lb/><rs key="E0400032">Ihre Bearbeitung</rs> ausdrückt<reg>,</reg> für unvollko<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>en
                    <lb/>und verbesserungsbedürftig zu finden.
                    <lb/>Sicher nicht für unvollkomme<supplied reason="omitted">ne</supplied>r<orig>,</orig> als alles
                    <lb/><choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>ndere<reg>,</reg> das ich geschrieben. Ich glaube fast<reg>,</reg>
                    <lb/>es ist vollkommener. Und wenn es mir unvoll
                    <lb break="no"/>kommen in mancher Hinsicht erscheint, so
                    <lb/>sind das ganz andere Punkte, in<add> </add>denen ich heute
                    <lb/>mehr kann<orig>,</orig> als <del rend="strikethrough">ich</del> damals vermochte.</p>
                
                <p rend="indent-first">Ich muss Ihnen noch für die freundliche
                    <lb/>Zusendung Ihrer <title key="E0400324" rend="dq-du">organischen Klavier<pc>=</pc>Noten<choice><orig>S</orig><reg>s</reg></choice>chrift</title>
                    <lb/>danken. Ich werde Ihnen bald darüber ausführ
                    <lb break="no"/>lich schreiben.</p>
                
                <p type="pre-split" rend="indent-first">Ich habe leider sehr viel zu arbeiten, des
                    
                    </p></div> | 
                                                
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                    halb geschieht es nicht sogleich. Ich schreibe eine Har⸗monielehre, instrumentiere den 3ten Theil
                    meiner
 Gurrelieder (einer älteren Komposition von mir), habe
 mir ein Textbuch gedichtet, male und dergleichen
 mehr. Also, bitte ein anderes Mal.
 Ich darf hoffentlich auf eine baldige
                    Antwort rechnen, denn die Sachen sollen
 zum Druck und müssen vor dem 15[.] dort sein;
 sonst wäre es für den Herbst zu spät.
                                                                Schönbergs Klavierstücke op. 11 erschienen im Oktober 1910; Busonis Konzertmäßige Interpretation von op. 11 Nr. 2 folgte spätestens Anfang November 1910.
 
                    Indem ich Sie aufs Herzlichste grüße, bin
                        Arnold Schönbergich in vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener
 
                                                                
                    Deutsche
                         Staatsbibliothek
                        Berlin | 
                                                            
                                                                <div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="indent-first" type="split">
                    
                    halb geschieht es nicht sogleich. Ich schreibe <rs key="E0800232">eine Har
                        <lb break="no"/>monielehre</rs>, instrumentiere den <choice><orig>3<hi rend="sup underline2">ten</hi></orig><reg>Dritten</reg></choice> T<orig>h</orig>eil
                    meiner
                    <lb/><title key="E0400042"><hi rend="latin">Gurre</hi>lieder</title> (einer älteren Komposition von mir), habe
                    <lb/>mir <rs key="E0400021">ein Textbuch</rs> gedichtet, male und dergleichen
                    <lb/>mehr. Also, bitte ein anderes Mal.</p>
                
                <p rend="indent-first">Ich darf hoffentlich auf eine baldige
                    <lb/>Antwort rechnen, denn die Sachen sollen
                    <lb/>zum Druck und müssen vor dem <date when-iso="1910-07-15">15<supplied reason="omitted">.</supplied></date> dort sein;
                    <lb/>sonst wäre es für den Herbst zu spät.
                    
                    <note type="commentary" resp="#E0300313"><persName key="E0300023">Schönbergs</persName> <title key="E0400019">Klavierstücke op. 11</title> erschienen im <date when-iso="1910-10">Oktober 1910</date>; <persName key="E0300017">Busonis</persName> <title key="E0400032">Konzertmäßige Interpretation</title> von <rs key="E0400113">op. 11 Nr. 2</rs> folgte spätestens Anfang <date when-iso="1910-11">November 1910</date>.</note>
                </p>
                <closer>
                    <salute rend="indent-first">Indem ich Sie aufs Herzlichste grüße, bin
                        <lb/>ich in vorzüglicher Hochachtung Ihr ergebener
                    </salute>
                    <signed rend="inline"><persName key="E0300023">Arnold Schönberg</persName></signed>
                </closer>
                
                <note type="stamp" place="center" resp="#dsb_st_red">
                    <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
                        <lb/>Staatsbibliothek
                        <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
                    </stamp>
                </note>
                
                <note type="stamp" place="bottom-center" resp="#sbb_st_blue">
                    <stamp>Nachlaß Busoni</stamp>
                </note>
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                                <addrLine>Herrn</addrLine>
                                <addrLine><persName key="E0300017" rend="latin">Ferruccio Busoni</persName></addrLine>
                                <addrLine rend="indent-2 latin"><placeName key="E0500029">Berlin</placeName> W30</addrLine>
                                <addrLine rend="indent-2 latin"><placeName key="E0500072">Viktoria<choice><orig> Luisep</orig><reg>-Luise-P</reg></choice>latz 11</placeName></addrLine>
                            </address>
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="annotation" place="bottom-left" rend="rotate(-45) underline small" resp="#major_hand">nachsenden</note>
                                                             | 
                                                
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                                        Mus.ep. A. Schönberg 13
                                        Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4552-Beil.Nachlaß Busoni B II | 
                                                            
                                                                <stamp xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" rend="small majuscule space-below" resp="#schoenberg_addr_st2">
                                <address rend="align(center)">
                                    <addrLine><persName key="E0300023"><supplied reason="incomplete">Arn</supplied>old Schönberg</persName></addrLine>
                                    <addrLine><placeName key="E0500002">Wien</placeName>, XIII.</addrLine>
                                    <addrLine><supplied reason="incomplete"><placeName key="E0500101">Hietzinger</placeName></supplied> <placeName key="E0500100">Hauptstraße 113</placeName></addrLine>
                                </address>
                            </stamp>
                                                                <stamp xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" resp="#post" rend="round border majuscule align(center)">
                                <placeName key="E0500029">Be<supplied reason="incomplete">rlin</supplied></placeName>
                                <lb/><gap reason="incomplete"/>
                            </stamp>
                                                                <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="shelfmark" place="bottom-right" resp="#archive">
                                <subst><del rend="strikethrough">
                                        Mus.ep. A. Schönberg 13
                                        <stamp resp="#sbb_st_blue">Nachlaß Busoni <handShift new="#archive_red"/>B II</stamp>
                                    </del><add place="below">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4552-Beil.</add></subst>
                            </note>
                                                             |